Reaktionen auf den Rückzug des Papstes

Aus aller Welt treffen in diesen Stunden und Minuten Reaktionen auf den angekündigten Rücktritt von Papst Benedikt XVI. ein. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte „großen Respekt“ für den Schritt ihres Landsmanns: „Er ist und bleibt einer der wichtigsten religiösen Denker unserer Zeit.“ Bundespräsident Joachim Gauck zollt dem Papst „außerordentlichen Respekt“ für seinen Rücktritt. „Dass ein Deutscher die Nachfolge von Johannes Paul II. antrat, war von historischer Bedeutung für unser Land“, sagte das Staatsoberhaupt. Die Menschen in Deutschland hätten „tief bewegt“ vom Rücktritt erfahren. Für diesen Schritt seien „großer Mut und Selbstreflexion“ nötig. „Sein Glaube, seine Weisheit und seine menschliche Bescheidenheit haben mich tief beeindruckt“, sagte Gauck, der den Papst Anfang Dezember im Vatikan besucht hatte. In Benedikt XVI. verbänden sich „hohe theologische und philosophische Bildung mit einfacher Sprache und mit Menschenfreundlichkeit“. Deshalb hätten viele Menschen, nicht nur Katholiken, in seiner Person und seinen Schriften und Ansprachen in seinen Schriften Orientierung und Ermutigung zum Glauben gefunden. Er habe unermüdlich zu einem „kritischen und konstruktiven Dialog“ zwischen Vernunft und Glaube beigetragen.

Benedikt XVI. „wird Millionen von Menschen als spiritueller Führer fehlen“, erklärt der britische Premierminister David Cameron. Der Papst habe „hart gearbeitet, um die Beziehungen zwischen Großbritannien und dem Vatikan zu verbessern“, so Cameron.

Der französische Staatspräsident Francois Hollande ließ wissen, Benedikts Entscheidung zum Rücktritt sei „zu respektieren“: „Das ist eine menschliche Entscheidung, und der dahinterstehende Wille ist zu respektieren.“

Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano unterstreicht, Benedikt habe „eine außerordentliche Last auf seiner Schulter getragen“. Sein Rückzug zeige „großen Mut und ein außerordentliches Verantwortungsbewußtsein“.

Für den früheren Prager Kardinal Miloslav Vlk (80) kommt der angekündigte Rückzug des Papstes „nicht völlig überraschend“. Dem tschechischen Fernsehsender CT24 sagte Vlk er habe Benedikt in der jüngsten Vergangenheit dreimal getroffen. Dabei habe Benedikt einen erschöpften Eindruck gemacht. „Dem Papst ging es sichtbar gesundheitlich nicht gut; er konnte sich nur schlecht bewegen. Alles in allem wirkte er sehr geschwächt und gealtert“, so Vlk. Er würdigte Benedikt als außerordentliche Persönlichkeit.

US-Kardinal Timothy Dolan erklärte, er sei betroffen und perplex. Ein Konklave sei aus seiner Sicht gut beraten, nach den Qualitäten Ausschau zu halten, die auch Benedikt XVI. besessen habe, nämlich Weltwissen, theologische Tiefe, persönliche Frömmigkeit und Sprachentalent. Das sagte der New Yorker Erzbischof und Vorsitzende der US-Bischofskonferenz in einem Fernsehinterview.

Der italienische Kardinal Angelo Bagnasco würdigte „das Beispiel tiefer innerer Freiheit“, das der Papst gebe. Bagnasco hat an dem Kardinalstreffen an diesem Montag teilgenommen und dort vom Papst selbst die Rücktritts-Absicht erfahren. Benedikt habe sich in seiner Amtszeit durch seine „ruhige und demütige Führung des Schiffleins Petri“ ausgezeichnet, so der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz.

Der Weltkirchenrat dankt dem scheidenden Papst für dessen „Hingabe für die Kirche und die ökumenische Bewegung“. „Ich habe mit tiefem Respekt gesehen, wie er die Verantwortung und die Bürde seines Amtes in seinem vorangeschrittenen Alter und in einer sehr fordernden Zeit für die Kirche getragen hat“, erklärte ÖRK-Generalsekretär und lutherische Geistliche Olav Fykse Tveit am Montag in Genf. Er rief Christen aller Konfessionen auf, für die römisch-katholische Kirche „in dieser sehr wichtigen Zeit des Übergangs“ zu beten.

Die russisch-orthodoxe Kirche hofft, dass sich unter einem neuen römischen Papst die guten Beziehungen zur katholischen Kirche fortsetzen. „Es gibt keinen Grund zu erwarten, dass es zu einer wesentlichen Veränderung in der Politik des Vatikan gegenüber der orthodoxen Kirche kommt“, sagte der für den Dialog mit den Katholiken zuständige Sekretär des russisch-orthodoxen Außenamtes, Erzpriester Dmitri Sizonenko, laut Moskauer Medienberichten. Im Verhältnis beider Kirchen gebe es eine positive Dynamik. Noch am Sonntag hatte das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I., lobende Worte für Papst Benedikt XVI. gefunden. In der „schwierigen Lage“, in der sich das westliche Christentum heute befinde, verteidige der Papst „mutig“ die Positionen und moralischen Werte seiner Kirche, sagte Kyrill I.

Der designierte anglikanische Erzbischof von Canterbury sprach in einer ersten Reaktion von „Traurigkeit, aber völligem Verständnis“. Benedikt habe seine „Rolle mit großer Würde, Verständnis und Mut ausgefüllt“, so der künftige Primas der anglikanischen Weltgemeinschaft Justin Welby in London.

Der aschkenasische Oberrabbiner von Israel, Yona Metzger, betont, dass Benedikt XVI. Entscheidendes für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Christentum und Judentum getan habe. Dadurch habe er „zu einem Rückgang antisemitischer Akte in der Welt beigetragen“, so der Oberrabbiner in Jerusalem.

Die koptisch-orthodoxe Kirche in Ägypten würdigt „die große Ehrlichkeit des Papstes“. Das sagte ihr Sprecher Bischof Angelos der Nachrichtenagentur ansa. Der Großimam der sunnitischen al-Azhar-Moschee in Kairo ließ wissen, er sei „aufgerührt“, die Nachricht aus Rom sei „keine gute Nachricht“.

Der frühere Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls nannte den Rückzug des Papstes „eine sehr mutige und sehr spirituelle Entscheidung“. Benedikt weiche keineswegs wegen der Bürde von Skandalen, sondern erst nachdem er „alle Skandale gelöst“ habe, so der Spanier unter Verweis „auf Missbrauchsskandale und Vatileaks“.

„Er wird uns fehlen“, sagt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Benedikts Rückzug sei eine „große menschliche und religiöse Geste“: „Wir deutschen Bischöfe danken dem Heiligen Vater für seinen Dienst auf dem Stuhl Petri und sind erfüllt von großem Respekt und von Bewunderung für seine Entscheidung.“ Benedikt XVI. gebe aller Welt „ein leuchtendes Beispiel wirklichen Verantwortungsbewusstseins und lebendiger Liebe zur Kirche“. Zollitsch nannte den scheidenden Papst einen „großen Lehrer unserer Kirche“; als Brückenbauer habe er Theologie und Kirche nachhaltig geprägt. Sein Anliegen, Glaube und Vernunft miteinander zu versöhnen, ziehe sich „wie ein roter Faden“ durch sein Leben und Wirken.

„Wir sind voll des Dankes für sein segensreiches Wirken“. Das sagt der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx. „Benedikt XVI. hat die Weltkirche nun acht Jahre lang mit höchstem Einsatz geführt und entscheidend mit seiner klaren Theologie geprägt. Wir als seine bayerische Heimatdiözese fühlen uns ihm als Priester und vormaligem Erzbischof des Erzbistums München und Freising auch in dieser Stunde eng verbunden. Wir sind voll des Dankes für sein segensreiches Wirken als Oberhaupt der katholischen Kirche… Wir wollen uns für die Zukunft unserer Kirche weiter von der bedeutenden Theologie Benedikt XVI. inspirieren lassen.“

Der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki fühlt ein „großes Bedauern“. Benedikts Rücktritt sei für ihn „ein Zeichen von Demut und Sorge um die ihm anvertraute Kirche“, betonte Woelki am Montag in Berlin. „Wie in allen anderen Belangen seines segensreichen Pontifikats handelt der Papst mit großer Umsicht und weit vorausschauend, auch wenn es um seine eigene Person geht.“ Woelki hob hervor, die Entscheidung gehe ihm sehr nahe, da er sich Benedikt XVI. besonders verbunden fühle. „Ich schätze ihn als meinen theologischen Lehrer seit Studienzeiten…, und schließlich berief er mich erst kürzlich in das Kollegium der Kardinäle“, so der Berliner Erzbischof.

Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, spricht von einem „Rücktritt am Rosenmontag“: „Wer den deutschen Papst in den letzten Monaten sehen konnte, spürte, wie sehr seine physischen Kräfte abnehmen.“ Benedikt XVI. werde „als großer Lehrer des Glaubens in die Geschichte des Papsttums eingehen“. In „schwieriger Zeit“ habe er „nach innen und außen die Schätze der Heiligen Schrift und der großen kirchlichen Tradition aus fast zwei Jahrtausenden in ihrer unverbrüchlichen spirituellen und intellektuellen Kraft für unsere Gegenwart glaubwürdig, einsichtig und wirkungsvoll ausgelegt“, so Lehmann. „Er hat entgegen manchen anderen Einschätzungen auch das Gespräch mit den christlichen Kirchen in Ost und West sowie dem Judentum gesucht und gefördert und den Dialog mit den Weltreligionen unterstützt.“ Papst Benedikt habe allerdings „nicht nur an seiner abnehmenden gesundheitlichen Kraft, sondern auch an vielen Mangelerscheinungen und Fehlern in der Kirche von heute gelitten: die Müdigkeit der Guten, die Verführbarkeit so vieler Mitglieder der Kirche, die Missbrauchsskandale, den missbräuchlichen Umgang mit dem Konzil von rechts und links, Verletzungen der Menschenrechte und Verfolgungen der Christen, Defekte im eigenen Haus, gerade auch im Vatikan“. Wörtlich fährt Lehmann fort: „Kirche und Welt haben Papst Benedikt XVI. viel zu danken, mehr als uns im Augenblick bewusst ist, gerade auch wir, seine deutschen Landsleute.“

„Mit Respekt und Dankbarkeit“ reagiert das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) in einem Statement. Benedikt habe „mit seinem Leben der Botschaft Jesu Christi und der Kirche in herausragender Weise ein Leben lang gedient“, erklärte ZdK-Präsident Alois Glück am Montag in Bonn. Dies sei „sicher auch der Maßstab für seine jetzige Entscheidung“. Sie zeuge von menschlicher Größe. Glück sprach von einem „tiefen Einschnitt für uns alle“. Besonders für die katholische Kirche in Deutschland sei der Rücktritt eine Zäsur.

Der katholische Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke nannte den angekündigten Rücktritt Benedikts „ein Zeichen von wahrhaftiger Größe“. Benedikt habe „dem Papstamt Format gegeben, besonders durch seine Geisteskraft und seine theologischen Aussagen. Jaschke wörtlich: „Er bleibt natürlich Papst, er ist dann Altpapst, Papst emeritus“.

Der Tübinger Theologe Hans Küng bekundet Respekt für Benedikt XVI. Der Rückzug sei legitim und aus vielen Gründen verständlich, so der vom Lehramt suspendierte Theologe, der mit Joseph Ratzinger manchen Strauß ausgefochten hat. Er hoffe, dass Benedikt keinen Einfluss auf die Wahl seines Nachfolgers nehmen werde.

Mit Respekt, aber auch Bedauern reagieren österreichische Bischöfe. Alle sprechen von einer mutigen, souveränen und freien Entscheidung des Papstes, der immer das Wohl der Gesamtkirche vor Augen habe. Als „Mann des Geistes“ habe er wie kaum ein anderer eine besondere Tiefe in der Vermittlung des Glaubensgeheimnisses erreicht. „Beeindruckt, auch überrascht und dann doch nicht überrascht“: Das waren die ersten Worte von St. Pöltens Bischof Klaus Küng zum Rücktritt des Papstes. Demnach habe Benedikt XVI. schon mehrere Male angedeutet, „dass ein Papst in dieser Zeit in jeder Hinsicht gesund sein muss, und offenbar hat er jetzt gespürt, dass seine Kräfte nachlassen“. Dass Benedikt diese Konsequenz zieht, passe zu ihm. Die Kirche werde sich auf diese Entscheidung einstellen müssen.

„Auf andere Weise als Papst Johannes Paul II. ist Benedikt XVI. ein großer Papst, der beharrlich versucht hat, die Kirche in ihrer Mitte und in ihren Glaubenswurzeln zu stärken“, meinte Bischof Egon Kapellari von Graz-Seckau. Papst Benedikt XVI. sei „einer der bedeutendsten Theologen und geistlichen Lehrer der Weltkirche in den vergangenen 60 Jahren“.

„Eine souveräne Tat und ein Akt der Demut, der grosses Verantwortungsbewusstsein ausdrückt“: Das sagen die Schweizer Bischöfe in einem gemeinsamen Statement zum angekündigten Rücktritt des Papstes. Damit ende „ein bedeutendes Pontifikat in schwieriger Zeit“. Die Bischöfe danken im eigenen und im Namen der katholischen Gläubigen der Schweiz Papst Benedikt für seinen unermüdlichen Einsatz. „Mögen die vielen Impulse und Anregungen seines Pontifikats auch weiterhin reiche Früchte tragen und Segen bringen.“

Als erster lateinamerikanischer Kirchenmann hat der argentinische Weihbischof Alberto Bochatey auf den angekündigten Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI. reagiert: „Ich glaube, dass die Kardinäle genauso überrascht sind wie wir“, sagte der Weihbischof in La Plata. Unter den Kardinälen beginne nun „ein Dialog“. Der kolumbianische Kardinal Dario Castrillon Hoyos sagte dem Radiosender Caracol, Benedikts Schritt verdiene Respekt und müsse von niemanden außer Jesus Christus akzeptiert werden. Nahezu alle großen TV-Sender in Lateinamerika unterbrachen ihr Morgenprogramm, um die Nachricht aus dem Vatikan zu berichten. Unterdessen forderte der Bürgermeister von Mexiko-Stadt, Miguel Angel Mancera, einen lateinamerikanischen Nachfolger auf dem Stuhl Petri. „Der nächste Papst muss ein Lateinamerikaner sein“, schrieb Mancera in seinem Twitter-Account. Mexiko-Stadt zählt zu den größten katholischen Städten weltweit. (rv)

Papst in Berlin offiziell begrüßt

Ankunft des Papstes in Berlin – jetzt geht er los, der mit Spannung erwartete Staatsbesuch zu Hause. Benedikt wird am Donnerstag Morgen auf dem Berliner Flughafen Tegel mit 21 Salutschüssen begrüßt. Es ist seine 21. internationale Auslandsreise – und schon die dritte nach Deutschland, aber die erste in die Hauptstadt. Bei kräftigem Wind ein Händedruck mit Bundespräsident Christian Wulff und seiner Frau, mit Kanzlerin Angela Merkel und fast dem gesamten Bundeskabinett.

Dann geht`s zur offiziellen Begrüßungszeremonie nach Schloß Bellevue im Westteil von Berlin. Hier erklingen bei Sonnenschein die Nationalhymnen, und Benedikt setzt mit seiner seiner ersten Rede auf deutschem Boden den Akzent dieser Visite. Auch wenn dieser Besuch ein offizieller sei, so komme er doch nicht, „um bestimmte politische oder wirtschaftliche Ziele zu verfolgen, sondern um den Menschen zu begegnen und über Gott zu sprechen".

„Der Religion gegenüber erleben wir eine zunehmende Gleichgültigkeit in der Gesellschaft, die bei ihren Entscheidungen die Wahrheitsfrage eher als ein Hindernis ansieht und statt dessen Nützlichkeitserwägungen den Vorrang gibt. Es bedarf aber für unser Zusammenleben einer verbindlichen Basis, sonst lebt jeder nur noch seinen Individualismus. Die Religion ist eine dieser Grundlagen für ein gelingendes Miteinander. „Wie die Religion der Freiheit bedarf, so bedarf auch die Freiheit der Religion". Dieses Wort des großen Bischofs und Sozialreformers Wilhelm von Ketteler, dessen zweihundertsten Geburtstag wir in diesem Jahr feiern, ist heute nach wie vor aktuell."

Freiheit brauche „die Rückbindung an eine höhere Instanz", so Benedikt: „Dass es Werte gebe, „die durch nichts und niemand manipulierbar sind", sei „die eigentliche Gewähr unserer Freiheit". Und ohne Solidarität gebe es gar keine Freiheit:

„Was ich auf Kosten des anderen tue, ist keine Freiheit, sondern schuldhaftes Handeln, das den anderen und auch mich selbst beeinträchtigt. Wirklich frei entfalten kann ich mich nur, wenn ich meine Kräfte auch zum Wohl der Mitmenschen einsetze. Das gilt nicht nur für den Privatbereich, sondern auch für die Gesellschaft. Diese hat gemäß dem Subsidiaritätsprinzip den kleineren Strukturen ausreichend Raum zur Entfaltung zu geben und zugleich eine Stütze zu sein, damit sie einmal auf eigenen Beinen stehen können."

Das war gleich ein sehr grundsätzlicher Einstieg in die Papstreise: eine Vorlage für den Auftritt im Deutschen Bundestag vom Nachmittag.

„Die Bundesrepublik Deutschland ist durch die von der Verantwortung vor Gott und voreinander gestaltete Kraft der Freiheit zu dem geworden, was sie heute ist. Sie braucht diese Dynamik, die alle Bereiche des Humanen einbezieht, um unter den aktuellen Bedingungen sich weiter entfalten zu können. Sie braucht dies in einer Welt, die einer tiefgreifenden kulturellen Erneuerung und der Wiederentdeckung von Grundwerten bedarf, auf denen eine bessere Zukunft aufzubauen ist."

Vor dem Papst hatte Bundespräsident Wulff das Wort ergriffen: Der katholische Politiker sprach diesmal nicht von der „bunten Republik Deutschland", doch er zeichnete durchaus ein Porträt des Staates, den Benedikt jetzt besucht.

„Sie kommen in ein Land, dessen Geschichte und Kultur eng verflochten sind mit dem christlichen Glauben und mit dem Ringen um diesen Glauben… Sie kommen auch in ein Land, in dem der christliche Glaube sich nicht mehr von selbst versteht, in dem die Kirche ihren Ort in einer pluralen Gesellschaft neu bestimmen muss. Auch hier in Berlin, wo Ihre Reise beginnt, ist das spürbar."

Es sei „wichtig, dass die Kirchen den Menschen nahe bleiben, dass sie sich trotz Sparzwängen und Priestermangel nicht auf sich selbst zurückziehen", meinte Wulff. Kirche und Staat seien zwar „zu Recht getrennt".

„Aber: Kirche ist keine Parallelgesellschaft. Sie lebt mitten in dieser Gesellschaft, mitten in dieser Welt und mitten in dieser Zeit. Deswegen ist sie auch selbst immer wieder von neuen Fragen herausgefordert: Wie barmherzig geht sie mit Brüchen in den Lebensgeschichten von Menschen um? Wie mit den Brüchen in ihrer eigenen Geschichte und mit dem Fehlverhalten von Amtsträgern? Welchen Platz haben Laien neben Priestern, Frauen neben Männern? Was tut die Kirche, um ihre eigene Spaltung in katholisch, evangelisch und orthodox zu überwinden?"

Er freue sich darüber, dass die katholische Kirche in Deutschland einen Dialogprozess begonnen habe. Die engagierten Laien versprächen sich sehr viel davon – „und die Kirche braucht sie doch alle", so Wulff. (rv)