Papst beim „Urbi et Orbi“: „Frieden für Jerusalem!

Beim traditionellen Weihnachtssegen „Urbi et Orbi“ auf dem Petersplatz hat Papst Franziskus zu „Frieden für Jerusalem und das ganze Heilige Land“ aufgerufen.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Er bete für ein Wiederaufnehmen des Dialogs zwischen Israel und Palästina, „und dass man endlich zu einer Verhandlungslösung gelange“, sagte er bei seiner Weihnachtsansprache von der mittleren Loggia des Petersdoms aus.

Tausende von Menschen nahmen trotz der starken Sicherheitsvorkehrungen und der Kälte an dem feierlichen Ereignis teil. Der Papst beklagte, dass „heute Kriegsstürme über die Welt hinwegfegen“ und ein „inzwischen überholtes Entwicklungskonzept“ Menschen, Sozialgefüge und Umwelt schädige. Die Menschen sollten im Antlitz der Kinder in aller Welt die Züge des neugeborenen Erlösers aus Betlehem zu erkennen versuchen, dann würden sie die große „Zärtlichkeit unseres Vaters“ spüren.

“ Das Geheimnis des sich nahenden Gottes ”

„In Betlehem hat die Jungfrau Maria Jesus geboren. Nicht durch menschlichen Willen kommt er zur Welt, er ist vielmehr Geschenk der Liebe Gottes des Vaters… Wieder erlebt der Glaube des christlichen Volkes in der Weihnachtsliturgie das Geheimnis des sich nahenden Gottes.“

So wie einst die Hirten – „schlichte, aber wachsame Männer“ – in Jesus den verheißenen Messias erkannt hätten, solle auch die Menschheit von heute zurückkehren „zum Zeichen des Kindes“, empfahl der Papst. „Wir sollen es in den Gesichtern der Kinder wiedererkennen, besonders jener, für die wie für Jesus kein Platz in der Herberge ist (Lk 2,7).“

„Wir erblicken Jesus in den Kindern des Nahen Ostens, die aufgrund der Zuspitzung der Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern weiter leiden. An diesem Festtag flehen wir zum Herrn um Frieden für Jerusalem und für das ganze Heilige Land; wir beten, dass sich bei den Kontrahenten der Wille durchsetze, den Dialog wiederaufzunehmen, und dass man endlich zu einer Verhandlungslösung gelange, die innerhalb von miteinander vereinbarten und international anerkannten Grenzen eine friedliche Koexistenz zweier Staaten ermöglicht. Der Herr möge auch die Bemühungen derer unterstützen, die in der internationalen Gemeinschaft den guten Willen haben, jenem geplagten Land beizustehen, dass es trotz der schwerwiegenden Hindernisse zur langersehnten Eintracht, Gerechtigkeit und Sicherheit finde.“

“ Gebet für das Heilige Land und für Syrien ”

Auch an weitere Konfliktherde der Welt dachte Papst Franziskus in seiner Ansprache vor dem Weihnachtssegen: Irak, Jemen mit seiner drohenden Hungersnot, Afrika mit seinen Kriegen (vor allem dem Bürgerkrieg im Südsudan), und natürlich Syrien. „Möge das geliebte Syrien endlich zur Achtung der Würde eines jeden Menschen zurückfinden, indem es in gemeinsamer Anstrengung das soziale Gefüge unabhängig von ethnischen oder religiösen Zugehörigkeiten wiederherstellt.“

Der Papst betete darum, „dass die Gegensätze auf der koreanischen Halbinsel überwunden werden können“ und dass in Venezuela „ein sachlicher Meinungsaustausch unter den verschiedenen sozialen Gruppen … wiederaufgenommen werden kann“. Auch Europa kam in seiner betenden Umschau vor: „Wir erblicken Jesus in den Kindern, die zusammen mit ihren Familien unter den Gewaltakten des Konflikts in der Ukraine und seinen schwerwiegenden Auswirkungen leiden, und wir beten, dass der Herr diesem geschätzten Land baldmöglichst den Frieden gewähre.“

“ Jesus in den Migranten begegnen ”

Zurück zum „Zeichen des Kindes“: Das gab dem Papst auch Gelegenheit, an alle Kinder zu erinnern, „deren Eltern arbeitslos sind“ oder denen „die Kindheit geraubt“ wird, an Straßenkinder, an Kindersoldaten. „Wir erblicken Jesus in den vielen Kindern, die gezwungen sind, ihre Länder zu verlassen, alleine unter unmenschlichen Bedingungen zu reisen und so zur einfachen Beute der Menschenhändler werden. In ihren Augen sehen wir das Drama vieler Zwangsmigranten, die sogar ihr Leben riskieren, um kräftezehrende Reisen auf sich zu nehmen, die zuweilen in Tragödien enden. Wieder erblicke ich Jesus in den Kindern, denen ich während meiner letzten Reise nach Myanmar und Bangladesch begegnet bin, und erhoffe mir, dass die internationale Gemeinschaft nicht aufhöre, sich dafür einzusetzen, dass die Würde der in der Region anwesenden Minderheiten angemessen geschützt werde.“

Dann erteilte Franziskus feierlich den Segen Urbi et Orbi – der Stadt Rom und dem ganzen Erdkreis. Zum Schluss noch ein Gruß: „Die Geburt Christi, des Retters, erneuere die Herzen, erwecke die Sehnsucht nach einer geschwisterlicheren und solidarischeren Zukunft und bringe allen Freude und Hoffnung. Frohe Weihnachten!“ (vatican news)

Angelus: „Zeit finden, um vor der Krippe zu beten“

Papst Franziskus hofft, dass die Menschen in diesen Advents- und Weihnachtstagen nicht von Hektik übermannt werden, sondern Zeit zur Besinnung finden.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

„In diesen Stunden, die uns noch von Weihnachten trennen, rate ich Ihnen: Finden Sie einen Moment, um in Ruhe vor der Krippe zu beten. Es geht darum, im Herzen das Geheimnis des echten Weihnachten, der Geburt Jesu nämlich, anzubeten. Er nähert sich uns voller Liebe, Demut und Zärtlichkeit.“

Das sagte der Papst beim Angelus an diesem vierten Adventssonntag. Weihnachten sei das Fest der Geburt des Friedensfürsten, fuhr Franziskus fort. „Bitten wir um das Geschenk des Friedens für die ganze Welt, vor allem für die Menschen, die am meisten unter Konflikten und Kriegen zu leiden haben. Ich erneuere meinen Appell, auf dass zum Weihnachtsfest alle Entführten – Priester, Ordensleute, gläubige Laien – freigelassen werden mögen und in ihre Häuser zurückkehren können.“

Der Papst betete beim Angelus auch für die Einwohner der Insel Mindanao auf den Philippinen, die in den letzten Tagen von einem verheerenden Tropensturm heimgesucht worden sind. „Der barmherzige Gott nehme die Seelen der Verstorbenen auf und tröste alle, die wegen dieser Katastrophe leiden.“ Der Tropensturm hat nach den neuesten Angaben von diesem Sonntag mehr als zweihundert Menschen das Leben gekostet.

Ansonsten kommentierte der Papst vor seinem Mittagsgebet das Evangelium dieses vierten Adventssonntags: Es schildert die Verkündigung der Geburt Jesu durch den Erzengel Gabriel (Lk 1,26-38).

“ Maria setzt sich nicht in Szene ”

„In diesem Evangelienabschnitt können wir einen Kontrast zwischen den Versprechen des Engels und der Antwort Mariens feststellen. Dieser Kontrast zeigt sich in der Dimension und im Inhalt der Worte, die beide wählen.“ Der Engel halte Maria gegenüber eine längere Rede, in der er „unerhörte Perspektiven“ aufreiße. „Das Kind, das von diesem demütigen Mädchen aus Nazareth geboren werden soll, wird Sohn des Höchsten genannt werden – man kann sich überhaupt keine höhere Würde vorstellen als diese.“ Und auf eine Nachfrage Mariens hin werde die Verkündigung des Engels sogar „noch detaillierter und überraschender“.

„Die Antwort Mariens hingegen ist ein kurzer Satz, der nicht von Ruhm und Privileg spricht, sondern von Bereitschaft und Dienst: Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort (V. 38). Auch der Inhalt ist ein anderer. Maria gerät nicht aus dem Häuschen bei der Aussicht, die Mutter des Messias zu werden, sondern bleibt bescheiden und erklärt nur, dass sie beim Heilswirken des Herrn mitwirken will.“

Dieser Kontrast sei voller Bedeutung, sagte Franziskus. „Er lässt uns begreifen, dass Maria wirklich demütig ist und nicht versucht, sich in Szene zu setzen. Sie anerkennt ihr Kleinsein vor Gott, und sie ist auch ganz zufrieden damit. Gleichzeitig ist ihr klar, dass von ihrer Antwort die Verwirklichung von Gottes Heilsplan abhängt und dass sie also dazu berufen ist, sich diesen Plan ganz zu eigen zu machen.“

Diese Haltung Mariens entspreche vollkommen derjenigen Jesu: Auch dieser sei gekommen, um Diener zu sein, „um der Menschheit zu helfen, ganz dem Heilsplan des Vaters zu entsprechen“. „Die Haltung Mariens spiegelt diejenige des Sohnes Gottes, der auch ihr Sohn sein wird, vollkommen wider. Dadurch erweist sie sich als vollkommene Mitarbeiterin am Heilsplan Gottes, und darum kann sie dann im Magnifikat ausrufen, dass Gott die Demütigen erhöht (Lk 1,52).“

Die Gläubigen sollten sich diese Haltung Mariens vor Augen halten und zu ihrer eigenen machen, riet Papst Franziskus. (vatican news)