Im Überblick: Die 4 wichtigsten Meldungen der Woche aus und über die Weltkirche

VATIKANSTADT – Von der Migrationskrise bis zu Missbrauchsvorwürfen: Die vier wichtigsten Meldungen der Woche aus und über die Weltkirche.

Kardinalsernennung

Am vergangenen Mittwoch ernannte Papst Franziskus fünf Bischöfe zu Kardinälen: Jean Zerbo, Erzbischof von Bamako; Juan José Omella, Erzbischof von Barcelona; Anders Arborelius, Bischof von Stockholm; Louis-Marie Ling Mangkhanekoun aus Pakse in Laos; und Gregorio Rosa Chavez, Weihbischof von San Salvador.

In der Predigt erinnert Papst Franziskus die Kardinäle: „Die Wirklichkeit ist das Kreuz, die Sünde der Welt, für die Er gekommen ist, um sie auf sich zu nehmen und aus der Erde der Menschen auszureißen.“ Die Kardinäle seien nicht zu Fürsten berufen, sonder dazu Christus zu folgen und mit ihm seinem Volk voranzugehen. Der Papst ruft die Kardinäle dazu auf, den Blick fest auf das Kreuz und die Auferstehung des Herrn gerichtet zu halten, damit das ganze Leben zu einem Dienst an Gott und an den Geschwistern werden kann.

Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Pell

Kardinal George Pell hat die Ankündigung eines Gerichtsverfahrens wegen Vorwürfen sexuellen Missbrauchs begrüßt und angekündigt, seinen Ruf persönlich rehabilitieren zu wollen. Er hat vorübergehend sein Amt als Finanzchef des Vatikans niedergelegt um sich in Melbourne verteidigen zu können.

Kardinal Pell hat sich in der Vergangenheit sehr für die Aufklärung und Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch eingesetzt.

Bischöfe geschlossen gegen Umdefinierung von Ehe

Kardinal Marx bedauert es, wenn der Ehebegriff aufgelöst werde. Es sei unangemessen eine gesellschaftspolitische Entscheidung dieser Tragweite in einem derartig überstürzten Verfahren zu fällen. Die Ehe sei „die Lebens- und Liebesgemeinschaft von Frau und Mann als prinzipiell lebenslange Verbindung mit der grundsätzlichen Offenheit für die Weitergabe von Leben“.

Bereits im März gab die Deutsche Bischofskonferenz bekannt, dass es für die Bischöfe einen klaren Unterschied zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft gebe, so Bischof Koch. Die eingetragene Lebenspartnerschaft könne aus sich heraus keine Kinder hervorbringen. „In diesem Sinne hat auch Papst Franziskus in seinem nachsynodalen Schreiben ‚Amoris laetitia‘ festgehalten, dass Partnerschaften von Personen gleichen Geschlechts nicht einfach mit der Ehe gleichgestellt werden können, weil ihnen die Weitergabe des Lebens verschlossen ist, die die Zukunft der Gesellschaft sichert.“

Der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp sieht in der Abstimmung ein „wahlkampftaktisches Manöver“. Die Ehe sei die „Basis für den Fortbestand unserer Gesellschaft“ und dürfe „nicht als Gütesiegel für die Qualität einer Partnerschaft missverstanden werden. ‚Ehe für alle‘ wäre daher ein Widerspruch in sich.“

Vatikan setzt sich für Flüchtlinge ein

Am Vorabend des „Global Forum on Migration and Development“ (GFMD) forderte der Beauftragte des Vatikan für Migration und Flucht, Pater Michael Czerny, sichere und legale Wege für Flüchtlinge. Er rief die Weltgemeinschaft dazu auf, internationale Standards für Schutzbedürftige zu schaffen, um ihre Menschenwürde zu schützen. Dies sei ein besonderes Anliegen Papst Franziskus‘, dem die Sorgen und Nöte von Flüchtlingen besonders am Herzen lägen. (CNA Deutsch)

„EU-Türkei-Deal funktioniert nicht“

TürkeiNach wie vor kommen Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak über die Türkei nach Griechenland. Der EU-Türkei-Deal aber, der ihre Verteilung in der EU regulieren soll, steht auf der Kippe. Die türkische Regierung droht immer wieder damit, den Flüchtlingspakt mit der EU platzen zu lassen, wenn die versprochene Visafreiheit nicht kommt. Die EU hingegen fordert als Ausgangsbedingung die Einhaltung der Menschenrechte im Land. Wie aber geht es den Flüchtlingen in Griechenland, die Gegenstand dieser Verhandlungen sind? Darüber sprach Radio Vatikan mit dem italienischen kirchlichen Migrations-Experten Giancarlo Perego. Der Geistliche ist Direktor der bischöflichen Stiftung Migrantes.

„Die Lage ist dramatisch, 70 Prozent der Menschen leben nicht mal in den Flüchtlingslagern oder vorgesehenen Einrichtungen. Der Schutz der Menschenrechte steht auf dem Spiel. Der EU-Türkei-Pakt ist ohnehin schon ein Rückschritt, was die Rechte von Migranten angeht, doch jetzt ist ihr Schutz noch mehr in Gefahr. Die Hälfte dieser gefährdeten Personen sind Kinder und Minderjährige. Europa bräuchte mehr Garantien für die Grundrechte der Asylbewerber und Flüchtlinge.“

Der Streit zwischen EU und Türkei dreht sich insbesondere um die Visafreiheit für türkische Staatsbürger, die als Gegenleistung für die Regulierung der Migration aus der Türkei nach Europa versprochen wurde. Die Türken machen Druck, damit die Visafreiheit baldmöglichst eingeführt wird, die EU hingegen fordert als Bedingung unter anderem die Einhaltung der Menschenrechte, die nach dem Putschversuch gegen Erdogan und durch seinen radikalen Staatsumbau besonders bedroht sind.

„Das Abkommen hat von vornherein schlecht funktioniert und funktioniert immer noch schlecht, vor allem was den Schutz der Rechte der Migranten angeht. Viele Hilfsorganisationen, etwa Caritas Europa oder Ärzte ohne Grenzen, weisen immer wieder auf die dramatische Situation der Flüchtlinge hin. Und sie hat sich jetzt noch weiter verschlechtert.“

Dennoch glaubt Perego nicht, dass jetzt ein Ende des EU-Türkei-Abkommens bevorsteht. Zu hoch seien die Interessen der beiden Partner, dabei das Gesicht zu wahren und zu demonstrieren, dass sie die Situation unter Kontrolle halten können. Dennoch wäre ein Plan B sinnvoll, findet er.

„Das wünschen wir uns: dass Europa eine Quotenverteilung der Flüchtlinge einführt, und dass es Asylrecht und ein nationales Asylsystem in allen 27 Mitgliedstaaten schafft, denn in fast 20 Mitgliedstaaten fehlt es daran noch. Auch warten wir noch immer auf die Umverteilung von rund 160.000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien in andere EU-Staaten, die im Herbst 2015 vereinbart wurde und von denen bislang nur wenige Tausend verteilt wurden. Vor allem müssten die EU-Länder jetzt aber humanitäre Korridore einführen, um Massenfluchten zu vermeiden und vor allem Schleppern und terroristischen Organisationen wie dem Islamischen Staat das Handwerk zu legen.“ (rv)

Papst auf Lesbos: Rede am Hafen

LesbosBei seiner apostolischen Reise nach Lesbos hat sich Papst Franziskus am Hafen der Insel an die Bewohner und an die Öffentlichkeit gewandt. Hier die Rede des Papstes im Wortlaut:

„Sehr geehrte Vertreter des öffentlichen Lebens, liebe Brüder und Schwestern,

Seit Lesbos ein Anlegeplatz für viele Migranten auf der Suche nach Frieden und Würde geworden ist, spüre ich den Wunsch hierherzukommen. Heute danke ich Gott, der es mir gewährt hat. Und ich danke Herrn Präsidenten Paulopoulos, dass er mich gemeinsam mit Patriarch Bartholomäus und Erzbischof Hieronymos eingeladen hat.

Ich möchte dem griechischen Volk meine Bewunderung ausdrücken: Trotz der großen Schwierigkeiten, mit denen sie sich auseinandersetzen müssen, haben sie es verstanden, ihre Herzen und ihre Türen offen zu halten. Viele einfache Leute haben das Wenige, das sie hatten, zur Verfügung gestellt, um es mit denen zu teilen, denen es an allem fehlte. Gott wird diese Großzügigkeit wie auch die anderer umliegender Nationen, die von Anfang an viele zur Migration Gezwungene mit großer Bereitschaft aufgenommen haben, zu belohnen wissen.

Segensreich ist auch die großherzige Präsenz so vieler Freiwilliger und zahlreicher Vereinigungen, die gemeinsam mit den verschiedenen öffentlichen Einrichtungen ihre Hilfe beigesteuert haben und weiterhin beisteuern. Sie bringen damit im Konkreten eine brüderliche Nähe zum Ausdruck.

Heute möchte ich aus bekümmertem Herzen erneut an die Verantwortung und die Solidarität appellieren angesichts einer so dramatischen Situation. Viele Flüchtlinge, die sich auf dieser Insel und in verschiedenen Gegenden Griechenlands befinden, leben in bedenklichen Situationen, in einem Klima der Beklemmung, der Angst und zuweilen auch der Verzweiflung aufgrund der materiellen Schwierigkeiten und der Unsicherheit der Zukunft.

Die Sorgen der Institutionen und der Menschen hier in Griechenland wie auch in anderen Ländern Europas sind verständlich und berechtigt. Und doch darf man nie vergessen, dass die Migranten an erster Stelle nicht Nummern, sondern Personen sind, Gesichter, Namen und Geschichten. Europa ist die Heimat der Menschenrechte, und wer auch immer seinen Fuß auf europäischen Boden setzt, müsste das spüren können; so wird es ihm selbst deutlicher bewusst werden, dass er sie respektieren und verteidigen muss. Leider ist es einigen – darunter vielen Kindern – nicht einmal gelungen, anzukommen: Sie haben ihr Leben im Meer verloren als Opfer unmenschlicher Reisen unter den Schikanen niederträchtiger Peiniger.

Ihr Bewohner von Lesbos beweist, dass in diesen Landstrichen, der Wiege der Zivilisation, noch das Herz einer Menschheit schlägt, die im anderen vor allem den Bruder oder die Schwester zu erkennen weiß; einer Menschheit, die Brücken bauen will und vor der Illusion zurückschreckt, Zäune aufzurichten, um sich sicherer zu fühlen. Tatsächlich schaffen die Barrieren Spaltungen, anstatt dem wahren Fortschritt der Völker zu dienen; und Spaltungen führen früher oder später zu Auseinandersetzungen.

Um wirklich solidarisch zu sein mit denen, die gezwungen sind, aus ihrem Land zu fliehen, muss man sich engagieren, um die Ursachen dieser dramatischen Realität zu beseitigen: Es genügt nicht, sich darauf zu beschränken, dem augenblicklichen Notfall zu begegnen, sondern es müssen weitreichende und nicht einseitige politische Pläne entwickelt werden. Vor allem ist es notwendig, dort, wo der Krieg Zerstörung und Tod verursacht hat, Frieden aufzubauen und zu verhindern, dass dieses Krebsgeschwür sich anderswo ausbreitet. Darum muss man standhaft der Verbreitung und dem Handel von Waffen und den damit verbundenen oft dunklen Machenschaften entgegenwirken. Wer Pläne des Hasses und der Gewalt verfolgt, dem muss jede Unterstützung entzogen werden. Dagegen muss die Zusammenarbeit zwischen den Ländern, den internationalen Organisationen und den humanitären Einrichtungen unermüdlich gefördert werden und diejenigen, welche den Notlagen entgegentreten, dürfen nicht isoliert, sondern müssen unterstützt werden. In diesem Sinn bringe ich erneut meine Hoffnung zum Ausdruck, dass der erste Weltgipfel für humanitäre Hilfe (World Humanitarian Summit), der im nächsten Monat in Istanbul stattfindet, Erfolg hat.

All das kann man nur gemeinsam tun: Gemeinsam können und müssen menschenwürdige Lösungen für die komplexe Flüchtlingsfrage gesucht werden. Und dabei ist auch der Beitrag der Kirchen und der Religionsgemeinschaften unverzichtbar. Meine Präsenz hier zusammen mit Patriarch Bartholomäus und Erzbischof Hieronymos bezeugt unseren Willen, weiter dafür zusammenzuarbeiten, dass diese epochale Herausforderung nicht Anlass zu Auseinandersetzungen wird, sondern eine Gelegenheit zum Wachsen der Kultur der Liebe.

Liebe Brüder und Schwestern, angesichts der Tragödien, welche die Menschheit verwunden, ist Gott nicht gleichgültig, bleibt er nicht fern. Er ist unser Vater, der uns beim Aufbau des Guten und bei der Zurückweisung des Bösen unterstützt – nicht nur unterstützt, sondern in Jesus hat er uns den Weg des Friedens aufgezeigt. Angesichts des Bösen in der Welt hat er sich zu unserem Diener gemacht, und mit seinem Dienst der Liebe hat er die Welt gerettet. Das ist die wahre Macht, die Frieden hervorbringt. Nur wer in Liebe dient, baut den Frieden auf. Der Dienst lässt aus sich herausgehen und nimmt sich der anderen an, er lässt nicht zu, dass die Menschen und die Dinge zugrunde gehen, sondern weiß sie zu behüten, indem er die dichte Decke der Gleichgültigkeit überwindet, die Herz und Geist umnebelt.

Ich danke euch, dass ihr Hüter der Menschlichkeit seid, dass ihr euch liebevoll um den Leib Christi kümmert, der im geringsten hungrigen und fremden Mitmenschen leidet und den ihr aufgenommen habt. (vgl. Mt 25,35).“ (rv)

Besuch im Irak: „Es braucht einen inneren Aufbau“

Erzbischof SchickSyrien erwartet von Europa Hilfe, aber es muss Hilfe zur Selbsthilfe sein. Diese Botschaft bringt der Weltkirchenbeauftragte der deutschen Bischöfe, Erzbischof Ludwig Schick, von einem Besuch in Damaskus mit. An diesem Mittwoch ist er von dort wieder abgereist, er wollte ein Zeichen der Solidarität mit den Christen im Land setzen, so Schick.

Hilfe zur Selbsthilfe – das bedeute vor allem eine andere Politik. „Das ist ja ein Problem der letzten Jahrzehnte, dass sich im Nahen Osten die West-Mächte USA und Europa nur zu ihren Interessen engagiert haben. Die USA und Europa müssen sich endlich für die Interessen der Syrer interessieren,“ so Schick, mit dem wir in Beirut sprachen. Natürlich müsse auch Geld zum Wiederaufbau fließen, „das wird viel Geld kosten.“

Schick berichtet von einer Stadt Damaskus, in der der Krieg sichtbar sei, in der es Straßensperren und überall Bewaffnete gibt, trotzdem wundere man sich, dass das Leben in Damaskus einigermaßen weiter geht. „Im Augenblick ist es verhältnismäßig ruhig, die Waffenruhe hält.“

Wichtig für die Menschen sei, dass Hoffnung bewahrt oder wieder aufgebaut werde, „Es gibt noch Hoffnung, aber auch viel Sorge, wie es mit dem Land weiter geht“, sagt Schick. In den Begegnungen mit der Kirche vor Ort habe man ihm immer wieder gesagt, dass die wichtigste Botschaft sei, Hoffnung zu machen, dass Krieg, Terror und Tod nicht das letzte Wort haben.

Der Besuch galt den Christen im Land, Solidarität sei sehr wichtig für die Menschen dort. „Den Christen geht es natürlich nicht gut, viele sind weggegangen. Wir haben auch etliche Caritas-Projekte besucht. Die Kirche hilft den Menschen – auch unabhängig von Religion – die vertrieben wurden und jetzt in den sicheren Gebieten Unterkunft suchen.“ Es gebe unter diesen Menschen viel Krankheit, um die man sich kümmern müsse. Diese Menschen seien verzweifelt.

„Alle hoffen natürlich, dass die Verhandlungen in Genf weiter gehen und dass nach dem Waffenstillstand nun dauerhafte Friedensverhandlungen begonnen werden. Die Menschen hoffen, dass sich alle daran beteiligen und dass dann auch wieder eine Zivilgesellschaft aufgebaut werden kann.“ Es gebe das Kurzzeitziel Waffenstillstand, dann beginne erst die echte Arbeit, der Wiederaufbau. Sehr viel vor allem an Infrastruktur ist zerstört. „Dann braucht es auch noch einen inneren Aufbau, es muss sehr viel Bildungsarbeit geleistet werden, die dann auch Solidarität, Verständnis, Toleranz und Akzeptanz wieder in die Gesellschaft hinein bringt.“ Auch das sei alles in den fünf Jahren Bürgerkrieg zerstört worden, berichtet Schick. Die Christen seien bei diesem Wiederaufbau sehr wichtig, das sei zu spüren, es sei bedeutsam, dass Christen blieben oder wieder zurück kämen. Erzbischof Schick zeigte sich beeindruckt vom Engagement der katholischen Kirche in Syrien: „Hier wird eine Arbeit geleistet, die ihresgleichen sucht. Bei meinen Gesprächen gerade mit jungen Syrerinnen und Syrern habe ich gespürt, dass diese Generation die künftige Zivilgesellschaft mit aufbauen will. Besonders die Priester und Ordensleute bleiben bewusst im Land. Gerade die Priester haben eine hohe Akzeptanz in der Gesellschaft. Mein Appell ist: Der Nahe Osten darf nicht zur christenfreien Zone werden!“

Die Reise geht für den Erzbischof nun weiter, und zwar nach Jordanien, aber auch dort geht es weiter um das Thema Syrien, denn auch dort besuche er Flüchtlinge. Die Wenigsten seien ja nach Europa unterwegs, die Meisten blieben in der Region, in Lagern im Libanon und in Jordanien. Auch hier gelte es, die Hilfe – auch der deutschen Kirche – noch einmal zu verstärken. (rv)

Flüchtlinge in Italien: Grundversorgung sichern

ItalienAls Papst Franziskus im Juni die „Globalisierung der Gleichgültigkeit" an den Pranger stellte, schaute die Welt dahin, wo sie sonst gern vorbeischaut: nach Lampedusa. Als im Oktober dann vor Italiens Küste 366 Flüchtlinge ertranken, wurde in Europa wieder einmal über Flüchtlinge gesprochen, man erklärte den Schlepperbanden den Kampf und der Grenzschutz wurde aufgerüstet. Verbessert hat sich die Lage der Mittelmeerflüchtlinge seitdem nicht, urteilt Oliviero Forti von der italienischen Caritas. Und er meint damit nicht nur die schleppende Europapolitik in Fragen der Einwanderung.
„Wenn ich sagen würde, es hat sich etwas geändert, dann wäre das eine Lüge. Jedes Jahr haben wir diese Zahlen, jedes Jahr so viele Ankünfte hier. Das ist ein italienisches Problem, hat weniger mit der EU zu tun. Es scheint mir so, als müssten wir dieses Thema jedes Mal neu entdecken. Dabei gehört es doch mittlerweile zu Italien, inmitten des Mittelmeers zu sein, und für Lampedusa gilt das noch mehr."
Mit anderen Worten: Flüchtlinge stranden in Italien nicht erst seit gestern. Nach Ansicht von Forti muss das Land die Aufnahme und Versorgung der hilfsbedürftigen Einwander in jedem Fall garantieren können – auch wenn dies aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen nicht einfach sei. Hier gebe es in Italien noch viel zu tun, so der Caritas-Mitarbeiter: So sei etwa die Situation in den Auffanglagern für die Flüchtlinge unerträglich. Oftmals müssten die Menschen tage-, ja sogar wochenlang in viel zu kleinen Zentren ausharren. Italien müsse sich hier um eine menschenwürdige Behandlung der Flüchtlinge bemühen. Forti:
„Die Tragödie am 3. Oktober hat sich an der Küste einer Insel abgespielt, die ein altes Zentrum hatte, das nicht mehr als 250 Menschen aufnehmen konnte. Ich finde es schwierig, nach Europa zu rufen, wenn wir selbst nicht in der Lage sind, bei der ersten Landung angemessen zu handeln! Das ist ja auch für die Migranten emotional ein sehr starker Moment. Da sollte ein Land wie Italien den Leuten eigentlich etwas mehr garantieren können."
In Schweden beispielsweise sei die Aufnahme der syrischen Flüchtlinge viel besser organisiert: Auch außergewöhnlich hohe Flüchtlingsströme würden dort besser aufgenommen, berichtet Forti. Italien sei davon noch immer weit entfernt:
„Keiner, ich wiederhole, keiner hat sich bisher für eine sichere Ankunft zumindest der Schwächsten unter den Flüchtlingen eingesetzt. Es geht hier um Millionen von Menschen, unter ihnen Kranke, sehr viele Alte und Kinder. Menschen, die wirklich Pflege und Versorgung benötigen – doch bis heute ist das leider nicht garantiert."
Italien trägt als Grenzland des südlichen Europa eine besondere Last bei der Aufnahme der Flüchtlinge und den entsprechenden Asylanträgen. Nach geltendem Recht sind nämlich die Staaten, in die der Asylbewerber nachweislich zuerst eingereist ist, für das Asylverfahren zuständig. Legale Möglichkeiten für Flüchtlinge, nach Europa einzureisen, sind in der Staatengemeinschaft nach wie vor Mangelware – viele Migranten sehen deshalb als einzigen Ausweg für sich nur die Flucht nach Europa über Land oder Meer als illegale Einwanderer. (rv)

Vatikan/Malta: Regierungen müssen Verantwortung für Flüchtlinge übernehmen

CCEERegierungen sind besonders in der Verantwortung, Einwanderern mit Liebe und Solidarität zu begegnen. Das betonte der Präsident des Päpstlichen Migranten-Rates, Kardinal Antonio Maria Vegliò, an diesem Dienstag auf Malta. Vertreter des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) tagen dort noch bis Mittwoch zum Thema Migranten- und Flüchtlingspastoral. Kardinal Vegliò hatte am Montag erstmals Flüchtlinge besucht, die bei ihrer Ankunft auf Malta „vorbeugend inhaftiert" worden waren. „Niemand hat das Recht die Würde der Menschen zu verletzen, keine Regierung und auch keine öffentliche oder private Einrichtung" unterstrich der Kardinal. Zu den Menschenrechten gehöre auch das Recht, sich frei auszusuchen, wo man leben, arbeiten und eine Familie gründen wolle – ganz unabhängig vom Recht, ohne Angst und in Sicherheit leben zu wollen. „Jede Instanz, die die Menschenrechte ignoriert, greift den Willen Gottes an und verletzt die Grundrechte, die jeder Mensch besitzt", so Vegliò wörtlich.

Der Prozentsatz der Asylantragsteller auf Malta ist mit 21,7 Prozent der höchste von ganz Europa. (rv)

Caritas Internationalis zur Not syrischer Flüchtlinge

Assads Macht bröckelt, und Vorschläge für ein mögliches „Danach" werden immer hörbarer. So hatte der syrisch-orthodoxe Metropolit von Aleppo, Mar Gregorios Ibrahim, zuletzt einen umfassenden Friedensplan für Syrien vorgelegt. Von einem Neubeginn ist das bürgerkriegsgeschüttelte Syrien allerdings noch weit entfernt. Im Interview mit Radio Vatikan berichtet Laura Sheahan von Caritas Internationalis vom Schicksal zehntausender syrischer Flüchtlinge, die in die Nachbarländer Jordanien, Libanon und Türkei geflohen sind. Sheahan hat in den vergangenen Tagen dort Flüchtlingslager besucht.

„Die syrische Flüchtlingskrise hat sich im vergangenen Monat verschärft, die Zahl der Flüchtlinge hat zugenommen. Niemand hätte gedacht, dass es so schlimm werden würde. Wir arbeiten hart und mit Mühe daran, allen Menschen zu helfen, brauchen aber noch mehr finanzielle und andere Hilfen."

Nach offiziellen Angaben des Flüchtlingswerkes der Vereinten Nationen UNHCR flohen im vergangenen Monat 120.000 Menschen aus Syrien, die wirkliche Zahl sei aber noch höher, so die Caritas Internationalis-Mitarbeiterin. Auch viele islamische Wohlfahrtsorganisationen seien vor Ort aktiv, um den Menschen zu helfen, berichtet Sheahan. Viele Flüchtlinge seien völlig verstört:

„Das sind Menschen, die schreckliche Dinge in ihrem Land gesehen haben, mit denen sie nie gerechnet hätten. Ich habe mit einer Frau gesprochen, die Milch für ihre fünf Kinder brauchte. Aus Angst vor den Heckenschützen ging ihr Nachbar für sie. Er wurde angeschossen, sie rannte raus, um ihm zu helfen – und wurde am Bein getroffen. Die Frau überlebte, aber der Nachbar erlag seinen Verletzungen."

In einem Bericht der unabhängigen Syrienkommission des UNO-Menschenrechtsrates werden den syrischen Regierungstruppen und der bewaffneten Opposition Kriegsverbrechen bescheinigt: Darin ist von Folter, sexueller Gewalt und willkürlichen Verhaftungen die Rede. Insgesamt habe sich die Menschenrechtslage in den vergangenen Monaten dramatisch verschlechtert. Der Vatikan hat mehrfach zur Waffenruhe, zum Zulassen humanitärer Hilfen und zu Dialog aufgerufen. (rv)

Syrien: Mehr Hilfe für Flüchtlinge

Nichtregierungsorganisationen fordern mehr Hilfen für die Versorgung syrischer Flüchtlinge. Der deutsche UNHCR-Sprecher Stefan Telöken kritisierte am Donnerstag im Südwestrundfunk (SWR), von benötigten fast 200 Millionen US-Dollar sei bislang nur etwa ein Viertel bereitgestellt worden. Geld werde vor allem in Jordanien benötigt, wo mehr Flüchtlinge einträfen als Unterkünfte bereit stünden. Im Libanon, wo an einem Grenzübergang in zwei Tagen rund 18.000 Menschen gezählt worden seien, gebe es eine widersprüchliche Entwicklung; von dort kehrten Syrer auch wieder in ihre Heimat zurück, berichtete Telöken. Aus der Türkei kämen Berichte, nach denen derzeit eher weniger Menschen aus dem Nachbarland eintreffen. Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen" erklärte, ihre Teams seien auf weitere Flüchtlingsströme vorbereitet. Die Organisation betonte, sie sei darüber beunruhigt, dass ein Teil der Flüchtlinge vollkommen auf die im Libanon vorhandene Hilfe angewiesen ist.

Zu einer raschen und vor allem friedlichen Lösungsfindung ruft der melkitisch-katholische Erzbischof von Aleppo, Jean-Clément Jeanbart, auf. Er traf am Donnerstag in seinem Bistumssitz die anderen katholische Bischöfe des Landes. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagte Bischof Jeanbart:

„Was wir dem Westen und vor allem den Christen bitten, ist eine konkrete Unterstützung. Dies kann nur dann geschehen, wenn genügend Druck auf die Regierenden ausgeübt wird, damit endlich Dialog und Kompromisse eingegangen werden. Um es noch konkreter zu sagen, alle Christen sollten die Friedensmission von Kofi Annan unterstützen und jegliche Gewalt verurteilten."

Einen ähnlichen Appell richteten ebenfalls am Donnerstag Führer der syrischen Opposition, die derzeit in Rom bei der Basisgemeinschaft Sant´Egidio zu Besuch sind. Solche Gesprächsinitiativen seien zu begrüßen, so der Erzbischof von Aleppo.

„Ich denke, dass die EU, die Nato sowie alle arabischen Länder gemeinsam Etwas erreichen würden, wenn sie sich zusammenschließen würden. Viele kritisieren die Haltung Russlands, aber dieses Land beweist nur, dass man durchaus Druck auf das Regime ausüben kann, wenn man das wirklich will. Wichtig ist aber eines: Alle Parteien müssen der Gewalt ein für allemal abschwören."

Auch die EU rief die internationale Gemeinschaft zu mehr humanitärer Unterstützung für Syrien auf. Die zuständige EU-Kommissarin Kristalina Georgieva kritisierte wie Telöken den zu geringen Prozentsatz der zur Verfügung gestellten Mittel. Von den Folgen der andauernden Gewalt in Syrien seien bis zu 2,5 Millionen Menschen betroffen; es gebe mindestens 500.000 Vertriebene. (rv)

Pater Lombardi: Gemeinsame Zukunft mit Migranten

Zusammen mit den Migranten und Flüchtlingen muss eine gemeinsame Zukunft aufgebaut werden. Das hat Vatikansprecher Pater Federico Lombardi in seinem wöchentlichen Editorial für Radio Vatikan an diesem Samstag betont. Besonders die Wirtschaftskrise habe die Probleme der Flüchtlinge verschärft, so Lombardi:

„Laut der Vorhersagen werden in diesem Jahrhundert weitere 200 Millionen Menschen in der gesamten Welt als Flüchtlinge ihr Land verlassen. Die Wirtschaftskrise verringert nicht, sondern verschärft unter gewissen Gesichtspunkten die Probleme der Migration. Und so fließen die Ströme der Männer und Frauen, die ihr Land wegen Armut, Naturkatastrophen oder Unterdrückung über das Mittelmeer, das Rote Meer, die Sinai-Wüste oder die Grenze zwischen Mexiko und den USA auch unter Lebensbedrohung verlassen, ständig weiter."

Weiter ging Pater Lombardi auf den Beitritt des Heiligen Stuhls zur Internationalen Migrantenorganisation ein. Schon Pius XII. und Paul VI. hatten sich mit der Frage beschäftigt, gibt er an. Mit dem Beitritt intensivere der Heilige Stuhl sein bisheriges Engagement und seine Beteiligung an der Völkergemeinschaft, so der Jesuit:

„Der Heilige Stuhl trägt die Verteidigung der Menschenrechte mit, und zwar auf der Grundlage der festen Überzeugung der Würde jedes Menschen. Und er tritt zugleich auch für das Wirken der vielen katholischen Organisationen ein, die sich in diesem Bereich auf jedem Kontinent betätigen. Sie geben den Worten und Vorschlägen des Heiligen Stuhls Inhalt und Glaubwürdigkeit."

Laut Pater Lombardi sollten Migranten und Flüchtlinge nicht als Gefahr, sondern als Vorreiter und Brückenbauer einer besseren Zukunft wahrgenommen werden:

„Indem wir ihnen die Möglichkeit geben, zu leben und zu wachsen, müssen wir mit ihnen zusammen eine gemeinsame Zukunft aufbauen." (rv)

Kard. Bagnasco: „Vergesst nicht Lampedusa!“

Kardinal Angelo Bagnasco hat zu mehr Engagement für die Flüchtlinge auf Lampedusa geworben. Vor allem Europa solle „eine langfristig angelegte Flüchtlingspolitik" entwickeln, so der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz. Am Mittwoch war er auf der Mittelmeerinsel zu Besuch. Bagnasco betonte, dass Europa die Insel „nicht vergessen" dürfe. An einem Felsen vor der Mittelmeerinsel, an dem Anfang Mai ein Flüchtlingsboot havarierte, senkte Bagnasco einen Blumenkranz ins Meer und gedachte damit aller Flüchtlinge aus Afrika, die auf der gefährlichen Überfahrt nach Italien ums Leben gekommen waren. Mit einem Motorboot fuhr Bagnasco dann zu der wenige Meter vor der Küste gelegenen Stelle, an der in der Nacht auf den 8. Mai ein Flüchtlingsschiff auf Grund gelaufen war. Ein geplanter Besuch im Aufnahmezentrum der Insel, wo sich derzeit zweihundert vorwiegend aus Tunesien stammende Migranten befinden, wurde aus Sicherheitsgründen kurzfristig abgesagt. (rv)