Kardinal Müller: „Lateinamerika wird gedrängt, die Gender-Ideologie anzunehmen“

VATIKANSTADT – Vor „dem Druck eines ideologischen Totalitarismus“ auf die Länder Lateinamerikas, der Entwicklungshilfe davon abhängig mache, Abtreibung und Gender-Ideologie zu akzeptieren, hat der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, gewarnt.

Der kirchliche Würdenträger erhob diese Anklage in einem exklusiven Interview mit der italienischen Ausgabe von CNA, ACI Stampa, anlässlich seines Buches „Benedikt & Franziskus: Ihr Dienst in der Nachfolger Petri“.

„Die Staaten und die Gesellschaft Lateinamerikas sind, wie auch jene in Europa und Nordamerika, unter dem Druck eines neuen ideologischen Totalitarismus, der sich allen Ländern aufzwingen will, indem er die Entwicklungshilfe an die Akzeptanz seiner Postulate koppelt, wie es bei der Gender-Ideologie und dem freien Zugang zur Abtreibung geschieht, die ein Mord ist, der als Recht dargestellt werden soll. Das sind Bedrohungen, die die Fundamente der modernen Staaten schwächen“, mahnte Kardinal Müller.

Er betonte, dass Europa und Lateinamerika jedoch unterschiedliche Charakteristiken besäßen, die es ihnen erlauben würden, auf unterschiedliche Weise auf dieses Phänomen zu reagieren.

„In Europa hat sich die Demokratie besser entwickelt. In Lateinamerika hingegen wird ein Präsident gleichsam wie ein Idol betrachtet, das dazu bestimmt ist, alle Probleme zu lösen. Die Gesellschaft braucht Bildung. Es braucht Personen, die fähig sind, sich um das Gemeinwohl zu kümmern, nicht nur um ihre eigenen Kunden.“

„Andererseits verhindert der Klientelismus manchmal auch im Westen eine gute Entwicklung der Gesellschaft und eine angemessene Beziehung zum Staat. Es ist wichtig, darauf zu bestehen, dass Staat und Gesellschaft nicht [miteinander] identifiziert werden können. Wenn das geschieht, bedeutet es, dass sich ein neuer Totalitarismus bildet“, fügte er hinzu.

Während des Interviews mit CNA erinnerte Kardinal Müller daran, dass es „Aufgabe der Bischöfe und vor allem des Papstes sei, der einen besonderen Auftrag für die Einheit und die Wahrung des Glaubens hat“, die Bedrohungen anzuprangern, die der Gesellschaft von der Verbreitung bestimmter Ideologien totalitären Anspruchs kommen – konkret Ideologien wie die Gender-Theorie – dass es aber auch eine Verkörperung des Naturgesetzes sei.

Im Fall Lateinamerikas, sagte er, sei es nötig, dass die Kirche „ein prophetisches Zeugnis für eine würdige Entwicklung der Strukturen von Staat und Gesellschaft gebe.“ (CNA Deutsch)

Fünf Warnungen von Papst Franziskus zur Gender-Ideologie

cna_franziskus_genderVATIKANSTADT – Im Lauf seines Pontifikates hat Papst Franziskus verschiedene Warnungen zur Gender-Ideologie ausgesprochen, einem Trend, der von der Prämisse ausgeht, dass das Geschlecht eines Menschen keine biologische Realität ist, sondern ein soziokulturelles Konstrukt. Verschiedene Regierungen und Lobby-Gruppen versuchen, sogar Kindern und Jugendlichen durch Erziehung diese auch wissenschaftlich kritisierte Theorie aufzuzwingen.

Hier sind fünf klare Warnungen des Heiligen Vaters zu diesem umstrittenen Thema:

1) Es ist „ideologischer Kolonialismus“

Ende Juli 2016 sagte der Papst zu den Bischöfen Polens: „In Europa, in Amerika, in Lateinamerika, in Afrika, in einigen Ländern Asiens gibt es einen wahren ideologischen Kolonialismus. Und einer von diesen – ich nenne ihn unverhohlen beim Namen – ist die Gender-Theorie! Heute wird den Kindern – den Kindern! – in der Schule beigebracht, dass jeder sein Geschlecht selber wählen kann. Und warum wird das gelehrt? Weil die Lehrbücher von den Personen und den Institutionen kommen, die dir das Geld geben. Das sind die Formen von ideologischem Kolonialismus, die auch von sehr einflussreichen Ländern unterstützt werden. Und das ist schrecklich.“

2) Sie „höhlt das anthropologische Fundament der Familie aus“

Im nachsynodalen apostolischen Schreiben Amoris Laetitia über die Liebe in der Familie, das im April 2016 veröffentlicht wurde, erklärt der Heilige Vater unter Nummer 56, dass die Gender-Ideologie „eine Gesellschaft ohne Geschlechterdifferenz in Aussicht stellt und die anthropologische Grundlage der Familie aushöhlt“. Auch wird die menschliche Identität einer individualistischen Wahlfreiheit ausgeliefert, die sich im Laufe der Zeit auch ändern kann.

„Diese Ideologie fördert Erziehungspläne und eine Ausrichtung der Gesetzgebung, welche eine persönliche Identität und affektive Intimität fördern, die von der biologischen Verschiedenheit zwischen Mann und Frau radikal abgekoppelt sind“, beklagt der Heilige Vater.

3) Sie ist ein „Fehler des menschlichen Geistes“

Im März 2015 bezog sich der Papst auf „ideologischen Kolonialismus“, der die Familie ernsthaft betreffe: Es handele sich um „Modalitäten und Vorschläge, die in Europa existieren und auch bis auf die andere Seite des Ozeans gelangen. Die Gender-Theorie, dieser Fehler des menschlichen Geistes, schafft so viel Verwirrung.“

4) „Ein Rückschritt“

Im April 2015 hielt der Papst eine Katechese über den von Gott als Mann und Frau geschaffenen Menschen und sagte: „Die moderne, zeitgenössische Kultur hat neue Räume, neue Freiheiten und neue Tiefen eröffnet, um das Verständnis dieses Unterschieds zu bereichern. Aber sie hat auch viele Zweifel und viel Skepsis eingeführt. Ich frage mich zum Beispiel, ob die sogenannte Gender-Theorie nicht auch Ausdruck von Frustration und Resignation ist, die darauf abzielt, den Unterschied zwischen den Geschlechtern auszulöschen, weil sie sich nicht mehr damit auseinanderzusetzen versteht. Ja, wir laufen Gefahr, einen Rückschritt zu machen. Denn die Beseitigung des Unterschieds ist das Problem, nicht die Lösung.“

Hier können Sie den gesamten Text der Katechese „Die Familie: Mann und Frau“ von Papst Franziskus nachlesen.

5) Diese „Indoktrination“ gehört nicht in den Schul-Unterricht

In einer der üblichen fliegenden Pressekonferenzen auf der Rückkehr von internationalen Reisen, genauer gesagt auf jener des Rückflugs von Aserbaidschain nach Rom, hat der Papst erklärt: „Man muss die Menschen begleiten, so wie Jesus das getan hat. Wenn ein Mensch, der sich in dieser Lage befindet, vor Jesus gelangt, dann wird dieser ihm sicher nicht sagen: Geh weg, du bist homosexuell. Nein. Ich habe über diese Bosheit gesprochen, mit der heute durch die Gender-Theorie Indoktrination betrieben wird. Ein Vater aus Frankreich hat mir von seinem zehnjährigen Sohn erzählt. Der hat beim Mittagessen der Familie auf die Frage, was er später mal werden will, geantwortet: Ein Mädchen! Da wurde dem Vater klar, dass das Kind in der Schule über die Gender-Theorie unterrichtet wird, und das ist gegen das Natürliche. Das eine ist, dass jemand diese Tendenz hat und sogar sein Geschlecht ändert; etwas anderes ist es, das in den Schulen zu unterrichten, um die Mentalität zu verändern. Das ist es, was ich ideologische Kolonisierung nenne.“ (CNA Deutsch)