„Der Papst fliegt nicht zufällig gerade jetzt nach Lesbos“

Griechenland„Diese Reise zeigt der ganzen Welt, dass die Migranten keine Zahlen sind, sondern Menschen“: Das sagt der katholische Pfarrer von Lesbos, Leo Kiskinis, zum bevorstehenden Papstbesuch. Franziskus werde auf Lesbos „dasselbe tun wie auf Lampedusa“, nämlich zeigen, dass die Flüchtlinge „Menschen sind, Träume haben, Namen tragen“. Und ja – natürlich sei die Reise auch ein politisches Signal.

„Zunächst mal denke ich: Diese Entscheidung, gerade hierher nach Lesbos zu kommen und nicht in irgendeinen anderen Teil Griechenlands, kann doch kein Zufall sein! Gerade nach Lesbos, auf die Insel, zu der die Migranten von der türkischen Seite aus aufbrechen. Und gerade ihre Einwohner, die einfachen Leute, haben eine Brüderlichkeit und Menschlichkeit unter Beweis gestellt, wie man sie hier bisher nicht erlebt hatte. Die Einwohner von Lesbos haben ihre Türen und Herzen nicht verriegelt, haben keine Mauern oder Barrieren errichtet, sondern diese Menschen aufgenommen in der Hoffnung, dass Europa – die Heimat der Menschenrechte – sie ebenfalls mit offenen Armen empfängt.“

Auch den Einwohnern von Lesbos soll seine „Nähe und Solidarität“ gelten, hat der Papst an diesem Mittwoch bei seiner Generalaudienz gesagt. Kiskinis betont auch den ökumenischen Charakter der Visite: Schließlich kommt Franziskus auf Einladung griechisch-orthodoxer Kirchenführer. „Und ich glaube, um diese Migrationskrise zu lösen, darf man eben keine Alleingänge machen, sondern dazu müssen alle zusammenarbeiten. Nicht nur die europäischen Regierungen, sondern eben auch die Kirchen. Zusammenarbeiten und in der Migrationskrise Geschlossenheit zeigen. Wir sind hier auf Lesbos als Christen, ohne Unterscheidungen nach Rasse, Kultur, Sprache oder Religion zu machen – wir helfen diesen leidgeprüften Menschen und wollen auch die Europäer, die Regierungen, dafür sensibilisieren, wie wichtig das Zusammenarbeiten ist. Mit Grenzen oder Zäunen lassen sich diese Menschen jedenfalls nicht aufhalten: Die fliehen vor einem Krieg und haben keine Alternative.“

Pfarrer Kiskinis ist Seelsorger für eine einzige, kleine Pfarrei; er hätte nie damit gerechnet, mal den Papst zu Gast zu haben. „Ich war sehr überrascht“, sagt er über die Ankündigung der Visite, „damit hätte ich wirklich nicht gerechnet“. Doch so klein die katholische Gemeinde auf Lesbos auch sei, so engagiert sei sie dennoch bei der Aufnahme der Migranten. Und darum sei das Kommen des Papstes „auch eine Genugtuung für diese kleine Gemeinde, die wirklich an der Peripherie der Kirche liegt“. „Auch weil es bis vor drei, vier Jahren keine feste Präsenz eines katholischen Priesters auf der Insel gab; darum haben diese Gläubigen allein leben müssen, ohne eine kontinuierliche Seelsorge. Erst vor vier Jahren hat der Bischof beschlossen, dass es einen festen Priester auf der Insel geben soll – und jetzt kommt schon der Papst zu Besuch! Also, wir fühlen uns wirklich geschmeichelt, auch wenn wir am Rand liegen…“ (rv)

Europas Bischöfe trauern um Opfer von Lampedusa

Kardinal ErdöEuropas Bischöfe trauern um die Opfer des Bootsunglückes vor der Mittelmeerinsel Lampedusa. Der Präsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), Kardinal Peter Erdö, sicherte im Namen aller Bischöfe Anteilnahme zu und rief Europas Politiker auf, konkrete Maßnahmen zu erarbeiten, damit solche Tragödien in Zukunft nicht mehr geschehen werden. Erdö sprach anlässlich der CCEE-Vollversammlung, die derzeit in Bratislava stattfindet. Der maronitische Bischof von Zypern, Youssef Soueif, der ebenfalls bei der Sitzung dabei ist, sagte gegenüber Radio Vatikan, Europas Einwanderungspolitik trage „große Schuld" an der Tragödie auf dem Mittelmeer. Der maltesische Bischof von Gozo, Mario Grech, betonte Europa müsse „eine neue Kultur der Gastfreundschaft" schaffen. Bei dem Bootsunglück am Donnerstag kamen über 130 Flüchtlinge vor der Küste Lampedusas ums Leben. (rv)

Lombardi: „Lampedusa-Besuch sollte Zeichen setzen“

Pater Lombardi PressekonferenzEs war eine kurze aber sehr intensive erste Papstreise. Das ist das Fazit des Vatikansprechers und Jesuitenpaters Federico Lombardi, der Papst Franziskus bei seinem eintägigen Besuch auf die Mittelmeerinsel Lampedusa begleitet hatte. Im Gespräch mit Radio Vatikan nennt Lombardi die Gründe, weshalb Franziskus unbedingt die kleine Insel zwischen Nordafrika und Sizilien besuchen wollte.

„Der Zweck dieser eintägigen Reise des Papstes war für ihn selber sehr klar: es ging darum, die Verantwortung für unsere Brüdern und Schwestern hervorzuheben. Die Migration ist die Folge einer Vielzahl von Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten in der heutigen Welt. Migranten kommen, weil die globalisierte Wirtschaft dieser Welt nicht mehr in Ordnung ist und vor allem ist sie nicht mehr menschlich. Es gibt zu viele Menschen, die hungern und ungerecht behandelt werden. Diese Menschen unternehmen dann eine Reise, bei der viele auch den Tod finden. Das ist furchtbar."

Der Besuch nach Lampedusa war vor nicht allzu langer Zeit geplant gewesen, obwohl Papstreisen immer Monatelange Vorbereitungszeiten bedürfen. Doch mit der Visite wollte der Papst seinem Pontifikat auch eine klare Richtung vorweisen, so Lombardi weiter.

„Der Papst wollte mit seiner ersten Reise in seinem Pontifikat der Welt dieses Zeichen geben. Das sollen wir nicht vergessen, vor allem eben, dass so viele Menschen im Mittelmeer den Tod finden. Jene, die aus Afrika nach Europa flüchten werden sehr oft hier bei nicht gerne angenommen. Wir alle müssen unsere Verantwortung dafür tragen."

Im Mittelpunkt des Besuchs standen nicht nur die Migranten sondern auch die Bewohner der kleinen Mittelmeerinsel. Die rund 6.000 Einwohner der kleinen Ortschaft haben in den vergangenen Jahrzehnten hunderttausende Menschen aufgenommen und unterstützt.

„Die Einwohner Lampedusa haben uns ein gutes Beispiel gegeben. Sie haben nach ihren Möglichkeiten die Migranten angenommen. Der Papst wollte dieses Beispiel würdigen. Es gibt auch andere Bereiche der Verantwortlichkeit auf sozialer, politischer und wirtschaftlicher Ebene und für jeden von uns und für diese Verantwortungsbereiche sind die Fragen des Papstes gerichtet, die er uns mit seinem Besuch auf Lampedusa gestellt hat. Wo ist dein Bruder, wo ist deine Schwester? Du bist für sie verantwortlich." (rv)

Kard. Bagnasco: „Vergesst nicht Lampedusa!“

Kardinal Angelo Bagnasco hat zu mehr Engagement für die Flüchtlinge auf Lampedusa geworben. Vor allem Europa solle „eine langfristig angelegte Flüchtlingspolitik" entwickeln, so der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz. Am Mittwoch war er auf der Mittelmeerinsel zu Besuch. Bagnasco betonte, dass Europa die Insel „nicht vergessen" dürfe. An einem Felsen vor der Mittelmeerinsel, an dem Anfang Mai ein Flüchtlingsboot havarierte, senkte Bagnasco einen Blumenkranz ins Meer und gedachte damit aller Flüchtlinge aus Afrika, die auf der gefährlichen Überfahrt nach Italien ums Leben gekommen waren. Mit einem Motorboot fuhr Bagnasco dann zu der wenige Meter vor der Küste gelegenen Stelle, an der in der Nacht auf den 8. Mai ein Flüchtlingsschiff auf Grund gelaufen war. Ein geplanter Besuch im Aufnahmezentrum der Insel, wo sich derzeit zweihundert vorwiegend aus Tunesien stammende Migranten befinden, wurde aus Sicherheitsgründen kurzfristig abgesagt. (rv)