Kardinal Müller: Rom muss in Übersetzungsfragen entscheiden

„Die letzte Autorität im Zweifelsfall kann nicht bei den Bischofskonferenzen liegen. Das würde die Einheit der katholischen Kirche im Glauben, im Bekenntnis und im Gebet zerstören.“

PASSAU – Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat sich in die Debatte darüber eingeschaltet, welche Rolle Bischofskonferenzen und dem Vatikan im Umgang mit Übersetzungen liturgischer Texte aus dem Lateinischen zukommen.

Das meldet die „Passauer Neue Presse“ vorab zu einem Interview der Zeitung mit dem ehemaligen Präfekt der Glaubenskongregation. Kardinal Müller habe wörtlich gesagt:

„Die letzte Autorität im Zweifelsfall kann nicht bei den Bischofskonferenzen liegen. Das würde die Einheit der katholischen Kirche im Glauben, im Bekenntnis und im Gebet zerstören.“

Neu aufgeworfen hat die Frage das Schreiben Magnum Principium. Papst Franziskus veröffentlichte das Motu Proprio am 9. September und setzte damit die bisherige Regelung, Liturgiam Authenticam, außer Kraft. Das neue Schreiben gibt den Ortsbischöfen mehr Autorität, und räumt der zuständigen Behörde in Rom die Rolle ein, nicht mehr eine Recognitio zu erteilen, sondern eine Confirmatio.

In einer Erklärung dazu betonte der Präfekt der zuständigen Kongregation für den Gottesdienst, Kardinal Robert Sarah, dass Rom weiterhin nicht nur Übersetzungen bestätige, sondern auch genehmigen müsse. Diese Sicht beantwortete Papst Franziskus prompt in einem veröffentlichten Schreiben an Kardinal Sarah.

Verwässerung des heiligen Originals?

Kardinal Müller erklärte dazu nun gegenüber der PNP, er bedauere es sehr, „dass bei der Frage der richtigen und treuen Übersetzung der originalen lateinischen Liturgiesprache des römischen Ritus solche Friktionen entstanden sind“. Er habe es „oftmals erlebt, dass die von den Bischöfen herangezogenen Übersetzer die biblischen und liturgischen Texte unter dem Vorwand der besseren Verständlichkeit verwässert haben“.

Dazu gehörten auch und gerade „hoch anspruchsvolle Lehren“, etwa der stellvertretenden Sühnetod Jesu am Kreuz: Dieser würden „in manchen Ländern wegrationalisiert oder auf ethische Appelle heruntergebrochen und so des katholischen Heilsrealismus entkleidet“.

Die zentrale Frage, und Anliegen auch gegenteiliger Meinungen zum Thema, ist ein besseres Verständnis der Liturgie – eine mögliche Antwort bietet das Zweite Vatikanische Konzil: Dieses betont in Sacrosanctum Concilium, dass in der Liturgie die zentrale Rolle des Lateinischen zu bewahren ist, und die Christgläubigen müssen, so das Dokument weiter, ihren Teil der Liturgie „auch lateinisch miteinander sprechen oder singen können“.

Eine bessere Bildung der Gläubigen in der Liturgie hat auch Papst Franziskus just am heutigen Mittwoch in der Generalaudienz gefordert. (CNA Deutsch)

Papst Franziskus schreibt Kardinal Sarah zu Magnum Principium

VATIKANSTADT – In der Debatte um die richtige Interpretation von Magnum Principium, des neuen Schreibens zur Übersetzung liturgischer Texte, hat sich Papst Franziskus an Kardinal Robert Sarah gewandt, den Präfekten der zuständigen Kongregation für den Gottesdienste und die Sakramentenordnung.

Der auf den 15. Oktober datierte Brief ist in Antwort auf ein Schreiben von Kardinal Sarah. Dieser hatte dem Papst Ende September für das neue Motu Proprio gedankt. Dieses betrifft die Handhabung von Übersetzungen aus dem lateinischen Original in die jeweilige Landessprache.

Der Kardinalpräfekt hatte dessen Interpretation kommentiert, vor allem die wesentliche Änderung zur bisherigen Regelung aus dem Jahr 2001, Liturgiam Authenticam (LA).

Im Gegensatz dazu gibt das neue Schreiben den Ortsbischöfen mehr Autorität, und räumt der zuständigen Behörde in Rom die Rolle ein, nicht mehr eine „Recognitio“ zu erteilen, sondern eine Confirmatio.

Kardinal Sarah hatte kommentiert, Magnum Principium erleichtere die Zusammenarbeit zwischen dem Heiligen Stuhl und den Bischofskonferenzen. Dabei sei zu beachten, dass die Confirmatio weiterhin keineswegs eine Formalität sei: Rom müsse alle neuen Übersetzungen prüfen und absegnen. Die Kongregation habe das Recht, ein Veto einzulegen, wenn Übersetzungen nicht dem lateinischen Original treu geblieben sind.

Papst Franziskus dankt in seinem Brief dem Kardinal für sein Engagement und den Kommentar. Gleichzeitig steuere er einige simple „Beobachtungen“ bei, so der Pontifex, „die ich für wichtig halte, besonders für die rechte Anwendung und das Verständnis des Motu Propio, und um jedes Missverständnis zu vermeiden.“

Der erste Punkt des Papsts: Magnum Principium habe den bisherigen, seit 2001 angewendeten Prozess „abgeschafft“.

Die Neuregelung betreffe auch die Begriffe „recognitio“ und „confirmatio“. Diese seien keineswegs synonym zu verwenden, so Franziskus. Die Unterscheidung betone „die unterschiedliche Verantwortung“ des Heiligen Stuhls und der verschiedenen Bischofskonferenzen.

„Magnum Principium erfordert nicht mehr, dass Übersetzungen in allen Punkten den Anforderungen von LA entsprechen, wie es früher der Fall war“, so Franziskus.

Stattdessen müssten einzelne Paragraphen in LA nun „sorgfältig neu-verstanden“ werden. Das gelte auch für Paragraphen 79 bis 84, die bislang eine Genehmigung in Form einer „Confirmatio“ durch Rom erforderten. Diese Paragraphen seien „außer Kraft gesetzt“ und neu formuliert worden mit Magnum Principium.

Weiter betonte Franziskus, dass in der Übersetzung die Bischofskonferenzen sich nicht von der liturgischen Behörde in Rom zu etwas gezwungen fühlen sollten.

Letztlich sei jedoch auch die Confirmatio keineswegs ein rein formaler Akt, sondern notwendig für die Ausgabe der übersetzten liturgischen Bücher.

Abschließend schreibt Franziskus in seinem Brief, dass Kardinal Sarahs Kommentar mehrfach publiziert worden sei, und dass er den Kardinal bitte, seine Antwort an diese Medien weiterzuleiten, wie auch an die Mitglieder und Konsultoren der Kongregation für den Gottesdienst. (CNA Deutsch)

Sind Kardinäle Marx und Sarah geteilter Meinung über Magnum Principium?

VATIKANSTADT – Welche Autorität gibt das neue Schreiben Magnum Principium den örtlichen Bischöfen? Wer entscheidet letztlich genau darüber, welche Übersetzung des Lateinischen die richtige ist, und wie?

Zwei prominente Kardinäle sind darüber offenbar geteilter Meinung.

Für den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Kardinal Reinhard Marx, stellt das Dokument von Papst Franziskus einen Bruch mit der bisherigen Regelung aus dem Jahr 2001 dar, Liturgiam Authenticam. Letzteres bezeichnete der Münchner Erzbischof als eine, so wörtlich, „Sackgasse“.

Rom sei verantwortlich für dogmatische Interpretationen aber nicht für Stilfragen.

Tatsächlich gibt das neue Schreiben den Ortsbischöfen mehr Autorität, und räumt der zuständigen Behörde in Rom die Rolle ein, nicht mehr eine „Recognitio“ zu erteilen, sondern eine Confirmatio.

Kardinal Robert Sarah, Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, hat nun jedoch betont, dass eine Anerkennung – die Confirmatio – weiterhin keineswegs eine Formalität ist.

Die letzte Entscheidungsbefugnis verbleibe beim Vatikan, so Kardinal Sarah. Rom müsse alle neuen Übersetzungen prüfen und absegnen. Die Kongregation habe das Recht, ein Veto einzulegen, wenn Übersetzungen nicht dem lateinischen Original treu geblieben sind.

Magnum Principium erleichtere die Zusammenarbeit zwischen dem Heiligen Stuhl und den Bischofskonferenzen.

Diese ist gerade aus der Sicht der deutschen Bischöfe nicht immer leicht gewesen. Prominentes Beispiel dafür ist das „Kelchwort“, und eine konkrete Anweisung des – ebenfalls deutschen – Papst Benedikts des Jahres 2006, der er noch einmal dargelegt hat in einem persönlichen Schreiben samt einer Katechese im Jahr 2012, dieses von „für alle“ zu „für viele“ zu ändern, entsprechend dem „pro multis“ im lateinischen Original. Bis heute haben dies die deutschen Bischöfe nicht getan – auch, weil das Messbuch nicht überarbeitet wurde.

In seiner jetzigen Fassung geht es auf die Mitte der 1970er Jahre zurück, und nun hat Kardinal Marx angedeutet, dass man, mit Magnum Principium, eine neue Übersetzung erst einmal nicht brauchen werde. (CNA Deutsch)

Liturgische Bücher: Mehr Kompetenz für Bischofskonferenzen

Mehr Kompetenz für Bischofskonferenzen bei der Übersetzung von liturgischen Texten: Papst Franziskus hat in einem an diesem Samstag veröffentlichten Rechtstext – einen Motu Proprio – einige Passagen des Kirchenrechts geändert, welche sich auf die Anpassung von Liturgie und liturgischen Büchern in die einzelnen Sprachen und Kulturen beziehen.

Damit will der Papst das Spannungsfeld zwischen universellem Ritus und Inkulturation vor Ort neu bestimmen. Die Liturgie sei „Stimme der Kirche“, es gehe um das Verstehen der Gläubigen und um die Einheit der Liturgie. Der Papsttext trägt den Titel „Das wichtige Prinzip“ und bezieht sich auf die Überzeugung des Zweite Vatikanische Konzils, dass das liturgische Gebet verstehbar sein muss. Das liturgische Beten müsse „an das Verstehen der Gläubigen“ angepasst sein, bestätigt der Papst.

Zur Umsetzung dieses Prinzips habe das Konzil bestimmt, dass für die liturgischen Bücher der Kirche sowohl der Heilige Stuhl als auch die Bischofskonferenzen zuständig seien. Das Verhältnis der beiden zueinander, das, wie der Papst zugibt, nicht immer ohne Schwierigkeiten gewesen sei, wird nun an einigen Stellen der Kirchenrechts neu austariert.

Anerkennung und Autorisierung

Aufgabe des Heiligen Stuhls ist es ab dem Inkrafttreten der Regelungen im Oktober, die Anpassungen in die einzelnen Sprachen und Kulturen – der Papst spricht nicht von „Versionen“, sondern wie das Konzil von „Anpassungen“ – zu recognoszieren, wie der Fachausdruck heißt. Die Aufgabe des Vatikan ist also die Anerkennung berechtigter Anpassungen und die Sorge um die Einheit der Liturgie und des Ritus. Mit Recognitio ist dabei nicht nur schlichte Zustimmung gemeint, sondern sie kann auch die Revision einer Anpassung bedeuten. Das Konzil erwähnt ausdrücklich auch „tiefer greifende und deswegen schwierigere Anpassung der Liturgie“, die dringlich sei, dafür gelten diese Regeln (Sacrosanctum Concilium, Nr. 40).

Was die Übersetzung von liturgischen Texten angeht, spricht Kanon 838 des Kirchenrechts nun davon, dass diese „treu“ zu geschehen habe, davor hatte es „innerhalb der … festgelegten Grenzen“ geheißen (Can 838.3). Die Änderungen durch den Papst sprechen an dieser Stelle nicht mehr von „Recognitio“, sondern von „Confermatio“, also von Bestätigung. Der Vatikan greift also nicht mehr aktiv in den Übersetzungsvorgang ein, sondern ratifiziert den Text und verleiht ihm damit Autorität, vorausgesetzt natürlich dass diese Übersetzung tatsächlich „treu“ ist. Dieser Sprachgebrauch gibt auch die Sprache des Konzilstextes wieder.

Weitere Folgen

In der Folge dieses Motu Proprios werden auch weitere Rechtstexte anzupassen sein, welche die Frage behandeln, etwa die Instruktion Liturgiam authenticam von 2001. Auch spricht der Papst davon, dass das Dikasterium für die Sakramentenordnung „sein eigenes Regelwerk auf der Grundlage der neuen Ordnung abändert und den Bischofskonferenzen hilft, ihren Aufgaben nachzukommen“. Damit wird diese Rechtsänderung auch zum Teil der Kurienreform und der Neuordnung der Kompetenzen von Ortskirche und Heiligem Stuhl. (rv)