Auf dem Weg: Papst Franziskus reist nach Chile und Peru

Papst Franziskus ist auf dem Weg nach Lateinamerika. Pünktlich um 8:55 hob das Flugzeug von Rom aus ab, nach Mitternacht zentraleuropäischer Zeit wird der Papst in Santiago de Chile landen, der ersten Station seiner Reise.

In Chile stehen neben der Hauptstadt Temuco und Iquique auf dem Programm, bevor er dann am Donnerstag nach Peru weiterfliegt, wo er neben der Hauptstadt Lima die beiden Städte Puerto Maldonado und Trujillo besuchen wird, bevor es am Sonntag wieder zurück nach Rom geht.

Papst Franziskus ist nach Papst Johannes Paul II. der zweite Papst, der die beiden Länder besuchen wird. Johannes Paul II. war 1987 in Chile und bereits 1985 in Peru. 1988 war der Papst dann noch einmal kurz in Lima, zur Feier einer Messe während des Eucharistischen Kongresses im Land.

Für Franziskus ist es bereits die 22. Internationale apostolische Reise, in Lateinamerika hatte er zuvor Brasilien, Kuba, Mexiko, Bolivien, Ecuador, Paraguay und zuletzt Kolumbien besucht. (vatican news)

Jesuiten-Zeitschrift „Civiltà Cattolica“ expandiert nach Lateinamerika

Das publizistische Flaggschiff des Jesuitenordens „Civiltà Cattolica“ kommt ab sofort auch in einer lateinamerikanischen Ausgabe heraus. Die Ausgabe Nummer eins der spanischsprachigen „Civiltà Cattolica“ erschien am selben Tag wie die Nummer 4.000 der italienischsprachigen: Papst Franziskus nahm beide am Donnerstag im Rahmen eines kleinen Festaktes im Vatikan entgegen, am Abend dann wurde die lateinamerikanische Ausgabe an der Botschaft Spaniens beim Heiligen Stuhl dem größeren Publikum vorgestellt. Für sie zeichnet neben dem Chefredakteur Antonio Spadaro der argentinische Jesuit Diego Fares zuständig. Fares, der Papst Franziskus seit 40 Jahren kennt, wechselte vor zwei Jahren nach Rom. Als Verleger der lateinamerikanischen Ausgabe tritt das Haus Herder in Erscheinung. Einzelheiten von Gudrun Sailer.

„Civiltà Cattolica“ ist eine der ältesten Zeitschriften der Welt: Papst Pius IX. rief sie 1850 ins Leben. Alle Beiträge stammen grundsätzlich von Jesuiten, die verstreut über die ganze Welt leben, während die Redakteure, Skriptoren genannt, in einer eigenen Gemeinschaft in Rom in der Nähe der Spanischen Treppe wohnen, „und bei aller Verschiedenheit, wir leben immer noch“, scherzte Chefredakteur Spadaro bei der Präsentation. Papst Franziskus habe diese Linie – ausschließlich Jesuiten als Autoren – am Donnerstag ausdrücklich bestätigt, diese gemeinsame Zugehörigkeit zur Gesellschaft Jesu garantiere einen gemeinsamen Horizont. Die Jesuiten sind der größte Männerorden der katholischen Kirche, die Ausbildung der Angehörigen ist sehr gründlich und dauert mindestens zehn Jahre.

„Civiltà Cattolica“ versteht sich als „Brückenzeitschrift und nicht als „Tresorzeitschrift“, sagte Spadaro. So geht das anspruchsvolle Blatt inhaltlich weit über das Themenfeld Theologie hinaus, „wir bewegen uns frei in den verschiedenen Feldern des Wissens, es geht um Kunst genauso wie um Wirtschaft oder Politik. Die Zeitschrift präsentiert eine Sicht auf die Welt, die christlich ist, aber zugleich auf einer Wellenlänge mit der aktuellen Situation der Kirche“, erklärt Spadaro. „Papst Franziskus würde das polyedrisch nennen“ fügt sein Mitbruder Diego Fares hinzu. Er ortet eine „spirituelle Übereinstimmung“ zwischen dem Papst und der Jesuitenzeitschrift.

„Papst Franziskus interessiert sich dafür, an die Grenzen zu gehen, zu allen zu sprechen, der Dialog mit anderen Wirklichkeiten – das war immer angelegt in der Kirche, aber vielleicht sieht man es heute mit Franziskus besser. Und dieses Zugehen auf das Andere ist ganz ähnlich in der Zeitschrift.“

Die Texte und die Armen

Pater Fares, der Philosoph, dessen Bücher Papst Franziskus persönlich zur Lektüre empfahl, hat bereits in Argentinien vieles für Arme und Benachteiligte getan. Zusammen mit einer großen Gruppe Laien wirkte er in einem Zentrum für Obdachlose, darüber hinaus begleitete er Sterbende im Hospiz Casa de la Bondad. In Rom kümmert sich Pater Fares um Flüchtlinge, „keine großen Dinge, Kaffeekochen und auf Ämter begleiten“, erzählt er uns mit einem Lächeln. Und, ja, so etwas hilft gerade beim Schreiben für eine Kulturzeitschrift: „Texte werden anschaulicher und konkreter. Es wäre ziemlich anstrengend, zu schreiben ohne Kontakt mit den Armen!“

Sinn der lateinamerikanischen Ausgabe der „Civiltà Cattolica“ ist es nicht, italienische Inhalte in andere Sprachen zu übersetzen, betont Pater Spadaro. „Im Gegenteil, unsere Zeitschrift versammelt ja schon immer Beiträge von Jesuiten-Autoren aus aller Welt in den wichtigsten Sprachen (auch auf Deutsch). Nun geht es darum, diesen kulturellen Reichtum, der die italienische Ausgabe auszeichnet, auch in die anderen Sprachen gewissermaßen zurückzutragen.“

Eine weitere Besonderheit der „Civiltà Cattolica“ ist, dass jede dort veröffentlichte Zeile im vatikanischen Staatssekretariat gelesen wird, ehe sie in Druck geht. Die Zeitschrift sei nicht das offizielle Sprachrohr des Heiligen Stuhles, präzisierte Spadaro, „doch sie erscheint in Abstimmung mit den Päpsten“. Pius IX. bis einschließlich Johannes XXIII. hätten die Artikel persönlich geprüft. Auch Franziskus lese – als Jesuit – wieder viele der Texte vor der Veröffentlichung.

„Papst Franziskus kennt „Civiltà Cattolica“ sehr gut, sogar besser als ich, als Direktor…! Für uns ist das ein Stimulus, ihn nicht nur als religiöses Oberhaupt zu beobachten, sondern auch als moralische Größe der Welt. Wir erleben momentan ja eine schwierige Zeit, in der das Schlüsselwort „Mauer“ zu sein scheint. Das Schlüsselwort von Franziskus ist „Brücke“. Und da wollen wir ihm folgen.“

Die Jesuitenzeitschrift und ihr Dienst am Heiligen Stuhl

Heißt das auch, die prominente Jesuitenzeitschrift kann Dinge in größerer Offenheit schreiben, als der Papst sie klugerweise sagen könnte? Ganz so direkt würde Pater Spadaro das nicht ausdrücken.

„Der Papst hat die Zeitschrift als einmalig bezeichnet: sie leistet einen Dienst für den Heiligen Stuhl, hat aber keinen offiziellen Charakter. Sie ist aber eine gewichtige Stimme, zertifiziert, gewissermaßen, veröffentlicht Inhalte, die allgemein mit der Meinung des Heiligen Stuhles übereinstimmen. Die Inhalte sind approbiert, sie können gewissermaßen auf dieses Gütesiegel verweisen. Und dieser Akt des Gegenlesens bringt einen kulturellen Austausch hervor. Eine wirkliche Debatte über die Inhalte. Das ist nichts Technisches oder Mechanisches, es wird nicht verlangt, diesen oder jenen Satz zu ändern. Es ist viel tiefer, es braucht Zeit, jedes Mal eine lange Besprechung, die ich persönlich hochinteressant und bereichernd finde.“

Die neue lateinamerikanische Ausgabe der „Civiltà Cattolica“ wird monatlich erscheinen und dabei jeweils Artikel aus der italienischen Zeitschrift auswählen, die alle zwei Wochen herauskommt. Die spanischsprachige Fassung hingegen wird pro Ausgabe elf eigene Buchbesprechungen bieten, die wiederum getreulich im Staatssekretariat gegengelesen werden.

Die gedruckte Startauflage der lateinamerikanischen Fassung der „Civiltà Cattolica“ liegt nach Angaben des Verlegers Raimund Herder bei 1.000 Exemplaren, allerdings erhofft er sich mehr Interesse an neuen Verbreitungsformen. „Uns schwebt vor, dass wir innerhalb eines Jahres etliche Tausend Abonnements insbesondere der elektronischen Ausgabe haben werden.“ Einen Bedarf an einer solchen Zeitschrift sieht Raimund Herder klar gegeben: „Im spanischen Sprachraum gibt es viele Zeitschriften, auch sehr gute. Aber eine Zeitschrift dieses Niveaus haben wir zumindest in unseren Recherchen nicht gefunden.“ (rv)

Kardinal Müller: „Lateinamerika wird gedrängt, die Gender-Ideologie anzunehmen“

VATIKANSTADT – Vor „dem Druck eines ideologischen Totalitarismus“ auf die Länder Lateinamerikas, der Entwicklungshilfe davon abhängig mache, Abtreibung und Gender-Ideologie zu akzeptieren, hat der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, gewarnt.

Der kirchliche Würdenträger erhob diese Anklage in einem exklusiven Interview mit der italienischen Ausgabe von CNA, ACI Stampa, anlässlich seines Buches „Benedikt & Franziskus: Ihr Dienst in der Nachfolger Petri“.

„Die Staaten und die Gesellschaft Lateinamerikas sind, wie auch jene in Europa und Nordamerika, unter dem Druck eines neuen ideologischen Totalitarismus, der sich allen Ländern aufzwingen will, indem er die Entwicklungshilfe an die Akzeptanz seiner Postulate koppelt, wie es bei der Gender-Ideologie und dem freien Zugang zur Abtreibung geschieht, die ein Mord ist, der als Recht dargestellt werden soll. Das sind Bedrohungen, die die Fundamente der modernen Staaten schwächen“, mahnte Kardinal Müller.

Er betonte, dass Europa und Lateinamerika jedoch unterschiedliche Charakteristiken besäßen, die es ihnen erlauben würden, auf unterschiedliche Weise auf dieses Phänomen zu reagieren.

„In Europa hat sich die Demokratie besser entwickelt. In Lateinamerika hingegen wird ein Präsident gleichsam wie ein Idol betrachtet, das dazu bestimmt ist, alle Probleme zu lösen. Die Gesellschaft braucht Bildung. Es braucht Personen, die fähig sind, sich um das Gemeinwohl zu kümmern, nicht nur um ihre eigenen Kunden.“

„Andererseits verhindert der Klientelismus manchmal auch im Westen eine gute Entwicklung der Gesellschaft und eine angemessene Beziehung zum Staat. Es ist wichtig, darauf zu bestehen, dass Staat und Gesellschaft nicht [miteinander] identifiziert werden können. Wenn das geschieht, bedeutet es, dass sich ein neuer Totalitarismus bildet“, fügte er hinzu.

Während des Interviews mit CNA erinnerte Kardinal Müller daran, dass es „Aufgabe der Bischöfe und vor allem des Papstes sei, der einen besonderen Auftrag für die Einheit und die Wahrung des Glaubens hat“, die Bedrohungen anzuprangern, die der Gesellschaft von der Verbreitung bestimmter Ideologien totalitären Anspruchs kommen – konkret Ideologien wie die Gender-Theorie – dass es aber auch eine Verkörperung des Naturgesetzes sei.

Im Fall Lateinamerikas, sagte er, sei es nötig, dass die Kirche „ein prophetisches Zeugnis für eine würdige Entwicklung der Strukturen von Staat und Gesellschaft gebe.“ (CNA Deutsch)

Nach Rio: Lateinamerika wird eine wichtigere Rolle spielen

OuelletDer Weltjugendtag in Rio ist vorbei, aber der Impuls geht weiter, für die gesamte Kirche. Davon zeigt sich Kurienkardinal Marc Ouellet überzeugt. Als Präsident der Päpstlichen Lateinamerikakommssion ist er Fachmann für den Kontinent und hat den Papst bei seiner Reise begleitet. Im Augenblick nimmt Ouellet am Treffen der lateinamerikanischen Bischöfe in Rio teil.
„Ich nehme die Hoffnung auf eine Erneuerung der Kirche im ganzen lateinamerikanischen Kontinent mit nach Hause". So beschreibt Kardinal Marc Ouellet seine Erfahrungen beim WJT. „Ich glaube, dass es Frucht bringen wird auch im sozialen Leben des Landes, der Geschwisterlichkeit und beim Einsatz für mehr Gerechtigkeit. Ich gehe mit der Gewissheit nach Hause, dass sich Lateinamerika an einem Schlüsselmoment seiner Geschichte befindet, in der Verkündigung wird es eine viel wichtigere Rolle in der ganzen Welt spielen. Die Wahl von Papst Franziskus hat das schon gezeigt, der WJT bestätigt das und gibt einen ganz starken Impuls für die Zukunft der Verkündigung." (rv)

CELAM-Präsident nach Papstbesuch: Treffen mit einem alten Freund

CELAMPapst Franziskus hat an diesem Donnerstag leitende Mitglieder des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM empfangen. Carlos Aguiar Retes ist Erzbischof von Tlalnepantia in Mexiko und der Präsident des Rates. Im Interview mit Radio Vatikan erzählte er, wie das Gespräch verlaufen ist:

„Es war das Wiedersehen mit einem Freund, mit einem, mit dem man die Erfahrung des Glaubens geteilt hat und von dem man eine große Freude über die Verantwortung, die er trägt, erfährt. Freude macht aber vor allem die Art, wie er sie trägt: er ist sich dessen sehr stark bewusst, dass er Gott in dieser großen Mission, die dieser ihm übertragen hat, Rechenschaft schuldig ist."

Der Papst habe sein Vertrauen darüber ausgedrückt, dass die Arbeit des Bischofsrates CELAM, über die Erfahrungen der Kirche in Lateinamerika und der Karibik, auch die Weltkirche stärken könne. Aber auch andere Themen seien besprochen worden:

„Vor allem, dass wir ihn mit großer Freude auf dem Weltjugendtag in Rio de Janeiro erwarten, wo wir ihn sicherlich wieder treffen werden, um das spirituelle Band und den pastoralen Blick, die Vision zu stärken, die in ganz Lateinamerika anwachsen müssen."

Auf die Frage, wie der Papst auf ihn gewirkt habe, antwortete der Erzbischof:

„Sehr gut, sehr gelöst, sehr ruhig und sehr fröhlich, so als ob er – etwa einen Monat nach seiner Wahl – ein tieferes Bewusstsein davon entwickelt hat, was es heißt, der Bischof von Rom und der Nachfolger Petri, also der Papst, zu sein." (rv)

Kardinal Ouellet schreibt an Lateinamerikaner

Kardinal OuelletDer Präfekt der vatikanischen Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, ruft die katholische Kirche in Lateinamerika zu einer Neubesinnung auf. Sie sollte aus der Tatsache, dass jetzt einer der ihren Papst sei, neuen Schwung für ihre Seelsorge ziehen, schreibt der kanadische Kurienkardinal in einem Brief an lateinamerikanische Bischöfe. Die Bischöfe auf dem „Kontinent der Hoffnung" sollten sich jetzt fragen, wie sie den Armen noch näher sein könnten und wie sich die Kontinentalmission, die dem Papst sehr am Herzen liege, noch intensivieren lasse. (rv)

Neue Armut und kurze Sätze im Vatikan

ruini

Kardinal RuiniNoch keinen Monat ist der Papst aus Lateinamerika im Amt: Was will er ändern, was will er bewegen, fragen sich viele in Rom. Was bedeutet zum Beispiel das neu in den Fokus gerückte Armutsideal konkret? „Ach, wie möchte ich eine arme Kirche für die Armen!" Das hat Papst Franziskus in einer seiner ersten Ansprachen, der vor Journalisten am 16. März, ausgerufen. Aber die Pietà des Michelangelo wird der Papst nicht zugunsten der Armen verkaufen, sagt im Gespräch mit Radio Vatikan der italienische Kardinal Camillo Ruini, früher mal Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz.

„Das ist keine Ideologisierung der Armut und kein Klassenkampf! Vielmehr kommt es aus dem barmherzigen Herzen Gottes und leitet sich aus dem Prinzip Jesu her, dass, wer Erbarmen erfahren will, selbst barmherzig sein muss. Man kann überhaupt nicht in Zweifel ziehen, dass die Kirche für ihre Arbeit Mittel und Ressourcen braucht! Aber sie zielt nicht in erster Linie darauf, sondern sie folgt dem Herrn, der die Welt nicht durch eine Machttat verändert hat, sondern durch die Selbstentäußerung bis ans Kreuz."

Neu in diesem Pontifikat ist auch die Sprechweise, analysiert Matteo Crimella, Bibelwissenschaftler an der Päpstlichen Universität Urbaniana:

„Einfache Worte, kurze Sätze, selten Nebensätze, einfaches Vokabular. Verstehen können das alle. Spürbar wird dahinter aber die Tiefe eines Denkens. Dann das Insistieren des Papstes auf einigen Schlüsselworten. Technisch gesehen ist das ein Stilmittel, das Neugier und Fragen weckt und signalisiert: Kommt mit mir auf einen Weg, er ist nicht anstrengend."

Er lebe, erzählt Crimella, in einer Pfarrei am Stadtrand von Milano und gehe jeden Abend vor der 6-Uhr-Messe in die Kirche, weil immer mal jemand zur Beichte komme.

„Nun ja, und am Sonntag habe ich zwei Stunden lang Beichte gehört, die Leute standen Schlange. Und was mich wirklich überrascht hat, ist, dass alle mir gesagt haben: Ich beichte schon seit zehn Jahren nicht mehr, oder seit fünf Jahren – ich habe den Papst im Radio gehört und spürte sofort, dass ich beichten gehen muss… Ich glaube, das ist ein schönes Zeichen: Franziskus spricht von der Liebe Gottes und von seiner Erfahrung der Barmherzigkeit Gottes, und das weckt in den Zuhörern sofort den Wunsch, diese Erfahrung auch selbst zu machen." (rv)

Weiter nach Kuba: „Kubas Kirche wirkt im Innern“

Welchen Akzent wird Papst Benedikt XVI. auf Kuba setzen, wo er am Montag eintreffen wird? Erzbischof Angelo Becciu vom vatikanischen Staatssekretariat war zwischen 2009 und 2011 Päpstlicher Nuntius auf Kuba und ist aktuell mit dem Papst in Lateinamerika unterwegs. Das Verhältnis zwischen Heiligem Stuhl und kubanischem Staat sei „immer gut" gewesen, gibt der Erzbischof im Interview mit dem vatikanischen Fernsehsender CTV an. Er verweist dabei auf die ein dreiviertel Jahrhundert währenden diplomatischen Beziehungen beider Staaten. Die „wahre Messlatte" für ihr Verhältnis seien jedoch die Beziehungen zwischen kubanischer Kirche und der Landesführung, sagte der Kuba-Experte:

„Insbesondere mit Papst Johannes Paul II. sind die Beziehungen sehr viel reibungsloser und effizienter geworden, denn Kubas Kirche hat heute einen größeren Aktionsraum. Sie ist sozusagen aus der Sakristei herausgekommen, wohin sie verbannt war, und hat eine größere Aktivität im Bereich der Katechese und im karitativen Bereich entwickelt. Das ist es vor allem, was die Kirche groß gemacht hat, ihr Einsatz wurde zum Anziehungspunkt für viele Menschen, die sich von ihr abgewandt hatten oder sie erst gar nicht kannten. Kurz gesagt: es gibt einen ehrlichen Dialog, in dem die Kirche den Regierenden das sagen kann, was sie denkt und was sie zum Wohl des kubanischen Volkes verwirklicht sehen will."

Auch wenn sich in einem Teil des politischen Lagers hartnäckig Widerstand gegen die Kirche gehalten habe, habe Papst Johannes Pauls Besuch auf Kuba viel Misstrauen abbauen können, blickt der Nuntius auf die vergangenen Jahre zurück. Benedikts Vorgänger besuchte die Insel im Jahr 1998. Bei vielen kubanischen Politikern hat es laut Becciu eine regelrechte „Verhaltensänderung" gegeben. Er selbst habe Mitglieder der Nationalversammlung getroffen, die die soziale Arbeit der Kirche durchaus wertschätzten, erzählt der Erzbischof: Sie begriffen das „genuine Anliegen der Kirche" als verwandt mit eigenen Überzeugungen:

„Zwei Mitglieder der kubanischen Nationalversammlung haben mir gegenüber einmal ihre Bewunderung der katholischen Kirche zum Ausdruck gebracht. Sie waren beeindruckt von der karitativen Arbeit des Ortspfarrers, der Armen zu essen gab. Einer von ihnen erzählte dann, er habe mit einem Parteigenossen über die Frage diskutiert, ob man diese Arbeit der Kirche erlauben und ob sie nicht exklusiv dem Staat vorenthalten bleiben sein solle. Er selbst war dagegen und sagte: ,Warum tun wir diese Arbeit nicht? Seien wir doch zufrieden mit diesen Werken der Kirche!’"

Überzeugend sei etwa der Einsatz der Kirche auf Kuba im Jahr 2008 nach dem schweren Hurrikan gewesen, so der Erzbischof. In dieser Notsituation hätten Kirche und Staat im Übrigen auch zusammengearbeitet, um Verletzte und Obdachlose zu unterstützen. Dass der Spielraum der Kirche auf Kuba aufgrund eingeschränkter Mittel und Rechte sehr eingeschränkt ist, ist dem Vatikanvertreter natürlich auch klar. Er deutet die Unbeirrbarkeit von Kubas Kirche jedoch als Faszinationspunkt:

„Auch wenn der Kirche Mittel vorenthalten werden und sie keine Schulen, Krankenhäuser und andere Einrichtungen halten darf, setzt sie ihren Weg fort, der durch Gottes Geist und der Kraft des Evangeliums erfüllt ist. Und das hat das Herz vieler Menschen verändert, die die Kirche heute bewundern."

Lateinamerika spiele mit seinem hohen Katholikenanteil eine entscheidende Rolle in der Weltkirche, erinnert der Erzbischof weiter. Papst Benedikt hatte bei seiner Ankunft in Mexiko den Kontinent als eine Art „Hoffnungsmotor" für die Welt umschrieben: Hoffnung verändert das Leben, sagte Benedikt, und zwar ganz konkret. Der Besuch des Papstes in Lateinamerika könne bei den Katholiken dort diese Kraft des Glaubens wieder vergegenwärtigen, fügt Becciu an, der auch an das Problem der Sekten denkt:

„Wir wissen, dass in Lateinamerika Sekten und neue religiöse Vereinigungen ein Problem darstellen. Viele lassen sich von diesen neuen Gruppen verführen, die wir nur schwer ,kirchlich‘ nennen können. Das Phänomen nährt sich aber durch Christen und Katholiken, die die Kirche verlassen. Für diese Menschen kann es eine Hilfe sein, die Worte des Papstes zu hören und seine Anwesenheit zu spüren, um der wahren Kirche treu zu bleiben." (rv)

Papstreise: „Lateinamerika tritt auf die Bühne“

 Die Reise von Papst Benedikt XVI. nach Mexiko und Kuba im März dieses Jahres wird sich an ganz Lateinamerika wenden. Davon ist Guzmán Carriquiry überzeugt. Er ist Sekretär der Päpstlichen Lateinamerika-Kommission.

„Dieses Lateinamerika hat in den letzten zehn Jahren ein starkes ökonomisches Wachstum erlebt, ohne den Auswirkungen der Krise in der sogenannten Ersten Welt unterworfen zu sein. So nimmt allmählich die immer noch große Armut ab. Wie es der Papst im vergangenen Jahr gesagt hat: Lateinamerika tritt als Protagonist auf die Bühne der Welt. Es ist bemüht in einem Prozess der Integration und der Entwicklung, aber steht auch vor großen Herausforderungen."

Diese Herausforderungen zeigten sich im Einsatz für das Leben und für den Schutz der Familie und Ehe, sie zeigten sich im Einsatz für ausreichend Bildung für alle und in der Reform der politischen Institutionen, und sie zeigten sich im Kampf für mehr soziale Gleichheit, so Carriquiry. Für den ersten Stop der Reise – Mexiko – sei das besonders wichtig, aber nicht nur dort:

„Der Heilige Vater wird Überbringer einer Botschaft der Versöhnung und des Friedens, der Gerechtigkeit und der Hoffnung sein in einem Land, das zerrissen ist von himmelschreiender Gewalt, von tief verwurzelter Armut und von scharfer politischer und ideologischer Polarisierung. Dem Papst wird auch bewusst sein, dass Mexiko eine wichtige Kreuzung ist, die nach Norden blickt, gen Vereinigte Staaten und Kanada, wohin die viele Handelsbeziehungen und auch Flüchtlingsströme laufen. Aber der Blick geht hier auch nach Süden, nach Zentral- und Südamerika. Was in Mexiko passiert, hat fundamentale Auswirkungen für den ganzen amerikanischen Kontinent."

Der zweite Teil der Reise wird einen anderen Schwerpunkt haben, so Carriquiry. Der Besuch des Papstes auf Kuba falle zusammen mit dem 400. Jahrestag des Auffindens des Nationalheiligtums der Insel, der Virgen de la Caridad del Cobre, der Jungfrau von Cobre.

„Nach sechzehn Monaten und über 28.000 Kilometern, die das Gnadenbild auf der Insel zurückgelegt hat und auf denen es jedes Haus Kubas besucht hat, alle Krankenhäuser, öffentlichen Plätze und kulturellen Einrichtungen, zeigt dieses Bild uns einen ‚Frühling des Glaubens’ auf der Insel, wie es der Erzbischof von Havanna vor einiger Zeit formuliert hat. Die Anwesenheit der Jungfrau von Cobre ist dort wichtig, wo die kirchlichen Institutionen schwach sind oder völlig fehlen und so ein sich Ausbreiten der Sekten begünstigen. Die Neuevangelisierung in Lateinamerika wird marianisch sein oder sie wird nicht sein."

Reisepläne
Papst Benedikt XVI. wird sich vom 23. bis 26. März in Mexiko und dann bis zum 28. März in Kuba aufhalten. Seine „Basis" in Mexiko ist die Stadt Leon de los Aldama, die sechstgrößte Stadt des Landes.
Höhepunkt des Mexiko-Besuches ist die Sonntagsmesse. Papst Benedikt feiert sie unter freiem Himmel im Park Guanajuato Bicentenario am Fuß des Hügels Cerro del Cubilete, an dessen Spitze sich ein Christkönigs-Denkmal erhebt. Mexikos Bischöfe erwarten rund 750.000 Gläubige zu diesem Gottesdienst.
Am Montag, 26. März, reist Benedikt nach Kuba weiter, wo er sich bis Mittwoch aufhalten wird. Anlass dieses Besuches ist der 400. Jahrestag der Auffindung des Bildes der „Virgen de la Caridad del Cobre", der Muttergottes der Nächstenliebe von Cobre. Auf der Zuckerinsel hat der Papst zwei Etappen: Santiago de Cuba und Havanna. (rv)

Lombardi: „In Mexiko will der Papst ganz Lateinamerika umarmen“

Ziel und Zweck der Papstreise nach Mexiko im Frühjahr wird die Feier zum 200. Jahrestag der Unabhängigkeiten der lateinamerikanischen Staaten sein. Daran erinnert Vatikansprecher Federico Lombardi in seinem wöchentlichen Editorial für Radio Vatikan an diesem Samstag. Der Besuch in Kuba scheine selbstverständlicher zu sein, so Lombardi, da der Marienwallfahrtsort in Cobre auf der Karibikinsel ein bedeutendes Jubiläum feiere.

„Der Papst hat hingegen Mexiko ausgewählt, weil es das bevölkerungsreichste Land Lateinamerikas ist. Dort möchte er mit allen Bischöfen des Kontinents das 200-Jahre-Jubiläum feiern. Im geografischen Zentrum Mexikos befindet sich seit Kurzem der „Park der 200-Jahre-Feiern" und dort befindet sich auch das nationale Pilgerzentrum Christkönig."

Gerade die Mexikaner seien im Vatikan bekannt als fröhliche und enthusiastische Pilger, die den Papst in Rom in großer Zahl besuchen. Die Beziehungen des Vatikans zu dem Land seien hervorragend, fügt Lombardi an.

„Vor 20 Jahren wurden die diplomatischen Beziehungen zwischen Mexiko und dem Heiligen Stuhl offiziell unterzeichnet. Das lateinamerikanische Land hat damit auch seine tiefe katholische Seele anerkannt. Es war für Benedikt XVI. deshalb selbstverständlich, Mexiko zu besuchen. Er wollte aber ein Ort bereisen, wo sein Vorgänger nicht hingehen konnte. Benedikt wird somit nicht dieselben Ortschaften besuchen, wie Johannes Paul II. Möge die Reise im Frühjahr für Mexiko und ganz Lateinamerika ein Impuls zur Überwindung der Armut und Gewalt sowie Förderung der Hoffnung und Friedens sein." (rv)