Kardinal Lehmann: „Papst-Toto“ eher kontraproduktiv

Kardinal LehmannKardinal Karl Lehmann ist einer der deutschen Kardinäle, die an dem kommenden Konklave teilnehmen werden. Es ist für den ehemaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz das zweite Mal, dass dabei sein wird, er weiß also, was ihn und seine Kollegen erwarten wird. Von dem in diesen Tagen in der Presse bereits munter betriebenen „Papst-Toto“ hält er allerdings wenig:

„Das ist glaube ich ein Gemisch von gewissen Tendenzen in den Medien, jemanden herauszustellen und Wunschkandidaten aufzustellen. Ich weiß nicht, wie das zustande kommt. Man kann eigentlich nur sagen, wer vorher allzu oft genannt wird, der trifft auch auf eine gewisse Skepsis. Deshalb gibt es ja auch das alte Sprichwort, wer als „papabile“ ins Konklave hinein geht, der kommt mit Sicherheit als Kardinal wieder hinaus. Insofern halte ich von diesen Dingen nichts. Ich bin ganz froh, dass manche Leute nicht genannt werden, die eine Rolle spielen könnten, denn dann sind die nicht vorher schon kaputt.“

Der neue Papst, so der Kardinal, habe eine große Aufgabe vor sich. Die Weltkirche mit ihren über eine Milliarde Gläubigen stelle den Papst täglich vor neue Herausforderungen und erfordere gute, aber auch rasche Entscheidungen.

„Sonst sind für mich zwei Dinge wichtig, das eine, es muss ein Papst sein, der eine durchaus nüchterne Vision von der Zukunft der Kirche hat und es muss jemand sein, der durchsetzungsfähig ist und der das, was er als wahr erkannt hat, auch mit Entschiedenheit weiter verfolgen kann. Das ist für mich ganz entscheidend, alles andere, wie Herkunft, Hautfarbe, Kontinent ist unerheblich.“

Das Konklave ist geheim, und damit das auch so bleibt, ist den Teilnehmern jeder Kontakt nach außen strikt untersagt – bei Nichteinhaltung drohen drakonische Kirchenstrafen wie die automatische Exkommunikation. Wer sich allerdings nun vorstellt, die Kardinäle würden auf Schritt und Tritt kontrolliert und durchsucht, täuscht sich:

„Nach dem Rücktritt wird ja die Leitung der Kirche an das Kardinalskollegium übergehen, es finden gleich am anderen Tag bis zur Wahl täglich von etwa 10 Uhr bis 12.30 Uhr die so genannten Generalkongregationen aller Kardinäle statt. Da wohnt man dann auch noch privat und zieht erst, wenn offiziell zum Konklave einberufen wird, in das Haus Santa Marta. Bisher gab es da nie irgendwelche besonderen Aktionen, sondern jeder weiß, dass kein Kontakt nach außen erlaubt ist. Der Telefonverkehr ist dann gesperrt auf den Zimmern, man nimmt also das Handy also am besten gar nicht erst mit.“ (rv)

Nichts überstürzen: Kardinal Kasper zum bevorstehenden Konklave

Kardinal KasperDie Kardinäle sollten den Beginn des Konklaves nicht überstürzen: Kardinal Walter Kasper, der älteste der Teilnehmer, plädiert im Gespräch mit Radio Vatikan dafür, sich Zeit zu lassen. Pater Bernd Hagenkord hat den Kardinal gefragt, wie er sich auf das kommende Konklave vorbereitet.

„Momentan ist die Situation sehr unübersichtlich. Man betet, man überlegt, wie die Situation der Kirche ist, welche Herausforderungen es gibt. Und dann überlegt man, wie die Figur eines künftigen Papstes aussehen kann. Für mich ist nicht entscheidend, woher er kommt und welche Nationalität er hat, es ist die Person, die zählt. Man schaut sich die Namen, die in den Zeitungen stehen, an und kommt selber auch noch auf andere Namen; ich denke, dass es da auch noch eine Überraschung geben kann. Ich habe mich bis jetzt nicht festgelegt und lege mich auch nicht fest.
Man redet auch miteinander; nicht, indem man Bündnisse schließt – das soll man nicht tun und das ist auch untersagt – aber man tauscht sich aus über die Notwendigkeiten, die die Kirche heute hat und was da für geistliche Dinge sind. Ich denke, dass das Konklave letztlich ein geistlicher und liturgischer Akt ist und nicht eine politische Versammlung.“

Eine Frage, die wir alle uns jetzt stellen, ist die, ob es jetzt relativ schnell zu einem Konklave kommen wird. Werden die Kardinäle erst diskutieren wollen oder erst wählen, um dann mit dem neuen Papst die Probleme anzugehen?

„Ich persönlich bin dafür, dass wir uns vor dem Konklave Zeit nehmen, um uns zu treffen. Nicht, um die Probleme zu lösen, denn das können wir erst mit dem Papst zusammen, das ist klar. Sondern um zu überlegen, was für eine Art von Papst wir jetzt brauchen und die Kirche jetzt braucht. Ich denke, da sollten wir uns noch etwas Zeit nehmen und das jetzt nicht in Eile machen. Wie lange das dann geht, das kann ich nicht voraussagen. Ich hoffe, dass wir dann nicht nur eine Person wählen; die Probleme sind so groß, in der Kurie, aber vor allem in der Weltkirche, dass ein einziger Papst allein das nicht schultern kann. Der braucht mehrere um sich herum, er braucht ein Gremium von Kardinälen und Bischöfen und vielleicht auch Laien. Er braucht die Kollegialität der Bischöfe und der Kardinäle und der Bischöfe hier, darauf käme es mir an: Den Papst nicht allein zu lassen, denn das kann keiner wie es im Augenblick ist. Vielleicht könnte man da ein wenig was vorbereiten.“

Benedikt XVI. hat den Kardinälen durch das Motu Proprio ja Spielraum gegeben. Meinen Sie, dass dieser Spielraum genutzt werden wird?

„Soweit ich sehen kann, gibt es da zwei Richtungen. Es gibt eine Richtung die sagt, dass man das bald anfangen soll, damit die Bischöfe in der Karwoche auch wieder zu Hause sein können – das ist die eine Richtung. Die andere Richtung sagt: ‚Jetzt mal nichts überstürzen, nicht eilen’. Ich selber gehöre mehr zu dieser zweiten Richtung. Welche dann unter den Kardinälen die Mehrheit findet, das kann ich nicht voraussagen. Das wird etwas vom ersten sein, was wir entscheiden müssen: Wann das Konklave beginnt. Aber das ist in die Hand der Kardinäle gegeben.“ (rv)