Letzte große Messe in Rom vor der Papstwahl

St_PeterDie Aufgaben des künftigen Papstes, die Verpflichtung der Kirche zur Einheit und die Barmherzigkeit Gottes – das waren die zentralen Themen in der Messe für die Wahl des neuen Papstes an diesem Dienstag. Mit der „Missa pro eligendo Romano Pontifice“ bereiteten sich die Kardinäle am Dienstagmorgen im Petersdom auf das am Nachmittag beginnende Konklave vor. Mit ihnen beteten auch zahlreiche Kurienmitarbeiter und Gläubige im Petersdom für die Wahl eines neuen Kirchenoberhauptes. Kardinaldekan Angelo Sodano, der die Messe leitete und der aus Altersgründen nicht am Konklave teilnehmen wird, dankte zunächst dem zurückgetretenen Papst Benedikt XVI. unter dem Beifall der Kardinäle für das „leuchtende Pontifikat“.

„Zugleich wollen wir heute den Herrn anflehen, dass er uns mit Hilfe der Kardinäle bald einen anderen guten Hirten für seine heilige Kirche zugestehen möge. Ganz sicher stützt uns in dieser Stunde der Glaube an das Versprechen Christi über den unvergänglichen Charakter seiner Kirche. In der Tat sagte Jesus zu Petrus: ‚Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen’ (vgl. Mt 16,18).“

Die Botschaft der Liebe

Diese Worte aus dem Matthäusevangelium stehen in Großbuchstaben, auf Griechisch und Latein, oben im Petersdom unter der Kuppel des Michelangelo. Sodano deutete die Aufgaben des künftigen Papstes, indem er von den Lesungen und dem Evangelium ausging. Der Jesajatext aus der ersten Lesung spreche vor allem von der Liebe Gottes zu den Menschen:

„Es ist eine Liebe, die sich besonders im Kontakt mit dem Leid bemerkbar macht, mit Ungerechtigkeit, Armut, mit allen Zerbrechlichkeiten des Menschen, seien sie physisch oder moralisch. Darauf bezieht sich die bekannte Enzyklika von Papst Johannes Paul II. „Dives in misericordia“ (Über das göttliche Erbarmen). Darin merkt er an, dass die Art und Weise, in der sich diese Liebe zeigt, gerade im biblischen Wort des Erbarmens zum Ausdruck kommt.“

Dieser Auftrag der Barmherzigkeit sei von Christus den Hirten seiner Kirche anvertraut worden. Ein Auftrag, der jeden Priester und Bischof verpflichte – doch besonders den Bischof von Rom, den Hirten der Weltkirche, so Sodano. Die Liebe Gottes treibe die Hirten der Kirche dazu an, ihren Dienst für die Menschen jeder Zeit zu leisten, vom unmittelbareren karitativen Dienst bis zum Dienst, den Menschen das Licht des Evangeliums und die Kraft der Gnade zu bringen.

„So hat es Benedikt XVI. in seiner Botschaft für die Fastenzeit für dieses Jahr formuliert. Dort lesen wir: ‚Manchmal neigt man in der Tat dazu, den Begriff ,Nächstenliebe’ auf die Solidarität oder die einfache humanitäre Hilfeleistung zu beschränken. Es gilt jedoch zu bedenken, dass das höchste Werk der Nächstenliebe gerade die Evangelisierung, also der ,Dienst am Wort’ ist. Es gibt kein heilsameres und somit wohltätigeres Werk am Nächsten, als das Brot des Wortes Gottes mit ihm zu brechen, ihn an der Frohen Botschaft des Evangeliums teilhaben zu lassen, ihn in die Beziehung zu Gott einzuführen: Die Evangelisierung ist die höchste und umfassendste Förderung des Menschen.’“

Die Botschaft der Einheit

Kardinaldekan Angelo Sodano ging dann genauer auf die zweite Lesung ein, aus dem Brief an die Epheser, Kapitel 4-6:

„Hier zeigt Paulus die praktischen Konsequenzen der Lehre auf, die er zuvor ausgebreitet hat, und beginnt mit einem starken Appell zur Einheit der Kirche: ’Ich, der ich um des Herrn willen im Gefängnis bin, ermahne euch, ein Leben zu führen, das des Rufes würdig ist, der an euch erging. Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe, und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält’“

Sodano führte weiter aus, dass innerhalb der Einheit der Kirche eine Vielfalt der Gaben existiere, der vielfältigen Gnade Christi entsprechend. Diese Vielfalt diene dazu, den einen Leib Christi aufzubauen:

„In unserem Text lehrt uns der heilige Paulus, dass auch wir alle zusammenstehen müssen, um die Einheit der Kirche zu errichten, denn um zu ihr zu gelangen, ist es notwendig, dass ‚der ganze Leib zusammengefügt und gefestigt [wird] in jedem Gelenk’ (Eph 4,16). Wir alle sind daher aufgefordert, mit dem Nachfolger Petri, dem sichtbaren Fundament jener Einheit der Kirche, zusammenzuwirken.“

Die Sendung des Papstes

Schließlich bezog sich Sodano auf das in dieser Messe verlesene Evangelium (Joh 21, 15-17). Der Text erinnere daran, dass die grundlegende Haltung der Hirten der Kirche die Liebe sei – und zwar jene Liebe, die dazu veranlasse, das eigene Leben für die Brüder hinzugeben.

„Die grundlegende Haltung jedes guten Hirten ist es also, sein Leben hinzugeben für die Schafe (vgl. Joh 10,15). Dies gilt vor allem für den Nachfolger Petri, den Hirten der universellen Kirche. Denn je höher und universeller das Amt des Hirten ist, desto größer muss seine Liebe sein.“

In diesem Liebesdienst an der Kirche und der ganzen Menschheit hätten die letzten Päpste viel Gutes getan für die Völker und die Weltgemeinschaft, so Sodano. Sie alle hätten sich unablässig für Gerechtigkeit und Frieden eingesetzt. Er rief zum Gebet darum auf, dass auch der zukünftige Papst dieses Werk unermüdlich weltweit fortführen möge. Dazu zitierte Sodano noch einmal den emeritierten Papst:

„Papst Benedikt XVI. hat uns daran erinnert, als er sagte: „Auch der Dienst der Liebe ist ein konstitutives Element der kirchlichen Sendung und unverzichtbarer Ausdruck ihres eigenen Wesens.“ Es ist eine Sendung der Liebe, die der Kirche eigen ist, insbesondere der römischen Kirche, die nach dem schönen Wort des heiligen Ignatius von Antiochien die Kirche ist, die ‚den Vorsitz in der Liebe’ führt; ‚praesidet caritati’ (vgl. Ad Romanos, praef.; Lumen gentium, 13).“

Vor acht Jahren hatte zum Beginn des letzten Konklaves der damalige Kardinaldekan in Sankt Peter gepredigt: Es war der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger, der mit seiner programmatischen Rede viele Themen seines bevorstehenden Pontifikats vorwegnahm.

Wie es am Dienstag weitergeht

Um 16.30 Uhr ziehen die Kardinäle feierlich in die Sixtinische Kapelle ein. Mit dem Ruf „Extra omnes“ (Alle hinaus) werden danach die Türen der Sixtina geschlossen. Nach einer Vereidigung jedes einzelnen Kardinals und einer Meditation, die der maltesische Kardinal Prosper Grech hält, kann der erste Wahlgang erfolgen.

Für die Wahl eines neuen Papstes ist die Zweidrittelmehrheit erforderlich, also 77 Stimmen. Mit einem Rauchzeichen, das einen erfolglosen oder erfolgreichen Abschluss eines Wahlgangs signalisiert, ist nach Worten von Vatikansprecher Federico Lombardi erst gegen 20.00 Uhr zu rechnen. Es sei aber nicht anzunehmen, dass die Entscheidung schon im ersten Wahlgang falle. Bei der Wahl Benedikts XVI. vor acht Jahren dauerte es nach dem Einzug ins Konklave 26 Stunden, bis das neue Oberhaupt auf den Balkon trat. (rv)

Sind wirklich alle wahlberechtigten Kardinäle in Rom anwesend?

Konklave 2013

 Der Aspekt, um den es hier geht, ist die Anzahl der Eminenzen, die eigentlich durch die Apostolische Konstitution „Universi dominici gregis“ (UDG) an der Papstwahl im März teilnehmen müssten. Am Tag der Bekanntgabe des Amtsverzichtes, Rosenmontag 11. Februar 2013, umfasste das gesamte Kardinalskollegium 209 Kardinäle. Von diesen hatten 118 Kardinäle ein aktives Wahlrecht.

 Am 21. Februar wurde bekannt, dass der indonesische Kardinal Darmaatmadja an einer schweren Sehschwäche leide und somit nicht am Konklave teilnehmen werde. Die Zahl der Papstwähler sank auf 117 Kardinäle.

 Wenig später, am 25. Februar, ging die Nachricht um den britischen Kardinal O´Brien um die Welt. Wegen persönlicher Missbrauchsfälle gegenüber Priestern hatte er seinen Rücktritt als Erzbischof von Saint Andrews und Edinburgh beim Papst eingereicht. Benedikt XVI. hatte diesem Wunsch entsprochen. Parallel lies Kardinal O´Brien verlautbaren er nehme nicht am Konklave teil: „Ich will nicht, dass sich die Aufmerksamkeit der Medien in Rom auf mich konzentriert statt auf Benedikt XVI. und auf seinen Nachfolger“. Mit dieser Ankündigung sank das Wahlgremium auf 116 Kardinäle.

 Schließlich erreichte am 26. Februar der ukrainische Kardinal Husar seinen 80. Geburtstag und verlor somit sein aktives Wahlrecht. Zur Papstwahl standen insofern noch 115 Kardinäle bereit.

 Stellt sich nun die Frage, sind die Verlautbarungen des Vatikans zu den wahlberechtigten Kardinälen rechtens?

 Die Fälle Kardinal Darmaatmadja und Kardinal O´Brien müssen genau betrachtet werden. Eine offensichtlich endgültige Entscheidung wurde durch die 7. Generalkongregation am 08. März getroffen. In beiden Fällen hatte die Mehrheit der Kardinäle das Fernbleiben von Kardinal Darmaatmadja und O´Brien akzeptiert. War diese Entscheidung überhaupt konform mit der UDG? Geht man davon aus, dass der indonesische Kardinal Darmaatmadja ein ärztliches Gutachten vorgelegt hatte, ist sein Fernbleiben nach Zustimmung des Kardinalskollegiums rechtens und durch die UDG Nr. 38 anerkannt. Im Fall des britischen Kardinals O´Brien stellt sich der Sachverhalt nicht so eindeutig dar. Die UDG Nr. 38 besagt folgendes:

 „Alle wahlberechtigten Kardinäle, die durch den Dekan oder in seinem Namen durch einen anderen Kardinal zur Wahl des neuen Papstes zusammengerufen wurden, sind kraft heiligen Gehorsams gehalten, der Ankündigung der Einberufung nachzukommen und sich an den dazu festgelegten Ort zu begeben, außer sie seien durch Krankheit oder einen anderen schwerwiegenden Grund verhindert, der jedoch vom Kardinalskollegium als solcher anerkannt werden muss“.

 Es erscheint sehr fragwürdig, ob der Verfasser der UDG, Papst Johannes Paul II. vor ziemlich genau 17 Jahren mit der Nr. 38 einem Kardinal das Recht einräumen wollte, die Teilnahme an einem künftigen Konklave von persönlichen Empfindlichkeiten abhängig zu machen. Jedoch noch fragwürdiger ist die Entscheidung der Generalkongregation vom 08. März 2013. Mit welchem Recht haben die Kardinäle den Wunsch von Kardinal O´Brien akzeptiert? Wieso hat man ihn nicht zum heiligen Gehorsam ermahnt und nach Rom beordert? Genau diese Entscheidung wäre die einzig Richtige gewesen. O´Briens Argumentation zum Fernbleiben sind eines Kardinals nicht würdig geschweige dem Heiligen Kollegium zuträglich. An dieser Stelle ist es auch vollkommen unerheblich, ob die vorangegangenen Handlungen von Kardinal O´Brien moralisch verwerflich sind oder strafrechtlich verfolgt werden können. Wäre Kardinal O´Brien inhaftiert und könnte somit nicht am Konklave teilnehmen, käme Nr. 38 der UDG voll zu tragen. Aber dieser Fall ist nicht eingetreten.

 Der Fall Kardinal O´Brien wird noch suspekter, wenn man den missbrauchsgeschüttelten Kardinal Mahony mitbetrachtet. Mahony ist seit Jahren in Missbrauchsfälle in den USA verwickelt. Nicht umsonst war er am 01.03.2011 als Erzbischof von Los Angeles zurückgetreten. Kaum war der Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI. bekannt, propagierte eine Gruppe namens „Catholic United”, sie werde Mahonys Teilnahme am Konklave verhindern. Kardinal Mahony hatte es dann auch ziemlich eilig nach Rom zu kommen. Der emeritierte Kurienkardinal de Paolis nahm Kardinal Mahony sogar öffentlich in Schutz und sagte: “Nach den geltenden Vorschriften habe jeder wahlberechtigte Kardinal das Recht und die Pflicht zur Teilnahme am Konklave“. Scheinbar ist die Rechtfertigungspraxis der Kardinäle in Rom fallabhängig.

 Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Generalkongregation im Fall Kardinal O´Briens den tieferen Geist der UDG missachtet hat und den Weg des geringsten Widerstandes gegangen ist. Eigentlich müssten mit Konklavebeginn am Dienstag, den 12. März 2013 116 Kardinäle in die Sixtinische Kapelle einziehen und nicht nur 115 Eminenzen. (vh)

Kardinal Lehmann: „Das geht einem schon durch Mark und Bein“

Kardinal LehmannKnapp fünfzig der wählenden Kardinäle sind nicht das erste mal dabei, sie haben bereits 2005 Benedikt XVI. mit gewählt. Darunter ist auch der Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann. Pater Bernd Hagenkord hat ihn zur geistlichen und persönlichen Seite der Wahl eines neuen Papstes befragt.

Herr Kardinal Lehmann, wir Journalisten hatten am Samstag die Gelegenheit, die Sixtinische Kapelle zu besuchen, die noch eine Baustelle ist, aber man sieht schon die Sitzungstische und den ‚Vorstandstisch’. Das drängt den liturgischen Charakter der Kapelle etwas zurück. Ist das Konklave wirklich ein geistliches und liturgisches oder doch eher ein demokratisches Verfahren?

„Es hat viel von demokratischen Verfahren in sich, aber der Raum prägt natürlich doch den Grundcharakter der Verfahren. Es ist für mich auch ein ganz wichtiges Zeichen, dass man – wenn man den Stimmzettel in den Kelch oder die Urne hineingibt – einen ganz kurzen Satz spricht, in dem man sagt: ,Ich versichere, dass ich dem meine Stimme gegeben habe, den ich am meisten geeignet nach dem Willen Gottes finde.‘ Das geht einem schon durch Mark und Bein. Man fragt sich dann, welche Gesichtspunkte da eine Rolle spielen und was das Maß ist, an dem ich den Menschen da gemessen habe.
Es gibt auch dadurch, dass das Ganze relativ langsam geht und keine Eile und keine Hektik da ist, eine gewisse Ruhe. Jeder geht vor, es gibt also schon eine meditative Grundstimmung dadurch, dass man sich da langsam nähert und zurück geht. Es hängt natürlich auch von den Teilnehmern ab. Wenn ich mich an das letzte Mal erinnere: Man kann mit etwas unterdrückter Stimme mit dem Nachbarn reden, es ist also nicht einfach nur ein einfaches Schweigen, ein stummes Dasitzen. Aber andererseits gibt es auch auf keinen Fall irgendein Palaver, das da wäre. Insofern fand ich es eigentlich enorm gut, dass dieser Raum von selbst – ohne die Sachlichkeit der Abstimmung irgendwie zu beeinflussen – doch eine gewisse Stimmung verursachte.
Und nicht zu vergessen das große Gemälde des Jüngsten Gerichtes. Man muss sich vor dem verantworten, der als Richter vor einem ist. Das ist ja nun so groß und so mächtig und so eindrucksvoll, dass es einem nicht entgehen kann.“

Kardinal Schönborn hat das so formuliert: Wie gehen nicht nach Rom, um den Papst zu wählen, sondern um gemeinsam herauszufinden, wen Gott gewählt hat. Trifft das auch Ihre Einstellung?

„Also, ich würde das nicht so ausdrücken, auch wenn es so ist. Zweifellos hat man das Vertrauen, dass alle sich und ihr Denken ein Stück weit ausrichten auf die Person des Papstes, die man in den Augen Gottes sucht. Wenn man sich in seinem Denken immer auch ein Stück weit reinigen muss und sagen muss, dass man keine falschen Gefühle und falschen Voraussetzungen hereinbringt, so steht eigentlich für mich im Vordergrund, dass es eine sachliche Vorbereitung und Entscheidung ist. Sich zu informieren, offen zu bleiben, ist auch wichtig, eventuell auch neue Leute zu entdecken, die man vorher nicht so im Sinn hatte. Am Ende habe ich die Hoffnung und die Zuversicht, dass Gott seinen Segen dazu gibt, aber erkennen kann man das nicht.“

„Was ein Papst erwägen muss“

Sie haben es angesprochen, es ist Ihr zweites Konklave. Wie bereiten Sie sich eigentlich darauf vor?

„Also zunächst einmal habe ich keine Sonderveranstaltungen. Bei dem, was man tut, wenn man in den Tag hinein geht, das Morgen- und das Abendgebet spricht und abends auch Gewissenserforschung macht, ist natürlich das Thema im Vordergrund. Man fragt sich da schon, wie man den Tag beurteilt, was man gewonnen und was falsch gemacht hat. Ich glaube, dass an jedem Tag in den liturgischen Texten, im Stundengebet und in der Messe so viele aufrüttelnde Verse gerade auch in der österlichen Bußzeit enthalten sind, dass man immer wieder etwas für sich selbst findet.
Und ich lese, wie beim letzten Mal, ein kleines Buch, das Bernhard von Clairvaux etwa um 1150 geschrieben hat mit dem lateinischen Namen ‚de consideratione’, auf Deutsch könnte man einfach ‚Erwägungen’ sagen. Hans Urs von Balthasar hat eine Auswahl davon herausgegeben mit dem Titel ‚Was ein Papst erwägen muss’.
Was da geschrieben steht gilt nicht nur für die spirituelle und aszetische Gestalt des Papstes, sondern das gilt auch für die Normen und für die Kriterien, mit denen man jemanden beurteilt. Es ist unglaublich, wie nüchtern er die gute Auswahl von Beratern und Mitarbeitern sieht, wie nüchtern er auch beurteilt, wie Menschen verführt werden können in solchen Positionen. Da wird man doch sehr nachdenklich. Wir meinen heute, dass wir heute durch die moderne Entwicklung in vielen Dingen besonders bestimmt, abhängig und auch verführt sind; in dem Buch kann man sehen, dass das auch damals schon elementare Gefahren waren, auf die man aufmerksam machte.
Das macht einen auch etwas demütig.“

Inneres Schaudern

Freuen Sie sich eigentlich oder sind sie nervös?

„Nervös bin ich, glaube ich, gar nicht. Freuen wäre zu viel gesagt. Weil gerade, wenn man noch keine innere Gewissheit hat, wem man die Stimme geben soll, ist da schon auch ein Schaudern in einem, vielleicht auch noch ein gewisses Maß an Ängstlichkeit, wenn man sich fragt, ob man wirklich gemeinsam den Richtigen findet. Ich würde sagen: Wie bei anderen Dingen, wo Menschen mit im Spiel sind, wo man Menschen beurteilen muss und sich den Kopf zerbrechen muss – so geht man da mit noch mehr Sorgfalt und Ernst an die Arbeit.“ (rv)

9. GK: Mehrheit der Kardinäle für 12. März als Konklavebeginn

Pater Lombardi PressekonferenzIn seinem Briefing für die Presse von diesem Samstag hat der Pressesprecher des Heiligen Stuhls, Pater Federico Lombardi, Einzelheiten zur Entscheidung der Kardinäle über den Konklavebeginn bekannt gegeben. Die Entscheidung sei, so Pater Lombardi, mit einer überwältigenden Mehrheit der Stimmen bereits zu Beginn der Sitzung gefallen. Der kommende 12. März sei der erste einer Reihe von Terminen gewesen, die den Kardinälen zur Abstimmung vorgelegt wurden, nachdem der Dekan und der Camerlengo sich über den Status der laufenden Vorbereitungen informiert hatten. Sofort nach der Abstimmung und noch während der laufenden Sitzung habe der Pressesaal das Datum bekannt gegeben. In der heutigen Vormittagssitzung sei hingegen über das Einzugsdatum der Kardinäle in die Casa Santa Marta diskutiert worden:

„Es ist schließlich durch die Mehrheit bestimmt worden, dass die Kardinäle erst ab Dienstagmorgen um 7.00 Uhr die Zimmer in Santa Marta beziehen werden. Das heißt, am Morgen desselben Tages, an dem das Konklave beginnen wird, und vor Beginn der Messe „Pro Eligendo Romano Pontifice“, die um 10.00 Uhr morgens im Petersdom stattfindet. Heute sind auch die Zimmer verlost worden, so dass jeder weiß, in welchem Raum er wohnen wird.“

Um 16.30 am Dienstag würden die wahlberechtigten Kardinäle dann nach ihrem Schwur in der Paolinischen Kapelle zum Konklave in die gegenüber liegende Sixtinische Kapelle einziehen. Auch die Wortmeldungen am Samstagvormittag seien zahlreich gewesen, einschließlich der IX. Generalkongregation am Samstagmorgen hätten mehr als 100 Kardinäle das Wort ergriffen. Die Themen, die am Samstag behandelt worden seien, seien wieder sehr breit gefächert gewesen, so Lombardi;

„Die Erwartungen an den neuen Papst, die Tätigkeiten des Heiligen Stuhls und der Dikasterien, aber auch die Arbeit der Kurie und Verbesserungsvorschläge dafür; außerdem ging es um Informationen über wichtige Tätigkeitsfelder der Kirche sowie die Situation der Kirche in der Welt. Zwischen gestern und heute gab es rund dreißig Wortmeldungen.“

Pater Lombardi gab außerdem bekannt, dass nicht nur der päpstliche Fischerring durch Einritzen eines „X“ annulliert wurde, sondern auch die Gussform des Bleisiegels, mit dem beispielsweise Bullen versehen werden und weitere Stempel. Der neue Fischerring werde identisch mit dem Ring sein, den Benedikt XVI. getragen habe, nur der Name werde entsprechend dem neuen Papst geändert. Weitere Einzelheiten gab er zu den Zeitpunkten bekannt, an denen mit Rauch aus dem Schornstein auf dem Dach der Sixtinischen Kapelle zu rechnen sei:

„Die Wahlzettel werden nach jeweils zwei Wahlgängen am Vormittag und am Nachmittag verbrannt. Das heißt, wenn es nicht nur einen Wahlgang gibt, sind die normalen Zeiten um 19 Uhr abends und um 12 Uhr mittags herum. Sollte der Papst beim ersten Wahlgang vormittags oder nachmittags gewählt werden, wird der Rauch, der in diesem Fall weiß ist, zwischen 10.30 und 11.00 Uhr beziehungsweise zwischen 17.30-18.00 Uhr am Nachmittag aufsteigen. Im Fall der Wahl Joseph Ratzingers war es der erste Wahlgang am Nachmittag, so dass der Rauch nach 17.00 Uhr aufstieg.“

Am Sonntag feiern die Kardinäle jeweils in ihren römischen Titelkirchen die Messe, und am Montagvormittag wird nochmals eine Generalkongregation stattfinden. (rv)

Nichts überstürzen: Kardinal Kasper zum bevorstehenden Konklave

Kardinal KasperDie Kardinäle sollten den Beginn des Konklaves nicht überstürzen: Kardinal Walter Kasper, der älteste der Teilnehmer, plädiert im Gespräch mit Radio Vatikan dafür, sich Zeit zu lassen. Pater Bernd Hagenkord hat den Kardinal gefragt, wie er sich auf das kommende Konklave vorbereitet.

„Momentan ist die Situation sehr unübersichtlich. Man betet, man überlegt, wie die Situation der Kirche ist, welche Herausforderungen es gibt. Und dann überlegt man, wie die Figur eines künftigen Papstes aussehen kann. Für mich ist nicht entscheidend, woher er kommt und welche Nationalität er hat, es ist die Person, die zählt. Man schaut sich die Namen, die in den Zeitungen stehen, an und kommt selber auch noch auf andere Namen; ich denke, dass es da auch noch eine Überraschung geben kann. Ich habe mich bis jetzt nicht festgelegt und lege mich auch nicht fest.
Man redet auch miteinander; nicht, indem man Bündnisse schließt – das soll man nicht tun und das ist auch untersagt – aber man tauscht sich aus über die Notwendigkeiten, die die Kirche heute hat und was da für geistliche Dinge sind. Ich denke, dass das Konklave letztlich ein geistlicher und liturgischer Akt ist und nicht eine politische Versammlung.“

Eine Frage, die wir alle uns jetzt stellen, ist die, ob es jetzt relativ schnell zu einem Konklave kommen wird. Werden die Kardinäle erst diskutieren wollen oder erst wählen, um dann mit dem neuen Papst die Probleme anzugehen?

„Ich persönlich bin dafür, dass wir uns vor dem Konklave Zeit nehmen, um uns zu treffen. Nicht, um die Probleme zu lösen, denn das können wir erst mit dem Papst zusammen, das ist klar. Sondern um zu überlegen, was für eine Art von Papst wir jetzt brauchen und die Kirche jetzt braucht. Ich denke, da sollten wir uns noch etwas Zeit nehmen und das jetzt nicht in Eile machen. Wie lange das dann geht, das kann ich nicht voraussagen. Ich hoffe, dass wir dann nicht nur eine Person wählen; die Probleme sind so groß, in der Kurie, aber vor allem in der Weltkirche, dass ein einziger Papst allein das nicht schultern kann. Der braucht mehrere um sich herum, er braucht ein Gremium von Kardinälen und Bischöfen und vielleicht auch Laien. Er braucht die Kollegialität der Bischöfe und der Kardinäle und der Bischöfe hier, darauf käme es mir an: Den Papst nicht allein zu lassen, denn das kann keiner wie es im Augenblick ist. Vielleicht könnte man da ein wenig was vorbereiten.“

Benedikt XVI. hat den Kardinälen durch das Motu Proprio ja Spielraum gegeben. Meinen Sie, dass dieser Spielraum genutzt werden wird?

„Soweit ich sehen kann, gibt es da zwei Richtungen. Es gibt eine Richtung die sagt, dass man das bald anfangen soll, damit die Bischöfe in der Karwoche auch wieder zu Hause sein können – das ist die eine Richtung. Die andere Richtung sagt: ‚Jetzt mal nichts überstürzen, nicht eilen’. Ich selber gehöre mehr zu dieser zweiten Richtung. Welche dann unter den Kardinälen die Mehrheit findet, das kann ich nicht voraussagen. Das wird etwas vom ersten sein, was wir entscheiden müssen: Wann das Konklave beginnt. Aber das ist in die Hand der Kardinäle gegeben.“ (rv)

Lombardi ungehalten über Druck auf Kardinäle

Pater Lombardi PressekonferenzPapstsprecher Federico Lombardi warnt vor „Druck“ auf das bevorstehende Konklave. Einige versuchten derzeit durch Diffamierungen und Falschinformationen, sich den Moment der Überraschung nach dem angekündigten Rücktritt von Benedikt XVI. zunutze zu machen. Das sagte der Jesuit in einem Editorial für Radio Vatikan.

„Der Weg der Kirche in diesen letzten Wochen des Pontifikats von Papst Benedikt, bis zur Wahl des neuen Papstes, ist sehr fordernd angesichts der Erstmaligkeit dieser Lage. Wir haben zum Glück nicht den Tod eines geliebten Papstes zu beklagen; aber eine andere Prüfung wird uns nicht erspart: dass nämlich vielfach Druck ausgeübt wird und Überlegungen angestellt werden, die nicht dem Geist entsprechen, mit dem die Kirche diese Zeit des Wartens und der Vorbereitung leben will.“

Eine Gruppe von US-Katholiken hat im Internet eine Kampagne gegen Kardinal Roger Mahoney gestartet. Der frühere Erzbischof von Los Angeles, der Fehler beim Umgang mit Missbrauchsfällen eingeräumt hat, soll von einer Teilnahme am Konklave abgehalten werden. Auch der frühere US-Botschafter beim Heiligen Stuhl, Miguel Diaz, hat Mahoney am Samstag aufgefordert, „sich am Papst ein Beispiel zu nehmen“ und von seinem Wahlrecht in der Sixtina keinen Gebrauch zu machen. Vatikanbischof Juan Ignacio Arrieta hatte hingegen am Freitag eine Konklave-Teilnahme Mahoneys verteidigt: Das Kirchenrecht schütze ausdrücklich die Freiheit der Papstwähler gegen „alle möglichen Einmischungen, Widerstände und Wünsche“ von außen. Pater Lombardi:

„Es fehlt nicht an Personen, die sich den Moment der Überraschung und Desorientierung schwacher Geister zunutze machen wollen, um Verwirrung zu säen und die Kirche und ihre Leitung in Mißkredit zu bringen. Da werden alte Machenschaften wie Verleumdung oder Desinformation eingesetzt, da wird unakzeptabler Druck ausgeübt, um das Wahlrecht des einen oder anderen Mitglieds des Kardinalskollegiums zu konditionieren, der aus dem einen oder anderen Grund in Ungnade gefallen ist. In den meisten Fällen haben die Richter, die scharfe moralische Urteile abgeben, nicht die geringste Autorität dazu. Wer vor allem Geld, Sex und Macht im Kopf hat und die Welt an diesem Mass misst, der ist dann auch nicht imstande, in der Kirche anderes wahrzunehmen.“

Daraus ergibt sich nach Lombardis Eindruck „eine zutiefst ungerechte Beschreibung der Kirche und vieler ihrer Führungsmänner“. Das solle aber die Gläubigen nicht verunsichern: Der Herr habe versprochen, sener Kirche beizustehen.

„Wir wollen, dass diese Zeit der Tradition und dem Gesetz der Kirche entsprechend eine Zeit des ehrlichen Nachdenkens über die geistlichen Bedürfnisse der Welt und über die Treue zum Evangelium sei. Eine Zeit des Betens um den Heiligen Geist und der Nähe zum Kardinalskollegium, das sich zur Wahl anschickt, um derentwillen es hauptsächlich existiert. Dabei steht uns vor allem das Beispiel und die spirituelle Geradlinigkeit von Paspt Benedikt vor Augen. Er wollte diesen letzten Teil seines Pontifikates dem Gebet zu Beginn der Fastenzeit widmen.“

Zum Konklave im März werden derzeit 116 der 117 wahlberechtigten Kardinäle erwartet. Nach Angaben Lombardis hat bislang nur der frühere Erzbischof von Jakarta, Julius Riyadi Darmaatmadja, seine Teilnahme aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Allerdings sei es Sache der Kardinalskongregation, eine begründete Abwesenheit zu bestätigen. Diese Versammlung tritt nach Beginn der Sedisvakanz voraussichtlich in den ersten März-Tagen zusammen. (rv)

Er sagt Habemus Papam: Kardinalprotodiakon Jean-Louis Tauran

Kardinal TauranIhm fällt eine der öffentlichkeitswirksamsten Aufgaben beim Konklave zu: Kardinal Jean-Louis Tauran wird nach der Wahl auf den Balkon der Peterskirche treten und mit den berühmten Worten „Habemus Papam“ den neuen Papst bekannt geben. Diese Aufgabe obliegt dem Amt des Kardinalprotodiakon, das Tauran im Augenblick inne hat. Das Kardinalskollegium ist in drei Gruppen geteilt, die Kardinalbischöfe, von denen es fünf gibt, die Kardinalpriester, in der Regel Kardinäle, die als Bischöfe ein Bistum leiten, und die Kardinaldiakone, in der Regel Kurienkardinäle. Der ranghöchste dieser Kardinaldiakone trägt den Titel Kardinalprotodiakon und hat diese besondere Aufgabe. Zu seinen weiteren Aufgaben gehört es unter anderem, bei „Urbi et Orbi“ neben dem Papst zu stehen – ebenfalls auf dem berühmten Balkon an der Frontseite des Petersdoms – und um den Segen zu bitten.

Jean-Louis Tauran stammt aus Bordeaux in Frankreich, wo er 1943 geboren wurde. Nach Studien in Philosophie und Theologie und einem Doktorat in Kirchenrecht war er zunächst im Pfarreidienst tätig, bevor er die päpstliche Diplomatenakademie in Rom absolvierte. Stationen seiner Karriere waren die Dominikanische Republik, der Libanon und die OSCE, bevor er in den Vatikan zurück kehrte und im Staatssekretariat arbeitete.

Nach seiner Bischofsweihe 1991 wurde er 2003 Archivar und Bibliothekar des Vatikan und wurde im selben Jahr auch zum Kardinal erhoben; 2007 übernahm er dann die Aufgabe, die er aktuell ausübt: Er ist Präsident des Päpstlichen Rates für interreligiösen Dialog. Protodiakon ist er seit 2001.

Kardinal Tauran ist neben seinem Amt im interreligiösen Dialog Mitglied in der Glaubenskongregation, den Kongregationen für die Ostkirchen und für die Bischöfe, ferner im Einheitsrat und im Kulturrat. Daneben nimmt er zahlreiche administrative Aufgaben war und ist Mitglied des höchsten kirchlichen Gerichtes, der Apostolischen Signatur. (rv)