Schreiben bestätigt: Vatikan wurde im Jahr 2000 über McCarrick informiert

VATIKANSTADT – Der amerikanische „Catholic News Service“ (CNS) hat das Schreiben eines hochrangigen Beamten des Staatssekretariats aus dem Jahr 2006 veröffentlicht, das belegt, dass der Vatikan im Jahr 2000 über die Anschuldigungen gegen den damaligen Kardinal Theodore McCarrick informiert wurde.

Der vom CNS veröffentlichte Brief ist auf den 11. Oktober 2006 datiert und stammt aus der Hand des damaligen Erzbischofs Leonardo Sandri in seiner Funktion als Stellvertreter des Staatssekretariats. Er ist adressiert an Pater Boniface Ramsey, der von 1986 bis 1996 an einem Priesterseminar in New Jersey lehrte.

Sandri bezieht sich in dem Brief – der in Passagen vor Veröffentlichung durch Pater Ramsey und die Redaktion von CNS geschwärzt wurde – auf, so wörtlich, „die ernsten Angelegenheiten, die einige der Studenten des Immaculate Conception Seminary betreffen, die Sie im November 2000 dem damaligen Apostolischen Nuntius in den Vereinigten Staaten, dem verstorbenen Erzbischof Gabriel Montalvo, vertraulich zur Kenntnis gebracht haben“.

Pater Ramsey hat erklärt, dass er angesichts der Ernennung McCarricks zum Erzbischof von Washington im Jahr 2000 den Nuntius Montalvo kontaktiert habe, um diesen über die Vorwürfe schweren Fehlverhaltens McCarricks gegenüber Seminaristen zu infomieren.

Seinen eigenen Studenten am Seminar hatten ihn darüber informiert, so Ramsey.

Auf Bitten des Nuntius habe er seine Bedenken schriftlich dargelegt. Gegenüber CNS sagte Pater Ramsey, er habe sich in seinem Schreiben „über McCarricks Beziehungen zu Seminaristen beschwert, und darüber, dass er mit Seminaristen schläft.“

„Mein Brief vom 22. November 2000 befasste sich mit McCarrick und erhob keinerlei Vorwürfe gegen Seminaristen; er erhob Vorwürfe gegen McCarrick“, so Ramsey.

CNS berichtete, dass Pater Ramsey zwar offiziell keine Antwort auf sein Schreiben vom 22. November 2000 erhalten habe. „Er war überzeugt, dass das Schreiben eingegangen ist, weil er von dem damaligen Erzbischof Sandri im Jahr 2006 eine schriftliche Bestätigung der im Jahr 2000 getätigten Aussagen erhielt“.

Der Hauptgrund für Sandris Brief im Jahr 2006 war die Bitte um Auskunft über einen Priester der Erzdiözese Newark, der am Immaculate Conception Seminary an der Universität Seton Hall studiert hatte: Der Priester wurde für einen Posten im Vatikan in Betracht gezogen.

Sandri selber ist heute Präfekt der Kongregation für die Ostkirchen und Kardinal der Kurie.

Die Darstellung von Pater Ramsey stimmt mit den Angaben von Erzbischof Carlo Maria Viganò überein, der von 2011 bis 2016 apostolischer Nuntius in den USA war.

Erzbischof Viganò hatte geschrieben, dass Montalvo (und sein Nachfolger, Erzbischof Pietro Sambi) „es nicht versäumt haben, den Heiligen Stuhl sofort zu informieren, sobald sie von Erzbischof McCarricks schwerwiegendem unmoralischem Verhalten gegenüber Seminaristen und Priestern erfahren haben. Tatsächlich wurde nach dem, was Nuntius Pietro Sambi schrieb, Ramseys Brief vom 22. November 2000 auf Wunsch des verstorbenen Nuntius Montalvo geschrieben.

In dem Brief bekräftigt der Dominikanerpater Ramsey, der von den späten 1980er Jahren bis 1996 Professor am Diözesanseminar in Newark war, dass es im Seminar immer wieder das Gerücht gab, dass der Erzbischof „sein Bett mit Seminaristen geteilt“ habe, und fünf auf einmal einlade, um das Wochenende mit ihm in seinem Strandhaus zu verbringen.

Ramsey weiter: Er habe eine gewisse Zahl von Seminaristen gekannt, von denen einige später zu Priestern der Erzdiözese Newark geweiht wurden, die in dieses Strandhaus eingeladen worden seien und ein Bett mit dem Erzbischof geteilt hätten.

Viganò sagte in seiner Aussage auch, dass er am 6. Dezember 2006 ein Memorandum geschrieben und Sandri übermittelt habe, in dem Anschuldigungen sexuellen Missbrauchs gegen McCarrick durch Gregory Littleton, einen laisierten Priester, detailliert beschrieben wurden. Der ehemalige Nuntius sagte, er habe in diesem Schreiben vorgeschlagen, an McCarrick „ein Exempel zu statuieren“, das eine „medizinische Funktion“ haben könnte, um zukünftigen Missbrauch zu verhindern und eine „sehr ernsthafte Skandalisierung der Gläubigen“ zu minimieren.

Übersetzt aus dem englischen Original. Der Brief in einer Twitter-Meldung des CNS.

(CNA Deutsch)

Vatikan: Staatssekretariat will kath. Website „InfoVaticana“ streichen lassen

Die spanische Website „InfoVaticana“ ist seit Mai 2013 online. Sie bezeichnet sich selbst als freies und unabhängiges Nachrichtenportal, das der katholischen Kirche und der Gesellschaft dient, mit Sitz in Madrid.

InfoVaticana hat in der Vergangenheit beispielsweise über homosexuellen Einfluss im Vatikan, das umstrittene Dokument „Amoris laetitia“ von Papst Franziskus, den skandalösen Umgang des Vatikans mit dem Malteserorden und vielen anderem Anliegen der Katholiken in der Welt berichtet.

Seit letztem Jahr ist das Nachrichtenportal in die Schusslinie des Staatssekretariats des Heiligen Stuhls geraten. Im August 2017 erhielt InfoVaticana einen Brief der zweitgrößten Anwaltskanzlei der Welt, Baker & McKenzie, mit der Aufforderung ihren Domännamen dem Staatssekretariat zu transferieren. Also seine Internetadresse „www.infovaticana.com“ aufzugeben. Ferner wurde die Forderung aufgestellt:

„Einzig der Vatikan hätte das Eigentumsrecht an dem physikalischen Zentrum der katholischen Kirche und „InfoVaticana“ habe sieben Tage Zeit dieser Forderung nachzukommen, ansonsten führe dies zu einer kostspieligen Klage gegen das Nachrichtenportal“.

Das Vorgehen des Vatikans gegen das Nachrichtenportal ging weltweit bereits durch die Presse. So titelte beispielsweise die italienische Tageszeitung „Il Giornale“ am 10. März:

„Der Papst klagt gegen Internetseite, die ihn kritisiert“.

Oder das Internetportal „OnePeterFive“:

„Vatikan stellt eine hochanspruchsvolle Anwaltskanzlei an, um eine unabhängige katholische Website zu streichen“.

Doch, was steckt hinter dem Vorgehen von Kardinalstaatssekretär Parolin? Geht es wirklich nur um den Domännamen oder will man gegen ein unliebsames kritisches Onlineportal vorgehen? Erst im Februar forderte der Papstmitstreiter Pater Antonio Spadaro S.J. und Chefredakteur der römischen Jesuitenzeitung „La Civiltà Cattolica“ eine Kirchenstrafe gegen den katholischen Fernsehsender EWTN zu verhängen, bis sich dieser von seinem Reporter Raymond Arroyo trennt.

OnePeterFive berichtete gestern über weitere Details um InfoVaticana und das Vorgehen des Vatikans:

„Anfang 2017 hat InfoVaticana eine Markenanmeldung für seinen Namen neben dem Emblem des Vatikanstaates eingereicht.

Es dauerte nicht lange, bis InfoVaticana feststellte, dass es kein nationales Emblem kennzeichnen konnte, und so zog es am 27. März 2017 seine Markenanmeldung zurück und entschied sich dafür, seinen Namen zusammen mit einem Paar gekreuzter Schlüssel zu schützen.

Das Problem begann zwei Monate später, als InfoVaticana am 15. Mai einen Brief von Baker & McKenzie im Auftrag des Staatssekretärs des Vatikans, Kardinal Pietro Parolin, erhielt. Der Brief argumentierte, dass die gekreuzten Schlüssel „das symbolische Emblem des Christus, die Schlüssel zu Petrus darstellen“ und ein integraler Bestandteil des Emblems sind, und wenn er mit dem Namen „InfoVaticana“ kombiniert wird, könne in der Öffentlichkeit der irreführende Eindruck entstehen, dass die Website offiziell vom Heiligen Stuhl verlinkt oder direkt verwaltet wird. Als solches fordert das Schreiben, dass InfoVaticana seinen Markenantrag zurückzieht und die Verwendung des Emblems des Vatikanischen Staates und des kombinierten Bildes von InfoVaticana mit den gekreuzten Schlüsseln einstellt.

Als Reaktion auf diesen Brief hat InfoVaticana die Hilfe einer Rechtsabteilung in Anspruch genommen, die Baker & McKenzie einen Kompromiss vorgeschlagen hat, dass InfoVaticana nicht mehr die gekreuzten Schlüssel in seinem Logo verwendet, sowie jedes andere Bild, das den offiziellen Emblemen des Heiliger Stuhl entspricht. Der Vorschlag war kein Zugeständnis irgendeines Fehlverhaltens, sondern ein Akt guten Willens, um Verwirrung zu vermeiden oder den Eindruck zu erwecken, dass InfoVaticana irgendwie in den Vatikanstaat involviert sei.

Baker & McKenzies Antwort war eine entschiedene Weigerung zu verhandeln und man wiederholte die Forderung, dass der Domänenname an das Staatssekretariat übertragen werden müsse“

Die Argumentation von Baker & McKenzie wird in einigen Medien schlicht als „lächerlich“ bezeichnet. Wäre die Forderung von Baker & McKenzie rechtens, so müssten weltweit Tausende von Domäns geändert werden. Nicht nur Adressen, die das Wort Vaticana beinhalten, sondern auch Domäns die Staatsnamen oder Städtenamen enthalten.

OnePeterFive hat intensiver recherchiert und verweist auf eine besondere Klientel der Anwaltskanzlei Baker & McKenzie. Die Kanzlei ist bekannt für die Förderung der Homosexualität und vertrat sogar den Abtreibungsgiganten Planned Parenthood.

„Im August letzten Jahres arbeitete Baker & McKenzies Büro in Belfast, Irland, mit der homosexuellen Gruppe „Cara-Friend“ zusammen, um ihr „LGBTQ + Awareness Teacher Training Programm“ zu finanzieren. James Richards, der Exekutive Direktor von Baker & McKenzies Büro in Belfast sagte:

„Wir glauben, dass niemand beruflich, finanziell oder gesellschaftlich benachteiligt werden sollte. Hier in Belfast haben wir vor über einem Jahr unser LGBT-Netzwerk aufgebaut und wir freuen uns, Cara-Friend’s Awareness Teacher-Programm zu sponsern, um unsere zukünftigen Leiter zu unterstützen, alle lesbischen, schwulen, bisexuellen und transgender Menschen in Nord zu respektieren und zu unterstützen Irland“.

Es erscheint eher unwahrscheinlich, dass dem Staatssekretariat des Vatikans die Firmenphilosophie von Baker & McKenzies entgangen sein könnte. Viel wichtiger ist offenbar, dass die Anwaltskanzlei weltweit unter den Top 10 angesiedelt ist. InfoVaticana hat seit einiger Zeit das Symbol mit den gekreuzten Schlüsseln aus dem Logo entfernt. Finanziell ist das Staatssekretariat gegenüber InfoVaticana ein „Goliat“, andererseits kann man nur hoffen, dass InfoVaticana hier als „David“ siegen wird. Bergoglianer sprechen seit einigen Monaten von einem „Paradigmenwechsel“ unter dem Pontifikat von Papst Franziskus. Bleibt nur zu hoffen, dass der Fall InfoVaticana nicht auch noch einen „Paradigmenwechsel“ in der Vorgehensweise des Vatikans gegenüber Kritikern manifestiert. Papst und Vatikan wären besser beraten, sich der zunehmenden Kritik zu stellen und einen offenen Dialog zu führen, als eine Anwaltskanzlei zu beauftragen. (vh)

Kurienreform: Papst Franziskus schafft neue Sektion im Staatssekretariat

VATIKANSTADT – Papst Franziskus hat eine dritte Sektion oder Abteilung des Staatssekretariats des Heiligen Stuhls eingerichtet, die den Berichten zufolge am 9. November ihre Arbeit aufgenommen hat. Die neue Sektion wird „Sektion für den diplomatischen Stab“ genannt und kümmert sich um das weltweit stationierte diplomatische Korps des Heiligen Stuhls.

Erzbischof Jan Romeo Pawlowski wurde zum Leiter der dritten Sektion ernannt. Der frühere Apostolische Nuntius in Gabun wurde 2015 Leiter des Amtes für Päpstliche Vertretungen, eine Art „Personalbüro“ im Staatssekretariat.

Dieses Amt wurde nun neben den beiden Abteilungen, die bereits das Staatssekretariat des Vatikans bilden, in eine dritte unabhängige Abteilung umgewandelt.

Die erste Sektion des Staatssekretariats beaufsichtigt die allgemeinen Angelegenheiten der römischen Kurie und wird vom „Stellvertreter“ des Sekretariats geleitet, derzeit Erzbischof Giovanni Angelo Becciu.

Die zweite Abteilung, die „Sektion für die Beziehungen zu den Staaten“, ist mit der diplomatischen Tätigkeit des Heiligen Stuhls betraut. An der Spitze des Amtes steht der Sekretär für die Beziehungen zu den Staaten, der oft als der „Außenminister“ des Vatikans bezeichnet wird. Der britische Erzbischof Paul Richard Gallagher ist dafür zuständig.

Der Papst errichtete den dritten Abschnitt durch einen Brief, der im Oktober an Kardinal Pietro Parolin, Staatssekretär im Vatikan, geschickt und an die Apostolischen Nuntiaturen, die Botschaften des Heiligen Stuhls, in der ganzen Welt verteilt wurde.

In seinem Brief schrieb der Papst, dass er große Fürsorge für diejenigen empfinde, die Roms Hirtenamt unterstützen, sowohl „diejenigen, die im Heiligen Stuhl arbeiten, als auch im vatikanischen Stadtstaat, und am Apostolischen Stuhl“ und seine verwandten Institutionen.

Der Papst erinnerte an seine Ansprache an die römische Kurie zu Weihnachten 2013 und sagte, dass er „von Anfang an“ die Kriterien der „Professionalität, des Dienens und der Heiligkeit im Lebenswandel“ als Merkmale eines guten Mitarbeiters im Vatikan dargelegt habe.

Papst Franziskus betonte auch, dass er „lebhafte Wertschätzung“ für die Arbeit „päpstlicher Vertreter“ ausdrücke, ein „wichtiges Werk, das besonderen Schwierigkeiten ausgesetzt ist“.

Er erklärte dann, dass seine Entscheidung durch die Notwendigkeit motiviert war, „mehr menschliche, priesterliche, spirituelle und professionelle Begleitung“ denjenigen zukommen zu lassen, die „im diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls“ sind, ob sie Leiter der Mission oder junge Priester in Ausbildung für den diplomatischen Dienst seien.

In dem Brief heißt es: „Das Amt des Delegierten für die Päpstliche Vertretung wird zu einer Dritten Abteilung mit dem Namen der Abteilung für den Diplomatischen Stab des Heiligen Stuhls gestärkt“; das Büro „wird vom Außenminister abhängen“, wird „eine angemessene Anzahl von Beamten“ erhalten und „die Aufmerksamkeit des Papstes auf das diplomatische Personal unter Beweis stellen“.

Der Brief des Papstes besagt auch, dass der Delegierte „regelmäßig päpstliche Repräsentanten besuchen kann“ und die „permanente Auswahl“ des Personals sowie die Laufbahnen des diplomatischen Personals beaufsichtigen wird.

Laut einer Quelle aus dem Staatssekretariat ist diese Reform nur ein Schritt hin zu einer allgemeinen Umstrukturierung des Staatssekretariats.

Der Rat der Kardinäle hat mehrmals die Bedeutung der Klärung und Unterstützung der Rolle der Nuntien und des diplomatischen Personals diskutiert. (CNA Deutsch)

Ringen um die Kurienreform: Der Machtkampf im Vatikan

cna_Erzbischof_BecciuVATIKAN – Die Aussetzung einer Prüfung der Finanzen des Vatikans durch eine internationale Auditing-Firma hat ein Schlaglicht auf eine lebhafte Auseinandersetzung im Vatikan geworfen, die vorrangig zwischen dem Staatssekretariat und dem neu geschaffenen Wirtschaftssekretariat ausgetragen wird.

Die Auseinandersetzung ist eine Folge der Bemühungen von Papst Franziskus, eine Kurienreform einzuleiten.

Aussetzung der Wirtschaftsprüfung

Am 5. Dezember war PricewaterhouseCoopers (PwC) damit beauftragt worden, die Bücher der 120 Finanzabteilungen des Vatikans zu prüfen auf deren Einhaltung internationaler Buchhaltungsstandards. Auftraggeber war das Sekretariat für Wirtschaft.

Am 12. April wurde der Auditing-Prozeß der Prüfer unterbrochen; veranlasst durch: Kardinal Pietro Parolin, der Leiter des Staatsekretariates, und seinen Stellvertreter, Erzbischof Giovanni Angelo Becciu. Wie es heißt, erhoben beide den Vorwurf, dass der Ablauf des Auditings sich nicht an Vorgaben gehalten habe.

Das Presse-Amt des Heiligen Stuhls veröffentlichte keine Mitteilung dazu; auch die Absage des Staatsekretariates wurde weder bestritten noch bestätigt.

Ein Sprecher des Wirtschaftssekretariates jedoch teilte mit, dass deren Leiter, Kardinal George Pell, „ein wenig überrascht über den Brief des Erzbischofs ist, aber davon ausgeht, dass nach einem Gespräch und Klärung einzelner Fragen die Arbeit von PwC in Kürze weitergeht.“

Der Sprecher des Kardinals betonte auch, dass die „Arbeit des internationalen Wirtschaftsprüfers, die alle Bereiche abdeckt, nicht unterbrochen wurde.“

Am gleichen Tag sagte Erzbischof Becciu in einem Fernsehinterview, dass der PwC Vertrag „ausgesetzt, nicht aufgehoben“ worden sei und zudem der Vertrag nicht von den eigentlich dafür Zuständigen unterschrieben worden sei. Das seien, so Erzbischof Becciu, der Kardinalsrat, „K9“.

Doch dieser Rat hat nur eine beratende Funktion und keinerlei Entscheidungsbefugnisse: Er berät Franziskus in der Kurienreform, kann aber gar keine Verträge unterschreiben.

Am 22. April teilte das Wirtschaftssekretariat dann mit, dass klar stellte, dass der „PwC Vertrag mit dem Wirtschaftsrat ist, dass, wie seine Statuten klarstellen, für die Berufung externer Auditoren zuständig ist.“

Das Wirtschaftssekretariat betonte auch, dass „nicht das Staatssekretariat, und sicherlich auch nicht der K9, der ein Beratungsorgan für den Heiligen Vater ist, ohne formale Rolle in der Regierung des Heiligen Stuhls“. Zudem sei der PwC-Vertrag vom Vorsitzenden des Audit-Komittees zusammen mit dem Präfekten des Wirtschaftsekretariates unterschrieben worden, nachdem der Wirtschaftsrat einstimmig beschlossen habe, PwC zu beauftragen.

Diese Auseinandersetzung ist Ausdruck einer weiter gehenden Frage, die in der Kurie diskutiert wird: Der Zuständigkeiten der neuen Dikasterien.

Auf der einen Seite bemüht sich das Staatssekretariat, seine zentrale Rolle zu behaupten. Dieser Status des Platzhirsches innerhalb der Kurie wurde durch die Gründung des Wirtschaftssekretariates bedroht. Seit 2014 hat dies die Finanz-Aufsicht über alle Einrichtungen der Vatikanstadt und des Heiligen Stuhls.

Doch unter Papst Franziskus hat das Staatssekretariat Schritt für Schritt wieder an Wichtigkeit gewonnen.

In einem Brief an dessen Leiter, Kardinal Parolin, datiert auf den 14. Oktober 2015, betont Papst Franziskus, dass der „Status Quo“ der Einrichtungen der Kurie zu respektieren sei bis die Reformen abgeschlossen seien — was bedeutet, dass das Staatssekretariat also weiterhin die zentrale Einrichtung in der Kurie ist.

Culture Clash im Vatikan?

Nicht nur das wiedererstarkte Staatssekretariat hat das neue Wirtschaftssekretariat in der Ausübung seines Reformprogrammes zu behindern versucht; auch aus anderen Bereichen der Kurie, die eine Prüfung nach internationalen Standards und damit einhergehende Reformen ablehnen, kommt Widerstand.

Doch Versuche, dies einfach als einen Konflikt zwischen einer typisch italienischen Bürokratie auf der einen Seite und einem transparenten, typisch angelsächsischen Stil – vetreten durch den australischen Kardinal Pell — auf der anderen Seite zu beschreiben, ist zu kurz gegriffen.

Der Weg zu mehr Transparenz und Verantwortlichkeit in den Finanzen des Vatikans wurde schon immer blockiert, nicht erst seit der Ankunft des unerschrockenen Australiers. Auch Papst Johannes Paul II. und Benedikt XVI. machten diese Erfahrung. Kardinal Pell ist nun nur das aktuelle Ziel des Widerstandes geworden.

Wer wehrt sich gegen diese Reform? Diese Frage wird immer wieder in den vatikanischen Finanzbehörden gestellt. Einer Quelle zufolge kommt „diese Art des Widerstandes aus dem Mittelbau, während die Spitze den Widerstand ausnutzt, um seine eigenen Positionen zu stärken“.

Tatsächlich spielen vor diesem Hintergrund nun zwei Dinge eine neue Rolle: Einmal die Schaffung eines Wirtschaftssekretariates, das vom Rang her dem Staatssekretariat also ebenbürtig ist. Zweitens aber tatsächlich die Person des entscheidungsfreudigen Kardinals Pell. Dessen Umsetzung klarer Entscheidungen wird nun durch Verfahrensausreden verlangsamt.

Die ganze Auseinandersetzung ist der erste Aufsehen erregende Rückschritt der Kurienreform des Papstes. Wenn sie nicht gelöst wird, könnte es zu weiteren Rückschritten kommen. (CNA Deutsch)

Papst nimmt 12 Flüchtlinge mit nach Rom

cna_LesbosVATIKANSTADT – Es ist eine spektakuläre Aktion: 12 Flüchtlinge werden nach Abschluss des Besuchs von Papst Franziskus auf Lesbos mit ihm nach Rom fliegen. In Abstimmung mit griechischen und italienischen Behörden hat dies das Staatssekretariat des Vatikans offenbar auf Anregung des Papstes organisiert.

Wie Vatikansprecher Federico Lombardi bestätigte, handelt es sich dabei um drei muslimische Familien aus Syrien. Die Flüchtlinge, davon sechs Kinder, seien bereits vor Inkraftreten des Abkommens zwischen der EU und der Türkei nach Lesbos gekommen. Dem zufolge werden illegal eingereiste Migranten zurück in die Türkei gebracht.

Die Aktion wurde während der Tagesreise des Papstes auf der Insel bekanntgegeben. Dabei traf Franziskus auch mit führenden Vertretern der Orthodoxie zusammen, darunter Patriarch Bartholomäus I. von Konstantinopel und Erzbischof Hieronymos von Athen.

Die Gemeinschaft von Sant’Egidio werde sich um die drei arabischen Familien erst einmal kümmern, hieß es. (CNA Deutsch)

Der neue vatikanische Außenminister im Gespräch mit uns

Radio VatikanErzbischof Paul Gallagher wird der erste vatikanische „Außenminister“ englischer Muttersprache. Franziskus hatte den aus Liverpool stammenden Geistlichen jüngst zum neuen Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten am päpstlichen Staatssekretariat ernannt; Gallagher folgt in diesem Amt auf Erzbischof Dominique Mamberti, der wie die meisten seiner Vorgänger aus Frankreich stammte. Erzbischof Gallagher ist 60 Jahre alt und ein erfahrener Diplomat, der zuletzt die Nuntiatur in Sydney leitete. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagte Gallagher, er trete seine neue Aufgabe in Rom mit großem Respekt an.

„Doch alles, was wir in der Kirche tun, tun wir in einem Geist des Vertrauens. Meine Aufgabe ist es im Wesentlichen, eng mit dem Kardinalstaatssekretär zusammenzuarbeiten, um die Arbeit der diplomatischen Vertretungen des Heiligen Stuhles auf der ganzen Welt zu koordinieren, die sich mit den jeweiligen Regierungen austauschen. Das ist ja, wozu der Heilige Stuhl diplomatische Beziehungen unterhält. Da geht es darum, die Lage der Ortskirchen und die jeweiligen Gesellschaften zu verstehen, auch die großen Zusammenhänge des Weltgeschehens, sodass wir den Heiligen Vater unterstützen können in seinen Entscheidungen. Auch, um die Arbeit der Weltkirche weiterzuführen, die Evangelisierung ist, daneben auch (mit Blick auf die, Anm.) Menschenrechte und Entwicklung der Völker.“

Wie wichtig ist es, diese Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und den Regierungen aufrechtzuerhalten? Der Heilige Stuhl vertritt schließlich eine Religion, wozu braucht es da Kontakte zur Politik?

„Das ist eine geschichtliche Frage. Der Heilige Stuhl hatte im Laufe der Geschichte immer eine Anerkennung von Seiten von Nationen und Kaiserreichen. Die Päpste haben gewissermaßen darauf gebaut. Das 19. Jahrhundert brachte das Ende des Kirchenstaates, aber obwohl die Päpste kein Territorium mehr hatten, war ihr Einfluss weiterhin erwünscht. So hat die Kirche vor allem im 20. Jahrhundert einen positiven Einfluss auf den Lauf der Geschichte ausgeübt. Wenn man heute als päpstlicher Diplomat in der Welt herumkommt, so treten – das ist meine Erfahrung – wenig Feindseligkeiten gegen den Heiligen Stuhl auf. Eher wird der Wert darin gesehen. Wir arbeiten so, dass wir einen Beitrag bringen wollen, der in unserem Glauben verwurzelt ist, aber auch in der Erfahrung und Geschichte der Kirche.“

Sie haben in allen fünf Kontinenten gearbeitet. Welche Erfahrungen bringen Sie nach Rom mit, was hat Sie am meisten inspiriert?

„Ich war immer inspiriert von vielen Nuntien, denn viele erbringen wirklich große Opfer. Viele meiner Vorgänger in Australien brachten dort Jahre und Jahre zu, ohne jemals die Gelegenheit zur Rückkehr nach Europa zu haben. Ich war aber auch ermutigt von vielen Kollegen im Staatssekretariat. Sicher, dort gibt es auch Karrieristen, aber die Mehrheit der Kollegen, mit denen ich arbeitete, war hoch motiviert. Als ich 2004 nach Burundi kam, folgte ich auf Erzbischof Michael Courtney, der ermordet worden war. Michael war ein besonderer Mensch, jemand, der sich wirklich selbst hingab und dort tatsächlich sein Leben verlor. Ihm nachzufolgen, war besonders. Ich war immer überzeugt, dass der diplomatische Dienst der Päpste ein wichtiger Dienst ist. Ich glaube gar nicht, dass es eine Berufung ist, päpstlicher Diplomat zu sein – ich denke eher, man muss vor allem seine priesterliche Berufung in diesem Dienst bewahren, um etwas wirklich Gutes zu leisten, und zwar auf beiden Seiten: Die Ortskirche in Rom zu erklären und Rom in der Ortskirche zu erklären.“ (rv)

Mexiko: Tropenstürme Ingrid und Manuel

Die dramatischen Folgen der beiden Tropenstürme Ingrid und Manuel in Mexiko haben Papst Franziskus „tief betrübt". Dies geht aus einem von Kardinalstaatsekretär Tarcisio Bertone unterzeichneten Telegramm des Papstes an den Vorsitzenden der Mexikanischen Bischofskonferenz, Kardinal José Francisco Robles Ortega, hervor. Bisher haben die Unwetter in Mexiko mehr als 80 Tote gefordert, mehr als 58 Menschen werden vermisst. In dem am Donnerstag vom Vatikan veröffentlichten Telegramm versichert Franziskus allen Opfern, Verletzten, Obdachlosen sowie ihren Familien seine Nähe im Gebet. (rv)

Erster Verhandlungstag im zweiten Vatileaks-Prozess

An diesem Montag hat im Vatikan der zweite Prozess zur Affäre ‚Vatileaks’ begonnen. Angeklagt ist Claudio Sciarpelletti, ein Computertechniker im vatikanischen Staatssekretariat. Der Vorwurf: Begünstigung von schwerem Diebstahl. Vor drei Wochen war Benedikts früherer Kammerdiener Paolo Gabriele des schweren Diebstahls für schuldig befunden worden, zu Beginn dieses ersten Prozesses war auf Antrag der Verteidigung der Prozess Sciarpelletti vom Prozess Gabriele abgetrennt worden. Dem Vatikanangestellten wird nun Begünstigung vorgeworfen, was nicht dem schwer wiegenderen Tatbestand der Beihilfe entspricht. Ihm droht bis zu einem Jahr Haft. Nach der ersten Verhandlung trat Vatikansprecher Pater Federico Lombardi vor die Presse:

„Während der Sitzung an diesem Montag sind ausschließlich Anträge der Verteidigung vorgestellt und diskutiert worden. Den Anträgen ist weitgehend stattgegeben worden. Der Antrag auf Nichtzulassung der Anklageschrift ist nicht angenommen worden. Vor uns liegt nun der zweite Verhandlungstag, der am Samstagmorgen ab 9 Uhr stattfinden wird. Dort wird der Angeklagte befragt werden und auch der Zeuge Paolo Gabriele."

Der Angestellte des vatikanischen Staatssekretariats hatte in ersten Vernehmungen widersprüchliche Aussagen über sein Verhältnis zu Gabriele gemacht. Zunächst sprach er von „Arbeitsbeziehungen"; später räumte er ein, auch privat in Kontakt mit Gabriele gestanden zu haben. Das bedeute aber nicht, dass dieser Prozess nun im Gegensatz zum ersten stehe, so Lombardi. Der erste Prozess hatte festgestellt, dass Gabriele allein gehandelt habe.

„Die Anklage der Begünstigung bedeutet nicht, dass ihm Komplizenschaft vorgeworfen wird. Er hat bei der Untersuchung widersprüchliche Angaben über einen Umschlag gemacht, in dessen Besitz der Angeklagte war. Was genau die Begünstigung bedeuten wird, das wird sicherlich Thema des Prozesses sein, aber es geht ganz klar nicht um Komplizenschaft, sondern um Begünstigung."

Die vatikanische Gendarmerie hatte im Mai in Sciarpellettis Schreibtisch einen Briefumschlag mit der Aufschrift „P. Gabriele persönlich" sichergestellt. Er enthielt Unterlagen und eine Schmähschrift gegen den Kommandanten der vatikanischen Gendarmerie, Domenico Giani, mit dem Titel „Napoleon im Vatikan". Über den Besitz dieser Dokumente hatte Sciarpelletti sich widersprechende Angaben gemacht, dies ist nun der Gegenstand des Prozesses, so Lombardi.

Während des Prozesses stellte Sciarpelletti nach Agenturangaben fest, nicht mit Paolo Gabriele befreundet gewesen zu sein. Von dem Verhalten des bereits Verurteilten berichtete er, dass dieser sich schon seit sechs Jahren geweigert habe, Technikern den Zugang zu seinem Computer zu erlauben. Sciarpelletti war unter anderem für die Wartung der Rechner im Apostolischen Palast zuständig. (rv)

Vatileaks: „Man merkt, wie wichtig die Sache ist“

„Vatileaks" – so nennt Papstsprecher Pater Federico Lombardi die Tatsache, dass in letzter Zeit immer mehr interne Dokumente aus dem Vatikan an die Öffentlichkeit gelangen und dort einerseits zu aufgeregter Berichterstattung, andererseits zu großer Verwirrung führen und den Vatikan in ein schlechtes Licht rücken. Die Verantwortung dafür liegt auf beiden Seiten. Das betont Pater Lombardi an diesem Dienstag gegenüber Radio Vatikan: bei jenen, die solche internen Informationen „auf illoyale Weise" nach außen tragen, und bei den Medien, die sie „für Zwecke benutzen, die sicher nicht die reine Liebe zur Wahrheit sind".

Lombardi nennt drei jüngere Fälle: Zum einen ging es um das Finanzgebaren am Governatorat, das viele der weltlichen Güter des Vatikans verwaltet. Der „Zweite Mann" des Governatorats, der für mehr Transparenz eingetreten sein soll, wurde vor kurzem als Nuntius auf den wichtigsten diplomatischen Posten des Heiligen Stuhles, nach Washington, berufen; einige Beobachter sahen darin aber eine Art Strafversetzung. Eine weitere vorgebliche „Aufdeckung" betraf die Vatikanbank IOR, der mangelnde Transparenz und Kooperation mit italienischen Behörden vorgeworfen wurde, obwohl Papst Benedikt vor einem Jahr strenge Richtlinien gegen Geldwäsche erlassen hatte. Der letzte Fall von „Vatileaks" schließlich handelte mit Blick auf das nächste Konklave von einem angeblichen „Mordkomplott" gegen Papst Benedikt – eine „Wahnvorstellung", wie Lombardi damals umgehend klarstellte.

Alles zusammen schafft Verwirrung, so Lombardi. Eine seriöse Berichterstattung müsste zumindest die einzelnen Fragen auseinanderhalten und die jeweilige Bedeutung ermessen. Der Vatikansprecher rät zu Gelassenheit: „Wir müssen der Versuchung widerstehen, uns in den Strudel der Verwirrung hineinziehen zu lassen, denn das ist es, was die Übelwollenden sich wünschen, und wir müssen fähig bleiben, vernünftig nachzudenken."

In gewisser Hinsicht sei das Auftreten starker Attacken „ein Zeichen dafür, dass etwas Wichtiges auf dem Spiel steht", sagt Lombardi. Die Angriffe auf die Kirche wegen der Missbrauchsskandale etwa hätten zu einem „ernsthaften Engagement für eine langfristige Erneuerung" geführt. Hier habe die Kirche inzwischen eine Strategie der Heilung, Erneuerung und Vorbeugung zum Wohl der ganzen Gesellschaft entwickelt. Gleichzeitig habe der Vatikan sich selbst den Auftrag zu großer Transparenz in wirtschaftlichen Vorgängen erteilt und neue Normen veröffentlicht. „Wenn das viele verbittert, merkt man, dass es wichtig ist", so Lombardi. „Wer denkt, er könne den Papst und seine Mitarbeiter in diesem Engagement entmutigen, täuscht sich."

Was das nächste Konklave anlangt, erinnert der Vatikansprecher daran, dass „alle Päpste" des letzten Jahrhunderts „Persönlichkeiten von höchster und unzweifelhafter moralischer Qualität" waren. Eine Sichtweise auf das Konklave in der Lesart eines „internen Machtkampfes hängt großteils von der moralischen Rohheit" des Beobachters ab, „der oft nicht dazu imstande ist, anderes zu sehen". Wer an Jesus Christus glaube, wisse glücklicherweise, dass „die echten Sorgen jener, die in der Kirche Verantwortung tragen, eher die großen Probleme der Menschheit von heute und von morgen sind." (rv)