Vatikan zum Fall Orlandi: „Einsatz und Transparenz“

Der Vatikan hat auf Vorwürfe einiger italienischer Medien reagiert, der Heilige Stuhl habe im Fall Emanuela Orlandi nicht alles ihm Mögliche getan, um dem Verschwinden der Vatikanbürgerin auf den Grund zu gehen. Am 22. Juni 1983 war die damals 15-jährige Orlandi entführt worden; sie ist bis heute verschwunden. Der Fall hatte international für Aufmerksamkeit gesorgt, über einen möglichen politischen Hintergrund kursieren Gerüchte. In jüngster Zeit wurde in Italien erneut über den Fall spekuliert, „jemand aus dem Vatikan weiß die Wahrheit", hieß es in Presseberichten. Es folgte an diesem Samstag die Erklärung des Vatikans.

An eine detailliierte Überprüfung der Ereignisse sei nach so vielen Jahren nicht zu denken, schickt Vatikansprecher Pater Federico Lombardi zu Beginn der dreiseitigen Erklärung vorweg. Es bestand und besteht aber „volle Bereitschaft zur Zusammenarbeit" der vatikanischen Verantwortlichen mit den italienischen Behörden, sagt Lombardi und führt Beispiele an. So hätten die Ermittler damals Zugang zur vatikanischen Telefonzentrale gehabt, um eingehende Anrufe möglicher Entführer zu hören. Der Vatikan habe auch das Abhören des Telefons der Familie Orlandi erlaubt. Dank der Zusammenarbeit zwischen italienischen und vatikanischen Behörden sei es gelungen, Täuschungsversuche „angeblicher Informanten" abzuwenden.

Lombardi verweist auf eine ganze Liste von Vatikan-Erklärungen im Fall Orlandi, die im Kontext der Aufklärungsbemühungen gegenüber der italienischen Gerichtsbarkeit gemacht worden seien und die bis heute gültig seien: Die Erklärung des Heiligen Stuhles vom 4. März 1987 (Nr. 187.168) sowie – in der zweiten Untersuchungsphase zum Fall – die Erklärungen zu drei Befragungen aus den Jahren 1994 und 1995 (Nr. 346.491 vom 3. Mai 1994; Nr. 369.354 vom 27. April 1995; Nr. 372.117 vom 21. Juni 1995). Die entsprechenden Akten existierten und seien den Ermittlern nach wie vor zugänglich, so der Vatikansprecher.

Es gebe also keine Grundlage für die Behauptung, der Vatikan verweigere die Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden, folgert Lombardi. Alle Verantwortlichen des Heiligen Stuhls hätten damals mit „Einsatz und Transparenz" in allen Phasen der Untersuchung mitgewirkt. Überhaupt sei es für den Heiligen Stuhl eine normale Praxis, auf internationale Befragungen zu antworten. Das Gegenteil zu behaupten, sei „ungerecht", fügt der Pater mit Blick auf die jüngste Untersuchung im Fall der Vatikanbank IOR an. Und weiter wörtlich: „Falls die italienischen Ermittler – im Zuge der laufenden Untersuchungen – es für nützlich oder nötig erachten, vatikanische Verantwortliche erneut nach der üblichen Praxis Befragungen zu unterziehen, können sie dies in jedem Moment tun."

Leider sei dem Vatikan „kein nützliches Element" bekannt, das zu einer Lösung des Falles beitragen könne, bedauert Lombardi, der auch auf die Spur, die Orlandis Verschwinden in angeblichen Zusammenhang mit dem Papst-Attentäter Ali Agca brachte, eingeht. Aufgrund der damaligen Informationslage habe der Vatikan die vorherrschende Vermutung geteilt, dass für das Verschwinden der jungen Frau eine „obskure kriminelle Vereinigung" verantwortlich gewesen sei. Nach dem Anruf eines angeblichen Entführers war man damals zunächst der Möglichkeit nachgegangen, dass Orlandi von der „Antichristlichen Türkischen Befreiungsfront" entführt worden sei und das Mädchen gegen Freilassung des inhaftierten Papst-Attentäters Ali Agca wieder frei kommen könnte. Papst Johannes Paul II. hatte mehrfach an die mutmaßlichen Entführer appelliert, das Mädchen freizulassen. Ali Agca hatte sich geweigert, auf diese Weise freizukommen.
(rv)

„Mit Mut und Demut“ – Vatikansprecher Lombardi würdigt Benedikt XVI.

Reich sind die Früchte der Arbeit, auf die Benedikt XVI. nach sieben Jahren Pontifikat zurückblicken kann. Vatikansprecher Pater Federico Lombardi erinnert anlässlich der Jubiläen in der kommenden Woche – des Papstgeburtstages am Montag und des Pontifikatsjubiläums am Donnerstag – an die Höhen und Tiefen von sieben Jahren Papst-Sein im Leben Joseph Ratzingers. Der Papst habe alle seine Aufgaben mit „Mut, Demut und Entschiedenheit" gemeistert, würdigt der Jesuit in seinem wöchentlichen Editorial für Radio Vatikan Papst Benedikt XVI.:

„In diesen sieben Pontifikatsjahren hatten wir schon 23 internationale Reisen in 23 verschiedene Länder und 26 Reisen innerhalb von Italien. Es gab vier Bischofssynoden und drei Weltjugendtage, wir haben drei Enzykliken gelesen und unzählige andere Reden und Päpstliche Beschlüsse erhalten. Wir hatten ein Paulus-Jahr und ein Priester-Jahr. Und wir haben den Papst mit Mut, Demut und Entschiedenheit, das heißt mit klarem evangelischen Geist, schwierige Situationen wie die Krise in Folge der sexuellen Missbrauchsfälle in Angriff nehmen sehen."

Weiter benennt Lombardi grundlegende Züge, die im Pontifikat Benedikt XVI. bislang sichtbar wurden:

„Von der Kohärenz und Beständigkeit seiner Lehre haben wir vor allem gelernt, dass die Priorität seines Dienstes für die Kirche und die Menschheit die Orientierung des Lebens hin auf Gott ist, auf jenen Gott, der sich uns durch Jesus Christus gezeigt hat. Weiter hat er uns gezeigt, dass Glaube und Vernunft sich gegenseitig dabei helfen, die Wahrheit zu suchen und auf die Fragen eines jeden von uns und der Menschheit in ihrer Gesamtheit zu antworten. Er hat uns auch gezeigt, dass die Verdunkelung Gottes und der Relativismus sehr große Gefahren unserer Zeit sind. Für all dies sind wir unendlich dankbar."

Und der Weg mit diesem Papst geht weiter, fährt der Vatikansprecher mit Blick auf kommende Höhepunkte in diesem Jahr fort: auf das Internationale Familientreffen in Mailand Ende Mai, die Synode zur Neuevangelisierung im Vatikan, die päpstliche Reise in den Libanon und das Jahr des Glaubens, das im Oktober beginnt. (rv)

UN-Aids-Chef trifft den Papst

Der UNO-Verantwortliche für den Kampf gegen Aids war an diesem Mittwoch beim Papst: Michel Sidibé von „UN-Aids" traf sich nach der Generalaudienz zu einem kurzen Gespräch mit Benedikt XVI. Sein Besuch in Rom habe „einen ganz simplen Grund", vertraute Sidibé uns nachher an.

„Ich bin davon überzeugt, dass wir nie einen Bewusstseinswandel in Sachen Aids hinbekommen werden, wenn wir die Verbindung zwischen Wissenschaft, Religionen und sozialem Wandel nicht stärken. Für mich spielt die Kirche eine entscheidende Rolle: Sie hilft uns mit ihren Mechanismen, an die Leute auf dem sogenannten Graswurzel-Level heranzukommen. Jeden Sonntag strömen die Familien in vielen Teilen der Welt in die Kirchen – darum brauchen wir die Hilfe der Kirche beim Kampf gegen Stigmatisierung und Diskriminierung von Aids-Kranken und Risikogruppen. Wir brauchen aber auch die Hilfe der Kirche, um die Menschen zu informieren, dass sexuelle Verantwortung wichtig ist, wenn man wirklich auf das Vermeiden neuer Infektionen aus ist."

Sidibés UNO-Behörde führt derzeit eine Kampagne durch, die dazu führen soll, die Übertragung des Aids-Virus von Müttern auf ihre Kinder bis 2015 auf null herunterzufahren. Auch bei dieser Kampagne hofft der aus Mali stammende UNO-Mann auf die Hilfe von katholischen Bischöfen und Pfarreien in Entwicklungsländern:

„Die Kirche könnte uns zunächst mal dabei helfen, an die Familien heranzukommen, sie umfassend zu informieren, sie über Aids-Tests aufzuklären und über den Zugang zu Behandlungen. Zweitens kann die Kirche dazu beitragen, dass die Menschen Aids-Kranke, etwa Mütter, nicht stigmatisieren, sondern verstehen, dass eine Aids-Erkrankung jedem passieren kann. Heutzutage ist es kein Todesurteil mehr, HIV-positiv zu sein! Es ist möglich, damit zu leben."

Nach der Unterredung mit dem Papst traf Sidibé Kardinal Peter Turkson, den Präsidenten des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, sowie Michel Roy, Präsident von Caritas Internationalis. Kardinal Turkson sagte bei dem Treffen mit Sidibé, man könne bei der heute verfügbaren medizinischen Technologie erwarten, dass Kinder bei ihrer Geburt nicht mehr mit dem HI-Virus ihrer Mütter angesteckt würden. Sidibé ist seit 2009 Exekutivdirektor von UN-Aids. Er bemüht sich vor allem um Anti-Aids-Programme in Afrika. (rv)

Puerto Rico: Kardinal verstorben

Kardinal Luis Aponte Martinez, früherer Erzbischof von San Juan de Puerto Rico, ist tot. Er starb nach längerer schwerer Krankheit am Dienstag in einer Klinik in seiner früheren Bischofsstadt. Aponte wurde 89 Jahre alt. Er war 1964 bis 1999 Erzbischof von San Juan und trat dabei als Kritiker von Geburtenkontrolle und Sterilisierung hervor. 1973 hatte ihn Papst Paul VI. in den Kardinalsstand erhoben. Mit dem Tod Apontes zählt das Kardinalkollegium noch 210 Mitglieder. Von diesen haben 123 das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet und könnten somit an einer Papstwahl teilnehmen. (rv)

Edmund Stoiber: „Der Papst ist Professor geblieben“

Man soll zwar Geburtstagswünsche nicht vor dem eigentlichen Feiertag aussprechen, doch Bayerns ehemaliger Ministerpräsident Edmund Stoiber nutzte die Gelegenheit eine Woche vor dem Geburtstag des Papstes, um bereits ein erstes Geschenk zu überreichen. Es handelt sich um ein Buch, für das Stoiber einen Beitrag geschrieben hat. Das besondere an dem Werk mit dem Titel „Benedikt XVI. – Prominente über den Papst" ist, dass es von bekannten deutschen – vor allem bayerischen – Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Sport geschrieben ist. Herausgeber ist einer, der den Papst persönlich gut kennt: sein Privatsekretär Georg Gänswein. An diesem Montag also überreichte im Namen aller Autoren Stoiber das Buch dem Papst. Im Gespräch mit uns berichtet er, was er neben dem materiellen Buch zusätzlich dem Papst überreichen wollte.

„Mitgegeben habe ich, wie sehr er in Bayern geliebt, geschätzt und gewürdigt wird. Das ist wohl auch etwas, was er ganz besonders braucht in seinen vielfältigsten Aufgaben. Wir wünschen ihm alle, in unserer großen Affinität zu ihm, dass er gesund bleibt und weiterhin diese Kraft und diese Disziplin hat, dieses schwere Amt auszuüben und ihm eine ganz besondere Note zu geben. Er ist Diener am Weinberg des Herrn, aber ist natürlich auch Professor geblieben."

Für Stoiber ist der Papst kein Unbekannter, er kennt seinen Landsmann Joseph Ratzinger bereits seit seinen Jahren an der Universität Regensburg.

„Ich hatte immer wieder als Jurist mich bemüht Anfang der 60er Jahre, die eine oder andere Vorlesung von Karl Rahner zu hören. Als ich Assistent an der Uni Regensburg war, hörte ich von vielen Studenten, dass eben die Vorlesungen von Professor Josef Ratzinger überfüllt waren und das gerade in der 68er-Zeit. Das war damals eher ungewöhnlich. Das war eine richtige Stimme im Sturm damals und bin ihm dann auch persönlich begegnet." (rv)

 

Papst reist in den Libanon

Die nächste Reise Papst Benedikts steht fest: im September besucht das Kirchenoberhaupt drei Tage lang den Libanon. Das haben an diesem Ostersonntag der Erzbischof von Beirut und der libanesische Präsident bekannt gegeben. Demnach wird Benedikt von 14. bis 16. September für die Unterzeichnung und Übergabe seines päpstlichen Schreibens nach der Nahost-Bischofssynode in den Libanon reisen. Der Papst werde nicht nur die zivilen und religiösen Autoritäten des Landes treffen, sondern auch an einer großen Begegnung mit Jugendlichen teilnehmen, hieß es in einer kurzen Mitteilung des Erzbischofs von Beirut, Boulos Matar. Bei der Schlussmesse in Beirut werde das postsynodale Schreiben den Bischöfen des Nahen und Mittleren Ostens überreicht.

Die Weltbischofssynode zum Nahen Osten tagte im Oktober 2010 im Vatikan. Aus den Anregungen der Synode verfasst der Papst jeweils ein sogenanntes postsyndales Schreiben. In der kurzen Erklärung aus dem Büro des libanesischen Staatspräsidenten Michel Suleiman, eines Maroniten, heißt es, die päpstliche Visite werde „die Tiefe der historischen Beziehungen" bestätigen, die Libanon und den Heiligen Stuhl verbinden. Der Papst war sowohl von der Ortskirche als auch vom libanesischen Präsidenten eingeladen worden. (rv)

Syrien/Vatikan: Papst betroffen von Patriarch Daouds Tod

Papst Benedikt XVI. hat seine Betroffenheit über den Tod des emeritierten Patriarchen von Antiochien, Ignace Moussa I. Daoud, bekundet. In einem Beileidschreiben von diesem Samstag an das Patriarchat erinnerte der Papst auch daran, dass das Volk in dem Gebiet des Patriarchats derzeit unter schweren Umständen lebt. Das ehemalige Oberhaupt der syrisch-katholischen Kirche stammt aus der Stadt Homs, die das Epizentrum der derzeitigen Gewaltwelle in Syrien ist. Daoud ist an diesem Karsamstagmorgen um 8 Uhr verstorben, teilte das Patriarchat von Antiochien mit. Er wurde 82 Jahre alt. (rv)

Anmerkung von VH: Der emeritierte Patriarch von Antiochien, Kardinal Daoud, war an seinem Todestag 81 Jahre alt. (vh)

Die Papst-Predigt zum Abendmahlsgottesdienst

Liebe Schwestern und Brüder!
Der Gründonnerstag ist nicht nur der Tag der Einsetzung der heiligsten Eucharistie, deren Glanz freilich alles andere überstrahlt und gleichsam in sich hineinzieht. Zum Gründonnerstag gehört auch die dunkle Nacht auf dem Ölberg, in die Jesus mit seinen Jüngern hinausgeht; zu ihm gehört die Einsamkeit und die Verlassenheit Jesu, der betend dem Dunkel des Todes entgegentritt; zu ihm gehört der Verrat des Judas und die Verhaftung Jesu wie auch die Verleugnung durch Petrus; die Anklage vor dem Hohen Rat und die Auslieferung an die Heiden, an Pilatus. Versuchen wir in dieser Stunde etwas von diesen Vorgängen tiefer zu verstehen, weil sich darin das Geheimnis unserer Erlösung abspielt.

Jesus geht in die Nacht hinaus. Nacht bedeutet Kommunikationslosigkeit, in der einer den anderen nicht sieht. Sie ist Sinnbild des Nicht-Verstehens, der Verdunkelung der Wahrheit. Sie ist der Raum, in dem das Böse sich entfalten kann, das sich vor dem Licht verstecken muß. Jesus ist selbst das Licht und die Wahrheit, die Kommunikation, die Reinheit und die Güte. Er begibt sich in die Nacht. Nacht ist letztlich Symbol des Todes, des endgültigen Verlustes von Gemeinschaft und Leben. Jesus geht in die Nacht hinein, um sie zu überwinden und um den neuen Tag Gottes in der Geschichte der Menschheit zu eröffnen.

Er hat auf diesem Weg mit seinen Jüngern die Psalmen von der Befreiung und Errettung Israels gesungen, die an das erste Pascha in Ägypten, an die Nacht der Befreiung erinnerten. Nun geht er, wie er es gewohnt ist, um allein zu beten und als Sohn mit dem Vater zu sprechen. Aber anders als gewohnt will er drei Jünger – Petrus, Jakobus und Johannes – in seiner Nähe wissen. Es sind die drei, die die Verklärung erlebt haben – das Durchleuchten der Herrlichkeit Gottes durch seine menschliche Gestalt hindurch – und die ihn dabei in der Mitte von Gesetz und Propheten, zwischen Moses und Elias gesehen hatten. Sie hatten gehört, wie er mit beiden über seinen „Exodus" in Jerusalem sprach. Der Exodus Jesu in Jerusalem – welch geheimnisvolles Wort! Der Exodus Israels aus Ägypten war das Ereignis von Flucht und Errettung des Gottesvolkes gewesen. Wie würde Jesu Exodus aussehen, in dem sich der Sinn des geschichtlichen Dramas endgültig erfüllen mußte? Nun wurden sie Zeugen der ersten Strecke dieses Exodus – der äußersten Erniedrigung, die doch der wesentliche Schritt des Hinausgehens in die Freiheit und in das neue Leben war, auf das der Exodus zielt. Die Jünger, deren Nähe Jesus in dieser Stunde der äußersten Not als Stück menschlicher Geborgenheit suchte, schliefen alsbald ein. Aber ein paar Fetzen der Gebetsworte Jesu haben sie gehört und seine Haltung beobachtet. Beides hat sich ihnen tief eingeprägt, und sie haben es der Christenheit für alle Zeiten überliefert. Jesus sagt Abba zu Gott. Das bedeutet, wie sie hinzufügen, Vater. Aber es ist nicht die gewöhnliche Form des Wortes Vater, sondern ein Wort aus der Kindersprache – ein zärtliches Wort, mit dem man Gott nicht anzureden wagte. Es ist die Sprache dessen, der wirklich „Kind", Sohn des Vaters ist, der mit Gott in der Gemeinschaft innerster Einheit steht.

Wenn wir fragen, worin das am meisten charakteristische Element der Gestalt Jesu in den Evangelien besteht, dann müssen wir sagen: Es ist sein Gottesverhältnis. Er steht immer im Austausch mit Gott. Das Sein mit dem Vater ist der Kern seiner Persönlichkeit. Durch Christus kennen wir Gott wirklich. „Niemand hat Gott je gesehen", sagt der heilige Johannes. „Der am Herzen des Vaters ruht, er hat ihn uns ausgelegt." (Joh 1, 18). Nun kennen wir Gott, wie er wirklich ist. Er ist Vater, und zwar in reiner Güte, der wir uns anvertrauen dürfen. Der Evangelist Markus, der die Erinnerungen des heiligen Petrus festgehalten hat, erzählt uns, daß Jesus zu der Anrede Abba noch hinzugefügt hat: Dir ist alles möglich. Du kannst alles (Mk 14, 36). Der die Güte ist, ist zugleich Macht, allmächtig. Macht ist Güte, und die Güte ist Macht. Dieses Vertrauen dürfen wir vom Ölbergsgebet Jesu lernen.

Bevor wir den Inhalt von Jesu Bitte bedenken, müssen wir auch noch darauf achten, was uns die Evangelisten über die Haltung Jesu bei seinem Beten berichten. Matthäus und Markus sagen uns, daß er sich zu Boden warf (Mt 26, 39; vgl. Mk 14,35), also die Haltung radikaler Hingabe einnahm, wie sie in der römischen Liturgie sich am Karfreitag erhalten hat. Lukas hingegen sagt uns, daß Jesus kniend gebetet habe. In der Apostelgeschichte berichtet er von dem knienden Beten der Heiligen: Stephanus bei seiner Steinigung, Petrus bei einer Totenerweckung, Paulus auf dem Weg zum Martyrium. Lukas hat so eine kleine Geschichte des knienden Betens in der werdenden Kirche entworfen. Die Christen treten mit ihrem Knien in das Ölbergsgebet Jesu hinein. In der Bedrohung durch die Macht des Bösen sind sie als Kniende aufrecht der Welt gegenüber, aber als Kinder auf den Knien vor dem Vater. Vor der Herrlichkeit Gottes knien wir Christen und anerkennen seine Göttlichkeit, aber wir drücken in dieser Gebärde auch unsere Zuversicht aus, daß er siegt.

Jesus ringt mit dem Vater. Er ringt mit sich selbst. Und er ringt um uns. Er erleidet die Angst vor der Macht des Todes. Dies ist zunächst einfach die dem Menschen, ja jeder lebenden Kreatur eigene Erschütterung vor der Gegenwart des Todes. Aber bei Jesus geht es um mehr. Er sieht in die Nächte des Bösen hinein. Er sieht die schmutzige Flut aller Lüge und alles Niedrigen, die auf ihn zukommt in dem Kelch, den er trinken muß. Es ist die Erschütterung des ganz Reinen und Heiligen vor der ganzen Flut des Bösen dieser Welt, die auf ihn hereinbricht. Er sieht auch mich und betet auch für mich. So ist dieser Augenblick der Todesangst Jesu ein wesentliches Moment im Vorgang der Erlösung. Der Brief an die Hebräer hat deshalb das Ringen Jesu auf dem Ölberg als einen priesterlichen Vorgang gewertet. In diesem von der Todesangst durchdrungenen Beten Jesu vollzieht der Herr die Aufgabe des Priesters: Er nimmt die Schuld der Menschheit, er nimmt uns alle auf sich und trägt uns zum Vater hin.
Schließlich müssen wir noch auf den Inhalt von Jesu Beten auf dem Ölberg achten. Jesus sagt: „Vater, dir ist alles möglich. Nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht, wie ich will, sondern wie du willst" (Mk 14, 36). Der natürliche Wille des Menschen Jesus schreckt vor dem Ungeheueren zurück. Er bittet, daß ihm dies erspart bleibe. Aber als Sohn legt er diesen menschlichen Willen in den Willen des Vaters hinein: Nicht ich, sondern du. Damit hat er die Haltung Adams, die Ursünde des Menschen umgewandelt und so den Menschen geheilt. Die Haltung Adams war gewesen: Nicht was, du Gott, gewollt hast, sondern ich selber will Gott sein. Dieser Hochmut ist das eigentliche Wesen der Sünde. Wir denken, wir seien erst frei und wahrhaft wir selber, wenn wir nur noch dem eigenen Willen folgen. Gott erscheint als Gegensatz unserer Freiheit. Von ihm müssen wir uns befreien, so denken wir: Dann erst seien wir frei. Dies ist die grundlegende Rebellion, die die Geschichte durchzieht und die grundliegende Lüge, die unser Leben verfälscht. Wenn der Mensch gegen Gott steht, steht er gegen seine Wahrheit und wird daher nicht frei, sondern entfremdet. Frei sind wir erst, wenn wir in unserer Wahrheit sind, wenn wir eins mit Gott sind. Dann werden wir wirklich „wie Gott" – nicht indem wir uns Gott entgegensetzen, ihn abschaffen oder leugnen. Im ringenden Gebet des Ölbergs hat Jesus den falschen Gegensatz zwischen Gehorsam und Freiheit aufgelöst und den Weg in die Freiheit eröffnet. Bitten wir den Herrn, daß er uns in dieses Ja zum Willen Gottes hineinführt und uns so wahrhaft frei werden läßt. Amen. (rv)

Mali: 200 Christen fürchten um ihr Leben

In Mali ist eine Massenflucht in Gang; zugleich ist die Lage der Christen im Norden des Landes prekär. Nach der Verwüstung der Caritas-Büros in der Stadt Gao bangen dort nun 200 Christen um ihr Leben, berichtet der vatikanische Fides-Dienst unter Berufung auf eine kirchliche Quelle vor Ort. Seit Beginn der bewaffneten Konflikte zwischen Tuareg-Rebellen und Regierungstruppen im Januar diesen Jahres hätten sich 200.000 Menschen aus dem Nordteil des Landes auf die Flucht begeben, berichtet derweil das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Allein in den vergangenen fünf Tagen hätten 2.000 Menschen das Land Richtung Burkina Faso und Mauretanien verlassen. Das Flüchtlingshilfswerk erhöht nach eigenen Angaben seine Hilfe für Flüchtlinge aus Mali vor allem in den Anrainerstaaten, die trotz bereits bestehender Versorgungsengpässe und schwieriger Umstände Zuflucht für Menschen aus Mali böten.

Mit Besorgnis verfolgt auch das katholische Hilfswerk Misereor die Lage in dem westafrikanischen Land. Radio Vatikan hat mit der Regionalreferentin für die Sahelzone, Dorothee Zimmermann, gesprochen. Sie erläutert noch einmal, wie es zum Putsch gegen die Regierung in Mali kam.

„Im Januar sind oben im Norden 80 Soldaten ermordet worden, und das vor dem Hintergrund, dass die malische Armee sehr schlecht ausgestattet ist – im Ganzen verfügt sie sowieso nur über knapp 7000 Mann – und eben große Sorgen hat angesichts dieser Rebellion. Das Ganze spielt sich vor dem Hintergrund einer Leitung und Regierung ab, die aus ihrer Sicht zu wenig im Hinblick auf diese Rebellion im Norden tut und die Armee selber für diesen Kampf auch zu schlecht ausgestattet hat, und die Unzufriedenheit über diese Situation hat dann auch ganz akut zu diesem Militärputsch geführt."

Wie Caritas Mali mitteilt, wurde dabei auch eine Kirche der Stadt in Mitleidenschaft gezogen. Trotz des anhaltenden Konflikts im Norden des Landes und des Militärputsches im vergangenen Monat setzt Caritas Mali jedoch die eigenen Hilfsprogramme für bedürftige Menschen in den restlichen Landesteilen fort. In den betroffenen Gebieten ist humanitäre Hilfe aktuell aber nicht zu leisten, wie Zimmermann berichtet.

„Es herrscht absolute Panik, und da sind auch keine Institutionen mehr, mit denen man arbeiten könnte; ich habe die Situation auch mit der nationalen Caritas diskutiert und im Moment muss erst einmal abgewartet werden, wie sich die Situation jetzt weiter entwickelt.
Diese Rebellensituation überschattet im Moment alles andere und macht ein Arbeiten im Sinne von humanitärer Unterstützung und Entwicklungsarbeit im Moment unmöglich."

Mali ist auch von der Hungerkrise in der Sahelzone betroffen. Deshalb verteilen dort Hilfswerke derweil Mais, Hirse, Reis und Saatgut an über 100.000 Menschen, die von der Lebensmittekrise betroffen sind. (rv)

Vatikan: Neue Rekruten für die Schweizer Garde

Die Schweizer Garde bekommt Zuwachs. Am 6. Mai sollen 26 neue Rekruten der Garde im Vatikan vereidigt werden. Während einer feierlichen Zeremonie im Innenhof des Apostolischen Palastes schwören die Hellebardiere, Benedikt XVI. und seinen rechtmäßigen Nachfolgern „treu, redlich und ehrenhaft zu dienen". Traditionell ist ein Vertreter eines Schweizer Kantons zur Zeremonie geladen; dieses Mal wird Besuch aus Luzern erwartet. Unter den 26 neuen Gardisten sind 16 Deutschschweizer, jeweils fünf stammen aus dem französisch- und italienischsprachigen Teil des Alpenlandes. Die Männer haben ihren Dienst zum Teil bereits seit Juni aufgenommen. (rv)