Vatikan: Neuer Protokollchef ernannt

Papst Franziskus hat einen neuen Protokollchef im Staatssekretariat ernannt. Es handelt sich um den 50-jährigen irischen Priester Joseph Murphy.

Er löst den Portugiesen Jose Avelino Bettencourt ab, den Franziskus als Nuntius nach Armenien und Georgien entsandt und vergangenen Sonntag zum Bischof geweiht hat. Joseph Murphy ist bereits seit 1997 im Staatssekretariat beschäftigt und spricht neben seinen Muttersprachen Irisch und Englisch auch Italienisch und Französisch. Der Protokollchef sorgt für den reibungslosen Ablauf von Staatsbesuchen im Vatikan nach allen diplomatischen Regeln. (vatican news – gs)

Das „Lettergate“-Fiasko und seine Folgen. Eine Einordnung

VATIKANSTADT – „Lettergate“ ist ein Fiasko, das seinesgleichen sucht. Es wiegt in jeder Hinsicht schwerer als die vielen anderen Skandale und Skandälchen, die seit Monaten den Vatikan so erschüttern. Genau deshalb ist eine Chance – ein potentieller Weckruf.

Aber dazu muss ein nüchterner Blick auf seine Tragweite geworfen werden. Der Schaden ist enorm.

Das zeigt – neben vehementen Reaktionen, bis hin zu Versuchen, Papst emeritus Benedikt zu verunglimpfen – vor allem die Tatsache, dass der verantwortliche Leiter des zuständigen Dikasteriums, Monsignore Dario Viganò, dem Papst seinen Rücktritt angeboten hat – und Franziskus diesen auch annahm.

Bei vielen anderen Fällen in jüngster Zeit hätten die Verantwortlichen nicht derart Konsequenzen gezogen, schreibt der Vatikanist Edward Pentin im „National Catholic Register“. Man denke nur an die Ernennung von Akademikern zur Päpstlichen Akademie für das Leben, die Abtreibung oder Verhütung befürworten. Oder an die Verleihung eines Päpstlichen Ritter-Ordens an eine niederländische Politikerin und militante Abtreibungsbefürworterin, ganz zu schweigen vom Skandal über eine „Drogen-Schwulen-Orgie“ im Vatikan, so Pentin.

Nun mag man über das richtige Maß und die Schwere einzelner Fälle diskutieren.

In der Analyse zeigt sich, dass beim „Lettergate“-Fiasko mehrere Brennpunkte auflodern, darunter die Glaubwürdigkeit der Kirche in der Öffentlichkeit sowie die eigentliche Herausforderung der andauernden Kurienreform: Christliche Werte und (aus ihnen entwickelte) professionelle Standards, modernes, transparentes Arbeiten und den übernatürlichen Auftrag zu verbinden.

Glaubwürdigkeit auf dem Spiel

Zentraler Brennpunkt – und für sich schon eine komplizierte, gewaltige Baustelle – ist die Glaubwürdigkeit der Kirche in der globalen Öffentlichkeit. Diese steht ganz schnell auf dem Spiel wenn herauskommt, dass das Sekretariat für Kommunikation versucht, vom Papst emeritus Benedikt ein Unterstützungsschreiben anzufordern, und als dieser keines abgibt, sein Ablehnungsschreiben als just ein solches Empfehlungsschreiben auszugeben probiert – und dann auch noch mit Retuschierung einer Photographie des Ablehnungsbriefs.

Das ist nicht nur ungeschickt, selbst wenn es irgendwie gut gemeint gewesen sein sollte. Es ist auch skandalös im Sinne des Katechismus, wenn im Vatikan so gearbeitet wird. Es wirft vor allem die Frage auf: Warum?

Die Suche nach einer Antwort – Benedikt sollte ja „nur“ 11 Bändchen über die Theologie seines Nachfolgers positiv unterstützen, und lehnte dies in einem privaten Schreiben ab – diese Suche führt sowohl in die Frage nach der Kurienreform der Kommunikation, wie auch der Kommunikation der Kurienreform.

Bischof Tighe als möglicher Nachfolger

Am 30. April 2015 begann ein neues Kapitel der Reform der Kurienkommunikation. Wie CNA-Vatikanist Andrea Gagliarducci schildert, richtete Papst Franziskus eine Kommission von fünf Mitgliedern ein, um die Vorschläge des „Patten-Reports“ zu analysieren und umzusetzen, welche wiederum bereits das „Vatikanische Komitee für Kommunikation“ erarbeitet hatte.

(Dessen Leiter, der britische Baron, ehemalige EU-Kommissar und Ex-Gouverneur von Hong Kong, Chris Patten, hatte den Reformvorschlag verfasst. Dass – kaum ein Jahr später – eine neue Kommission diesen erst einmal „analysieren“ und dann umsetzen sollte, wurde von einigen Beobachtern als Ablehnung des vorherigen, 2014 gegründeten Komitees bewertet.)

Den Vorsitz der neuen Kommission im April 2015 hatte bereits Monsignore Dario Edoardo Viganò, zu dieser Zeit noch Direktor des Vatikanischen Fernsehens. Die weiteren Mitglieder waren der Jesuitenpater Antonio Spadaro, enger Papstvertrauter und Chefredakteur des Jesuitenmagazins „Civilita Cattolica“, dann Msgr. Lucio Adrian Ruiz, sowie Msgr. Paul Tighe, der Sekretär des Päpstlichen Rates für die Soziale Kommunikation. Hinzu kam Paolo Nusiner aus dem Vorstand der Zeitung der Italienischen Bischofskonferenz, „Avvenire“.

Nur die Monsignores Tighe und Ruiz waren bereits Mitglieder des ursprünglichen Patten-Komitees.

Was dann geschah, ist bekannt: Der Ire Tighe wurde zum außerordentlichen Sekretär des Päpstlichen Rates für Kultur befördert und zum Bischof geweiht, während Viganò zum Präfekten ernannt wurde. Der Argentinier Ruiz wurde stellvertretender Leiter des Sekretariats für Kommunikation. Aktuell leitet er dieses kommissarisch, bis ein neuer Präfekt bestellt ist.

Viele Augenpaare sind nun auf Bischof Tighe als möglichen Nachfolger gerichtet – doch wer auch immer diese Aufgabe übernimmt: Es werde eine heikle und sehr anspruchsvolle Aufgabe. Schon allein deshalb, weil – so Gagliarducci – Quellen gegenüber CNA gesagt haben, dass der Skandal um das retuschierte Foto im Sekretariat für Kommunikation platzte.

Widerstand und Diskussion

Das erinnert nicht nur an den ersten „Vatileaks“-Skandal, sondern zeigt auch, dass der Widerstand gegen die Reform andauert, der seit der Gründung einer Kommission zur Analyse des Patten-Report spürbar sei, so Gagliarducci weiter:

„Die Kommission hatte keine Vertreter von Radio Vatikan, der vatikanischen Medienabteilung, die am meisten von der Reform betroffen war. Und auch das Presseamt ​​des Heiligen Stuhls, L’Osservatore Romano und der Vatikanische Verlag waren nicht vertreten. Es ist bemerkenswert, dass Gian Maria Vian, Redakteur von L’Osservatore Romano, ein Mitglied des Komitees von Lord Patten war, aber nicht der nachfolgenden Kommission.“

In der Praxis umgesetzt wurde dann das neue Sekretariat mit Apostolischem Schreiben vom 27. Juni 2015 (Motu Proprio „Der aktuelle Kommunikationskontext“). Dieses teilte mit, dass alle Einrichtungen, „die sich bisher in irgendeiner Weise mit dem Mediensektor befasst haben“ nun neu geordnet würden. Betroffen seien:

  • Vatikanisches Fernsehzentrum
  • Vatikanische Verlagsbuchhandlung
  • L’Osservatore RomanoPäpstlicher
  • Rat für die sozialen Kommunikationsmittel
  • Radio Vatikan
  • Presseamt des Heiligen Stuhls
  • Fotoservice
  • Vatikanisches Internetbüro
  • Vatikanische Druckerei

Das neue Dikasterium werde „zum einzigen Bezugspunkt für den Apostolischen Stuhl in Fragen der Kommunikation, die sich im derzeitigen Medienkontext immer komplexer und zusehends interdependent gestaltet“, so das Sekretariat in einer Mitteilung.

Die interne Diskussion über die Durchführung der Reform war jedoch offen, berichtet Gagliarducci.

Spätestens seit dem ersten „Vatileaks“-Skandal im Jahr 2012 gab es im Vatikan intensive Diskussionen über Kommunikationsprobleme. Damals beschloss der Vatikan, als Kommunikationsberater im Staatssekretariat den US-Journalisten Greg Burke einzustellen – heute bekanntlich der vatikanische Pressesprecher, dessen Amt freilich mittlerweile dem neuen Sekretariat für Kommunikation unterstellt ist.

Die Frage der Kommunikation habe auch eine wichtige Rolle im Konklave gespielt, die Papst Franziskus wählte, so Gagliarducci mit Verweis auf einen Bericht des „Wall Street Journal“, der mehrere Kardinäle zitiert.

Als dann der neue Papst, Franziskus, mit seiner Reform ansetzte, wurde das globale Beratungsunternehmen McKinsey & Company beauftragt, eine neue vatikanische Medienstrategie vorzuschlagen.

Dabei geht es nicht nur um technische Fragen oder die digitale Herausforderung: Es geht um die inhaltliche Arbeit, die redaktionellen Standards, und mehr. „An dieser Front bleiben viele Fragen unbeantwortet“, so CNA-Vatikanist Gagliarducci.

Wobei die Antwort vielleicht ganz klar und einfach ist: Die Kommunikation einer Kurienreform, wie die des Vatikans überhaupt, wird funktionieren, wenn sie eingegliedert ist in den grundsätzlichen Auftrag katholischer Medienarbeit, wie ihn etwa das Zweite Vatikanische Konzil beschrieben hat:

„Alle Glieder der Kirche sollen einmütig und planmäßig darangehen, ohne Aufschub und mit größtem Eifer die Sozialen Kommunikationsmittel in den vielfältigen Arbeiten des Apostolates, wie es Zeit und Umstände erfordern, zu benutzen und schädlichen Unternehmungen zuvorzukommen, besonders in den Gegenden, wo sittlicher oder religiöser Fortschritt erhöhte Anstrengungen erfordert.“

Wie Inter Mirifica betont: „Die rechte Benutzung der Sozialen Kommunikationsmittel setzt bei allen, die mit ihnen umgehen, die Kenntnis der Grundsätze sittlicher Wertordnung voraus und die Bereitschaft, sie auch hier zu verwirklichen.“

Das ist ein Weckruf für die Macher der Reform und katholischer Medienarbeit – einschließlich der von CNA Deutsch. Wer Ohren hat zu hören, der höre.

Anian Christoph Wimmer ist Chefredakteur von CNA Deutsch. (CNA Deutsch)

Vatikan: Fragwürdig und schlecht inszeniert – der Rücktritt von Msgr. Viganó

Vaticanhistory – Martin Marker.

Der Rücktritt des Präfekten des Kommunikationssekretariats ist sehr ungewöhnlich, um nicht zu sagen merkwürdig.

Da verwendet Msgr. Viganò ein privates Dankschreiben des emeritierten Papstes Benedikt XVI., manipuliert es und veröffentlicht Unwahrheiten des Inhaltes. Erst auf Druck der Weltpresse kommt die ganze Wahrheit ans Tageslicht und der Vatikan kommt nicht umhin, den gesamten Inhalt des Schreibens zu veröffentlichen. Der Schwindel fliegt prompt auf und bringt den verantwortlichen Präfekten zum Fall. Dieser Skandal ist schon schlimm genug. Schließlich geht es hier um das offizielle Medien-Organ des Vatikans, um die Berichterstattung von Vatican News.

Bulletin vom 21. März:

Als ich das Bulletin vom 21. März gelesen hatte, war ich zuerst mal erleichtert. Msgr. Viganò hatte die Konsequenzen aus seinem Fehlverhalten gezogen. Doch dieses Gefühl war nur von kurzer Dauer. Das Bulletin, die Erklärung des Direktors des Pressesaals, Greg Burke, war eher ungewöhnlich. Üblicherweise wird die Annahme des Rücktritts eines Präfekten der Kurie mit zwei drei Sätzen im Bulletin veröffentlicht. Basta. Doch im Fall Viganò wurde sowohl das Rücktrittsgesuch als auch die schriftliche Antwort von Papst Franziskus als PDF-Datei dem Bulletin angehängt. Eigenartigerweise erscheinen beider PDF-Dateien nur in der italienischen Ausführung des Bulletins. In der englischen und spanischen Ausgabe fehlen diese Dateien. Warum?

Schreiben Msgr. Viganò

Das Rücktrittschreiben von Msgr. Viganò:

Viganò hat zwar seinen Rücktritt am 19. März an den Papst eingereicht, doch von Einsicht und persönlichem Fehlverhalten liest man hier kein Wort. Viganò bedauert lediglich, der großen und komplexen Reformarbeit des Papstes durch Kontroversen um seine Arbeit im Weg zu stehen. Er bedankt sich bei den Mitarbeitern für die Zusammenarbeit und die großzügige väterliche Unterstützung des Papstes und bittet um Annahme seines Rücktritts.

Kein einziges Wort über seine Manipulation des Papstschreibens. Viganò schreibt nur von Kontroversen um seine Arbeit. Monsignore, Einsicht zum persönlichen Fehlverhalten sieht anders aus! Kein Wort über die Täuschung und den Schwindel. Ein Rücktritt, den man als „respektvoll“ bezeichnen könnte, ist dieser Rücktritt nicht. Aus dem Schreiben geht hervor, dass Viganò vorab ein Gespräch zwischen ihm und dem Papst stattgefunden hatte.

 

Schreiben Papst Franziskus

Das Antwortschreiben von Franziskus an Viganò:

Die Antwort des Papstes erhielt Msgr. Viganò zwei Tage später, am 21. März. Doch auch diese Antwort kann ich nur als merkwürdig und ungewöhnlich bezeichnen. Der durch Viganó genannte Rücktrittsgrund ist eigentlich keiner. Trotzdem respektiert der Papst Viganòs Gründe zum Rücktritt. Auch er verweist auf ein letztes Gespräch. Über den Inhalt gibt er aber keinen Hinweis. Franziskus schreibt, er akzeptiere:

„Mit großer Anstrengung“ und nach einer „langen und aufmerksamen Reflexion“, Viganòs Rücktritt.

Franziskus entlässt mit diesem Schreiben Msgr. Viganò aus seiner Verantwortung als Präfekt des Kommunikationssekretariats und ernennt ihn im gleichen Atemzug zum Assessor desselben Kommunikationssekretariats. Er bittet ihn, mit seiner professionellen Haltung den künftigen Präfekten in seiner Arbeit zu unterstützen. Schließlich müsse noch die Fusion der Vatikanzeitung Osservatore Romano und der Vatikanischen Druckerei in das Sekretariat abgeschlossen werden.

Die Schreiben kommen mir vor, wie eine große Lüge, eine schlecht inszenierte Show vor der Weltöffentlichkeit. Ferner habe ich den Eindruck, weder Msgr. Viganò noch Papst Franziskus sind von ihrer Entscheidung wirklich überzeugt. Anzumerken ist noch, dass in beiden Schreiben eine Entschuldigung gegenüber dem emeritierten Papst Benedikt XVI. fehlt. Man kann nur hoffen, dass Msgr. Viganò wenigstens soviel Anstand besitzt, sein Fehlverhalten in einem persönlichen Schreiben an Benedikt zu entschuldigen.

„Der Papst hätte gut daran getan, einen klaren Schlussstrich zu ziehen, dass hat er aber nicht getan“.

Stattdessen bekommt das Amt einen anderen Namen und der Papstvertraute bleibt, wo er ist. Das ist der neue Führungsstil eines Papstes, der die Kirche des 21. Jahrhunderts reformieren und in seinem Sinne verändern will. Fehler machen nur die, die dieses Pontifikat kritisieren. Franziskus beherrscht die Klaviatur des Papstprimats aus dem Effeff und zeigt der Weltpresse, was er von ihr hält.

Bildquellen: Bulletin vom 21. März (Screenshots vom 21.03.2018)

(vh-mm)