Katholischer Journalismus: „Ja muss das denn sein?“

Warum leistet sich Kirche eigene Medien? Und: ist das eigentlich noch Journalismus oder schon Propaganda? Fragen, die katholische Nachrichtenagenturen, Sender und nicht zuletzt auch Radio Vatikan immer wieder beantworten muss. Anlässlich einer Feier zum 70. Geburtstag der österreichischen katholischen Nachrichtenagentur Kathpress in der vergangenen Woche dachte Kardinal Schönborn öffentlich über diese Frage nach: „Ist das kompatibel und journalistisch? Immer wieder kommt die Frage auf, ob das überhaupt geht, dass eine Bischofskonferenz eine Informationsagentur hat? Kann das etwas anderes sein als eine Propagandaagentur?“ Also spitz formuliert: Von den Kunden bezahlte Werbung für die Katholische Kirche, maskiert als journalistisch.

Zunächst verwies der Kardinal auf die Bibel, es gebe ein Gebot „du sollst nicht lügen“, und das sei die erste Erwartung an katholische Journalisten: die Wahrheit sagen. „Aber wird auch alles gesagt? Wird es offen genug gesagt? Wird es breitflächig genug gesagt? Wird es auch kontrovers genug gesagt?“ Die Bischofskonferenz Österreichs habe das oft diskutiert, berichtet Schönborn, „weil man nicht immer nur begeistert war über die Meldungen der Kathpress, teils wegen des Inhalts, der unangenehm sein konnte, teils aber auch weil immer auch ein Stück Interpretation dabei ist.“

Er selber habe sehr wohl den Eindruck, dass die Kathpress – als „seine“ Agentur – den Spagat zwischen objektiver Information und klarer weltanschaulich-religiöser Orientierung schaffe, so Schönborn in seinem Grußwort. Um dann etwas weiter auszuholen: „Ich wage die These, dass es weltweit keine Organisation gibt wie die Katholische Kirche, die so eine Basis-Information weltweit zur Verfügung stellen kann.“ Über ihr weltweites Netzwerk könne sie auf eine Weise ungefilterte Informationen vermitteln, wie es kaum einer anderen Organisation möglich sei. „Ich glaube, das ist eine Chance aber auch ein enormer Anspruch“, so Schönborn abschließend. „Es ist auch eine hochbrisante politische Aufgabe, Informationen dort zu bringen, wo sie sonst durch die Filter nicht immer durchkommen.“ (rv)

Katholischer Journalismus: Richtung Zukunft?!

Dass Tweets, Kurzvideos und Gesten des Papstes ideal sind für die heutige Medienwelt, ist offensichtlich. Bei aller Begeisterung darf man aber nicht die Botschaft dahinter und die Mühe auf dem Weg dorthin vernachlässigen: Mahnende Worte des ehemaligen Pressesprechers des Papstes und Leiters von Radio Vatikan, Pater Federico Lombardi, beim Geburtstagsempfang der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress in Wien.

Zunächst lobte er ausführlich die „wertvollen Verbreitungswege“, die durch das Internet entstanden seien, sowohl für Bilder als auch für einfache Botschaften. So habe etwa die kluge Verwendung des Twitter-Accounts des Papstes, @pontifex, bei der Kommunikation wichtiger Anliegen des Papstes geholfen. Kirche dürfe nicht zurück bleiben, was die Techniken und die Dynamiken der Kommunikationskultur angehe, die Weise Papst Franziskus, sich zu äußern, helfe ganz besonders, es sei sozusagen ein „Paradies für Neue Medien“. Trotzdem oder gerade deswegen fügte Lombardi in seiner Festrede zwei kritische oder nachdenkliche Beobachtungen an.

„Der Enthusiasmus für die Neuen Medien darf uns nicht die Aufmerksamkeit für die Solidität, die Konsistenz und die Tiefe des Inhalts der Informationen und der Kommunikation vergessen machen“, so Lombardi in seinem Festvortrag.

„Ein kompetenter, informierter Journalismus, der Probleme in ihrer Tiefe und in ihrer realen Komplexität verstehen will, ist notwendig und wird es weiter sein, vielleicht sogar noch mehr als früher, weil die Welt nicht einfacher wird und die Herausforderungen immer größer. Solch ein Journalismus muss seine Wege und seine Orte finden, um sich auszudrücken. Kurze und einfache Botschaften sind nützlich und wirkungsvoll, wenn sie auf der Basis von tragfähigen und profunden Botschaften aufruhen. Etwas zu teilen ist gut, wenn etwas wert ist, geteilt zu werden, wenn es nicht unnütz und leer ist und nur Zeitverschwendung.“

Niemand komme um die Mühe herum, eine klare Idee von dem zu haben, was er kommunizieren wolle, so Lombardi und fügt folgende Beobachtung hinzu: „Der Papst und der Vatikan sind wichtig, aber sie sind nicht die gesamte Kirche. Der Papst und seine Mitarbeiter üben einen Dienst an der Einheit der universalen Kirche aus. Die Kirche aber ist vielgestaltig – „circumdata varietate!“ – , vielgestaltig in ihren Institutionen, ihren Kulturen, ihren Traditionen, ihren Sprachen, und darf nicht eingeebnet werden. Gewisse Dynamiken des Internets führen dazu, dass die Aufmerksamkeit überproportional auf die starken Webseiten gerichtet wird und auf die bekanntesten Menschen. Eine Vervielfältigung von Kontakten bedeutet aber noch nicht notwendigerweise auch eine Bereicherung der Beziehungen und des Austausches. Ich sehe in der Entwicklung der Kommunikation im Internet nicht nur die positiven Möglichkeiten, sondern auch das Risiko einer Schwächung und einer Verarmung von ernsthafter Kommunikation auf persönlichem Niveau, einer Schwächung der Wichtigkeit von Nachrichten aus der regionalen oder nationalen Dimension von Kirche. …

Die Frage, die ich mir nun stelle, hat mit einer Ekklesiologie der Subsidiarität und Komplementarität zwischen den verschiedenen Ebenen der Kirche zu tun – universal, national, diözesan, lokal: Gelingt es im neuen Netz und in der fließenden Welt der Neuen Medien stabile Verbindungen zu knüpfen, wo sich das Leben der Gemeinschaft der Kirche vor Ort, im Bistum und so weiter ausdrücken kann? Oder riskieren wir, uns in einem verwirrenden Magma wieder zu finden, aus dem nur noch Papst Franziskus und seine begabten Nachfolger herausragen oder andere schwindelerregende Gipfel oder mächtigen Institutionen, die Herr sind über die Suchmaschinen?“ (rv)