Terror in Berlin: Kardinal Müller mahnt zu Zusammenhalt

Kardinal Gerhard Ludwig Müller ist entsetzt über den Terroranschlag in Berlin. Der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation brachte im Gespräch mit Radio Vatikan seine Anteilnahme für die Opfer und ihre Familien zum Ausdruck und lud dazu ein, Gott um Vergebung und Trost zu bitten. Zugleich äußerte der höchstrangige deutsche Kurienkardinal die Mutmaßung, der „symbolische Wert“ der Terrorattacke wenige Tage vor Weihnachten an einem belebten Adventsmarkt sei „vielleicht sogar berechnet“. Insofern sei es „auch ein Anschlag auf unsere christliche Kultur, auf unsere besondere Art und Weise, gerade die Familie, das Zusammengehörigkeitsgefühl am Weihnachtsfest in den Mittelpunkt zu stellen.“

Bei dem Anschlag am Montagabend raste ein Sattelschlepper durch den Adventmarkt bei der evangelischen Gedächtniskirche und riss mindestens zwölf Menschen in den Tod, an die 50 wurden verletzt. Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs mit Kardinal Müller galt ein pakistanischer Asylsuchender als Tatverdächtiger, den die Polizei festnahm und verhörte; der Mann, der vor einem Jahr über die Balkanroute nach Deutschland gekommen sein soll, streitet die Tat allerdings ab.

Kardinal Müller hofft, dass der Terror in Berlin den Effekt haben wird, „dass wir auch in Deutschland jetzt mehr zusammenrücken, wohlwollender werden gegeneinander und versuchen, Streit und Auseinandersetzung in einer guten Weise zu lösen und zu überwinden.“ Zugleich betonte der Kardinal, man dürfe sich nun „nicht abgrenzen von anderen, die nichts damit zu tun haben. Es ist klar, das nicht irgendwie allgemein gesprochen werden kann von den Ausländern, und andere Personen verdächtig werden, die auch jetzt als Flüchtlinge in unser Land gekommen sind. Man muss klar unterscheiden, wer schuldig ist, aber andere, die vielleicht aus demselben Herkunftsland kommen, dürfen deswegen nicht verdächtigt werden. Es muss jetzt die Gelegenheit sein, dass wir umso mehr Brücken bauen, zueinander Verständnis entwickeln und einen gemeinsamen, friedlichen Weg in die Zukunft gehen.“

Auch eine Mahnung zur Menschlichkeit äußerte der Kardinal: „Wir rufen jeden auf, der sich mit ähnlichen Gedanken trägt, so etwas Böses anderen Menschen anzutun, in sein Gewissen hineinzuhorchen und auf die Stimme Gottes zu hören. Für uns heißt die Stimme Gottes doch, liebe deinen Nächsten wie dich selbst und tu ihm nichts Böses an.“ (rv)

Erzbischof Koch: „Pallium verdeutlicht Sorge des Hirten für alle“

Erzbischof Heiner Koch„Tief berührt“ zeigte sich der designierte Berliner Erzbischof Heiner Koch über die Feier zur Palliumsübergabe im Petersdom an diesem Montag. Das Pallium, die weiße Wollstola der Erzbischöfe, erinnert an das Teilen der Hirtensorge mit dem Bischof von Rom und an den Guten Hirten, der jedem verirrten Lamm nachgeht und es auf den Schultern trägt. Diese Symbolik sei für ihn in der Zeremonie neu deutlich geworden, sagte Erzbischof Koch im Gespräch mit Radio Vatikan.

„Das ist ja das Wesentliche, und ich bin kein Konzernchef oder Hauptabteilungsleiter einer Organisation, sondern ich komme da als Seelsorger und Hirte hin. Das ist ein geistliches Amt. Und ich frage mich, wie ich die Menschen in Vorpommern, Brandenburg und Berlin mit dieser Botschaft von einem guten, barmherzigen Gott, der sie trägt, der ihnen nachgeht, erreichen kann. Ich habe in Dresden gewohnt, 80 Prozent der Menschen dort kennen diesen Glauben kaum und sind im Herzen nicht davon berührt, das seit Generationen; ich habe mich in Dresden nie verstanden als Bischof nur für die Katholiken, sondern ich habe gesagt, ich bin Bischof für diese Menschen, die Getauften und Ungetauften, Suchenden, Fragenden, Gleichgültigen, Ablehnenden, aggressiv Ablehnenden, und das war ein langer spannender Prozess, der jetzt in Berlin neu beginnen muss. Und das kam alles in dem Moment hoch: das Bild des Palliums, der Hirtensorge, die wir ja mit dem Heiligen Vater teilen, also es war unheimlich dicht und präsent für mich.“

Im Anschluss an die Messe kam es noch zu einer kurzen Begegnung der neuen Erzbischöfe mit Papst Franziskus, der ihm, wie Koch erzählt, „noch mal persönlich alles Gute und Gottes Segen für Berlin gewünscht und gesagt hat, ich wünsche Ihnen viel Kraft für dies große Aufgabe“. Franziskus überreichte jedem Erzbischof sein Pallium in einer Schachtel, die allerdings an den jeweiligen Nuntius adressiert ist. Dieser wird in einer eigenen Zeremonie das Pallium den Erzbischof in seiner Diözese auflegen. Papst Franziskus hatte die Änderung bei der Palliumsübergabe zu Beginn des Jahres verfügt. Koch wird im September in sein Amt als Erzbischof von Berlin eingeführt. (rv)

Vorhof der Völker: „Berlin ist keine spirituelle Wüste“

Der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki ist ausgesprochen angetan vom „Vorhof der Völker" und hofft, dass die katholische Kirche in der Hauptstadt die entstandenen Gespräche weiterführen kann. Das sagte er zum Abschluss der vatikanischen Initiative, die Glaubende und Nichtglaubende in einen Dialog ziehen will, gegenüber Radio Vatikan am Donnerstagabend in Berlin. „Auch wenn wir das mit der Theologischen Fakultät nicht hinbekommen, wie wir uns das gedacht hatten, ist aber doch die Idee, dass wir uns einen Raum schaffen, von dem wir aus das Gespräch in diese säkularisierte Stadt hinein suchen wollen, weiterhin lebendig, und daran arbeiten wir", so der Berliner Erzbischof. Er hoffe längerfristig auf ein „wie auch immer geartetes Kolleg oder Wissenschaftskolleg hier in Berlin" um in Kunst, Kultur, Wirtschaft, Wirtschafts- oder Medizinethik die Auseinandersetzung mit Nichtglaubenden zu suchen.

Berlin sei „keine spirituelle Wüste", betonte Woelki, das Evangelium habe in der Stadt „ein ganz konkretes Gesicht", das zeige in diesen Tagen etwa die Aufnahme von Lampedusa-Flüchtlingen durch die Caritas. Den „Vorhof der Völker" nannte Woelki „imponierend": „Ich bekomme von allen positive Rückmeldung. Für uns als katholische Kirche in der Stadt ist es eine ganz wichtige Erfahrung, dass wir auch in der Öffentlichkeit so wahrgenommen werden als Einrichtung, die aus unserem Weltbild und von unserem Glauben her zu wichtigen Fragen menschlicher Existenz Stellung nimmt." (rv)

Vorhof der Völker in Berlin: „Der Kalte Krieg ist zu Ende“

RavasiEndlich eine echte Debatte und nicht nur ein feierliches Aneinander-Vorbei-Reden wie so oft bei italienischen Ausgaben des „Vorhofs der Völker"! Das sagte einer der Organisatoren der Gesprächsinitiative nach den ersten Stunden des Berliner „Vorhofs"; er war rundum zufrieden. Nicht immer komme man so schnell hinein in den Dialog zwischen Glaubenden und Nichtglaubenden. Tatsächlich waren im Festsaal des Roten Rathauses am Dienstagabend auch viele deutliche Worte gefallen. So nannte etwa der Philosoph Herbert Schnädelbach, nach eigener Aussage ein „frommer Atheist", das Motto der ersten Gesprächsrunde „absurd" und „intellektuelle Panikmache".

Dieses Motto war einem Werk von Dostojewski entlehnt und lautete: „Wenn es keinen Gott gibt, ist alles erlaubt." Kardinal Gianfranco Ravasi vom Päpstlichen Kulturrat, der das Zitat ausgewählt hatte, räumte ein, es sei tatsächlich „provozierend".

„Freilich breitet sich in unseren Tagen immer stärker eine Art Nebel aus, der sowohl die echte Religion als auch den eindeutigen, strengen Atheismus verschwimmen lässt und umhüllt. Dabei handelt es sich eher um ein soziologisches als ein weltanschauliches Phänomen: es ist die Gleichgültigkeit, die Oberflächlichkeit, Banalität, sarkastischer Spott. In dieser Stimmung herrscht oft der Mythos über den Logos, das Pamphlet ersetzt den analytischen Aufsatz, die fundamentalistische Lesart ist stärker als das kritische Abwägen der Positionen… Diesen echten Erkrankungen sowohl des Unglaubens als auch der Religion kann, so meine ich, der Dialog eine Erwiderung anbieten!"

Kardinal Ravasi sprach von „zwei unterschiedlichen Lehren vom Menschen, zwei unterschiedlichen existenziellen Wegen, zweierlei Humanismen": Der eine „mit Gott" und der andere ohne Gott. Nichtgläubige hätten ihren Bezugspunkt „im Individuum, im Subjekt, das seine eigene ethische Ordnung sucht"; religiöse Menschen hingegen glaubten, „dass die Wahrheit, die Natur, die sittliche Ordnung uns vorausgehen und uns übersteigen". Der „Vorhof der Völker" gehöre nach Berlin, weil die deutsche Hauptstadt in gewisser Hinsicht eine „spirituelle Wüste" sei. Dem widersprach heftig Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit: Es gebe zwar eine religions- und konfessionslose Bevölkerungsmehrheit in der Stadt, aber gleichzeitig über 250 aktive Religionsgemeinschaften, das mache sie zur „religiös vielfältigsten in Europa". „Gottlos ist Berlin also sicher nicht." Dass Berlin aber allemal der richtige Schauplatz für den deutschen „Vorhof der Völker" ist, darin waren sich alle einig, auch der frühere Bundespräsident Horst Köhler.

„Berlin ist ein guter Ort für diesen Dialog. Das gilt zum einen für die Berliner selber, zum anderen aber brauchen wir diesen Dialog für die Welt. Es gibt nun einmal unterschiedliche Auffassungen über Religion, über Gerechtigkeit oder Wahrheit; wir brauchen den Dialog, wo unterschiedliche Auffassungen aufeinanderprallen und über diese Unterschiedlichkeit deutlich geredet wird. Ich bin sehr dankbar dafür, dass der Kardinal hier ist, und nehme es als eine Ermunterung, darauf aufzubauen."

Beim „Vorhof der Völker" „kommt zusammen, was zusammen gehört", formulierte Berlins Kardinal Rainer Maria Woelki angelehnt an ein berühmtes Willy-Brandt-Zitat: „Glaubende und Nicht-Glaubende versammeln sich an einem Ort, um über Themen zu sprechen, die alle gleichermaßen angehen, um über die Frage nach der Wahrheit und der Freiheit zu ringen." Angepeilt sei „eine Auseinandersetzung auf Augenhöhe, die die jeweils andere Position ernst nimmt." Der „kalte Krieg" zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen sei „vorbei", so der Hauptstadterzbischof.

„Unser christlicher Glaube lebt aus eigenen Freiheitserfahrungen – individuellen und gemeinschaftlichen – und ist ein Glaube, der uns zu Gottsuchern macht, die das Gespräch mit jenen Nichtglaubenden suchen, die die Gottesfrage nicht einfach gleichgültig lässt und die am gemeinsamen Wohl der Stadt Berlin, der Hauptstadt unseres Landes Interesse haben."

Vor allem Protestanten – Fichte, Schleiermacher, Hegel – haben im 19. Jahrhundert in Berlin über Religion, Gott und den Menschen nachgedacht. Darum war es auch ein Protestant, der Kirchenhistoriker Christoph Markschies von der Humboldt-Universität, der die erste Debatte des „Vorhofs" moderierte. Konturen wurden da schnell sichtbar: Auch wenn es Gott nicht gäbe, dürfe doch noch keiner über die rote Ampel fahren, meinte der Philosoph Herbert Schnädelbach, Normen gälten also auch ganz ohne Bezug auf Gott. Und dem Soziologen Hans Joas waren die Begriffe – „Gott, Religion, Nichtglaubende" – zu „groß" und zu unbestimmt, um sie in einer solchen Debatte ständig im Munde zu führen.

„Selbst der Begriff Christentum ist viel zu groß, wir sehen da eine enorme Heterogenität. Ich denke, auf diesem Gebiet steigt das Niveau, wenn die Abstraktionsebene sinkt. Also, dass wir mehr reden sollten über konkrete Menschen, die glauben."

Joas kritisierte auch den Titel „Vorhof der Völker": Sicher sei diese Metapher gut gemeint, und der biblische Bezug sei ja auch klar, aber „Vorhof" klinge doch ausgrenzend, so als hätten Gläubige einen Sonderbereich für sich, als hätten sie die ganze Wahrheit und die anderen nicht. „Mit dieser Metapher kann man nicht gleichzeitig behaupten, dass man einen Dialog auf Augenhöhe will."

Der berührendste Moment der Debatte war es, als sich der Skeptiker Schnädelbach zu „religiösen Erfahrungen" bekannte: Ja, die habe er auch schon gemacht, aber er bringe sie eben nicht mit dem biblischen Gott in Verbindung. Das Gespräch im „Vorhof der Völker" ist schnell in Gang gekommen. (rv)

D: Fakultät für katholische Theologie in Berlin

Kardinal WoelkiDas Erzbistum Berlin will eine eigene theologische Fakultät. Man wolle die „Stimme des christlichen Glaubens stärken“, so zitiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung den Bischof der Stadt, Kardinal Rainer Maria Woelki. Dafür soll nun in Zusammenarbeit mit der katholischen Hochschule Vallendar eine katholische akademische Präsenz in der deutschen Hauptstadt aufgebaut werden, erklärt im Interview mit Radio Vatikan der Generalvikar des Erzbistums, Tobias Przytarski.

„Auch wenn wir ein Diasporabistum sind: Wir sind das Bistum der deutschen Hauptstadt. Hier läuft alles zusammen, nicht nur im politischen Bereich, sondern auch im geisteswissenschaftlichen, gerade im universitären Bereich. Berlin ist eine riesige Universitätsmetropole mit etwa 160.000 Studenten insgesamt und über 3.000 Professoren. Und da ist die Stimme der katholischen Theologie bisher kaum vernehmbar. Uns ist sehr daran gelegen, dass wir hier satisfaktionsfähig werden.“

In Berlin gibt es ein Institut für Religionswissenschaft an der Freien Universität Berlin. Dieses sei aber nicht in dem Maße mit Personal ausgestattet, wie es ursprünglich mit dem Senat der Stadt vereinbart wurde. Weiter gebe es den katholischen Guardini-Lehrstuhl an der evangelischen Fakultät, der bedeutend sei, so Przytarski. Dabei handele es sich aber eben nur um einen einzelnen Lehrstuhl. Außerdem gebe es Institutionen der Dominikaner, die katholische Akademie und die katholische Hochschule für Sozialwesen, zählt der Generalvikar weiter auf. Mit einer eigenen Fakultät für katholische Theologie seien diese Einrichtungen aber nicht vergleichbar. Eine solche Fakultät sei „keine ganz neue Idee“, es habe sogar schon einen Beschluss der Bischofskonferenz dazu gegeben, der aber nie umgesetzt worden sei. Es habe einen neuen Impuls gebraucht, so Przytarski:

„Dieses Projekt jetzt ist ganz sicher darauf zurück zu führen, dass es Kardinal Woelki ein großes Anliegen ist, die Theologie hier zu stärken.“

Man wolle dieses Projekt aber auf keinen Fall alleine auf die Beine stellen, sondern werde mit umliegenden Fakultäten in Kontakt treten, so Przytarski. Angefragt hat das Erzbistum die Hochschule Vallendar in der Nähe von Koblenz, eine von den Pallottinern und Franziskanern getragenen katholische Hochschule.

„Zum einen war es uns wichtig, hier eine kirchliche Hochschule zu haben. Das andere ist, dass es angesichts der Anzahl der Fakultäten in Deutschland nicht ganz sinnvoll ist, noch eine mehr zu errichten. Hier ist eine schon bestehende Institution, die daran denkt, in Berlin eine Dependance in welcher Form auch immer zu errichten, und das ist ein Angebot, das ausgesprochen interessant klingt.“

Das Ganze ist in den Augen Przytarskis aber keine Kopfgeburt: Der Generalvikar sieht nicht nur Bedarf an katholischen Stimmen, er glaubt auch an eine ausreichende Nachfrage durch Studierende.

„Ich glaube schon, dass wir in der Metropole Berlin keine Probleme haben, ausreichend Studenten zusammen zu bekommen. Berlin zieht als Studienort an, viele kommen her, um hier zu studieren, und da ist es gut und sinnvoll, hier auch ein katholisches Angebot zu haben.“ (rv)

Konsistorium: Heilisprechungsprozess für Anna Schäffer abgeschlossen

Während der Sitzung des Konsistoriums am 18. Februar wird Papst Benedikt XVI. in Anwesenheit der versammelten Kardinäle die Dekrete über sieben Heiligsprechungen verlesen lassen. Das gab der Vatikan an diesem Freitag bekannt. Darunter wird auch die selige Anna Schäffer sein, eine gebürtige Bayerin, die 1925 gestorben ist. Papst Johannes Paul II. hatte sie 1999 selig gesprochen. Die genauen Termine für die einzelnen Heiligsprechungen sind noch nicht bekannt.
Nach dem Konsistorium wird traditionsgemäß die Gelegenheit bestehen, den neuen Kardinälen zu gratulieren. Dazu wird neu-Kardinal Rainer Maria Woelki ab 16.30 Uhr in der Audienzhalle Paul VI. sein, gemeinsam mit den neuen Kardinälen von New York, Hong Kong, Utrecht und Prag. (rv)

Vatikan: Erzbischof Woelki beim Papst

Erzbischof Rainer Maria Woelki hat an diesem Samstag seinen Antrittsbesuch als Berliner Erzbischof bei Papst Benedikt XVI. im Vatikan gemacht. Den beim nächsten Konsistorium zum Kardinal kreierten Erzbischof sieht in seiner Erhebung zum Kardinal eine Auszeichnung für die deutsche Hauptstadt und ihre Bürger sowie für die Katholiken, die in der DDR unter religionsfeindlichen Umständen ihren Glauben bekannt hätten, sagte Woelki am Samstag im RBB-Radio. Woelki gehört zu den 22 Geistlichen, denen Papst Benedikt XVI. am 18. Februar in Rom die Kardinalswürde verleiht. (rv)

Papst in Berlin offiziell begrüßt

Ankunft des Papstes in Berlin – jetzt geht er los, der mit Spannung erwartete Staatsbesuch zu Hause. Benedikt wird am Donnerstag Morgen auf dem Berliner Flughafen Tegel mit 21 Salutschüssen begrüßt. Es ist seine 21. internationale Auslandsreise – und schon die dritte nach Deutschland, aber die erste in die Hauptstadt. Bei kräftigem Wind ein Händedruck mit Bundespräsident Christian Wulff und seiner Frau, mit Kanzlerin Angela Merkel und fast dem gesamten Bundeskabinett.

Dann geht`s zur offiziellen Begrüßungszeremonie nach Schloß Bellevue im Westteil von Berlin. Hier erklingen bei Sonnenschein die Nationalhymnen, und Benedikt setzt mit seiner seiner ersten Rede auf deutschem Boden den Akzent dieser Visite. Auch wenn dieser Besuch ein offizieller sei, so komme er doch nicht, „um bestimmte politische oder wirtschaftliche Ziele zu verfolgen, sondern um den Menschen zu begegnen und über Gott zu sprechen".

„Der Religion gegenüber erleben wir eine zunehmende Gleichgültigkeit in der Gesellschaft, die bei ihren Entscheidungen die Wahrheitsfrage eher als ein Hindernis ansieht und statt dessen Nützlichkeitserwägungen den Vorrang gibt. Es bedarf aber für unser Zusammenleben einer verbindlichen Basis, sonst lebt jeder nur noch seinen Individualismus. Die Religion ist eine dieser Grundlagen für ein gelingendes Miteinander. „Wie die Religion der Freiheit bedarf, so bedarf auch die Freiheit der Religion". Dieses Wort des großen Bischofs und Sozialreformers Wilhelm von Ketteler, dessen zweihundertsten Geburtstag wir in diesem Jahr feiern, ist heute nach wie vor aktuell."

Freiheit brauche „die Rückbindung an eine höhere Instanz", so Benedikt: „Dass es Werte gebe, „die durch nichts und niemand manipulierbar sind", sei „die eigentliche Gewähr unserer Freiheit". Und ohne Solidarität gebe es gar keine Freiheit:

„Was ich auf Kosten des anderen tue, ist keine Freiheit, sondern schuldhaftes Handeln, das den anderen und auch mich selbst beeinträchtigt. Wirklich frei entfalten kann ich mich nur, wenn ich meine Kräfte auch zum Wohl der Mitmenschen einsetze. Das gilt nicht nur für den Privatbereich, sondern auch für die Gesellschaft. Diese hat gemäß dem Subsidiaritätsprinzip den kleineren Strukturen ausreichend Raum zur Entfaltung zu geben und zugleich eine Stütze zu sein, damit sie einmal auf eigenen Beinen stehen können."

Das war gleich ein sehr grundsätzlicher Einstieg in die Papstreise: eine Vorlage für den Auftritt im Deutschen Bundestag vom Nachmittag.

„Die Bundesrepublik Deutschland ist durch die von der Verantwortung vor Gott und voreinander gestaltete Kraft der Freiheit zu dem geworden, was sie heute ist. Sie braucht diese Dynamik, die alle Bereiche des Humanen einbezieht, um unter den aktuellen Bedingungen sich weiter entfalten zu können. Sie braucht dies in einer Welt, die einer tiefgreifenden kulturellen Erneuerung und der Wiederentdeckung von Grundwerten bedarf, auf denen eine bessere Zukunft aufzubauen ist."

Vor dem Papst hatte Bundespräsident Wulff das Wort ergriffen: Der katholische Politiker sprach diesmal nicht von der „bunten Republik Deutschland", doch er zeichnete durchaus ein Porträt des Staates, den Benedikt jetzt besucht.

„Sie kommen in ein Land, dessen Geschichte und Kultur eng verflochten sind mit dem christlichen Glauben und mit dem Ringen um diesen Glauben… Sie kommen auch in ein Land, in dem der christliche Glaube sich nicht mehr von selbst versteht, in dem die Kirche ihren Ort in einer pluralen Gesellschaft neu bestimmen muss. Auch hier in Berlin, wo Ihre Reise beginnt, ist das spürbar."

Es sei „wichtig, dass die Kirchen den Menschen nahe bleiben, dass sie sich trotz Sparzwängen und Priestermangel nicht auf sich selbst zurückziehen", meinte Wulff. Kirche und Staat seien zwar „zu Recht getrennt".

„Aber: Kirche ist keine Parallelgesellschaft. Sie lebt mitten in dieser Gesellschaft, mitten in dieser Welt und mitten in dieser Zeit. Deswegen ist sie auch selbst immer wieder von neuen Fragen herausgefordert: Wie barmherzig geht sie mit Brüchen in den Lebensgeschichten von Menschen um? Wie mit den Brüchen in ihrer eigenen Geschichte und mit dem Fehlverhalten von Amtsträgern? Welchen Platz haben Laien neben Priestern, Frauen neben Männern? Was tut die Kirche, um ihre eigene Spaltung in katholisch, evangelisch und orthodox zu überwinden?"

Er freue sich darüber, dass die katholische Kirche in Deutschland einen Dialogprozess begonnen habe. Die engagierten Laien versprächen sich sehr viel davon – „und die Kirche braucht sie doch alle", so Wulff. (rv)

D: Rainer Woelki verabschiedet sich von Köln

In Köln wurde gestern Abend Rainer Woelki als Weihbischof verabschiedet. Der 54jährige wird bekanntlich Erzbischof von Berlin. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner sagte über seinen Weihbischof während des Festgottesdienst im Kölner Dom:

„Wir erleben heute eine solche Stunde des Aufbruchs und des Abschieds, in dem der ernannte Erzbischof von Berlin den Ruf Gottes durch die Berufung des Heiligen Vaters angenommen hat und als Konsequenz nun aufbrechen wird, um dorthin zu gehen, wohin ihn der Herr gestellt hat und wo er jetzt schon auf ihn wartet. Wir haben allen Grund, in dieser Stunde dankbar zu sein, Gott zu danken, dass wir in unserem bisherigen Weihbischof einen glaubwürdigen Zeugen Jesu Christi in unserer Mitte und auf den Wegen unserer Erzdiözese als Weggefährten haben durften. Überall hat Rainer Woelki Spuren des Segens hinterlassen. Und überall kann er wieder zurück kommen und würde freudig erwartet, weil er sich überall bewährt hatte."

Die Lebenswege von Kardinal Meisner und seinem Schüler Rainer Woelki haben große Ähnlichkeit. Während Meisner 1989 von Berlin nach Köln wechselte, geht nun Woelki in umgekehrter Richtung von Köln nach Berlin. Rainer Woelki:

„Das kann ich aus ganzem Herzen und mit tiefster Ehrlichkeit sagen: Diesen Weg habe ich mir nicht ausgesucht. Ich habe ihn mir auch nicht erdenken oder erträumen können."

Woelki, der vor seiner Ernennung zum Weihbischof Direktor des Collegiums Albertinum in Bonn war, dankte seiner Heimatdiözese und versprach, seine neue Aufgaben im Vertrauen auf Gott anzunehmen.

„Heute an dem Abend, wo wir von einander Abschied nehmen dürfen, ich von Ihnen und Sie von mir, von meiner Heimatdiözese, da dürfen wir versuchen, mit dem Blick auf die Kirche und unser eigenes Leben, von den Jüngern damals zu lernen, der Aufforderung des Herrn zu entsprechend. Ich bin es, habt Vertrauen, habt keine Angst, er trägt. Hier in Köln, in Berlin, überall."

In Berlin wird Rainer Woelki am 27. August in sein Amt als Erzbischof der Stadt eingeführt. (rv)

Vatikan/D: Im September Groß-Gottesdienst in Berlin

Der Papst wird im September offenbar einen Groß-Gottesdienst in Berlin feiern. Das geht aus Angaben des päpstlichen Nuntius in der Bundeshauptstadt, Erzbischof Jean-Claude Périsset, hervor. Zitiert wird er von der „Berliner Morgenpost" an diesem Donnerstag. Der Veranstaltungsort werde so groß sein, dass jeder, der den Papst erleben wolle, auch die Möglichkeit dazu habe, so Périsset nach Angaben der Zeitung – „von zweihundert Menschen bis zwei Millionen." Der genaue Ort und der Termin sollen laut Périsset spätestens im Juni bekannt gegeben werden. Medienberichte, wonach die Kirche mit geringem Publikumsinteresse am Papstbesuch rechne und deshalb eine öffentliche Messe scheue, wies er zurück. Es sei nie etwas anderes geplant gewesen. (rv)