Kardinal Pell angeklagt, legt vorübergehend Amt nieder

Kurienkardinal George Pell unter Druck: Der Finanzminister des Vatikans wird in seiner Heimat Australien wegen Missbrauchs angeklagt. An diesem Donnerstagmorgen hat er daraufhin vorübergehend sein Amt als Präfekt des Vatikan-Sekretariats für Wirtschaft niedergelegt, um sich in Australien vor Gericht zu verteidigen. Pell, der auch zum K-9, dem Kardinalsrat des Papstes, gehört, beteuerte seine Unschuld.

Vor der Presse in Rom erklärte der Kardinal, er respektiere die Gesetze und halte es für wichtig, nach Australien zurückzukehren, um dort die Vorwürfe vor Gericht ausräumen zu können. Ein Vatikanstatement gibt an, der Papst habe Pell auf dessen Bitten hin eine Auszeit gewährt. Während Pells Abwesenheit von Rom werde das Wirtschaftssekretariat des Vatikans seine Arbeit wie gewohnt fortführen; die Sekretäre blieben im Amt, „solange nicht anders entschieden werde“.

Der 76-jährige Kardinal beteuerte am Donnerstag seine Unschuld. Er weise die Missbrauchsvorwürfe komplett zurück, wolle in Australien seinen guten Namen reinwaschen und dann in den Vatikan zurückkehren, um seine Arbeit dort fortzusetzen. Die Justiz des australischen Bundesstaates Victoria hatte Pell am Donnerstag aufgefordert, am 18. Juli als Angeklagter in Melbourne vor Gericht zu erscheinen. Der Kardinal war schon im Oktober letzten Jahres im Vatikan von australischen Beamten zu den Missbrauchsvorwürfen verhört worden.

Der Vatikan betont, dass Franziskus in den letzten drei Jahren, in denen George Pell an der Kurie arbeitete, „seine Ehrlichkeit schätzen gelernt hat“. Er sei ihm „für die Zusammenarbeit dankbar“, vor allem für Pells „energischen Einsatz für Reformen im Wirtschafts- und Verwaltungswesen und für seine aktive Teilnahme im Kardinalsrat“. Auch der Heilige Stuhl betont seinen Respekt vor der australischen Justiz; zugleich weist er aber darauf hin, dass Pell „seit Jahrzehnten Missbrauch an Minderjährigen offen und wiederholt als unmoralisch und nicht hinnehmbar verurteilt“ habe.

Pell habe auch in der Vergangenheit regelmäßig mit den australischen Behörden zusammengearbeitet, den Vatikan bei der Einrichtung einer Kommission für Kinderschutz unterstützt und schon in seiner Zeit als Erzbischof von Sydney Prozeduren zum Kinderschutz eingeführt. (rv)

Vatikan: Neue Beratungsrunde der K9-Kardinäle

S. MarthaZum 16. Mal tritt ab Montag im Vatikan die Gruppe der neun Kardinäle zusammen, die Papst Franziskus bei der Kurienreform beraten. Die K9-Arbeitsrunde tagt bis Mittwoch in der päpstlichen Residenz Santa Marta, Franziskus nimmt für gewöhnlich an den Besprechungen teil, mit Ausnahme von Mittwochvormittag, dem er der Generalaudienz widmet. Der K9-Rat wurde von Franziskus nach seinem Amtsantritt gegründet und ist seither ein begleitendes Instrument des Pontifikates. Er setzt sich aus Kardinälen von allen Kontinenten zusammen. Europa vertritt der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx. Die bisher wichtigsten Ergebnisse der Kurienreform sind zwei neue große Behörden, die aus Zusammenlegungen entstanden: ein Dikasterium für Familie, Laien und Leben, das nominativ am 1. September seine Arbeit aufgenommen hat, und ein weiteres „für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen“, das mit Jahreswechsel entsteht. Außerdem richtete Franziskus auf Anregung des K9-Rates das Wirtschaftssekretariat und das Sekretariat für Kommunikation ein. Ersteres soll für schlankere und besser kontrollierte Geldflüsse im Bereich des Heiligen Stuhles sorgen, zweiteres die Medien des Heiligen Stuhles reformieren. (rv)

Papst Franziskus, ein Pragmatiker der Wirtschaftsreformen

cna_Fanziskus im VatikanPapst Franziskus legt einen pragmatischen Geist an den Tag, wenn es um die vatikanische Wirtschaftsreform geht. Diese Einschätzung äußert der deutsche Politikwissenschaftler und Volkswirt Ralph Rotte, der seit Jahren die Änderungen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik des Heiligen Stuhles untersucht. Mit einem neuen Erlass hat Franziskus jüngst die Verwaltung des Vermögens des Heiligen Stuhles und die Kontrolle dieser Verwaltung klarer voneinander getrennt. Betroffen sind die Güterverwaltung APSA, die nun nach zwei Jahren die Oberhoheit über die Verwaltung des beträchtlichen Immobilienvermögens des Heiligen Stuhles zurückerhält [Papst Franziskus hatte mit Motu Proprio vom 8.7.2014 verfügt, dass das Wirtschaftssekretariat die Immobilienverwaltung von der APSA übernimmt, Anm. d. R.], und das relativ junge Wirtschaftssekretariat.

Warum Verwaltung und Kontrolle bisher nicht sauber getrennt waren, erklärt sich Rotte damit, „dass es in diesen ganzen Finanzwesen des Heiligen Stuhles eine große Komplexität gibt, und dass bisher auch möglicherweise die Idee vorherrschte, eine Art Superministerium einzurichten mit dem neuen Wirtschaftssekretariat, das im Sinn eines klassischen Finanzministeriums alle anderen kontrolliert und gleichzeitig – analog zum Staat – Vermögenswerte verwaltet; und dass sich das letztlich nicht hat realisieren lassen. Man hoffte offenbar, hier eine klare Hierarchie aufzubauen, sodass quasi der Papst durchregieren kann im Sinn einer seelsorgerischen oder karitativen Ausrichtung der Kirche. Das hat aber offensichtlich im Rahmen der bestehenden Interessen in Zuständigkeiten in der Kurie so nicht funktioniert, sodass er jetzt einen Schwenk macht und zurückgeht zu einem stärker gleichgewichtigen System, in dem sich die verschiedenen Einheiten gegenseitig kontrollieren.“

RV: Was sind die wirklich neuen Punkte am neuen Erlass?

„Der zentrale neue Punkt ist, dass die Immobilienverwaltung wieder zurückgeht an die APSA, wo sie ursprünglich ja war. Und zweitens, das ist nichts Neues, wird aber betont, dass das Wirtschaftssekretariat über alle Ämter und Dikasterien des Heiligen Stuhles die Aufsicht hat, einschließlich der APSA. Gleichzeitig wird unterstrichen, dass die APSA quasi die zentrale Zahlstelle ist, Zentralbank, Sparkasse, Girozentrale, für alle anderen Institutionen des Heiligen Stuhles. Aus der Tatsache, dass sämtliche Rechnungen über den Tisch der APSA gehen werden, kann man lesen, dass auch die anderen Dikasterien stärker kontrolliert werden sollen, im Tandem sozusagen zwischen Wirtschaftssekretariat und APSA.“

RV: Das bedeutet, dass die vatikanische Güterverwaltung APSA jetzt mit dem neuen Motu Proprio wieder mehr Zuständigkeiten erhält als in den letzten zwei Jahren, zu Lasten des Wirtschaftssekretariates?

„Ja, das sieht so aus. Die APSA geht zurück zu ihrem Zustand vor zwei Jahren, bleibt natürlich weiterhin besonders kontrolliert und unter Aufsicht des Wirtschaftssekretariats, aber das Wirtschaftssekretariat insgesamt wird eigentlich in seinen Kompetenzen, was die Verfügung über tatsächliche Vermögenswerte und das Management angeht, etwas zurückgestutzt.“

RV: Was sind die beweglichen und unbeweglichen Güter des Heiligen Stuhles, also Geld und Immobilien – von welchen Vermögenswerten sprechen wir, und wie sind sie aufgeteilt?

Da gibt es keine öffentlichen Zahlen, nur Schätzungen. Man muss unterscheiden zwischen dem, was die APSA zukünftig wieder verwaltet, das ist zum einen das Stiftungskapital aus den Lateranverträgen (von 1929) und das, was daraus geworden ist an Anlagevermögen. Davon muss man unterscheiden zum Beispiel laufende Mittel, das Vermögen des Vatikanstaates mit den Museen und den Immobilien in Rom etc.. Konservative Quellen sagen, dass die APSA gegenwärtig ein Gesamtvermögen von einer Milliarde Euro verwaltet, ungefähr 50 zu 50 aufgeteilt in Wertpapieren und Immobilien. Wobei sich da das Problem ergibt, dass die Immobilienbewertung bei solchen Bilanzen immer sehr schwierig ist, und man davon ausgehen kann, dass der Marktwert von diesen Immobilien wesentlich höher ist, also es gibt auch andere Schätzungen, die gehen bis zu zehn Milliarden Vermögenswerten, die die APSA verwaltet.

RV: Davon abtrennen muss man alles, was vom Vatikanstaat, also dem Governatorat verwaltet wird.

„Richtig. Der Vatikanstaat mit den Museen hat schwer schätzbare Vermögenswerte, die man marktwertmäßig nicht wirklich beziffern kann. Dazu kommt noch, dass verschiedene Kongregationen auch noch zum Beispiel Immobilienbesitz haben wie etwa die Propaganda Fide (die Missionskongregation), und es gibt noch ein paar größere Töpfe an laufenden Mitteln, über die der Papst auch verfügen kann, die aber weder in den Bilanzen des Heiligen Stuhles, also der Kurie, aufscheinen, noch im Vatikanstaat. Das sind die Töpfe für die karitativen und pastoralen Aktivitäten des Papstes. Insgesamt gibt es die Schätzung, dass er über 900 Millionen Euro an laufenden Mitteln im Jahr verfügen kann. Dazu kommt das Vermögen, das schwerpunktmäßig bei der APSA, im Vatikanstaat und in einigen Kongregationen liegt.

RV: Wenn man das allmähliche Voranschreiten dieser vatikanischen Wirtschaftsreformen betrachtet, scheint sie nach dem Prinzip zu funktionieren: Versuch, Irrtum, neues Motu Proprio. Täuscht das?

„Natürlich kann man sagen, es ist ein so komplexes System an Organismen, die alle noch nicht ganz klar voneinander abgegrenzt sind oder noch keine klare Hierarchie haben, deswegen glaube ich, dass der Papst da einen pragmatischen Weg wählt und schaut, was funktioniert denn von dem, was ich mir oder meine Berater sich ausgedacht haben – und wenn es nicht funktioniert, kann man es ja wieder ändern.“ (rv)

Papst verfügt klare Trennung zwischen Güterverwaltung und Aufsicht

Papst FranziskusEin weiterer Schritt der Kurienreform: In einem neuen Erlass regelt Papst Franziskus die Zuständigkeiten für wirtschaftliche und finanzielle Belange am Heiligen Stuhl genauer. Der vatikanische Pressesaal veröffentlichte das am 4. Juli unterzeichnete Motu Proprio an diesem Samstag. Ziel ist die strikte Trennung zwischen der Verwaltung der Güter einerseits und der Kontrolle und Aufsicht über diese Verwaltung andererseits, heißt es in einer begleitenden Erklärung. Damit sind besonders die 1967 gegründete vatikanische Güterverwaltung APSA und das neue Wirtschaftssekretariat bezeichnet. Franziskus hatte diese Überwachungsbehörde 2014 ins Leben gerufen, zeitgleich mit dem Wirtschaftsrat und dem Amt des Generalrevisors. Die vorläufigen Statuten aller drei Organismen wurden im Februar 2015 gebilligt. Die Erfahrungen der Zwischenzeit hätten das neue „Motu Proprio über die Zuständigkeiten in wirtschaftlich-finanziellen Belangen“ nötig gemacht, steht in dem Erlass.

Das Wirtschaftssekretariat mit seinen beiden Abteilungen ist für die Kontrolle und Aufsicht der APSA zuständig, heißt es eingangs. Das bedeutet unter anderem, es erlässt Vollstreckungsdekrete, erstellt die Jahresbilanzen und Budgets der APSA, gibt der Güterverwaltung Empfehlungen und schreibt Korrekturmaßnahmen vor, wenn dem Vermögen Schaden droht. Bei Bedarf kann das Wirtschaftssekretariat den Generalrevisor ins Feld schicken. Außerdem erstellt es Richtlinien zur Durchführung von Vergabeverfahren für Bauprojekte und Ähnliches und verwaltet die wirtschaftlichen Aspekte des am Vatikan beschäftigten Personals, außer die materielle Auszahlung der Gehälter. Diese liegt weiterhin bei der APSA, während das Wirtschaftssekretariat die Höhe der Gehälter errechnet.

Die Güterverwaltung APSA ist weiterhin für die beweglichen und unbeweglichen Güter des Heiligen Stuhles zuständig, also für Gelder und Immobilien. Sie erwirbt Güter und Dienstleistungen externer Lieferanten für sich selbst und die Behörden des Heiligen Stuhles, bezahlt sie und legt die Originalrechnungen in einer nach Behörden getrennten Buchhaltung vor. Die Bilanz der APSA muss von jener der einzelnen Behörden getrennt werden, alle Bilanzen jedoch müssen den Richtlinien des Wirtschaftssekretariats gehorchen. Neu ist, dass die APSA wieder die Lieferung administrativer und technischer Dienste für den Betrieb der Kurienbehörden übernimmt. Franziskus streicht daher den betreffenden Absatz 17 aus den vorläufigen Statuten des Wirtschaftssekretariates, der diese Tätigkeit dem Sekretariat zugeschlagen hatte.

Die zeitlichen Güter der Kirche haben bestimmte Ziele, schreibt der Papst im ersten Satz des neuen Motu Proprio: Sie sind dazu bestimmt, die Verehrung Gottes zu fördern, die „ehrliche Unterstützung des Klerus“, das Apostolat und die Werke der Nächstenliebe, „besonders im Dienst an den Armen“. Die Verwaltung von kirchlichem Vermögen müsse diesen Zielen immer untergeordnet sein. (rv)

Ringen um die Kurienreform: Der Machtkampf im Vatikan

cna_Erzbischof_BecciuVATIKAN – Die Aussetzung einer Prüfung der Finanzen des Vatikans durch eine internationale Auditing-Firma hat ein Schlaglicht auf eine lebhafte Auseinandersetzung im Vatikan geworfen, die vorrangig zwischen dem Staatssekretariat und dem neu geschaffenen Wirtschaftssekretariat ausgetragen wird.

Die Auseinandersetzung ist eine Folge der Bemühungen von Papst Franziskus, eine Kurienreform einzuleiten.

Aussetzung der Wirtschaftsprüfung

Am 5. Dezember war PricewaterhouseCoopers (PwC) damit beauftragt worden, die Bücher der 120 Finanzabteilungen des Vatikans zu prüfen auf deren Einhaltung internationaler Buchhaltungsstandards. Auftraggeber war das Sekretariat für Wirtschaft.

Am 12. April wurde der Auditing-Prozeß der Prüfer unterbrochen; veranlasst durch: Kardinal Pietro Parolin, der Leiter des Staatsekretariates, und seinen Stellvertreter, Erzbischof Giovanni Angelo Becciu. Wie es heißt, erhoben beide den Vorwurf, dass der Ablauf des Auditings sich nicht an Vorgaben gehalten habe.

Das Presse-Amt des Heiligen Stuhls veröffentlichte keine Mitteilung dazu; auch die Absage des Staatsekretariates wurde weder bestritten noch bestätigt.

Ein Sprecher des Wirtschaftssekretariates jedoch teilte mit, dass deren Leiter, Kardinal George Pell, „ein wenig überrascht über den Brief des Erzbischofs ist, aber davon ausgeht, dass nach einem Gespräch und Klärung einzelner Fragen die Arbeit von PwC in Kürze weitergeht.“

Der Sprecher des Kardinals betonte auch, dass die „Arbeit des internationalen Wirtschaftsprüfers, die alle Bereiche abdeckt, nicht unterbrochen wurde.“

Am gleichen Tag sagte Erzbischof Becciu in einem Fernsehinterview, dass der PwC Vertrag „ausgesetzt, nicht aufgehoben“ worden sei und zudem der Vertrag nicht von den eigentlich dafür Zuständigen unterschrieben worden sei. Das seien, so Erzbischof Becciu, der Kardinalsrat, „K9“.

Doch dieser Rat hat nur eine beratende Funktion und keinerlei Entscheidungsbefugnisse: Er berät Franziskus in der Kurienreform, kann aber gar keine Verträge unterschreiben.

Am 22. April teilte das Wirtschaftssekretariat dann mit, dass klar stellte, dass der „PwC Vertrag mit dem Wirtschaftsrat ist, dass, wie seine Statuten klarstellen, für die Berufung externer Auditoren zuständig ist.“

Das Wirtschaftssekretariat betonte auch, dass „nicht das Staatssekretariat, und sicherlich auch nicht der K9, der ein Beratungsorgan für den Heiligen Vater ist, ohne formale Rolle in der Regierung des Heiligen Stuhls“. Zudem sei der PwC-Vertrag vom Vorsitzenden des Audit-Komittees zusammen mit dem Präfekten des Wirtschaftsekretariates unterschrieben worden, nachdem der Wirtschaftsrat einstimmig beschlossen habe, PwC zu beauftragen.

Diese Auseinandersetzung ist Ausdruck einer weiter gehenden Frage, die in der Kurie diskutiert wird: Der Zuständigkeiten der neuen Dikasterien.

Auf der einen Seite bemüht sich das Staatssekretariat, seine zentrale Rolle zu behaupten. Dieser Status des Platzhirsches innerhalb der Kurie wurde durch die Gründung des Wirtschaftssekretariates bedroht. Seit 2014 hat dies die Finanz-Aufsicht über alle Einrichtungen der Vatikanstadt und des Heiligen Stuhls.

Doch unter Papst Franziskus hat das Staatssekretariat Schritt für Schritt wieder an Wichtigkeit gewonnen.

In einem Brief an dessen Leiter, Kardinal Parolin, datiert auf den 14. Oktober 2015, betont Papst Franziskus, dass der „Status Quo“ der Einrichtungen der Kurie zu respektieren sei bis die Reformen abgeschlossen seien — was bedeutet, dass das Staatssekretariat also weiterhin die zentrale Einrichtung in der Kurie ist.

Culture Clash im Vatikan?

Nicht nur das wiedererstarkte Staatssekretariat hat das neue Wirtschaftssekretariat in der Ausübung seines Reformprogrammes zu behindern versucht; auch aus anderen Bereichen der Kurie, die eine Prüfung nach internationalen Standards und damit einhergehende Reformen ablehnen, kommt Widerstand.

Doch Versuche, dies einfach als einen Konflikt zwischen einer typisch italienischen Bürokratie auf der einen Seite und einem transparenten, typisch angelsächsischen Stil – vetreten durch den australischen Kardinal Pell — auf der anderen Seite zu beschreiben, ist zu kurz gegriffen.

Der Weg zu mehr Transparenz und Verantwortlichkeit in den Finanzen des Vatikans wurde schon immer blockiert, nicht erst seit der Ankunft des unerschrockenen Australiers. Auch Papst Johannes Paul II. und Benedikt XVI. machten diese Erfahrung. Kardinal Pell ist nun nur das aktuelle Ziel des Widerstandes geworden.

Wer wehrt sich gegen diese Reform? Diese Frage wird immer wieder in den vatikanischen Finanzbehörden gestellt. Einer Quelle zufolge kommt „diese Art des Widerstandes aus dem Mittelbau, während die Spitze den Widerstand ausnutzt, um seine eigenen Positionen zu stärken“.

Tatsächlich spielen vor diesem Hintergrund nun zwei Dinge eine neue Rolle: Einmal die Schaffung eines Wirtschaftssekretariates, das vom Rang her dem Staatssekretariat also ebenbürtig ist. Zweitens aber tatsächlich die Person des entscheidungsfreudigen Kardinals Pell. Dessen Umsetzung klarer Entscheidungen wird nun durch Verfahrensausreden verlangsamt.

Die ganze Auseinandersetzung ist der erste Aufsehen erregende Rückschritt der Kurienreform des Papstes. Wenn sie nicht gelöst wird, könnte es zu weiteren Rückschritten kommen. (CNA Deutsch)

Fachmann: „Kompetenzen des Wirtschaftssekretariates noch zu klären“

Vatikan WappenDie Aufgaben des neuen vatikanischen Wirtschaftssekretariates sind nach Einschätzung eines deutschen Finanzexperten noch nicht ganz klar. Papst Franziskus hatte die neue Verwaltungseinheit vergangene Woche ins Leben gerufen. Ist sie eine Art Finanzministerium, eine Zentralbank, ein Rechnungshof? Die beiden diesbezüglichen Vatikan-Verlautbarungen widersprechen einander bezüglich der Aufgaben, sagte im Gespräch mit uns der in Aachen lehrende Politologe und Fachmann für Finanzverwaltung Ralph Rotte.

„Eigentlich würde man von der Konzeption her erwarten, dass es ein Finanzministerium ist. Wenn Sie sich die Presseerklärung ansehen, mit der das Motu proprio angekündigt wurde, dann sieht man, dass da die Kompetenz für die Haushaltslegung drin sein sollte, es sollte Bilanzierung drin sein, die Kompetenz für Personalwesen und Beschaffung, also klassische finanzministerielle Aufgaben. Wenn Sie sich dann aber das Motu proprio ansehen, sieht man, dass es doch eher so eine Art Rechnungshof ist, weil das Wirtschaftssekretariat – auch das Sekretariat – mehr oder weniger nur Überwachungsfunktion haben und keine direkte Kompetenz. Es steht drin, dass alle bestehenden Einrichtungen in ihren Kompetenzen respektiert werden. Das heißt, Durchgriffsmöglichkeiten im Sinn eines echten Finanzministeriums gibt es nicht. So wie es im Augenblick aussieht, ist es eine Institution mehr, die vielleicht nicht unbedingt dazu beiträgt, das päpstliche Finanzwesen stromlinienförmiger zu organisieren.“

Um zu verstehen, wie weitreichend die Kompetenzen des neuen vatikanischen Organs wirklich sind, muss nach Ralph Rotte das Statut abgewartet werden. Doch selbst wenn das neue Wirtschaftssekretariat die weitreichenden Befugnisse eines Finanzministeriums erhalten sollte, ist nach Einschätzung des Fachmanns die Strukturreform für finanzielle Angelegenheiten des Heiligen Stuhles und des Vatikans noch nicht abgeschlossen.

„Wenn man den zentralen Schritt geht und sagt, wir machen mit diesem Wirtschaftsrat und dem Wirtschaftssekretariat eine Art Finanzministerium auf, stellt sich immer noch die Frage, was mit den Dutzenden anderen [vatikanischen] Institutionen geschehen soll, die mit Geld, Vermögen und Finanzen zu tun haben. Wir haben dann immer noch den Päpstlichen Rat für die Wirtschaftsfragen, wir haben die Präfektur für Wirtschaftliche Angelegenheit, die päpstlichen Kommissionen für die allgemeinen Organisationsfragen, wir haben die – aus Vermögenssicht relativ wichtigen – Kongregationen bzw. die Güterverwaltung APSA, wir haben immer noch das IOR, die Finanzaufsicht durch das AIF, wir haben – neu – einen Rechnungsprüfer, dann haben wir noch alle Institutionen des Vatikanstaates dazu, das heißt also, es ist alles sehr unübersichtlich und man würde sich wünschen, dass aus diesem Wirtschafsrat ein echtes Finanzministerium wird, was gleichzeitig bedeuten würde, dass einige andere dieser Institutionen entweder abgeschafft werden – wer braucht dann noch die Präfektur für wirtschaftliche Angelegenheiten – oder letztlich ihr Vermögen, ihre Kompetenzen an dieses Wirtschaftsministerium angegliedert werden. Aber das bedeutet einen großen Schritt, weil man sich in einer so alten etablierten Struktur schwer tut, Institutionen, Organisationsteile abzuschaffen.“

Andererseits hat Papst Franziskus im ersten Jahr seines Pontifikates gerade mit Blick auf die Finanzarchitekturen im Vatikan einiges in die Wege geleitet. Ein Reformwille ist klar erkennbar. Halten Sie es für denkbar, dass Franziskus Tabula Rasa macht und ganz klare und schlanke Strukturen schafft?

„Einerseits gibt es sich der große Fortschritte und Zeichen, dass man die Probleme erkannt hat und sie beseitigen will. Es gibt ja auch große Fortschritte in Bezug auf die Transparenz. Man hat immer das generelle Problem, dass es beim Heiligen Stuhl an Personal mangelt, sowohl quantitativ, in diesem Bereich wohl auch qualitativ. Man hat immer das Problem, dass bestehende Strukturen reformresistent sind, das ist das allgemeine Erscheinungsbild einer Hierarchie, einer Bürokratie. Deshalb ist es wohl relativ schwierig. Ich glaube schon, dass Papst Franziskus das Problem erkannt hat und effizientere Strukturen einführen könnte.“ (rv)