Vatikan/USA: Sorge wegen Botschaftswechsel nach Jerusalem

Im Vatikan stößt das Vorhaben der US-Regierung, ihren Botschaftssitz in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, auf Unverständnis. Für den langjährigen Ständigen Beobachter des Heiligen Stuhls bei der UNO, Erzbischof Silvano Tomasi, müsse weiterhin die Zwei-Staaten-Lösung verfolgt werden, wie er im Gespräch mit Radio Vatikan an diesem Mittwoch sagt. Seit jeher unterstütze der Heilige Stuhl die Haltung der Vereinten Nationen, die darauf abzielt, einen palästinensischen Staat neben einem israelischen Staat anzuerkennen. Voraussetzung sei, dass sich beide unabhängige Staaten gegenseitig respektieren, fügt Erzbischof Tomasi an. Doch mit der Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem werde dieses Ziel wesentlich schwieriger zu erreichen sein.

„Jerusalem muss weiterhin allen drei großen abrahamitischen Religionen zugänglich bleiben, also für Christen, Muslime und Juden. Die Tatsache, dass man sagt, Jerusalem sei die Hauptstadt allein von Israel und all die damit verbundenen juristischen Konsequenzen, verkompliziert die bisherige Haltung der UNO, die auch vom Heiligen Stuhl unterstützt wird. Deshalb muss eine politische Linie verfolgt werden, die nicht Trennungen hervorruft, sondern die im Gegenteil Eintracht stiftet und Frieden garantiert.“

Als langjähriger Vatikandiplomat habe er festgestellt, dass es einer „vertieften Zusammenarbeit“ auf internationaler Ebene bedarf. Man können nicht einseitige Beschlüsse fassen, gerade wenn es um die Beziehungen zwischen Staaten gehe.

„Doch solche Gesten und auch solche Äußerungen, die den internationalen Konsens zerbrechen, bergen die Gefahr neuer Gewaltausbrüche. Wir müssen aber stattdessen versuchen, eine solche Politik mit allen möglichen Mitteln zu verhindern.“

Gerade die jüngsten Beschlüsse in den USA seien nicht förderlich. So würde der sogenannte „Travel Ban“ – auch „Muslim Ban“ genannt – ein falsches Zeichen setzen und in die falsche Richtung führen. Der Oberste Gerichtshof der USA entschied diese Woche, dass Donald Trumps umstrittener Bann mit Einschränken vorerst in Kraft treten dürfe.

„Dieser Beschluss ist selektiv, weil damit sieben Länder auf die Schwarze Liste gesetzt werden. Es handelt sich um sehr arme Länder und vor allem leben dort mehrheitlich Muslime. Die Haltung der US-Regierung stiftet somit sehr viel Trennung anstatt Einheit. Es fehlt an gutem Willen, mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten. Auch entspricht eine solche Haltung nicht der Tradition der USA, die – vergessen wir es nicht – ein Einwanderungsland par excellence war und ist.“

Und dritter Streich der US-Regierung: Sie zieht sich auch aus einer Flüchtlingsvereinbarung der UNO zurück. Trump wolle sich nicht länger an der Ausarbeitung des globalen Flüchtlings- und Migrationspaktes beteiligen, erklärte die US-Vertretung am Sitz der Vereinten Nationen in New York. Die dazu verabschiedete New Yorker Erklärung sei „unvereinbar“ mit der Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik der USA, hieß es aus dem Umfeld Trumps. Auch das stößt bei Erzbischof Tomasi auf Unverständnis.

„Gemäß der Katholischen Soziallehre müssen wir uns alle dafür verantwortlich fühlen, was auf der Welt passiert. Wir sind eine einzige Menschheitsfamilie. Was die Frage um die aktuelle Migration auf der Welt betrifft, so können wir die Probleme nicht damit lösen, dass man selektiv vorgeht, also die einen hineinlässt und andere nicht und dass man selber entscheidet, ohne andere mit einzubeziehen. Es bedarf stattdessen einer internationalen Zusammenarbeit. Diese multilaterale Kooperation drückt sich vor allem in der Zusammenarbeit aller Länder bei der UNO aus, die an Lösungen zum Migrationsphänomen arbeiten. Die ablehnende Haltung der USA ist keine Unterstützung für die Lösungssuche auf internationaler Ebene. Es hilft auch nicht, Frieden zu stiften und zu fördern. Wir können die Migration nur auf eine multilaterale Weise angehen. Das bedeutet, dass sich alle Staaten daran beteiligen sollten. Gerade die USA sind sehr wichtig, auch weil sie wegen ihrer langjährigen Tradition im Bereich der Einwanderung sehr viel beitragen könnten.“ (rv)

Warum sich Schweden für seinen Kardinal interessiert

Dass Schweden zum ersten Mal in seiner Geschichte einen Kardinal hat, ist für die Menschen des skandinavischen Landes „eine große Sache“. Das hat uns Kaj Engelhart verraten, ein katholischer Publizist und im interreligiösen Dialog engagierter Christ, der Kardinal Anders Arborelius für die Inbesitznahme seiner Titelkirche nach Rom begleitet hat. Der Stockholmer Bischof feiert an diesem Mittwochabend seine erste Messe in der Basilika Santa Maria degli Angeli, die ihm Papst Franziskus als Titelkirche zugewiesen hat.

„Für uns bedeutet die Ernennung von Bischof Arborelius zum Kardinal ein großes Ereignis. Für uns Katholiken, aber auch für die evangelische Kirche bedeutet das viel. Es führte auch zu einem neuen Interesse, was ist ein Kardinal, was bedeutet was, hat er einen Einfluss auf die Führung der Kirche, kann er sogar Papst werden? Das waren die Frage, die gestellt wurden.“

Die katholische Kirche in Schweden besteht zum Gutteil aus Einwanderern und ist in einer ausgesprochenen Diaspora-Situation: das Wissen über katholische Glaubensinhalte ist im Schnitt bei der schwedischen Bevölkerung schwach ausgeprägt. Genau deshalb ist die Sache mit der Kardinalserhebung eine gute Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen, erklärt Engelhart. Die Leute, sagt er uns, sehen viel Übereinstimmung zwischen „ihrem“ Kardinal und Papst Franziskus; und für beide hätten sie hohe Wertschätzung.

„Die Leute verstehen, dass sich Papst Franziskus sehr am Evangelium orientiert. Er spricht vom Grund des Lebens der Kirche. Und die Kardinalsernennung führt die Leute zur Frage, wie wird die Katholische Kirche gesteuert, welche Prinzipien gelten. Das führt zu einem neuen Interesse an der Begründung der Kirche in der Bibel und im Evangelium und in der Kirchengeschichte, zurück bis Petrus, und ein Kardinal in Schweden ist ein Link zur Weltkirche aus der Zeit, aus der frühchristlichen Zeit, somit nimmt man Teil an einer größeren kirchlichen Einheit.“ (rv)