Bischof Jousten: „Kein grundlegender Konflikt mit belgischer Justiz“

Der Streit um die Aufdeckung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche spaltet Belgien. Der Auslöser: Eine Hausdurchsuchung im Bischofspalast in Mechelen, nördlich von Brüssel, bei der die staatlichen Behörden mit den Bischöfen alles andere als rücksichtsvoll verfuhren. Vor einer Woche hatten Polizisten eine Sitzung der belgischen Bischöfe unterbrochen, die Oberhirten neun Stunden festgehalten und währenddessen die Gebäude durchsucht. Nach Angaben des belgischen Justizministers suchten sie vor allem nach Dokumenten, die im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch in der Kirche stehen, zum Beispiel nach Briefen von Opfern pädophiler Priester.
Unter den festgehaltenen Bischöfen war auch der Bischof von Lüttich, Alois Jousten. Unserem Kollegen Mario Galgano erzählt Jousten, wie er jene Stunden in Erinnerung hat.
„Nun, ich habe das so erlebt, dass der Untersuchungsrichter bei uns in den Versammlungsraum rein kam. Er habe einen Durchsuchungsbefehl, sagte er uns. Er müsse über eine Akte zu sexuellem Missbrauch Nachforschungen anstellen. Wir durften deshalb das Haus nicht verlassen. Auf den ersten Blick sah das nicht so schlimm aus. Ich dachte, sie suchen vielleicht irgendein bestimmtes Dossier und die Sache wäre dann erledigt. Keiner von uns konnte ahnen, dass wir dann neun Stunden lang festgehalten werden sollten."
Hatte denn der Untersuchungsrichter Ihnen nicht mittgeteilt, dass die Durchsuchung vielleicht lange dauern könnte?
„Sie konnten uns das nicht sagen. Es gab zwar Andeutungen, dass sie nicht genug Informationen hätten und dass das Erzbistum keine Bereitwilligkeit zur Mitarbeit gezeigt hätte. Ihrer Meinung nach hätten sie als Untersuchungsinstanz selbst die Initiative ergreifen und von sich aus alles durchstöbern müssen. So klang es am Abend."
Und dann wurden sogar zwei Gräber geöffnet.
„Davon haben wir erst im Nachhinein erfahren. Wir waren ja von der Umwelt abgeschnitten. Wir hatten keinen Kontakt mit der Außenwelt. Zuhause haben wir dann in den Nachrichten gehört, dass auch die beiden Gräber von ehemaligen Erzbischöfen von Mechelen durchsucht und sogar geöffnet wurden. Da stehen einem ja die Haare zu Berge, dass so was möglich ist. Es könnte sein, dass jemand gesagt hat, man habe etwas mit ins Grab mitgenommen. Das wurde dann wohl so verstanden, als ob es sich um Papierakten handeln würde."
Wie erklären Sie sich das Verhalten der belgischen Justiz?
„Meines Erachtens handelt es sich hierbei um ein Misstrauen der Justiz gegenüber der Kirche und auch gegenüber der so genannten unabhängigen Untersuchungskommission. Sie ist unabhängig von den Bischöfen. Ich habe den Eindruck, dass der staatliche Untersuchungsrichter der ganzen Angelegenheit nicht ganz traut. Er ist misstrauisch. In anderen Staaten wäre das vielleicht anders gelaufen. Aber hier in Mechelen ist es dann so vor sich gegangen, dass auf der einen Seite dieser entsprechende Richter zusammen mit dem Gerichtsbezirk, und auf der anderen Seite die Bischöfe und die unabhängige Kommission für die Untersuchung von Missbrauchsfällen standen."
Also gibt es einen Konflikt in Belgien zwischen der Justiz und der katholischen Kirche?
„Ich würde nicht sagen, dass da grundlegende Spannungen zwischen Staat und Kirche bestehen. Das kann man nicht daraus schlussfolgern."
Welche Lehre ziehen Sie aus diesem Vorfall in Mechelen?
„Ich hoffe, wenn wir wieder eine unabhängige Kommission errichten, dann soll das – gerade in dieser sehr sensiblen Materie – auch in Absprache mit dem Justizministerium und den entsprechenden Richtern geschehen. Diese Lehre sollten wir daraus ziehen." (rv)
 

Vatikan: Papst spricht mit Bischof Mixa

Papst Benedikt XVI. hat sich an diesem Donnerstag mit dem früheren Bischof von Augsburg, Walter Mixa, getroffen. Für die Begegnung im Apostolischen Palast des Vatikans hatte der Papst fast eine Stunde Zeit angesetzt – mehr als für andere Audienzen dieses Tages. Benedikt hatte im Mai den Rücktritt Mixas angenommen; später hatte der Bischof sich um eine Rücknahme dieser Entscheidung bemüht. Mixa soll in seiner Zeit als Stadtpfarrer in Schrobenhausen Waisenkinder geschlagen und Stiftungsgelder zweckentfremdet haben. Die Umstände seines Rücktritts bedeuteten für sein Bistum und die deutsche Kirche einen Belastungstest. (rv) 

Boff: „Die Schattenseite der Kirche gehört zu uns, macht uns aber nicht aus!“

Wenn ein Befreiungstheologe dieser Tage durch Österreich und Deutschland reist, dann begegnet ihm in der Diskussion um Befreiung und Neubeginn auch immer wieder die Missbrauchsdebatte. Das hat Leonardo Boff vergangene Woche erfahren, bei seinen Stationen an der Universität Innsbruck und im Franziskanerkloster von Großkrotzenburg. Von der gegenwärtigen Situation der Befreiungstheologie in Lateinamerika, etwa dem entschlossenen Kampf brasilianischer Christen um den Erhalt des Amazonasgebietes, hat er seinen Zuhörern berichtet – und auf der anderen Seite ein offenes Ohr für die Anliegen der Menschen vor Ort aus ihrem eigenen Kontext heraus gehabt. Ein Stimmungsbild zeichnet der Befreiungstheologe dementsprechend so:
„Die Christen sind etwas perplex, weil sie sehen, dass die Kirche in eine moralische Krise geraten ist – dass die pädophilen Priester ein Skandal sind. Viele leiden darunter. Aber das ist kein Grund für mich, dass sie aus der Kirche austreten, denn diese Schattenseite der Kirche ist nun mal möglich und gehört zu uns. Das ist unsere Kirche! Jede Person hat eine Schattenseite und muss sich selbst damit auseinandersetzen und das überwinden. Dasselbe müssen wir mit der Kirche tun."
Jede Person, die gesund sei, könne schließlich krank werden, vergleicht Boff. Aber die Krankheit sei eben nicht Kern der Kirche – ihr Kern sei vielmehr das Evangelium. Nichts desto trotz müsse die Kirche demütig anerkennen, dass auch innerhalb ihrer eigenen Reihen Sünden und Fehler geschähen, die korrigiert werden müssten.
„Der Kirche muss meiner Ansicht nach geholfen werden, damit sie ihre Aufgabe und Funktion in der Welt weiterführen kann. Es wäre sehr schade, wenn die Kirche wegen dieser kritischen Situation herabgewürdigt oder ihre heilige Existenz als Vertreterin des Erbes Jesu in Frage gestellt werden würde. Deshalb muss sich die Kirche ihre Fehler eingestehen und transparent machen und um Verzeihung bitten. Und sich auch von Laien, von Fachmännern, wie Psychologen und anderen Experten, die verstehen, was da passiert ist, helfen lassen – um das künftig zu vermeiden, mit Maßnahmen, die solche Fälle schon im Vorfeld verhindern können."
Auch in Brasilien, im Nordosten des Landes, seien zwei Fälle sexuellen Missbrauchs in der Kirche bekannt geworden. Das sei aber, anders als in Deutschland oder Österreich, nicht als Phänomen der Kirche betrachtet worden, erklärt der Befreiungstheologe. Grundsätzlich seien die Kirchengemeinden in Lateinamerika und Europa unterschiedlich strukturiert, möglicherweise sei das Beispiel Lateinamerikas in der aktuellen Situation genauer zu überdenken:
„In meinen Augen sind die Priester, die Pfarrer und Ordensleute, sehr stark in das Volk integriert. Sie leben nicht distanziert vom Volk oder alleine in ihren Pfarreien oder Klöstern. Und dieser Umgang mit dem Volk macht die Integration von Beziehungen leichter. Sie werden menschlicher. Die Priester fühlen sich geliebt und leben auch tatsächlich diese Perspektive der Liebe, jenseits der sexuellen Komponente. Das macht auch das Zölibat leichter. Weil die Einsamkeit, die so schädlich ist, nicht so sehr zu spüren ist. Das ist vielleicht auch ein Grund dafür, dass es bei uns weniger Probleme auf diesem Gebiet gab." (rv)

Irland:Kardinal O’Connor ruft zu Erneuerung auf

„Ich bin selbst nicht frei von Schuld, sondern musste aus meinen Fehlern lernen, um ein verwundeter Heiler zu werden." Das sagte der emeritierte Erzbischof Kardinal Cormac Murphy-O’Connor zum Abschluss des Priesterjahres in Maynooth. Vor irischen Priestern nahm er in seiner Rede vom Dienstag vor allem zu den Missbrauchsfällen, die die irische Kirche in den letzten Monaten erschüttert hatten, Stellung. Wie schmerzvoll auch die letzte Zeit gewesen sein möge, es sei auch „eine Zeit des Lernens, der Reinigung und des Vertrauens" gewesen, so der Kardinal. Für einen Neuanfang gebe es keine „Zauberformel", mit der die Probleme gelöst werden können. Man müsse jetzt ohne Hast abschätzen, „wo Strukturen und Prozeduren gescheitert sind, und zwar nicht nur auf rechtlicher oder kanonischer Ebene, sondern auf menschlicher Ebene", so der Kardinal wörtlich.
Die drei Schritte auf dem Weg zu Erneuerung seien eine „Verwandlung der Herzen", eine „Erneuerung der inneren Einstellung" und schließlich die „uneingeschränkte Liebe". Zentrum der Erneuerung bliebe dabei stets die Messe – als Quelle von Einheit, Kraft und Hoffnung. O’Connor rief dazu auf, die Laienbewegung fest in das kirchliche Leben zu integrieren: „Das Selbstverständnis und die Mission der Laien in Kirche und Welt zu pflegen und zu fördern – das ist eine Hauptaufgabe der Priester und Bischöfe." Die Angst vor einem Kontrollverlust durch eine stärkere Einbindung der Laien sei unbegründet, so der Kardinal. (rv)

Papst beendet Priesterjahr – Mea Culpa zu Missbrauchsfällen

Mit einer großen Messe auf dem römischen Petersplatz ist das „Jahr der Priester" zu Ende gegangen. Mit Benedikt XVI. konzelebrierten 15.000 Priester aus aller Welt; der Papst ermutigte sie, auch in schwierigen Zeiten ihrer Berufung treu zu bleiben. Und: Er bat Gott und die Menschen um Vergebung für kirchliche Missbrauchsskandale.
Die große Heiligenlitanei setzte am Freitag den Schlußakzent des Priesterjahres: Auch der heilige Jean-Marie Vianney wurde da angerufen, der beinahe – so hatten ursprüngliche Planungen gelautet – in diesem Moment zum Patron der Priester erhoben worden wäre. Auf der „Piazza San Pietro" in der prallen Sonne: Tausende von Geistlichen in weißen Gewändern, die feierlich ihre Versprechen vom Weihetag erneuern. Der Papst erinnert an das Herz-Jesu-Fest an diesem Freitag, er vertraut seine Mitbrüder im Priesteramt feierlich dem Unbefleckten Herzen Mariens an – und er mahnt die Priester eindringlich, keine „einsamen Wölfe" zu sein.
„Liebe Mitbrüder, wo kein Zusammenhalt ist, da gibt es keinen Fortschritt. Wenn wir miteinander verbunden bleiben, wenn wir in Christus, dem wahren Weinstock, bleiben, dann können wir starke und lebendige Zeugen der Liebe und der Wahrheit sein, können uns die Winde des Augenblicks nicht verbiegen oder brechen. Christus ist die Wurzel, die uns trägt und uns Leben gibt. Danken wir dem Herrn für die Gnade des Priestertums; dafür, daß er uns jeden Tag neu Gelegenheit gibt, in seiner Nachfolge gute Hirten zu sein!"
Ein Priester sei „nicht einfach ein Amtsträger", so der Papst:
„Er tut vielmehr etwas, das kein Mensch aus sich heraus kann: Er spricht in Christi Namen das Wort der Vergebung für unsere Sünden und ändert so von Gott her den Zustand unseres Lebens. Er spricht über die Gaben von Brot und Wein die Dankesworte Christi, die Wandlungsworte sind (und die) die Elemente der Welt verändern: die Welt auf Gott hin aufreißen und mit ihm zusammenfügen. So ist Priestertum nicht einfach „Amt", sondern Sakrament: Gott bedient sich eines armseligen Menschen, um durch ihn für die Menschen da zu sein und zu handeln. Diese Kühnheit Gottes, der sich Menschen anvertraut, Menschen zutraut, für ihn zu handeln und da zu sein, obwohl er unsere Schwächen kennt – die ist das wirklich Große, das sich im Wort Priestertum verbirgt."
Ohne Umschweife erinnerte Benedikt XVI. aber auch an die Missbrauchsskandale, die der Kirche gerade in den letzten Monaten zu schaffen gemacht haben:
„Es war zu erwarten, daß dem bösen Feind das neue Leuchten des Priestertums nicht gefallen würde… So ist es geschehen, daß gerade in diesem Jahr der Freude über das Sakrament des Priestertums die Sünden von Priestern bekannt wurden – vor allem der Mißbrauch der Kleinen, in dem das Priestertum als Auftrag der Sorge Gottes um den Menschen in sein Gegenteil verkehrt wird. Auch wir bitten Gott und die betroffenen Menschen inständig um Vergebung und versprechen zugleich, daß wir alles tun wollen, um solchen Mißbrauch nicht wieder vorkommen zu lassen; daß wir bei der Zulassung zum priesterlichen Dienst und bei der Formung auf dem Weg dahin alles tun werden, was wir können, um die Rechtheit der Berufung zu prüfen, und daß wir die Priester mehr noch auf ihrem Weg begleiten wollen, damit der Herr sie in Bedrängnissen und Gefahren des Lebens schütze und behüte."
„Wenn das Priesterjahr eine Rühmung unserer eigenen menschlichen Leistung hätte sein sollen", so der Papst, „dann wäre es durch diese Vorgänge zerstört worden." Aber es gehe „gerade um das Gegenteil: Das Dankbar-Werden für die Gabe Gottes, die sich „in irdenen Gefäßen" birgt und die immer wieder durch alle menschliche Schwachheit hindurch seine Liebe in dieser Welt praktisch werden läßt."
„So sehen wir das Geschehene als Auftrag zur Reinigung an, der uns in die Zukunft begleitet und der uns erst recht die große Gabe Gottes erkennen und lieben läßt."
Priester sollten Hirten sein und ihre Schäfchen „von Gott her kennen". Sie sollten als gute Hirten auch einmal den Stock einsetzen, um den Glauben zu schützen „gegen die Verfälscher". „Heute sehen wir, daß es keine Liebe ist, wenn ein für das priesterliche Leben unwürdiges Verhalten geduldet wird", so der Papst wörtlich. „So ist es auch nicht Liebe, wenn man die Irrlehre, die Entstellung und Auflösung des Glaubens wuchern läßt, als ob wir den Glauben selbst erfänden. Als ob er nicht mehr Gottes Geschenk, die kostbare Perle wäre, die wir uns nicht nehmen lassen." Durch Versuchungen oder Mutlosigkeit sollten die Priester sich nicht irremachen lassen: „Auch in diesen finsteren Tälern des Lebens ist ER da."
„Ja, Herr, zeige mir in den Dunkelheiten der Versuchung, in den Stunden der Verfinsterung, in denen alle Lichter zu erlöschen scheinen, daß du da bist. Hilf uns Priestern, daß wir den uns anvertrauten Menschen in diesen dunklen Nächten beistehen können. Ihnen dein Licht zeigen dürfen."
Fürbitten in allen großen Sprachen der Welt machten deutlich, dass an diesem Freitag auf dem Petersplatz gewissermassen die ganze Weltkirche zu Hause war. In Erinnerung bleiben wird das Weiß der Messgewänder auf der ganzen Piazza: Ausnahmsweise einmal war der Papst nicht der Einzige in Weiß. Wie sagte doch Kardinal Claudio Hummes, der Präfekt der vatikanischen Kleruskongregation: „Am liebsten wäre uns, das Priesterjahr würde gar nicht mehr enden… und wir könnten unser ganzes Leben lang solche Aufmerksamkeit für unseren Dienst spüren, und soviel Unterstützung durch die Gläubigen."
Am Donnerstag Abend hatten in der vatikanischen Audienzhalle mehr als 20 Seelsorger ihre Erfahrungen aus dem priesterlichen Alltag vorgestellt. „Wir haben ein Massaker an einer Schule überlebt", berichtete der eine aus Burundi, „Ich habe mit Hilfe meiner Gemeinde den Alkoholismus überwunden", sagte ein zweiter aus Deutschland. Veranstalter des Treffens waren die Fokolar- und die Schönstatt-Bewegung. (rv)

Missbrauchsbericht: Mindestens 205 Opfer

 

An diesem Donnerstagmittag hat die Missbrauchsbeauftragte Ursula Raue den mit großer Ungeduld erwarteten Abschlussbericht ihrer Untersuchungen vorgestellt. In München trat die im Februar vom Jesuitenorden eingesetzte Berliner Rechtsanwältin mit den Ergebnissen ihrer unabhängigen Untersuchung zum Missbrauch im Orden vor die Journalisten:
„Bis vorgestern haben sich bei mir 205 Leute gemeldet. Dabei kamen ganz unterschiedliche Vorwürfe zur Sprache. Von Aussagen wie „ich weiß, dass es anderen geschehen ist" bis hin zu „ich muss Ihnen jetzt einfach sagen, wie schlimm das für mich selber war", gibt es die ganze Bandbreite. Teilweise haben sich auch Geschwister von Opfern gemeldet, die sich selbst nicht gemeldet haben, und mitgeteilt, was sie wussten. Da war also alles drunter."
Verdächtigt werden 46 Patres, weltliche Lehrer und Erzieher des Ordens, gab die Missbrauchsbeauftragte an. Neben den Übergriffen an Jesuiten-Einrichtungen seien ihr fünfzig weitere, meist an katholischen Einrichtungen geschehene Übergriffe gemeldet worden, so Raue weiter. Als Orte des Missbrauchs nannte Raue neben dem Canisius-Kolleg in Berlin das Kolleg Sankt Blasien, das Aloisiuskolleg in Bad Godesberg, die Sankt-Ansgar-Schule in Hamburg, ein ehemaliges Kolleg im westfälischen Büren sowie Jugendeinrichtungen in Hannover und Göttingen. Wichtig sei nun vor allem, dass ihre Arbeit Konsequenzen hat, betonte Raue:
„Es müssen Supervisionen in die Schulen eingebaut werden, damit man sexuelle Übergriffe schneller als solche bemerkt. Es ist innerhalb des Ordens besser und offener mit Sexualität umzugehen. Es muss einfach eine gute und faire Kommunikation her. An der hat es, das hat meine Untersuchung an vielen Stellen ergeben, oft gehapert."
Bei vielen Opfern hätten die Übergriffe schlimme Auswirkungen auf ihren weiteren Lebensweg gehabt. „Diese Leute, die sich da gemeldet haben, sprechen fast durchgängig von gebrochenen Lebenswegen, von Angst und Depressionen, Problemen im sexuellen Bereich und zerstörten Ehen und Eheproblemen", so Raue wörtlich. Im Jesuitenorden seien viele Vorwürfe bekannt gewesen, ohne dass angemessen reagiert wurde. Die vergangenen Wochen hätten die Opfer erneut auf eine harte Geduldsprobe gestellt.
„Für die Opfer ist es so gewesen, dass sich die Zeit unendlich hingezogen hat. Das ist so: Wenn man etwas gesagt hat, was der Andere gehört haben soll, und dann kommt das nicht so schnell, dann zieht sich die Zeit ganz, ganz lange hin. Und dann wird man ungeduldig. Das habe ich durchaus verstanden."
Raue selbst war die Erleichterung darüber, dass sie nun die Untersuchungen und ihre heikle, aber überaus wichtige Aufgabe abgeschlossen hat, deutlich anzumerken.
„So schnell ist Zeit für mich selten vergangen. Es war wirklich viel zu tun: Ohne abendlichen Schluss und ohne Wochenenden. Meine Enkelkinder haben mich nur noch im Fernsehen gesehen." (rv)

Vatikan: Auf dem Petersplatz- Demo für den Papst

Weit über hunderttausend Menschen haben an diesem Sonntag auf dem Petersplatz am österlichen Mittagsgebet des Papstes teilgenommen. Die italienische Bischofskonferenz und mehr als sechzig katholische Verbände hatten zum Kommen aufgerufen, um angesichts der kirchlichen Missbrauchsskandale Solidarität mit Benedikt XVI. zu zeigen. Auch namhafte Politiker ließen sich in der festlich gestimmten Menge sehen. „Heiliger Vater, du bist nicht allein“ oder „Zusammen mit dem Papst“ – Slogans dieser Art waren auf Transparenten zu lesen; über der „Piazza San Pietro“ stiegen Luftballons in Vatikanfarben zum grauen Himmel auf.
„Ich danke euch für diese schöne und sponane Demonstration des Glaubens und der Solidarität“, sagte der Papst vom Fenster seines Arbeitszimmers aus. „Ihr zeigt damit eure Nähe zum Papst und zu euren Priestern, damit wir mit erneuerter Spiritualität und Moral immer besser der Kirche dienen können, dem Volk Gottes und allen, die sich voll Vertrauen an uns wenden.“
Benedikt griff mit einem ungewöhnlichen Nachdruck in der Stimme die Worte auf, die er vor kurzem bei seinem Besuch in Portugal für die Missbrauchsskandale gefunden hatte: Dabei hatte er vor Journalisten gesagt, es gehe hier zu einem großen Teil um einen Angriff auf die Kirche, aber aus ihrem Inneren heraus.
„Der wahre Feind, den es zu fürchten und zu bekämpfen gilt, ist die Sünde und das Böse, das manchmal leider auch Mitglieder der Kirche ansteckt. Wir leben in der Welt, sind aber nicht von der Welt; wir Christen haben keine Angst vor der Welt, müssen uns aber hüten vor ihren Versuchungen. Wir sollten die Sünde fürchten und uns darum so gut wie möglich in Gott verankern, um stark im Guten, in der Liebe und im Dienst zu sein… Mögen uns die Versuchungen, die der Herr zulässt, dazu drängen, unseren eigentlichen Weg mit stärkerer Radikalität und Kohärenz fortzusetzen, und beten wir für die Bekehrung der Herzen. Danke!“
Den deutschsprachigen Pilgern und Besuchern sagte der Papst: „Das gemeinsame Gebet mit so vielen Gläubigen hier auf dem Petersplatz ist ein sichtbarer Ausdruck unserer Einheit in der Kirche, die Jesus Christus gestiftet hat. Wie Maria und die Apostel im Abendmahlssaal bitten wir in diesen Tagen vor Pfingsten um den Heiligen Geist, den Beistand, den der Herr seinen Jüngern verheißen hat. Er schenke uns neu die Fülle seiner Gaben, damit wir das Geheimnis der Liebe des Vaters und des Sohnes immer tiefer erkennen und fähig werden, am Werk der Erlösung mitzuarbeiten. Euch allen wünsche ich einen gesegneten Sonntag.“
Vor dem Mittagsgebet des Papstes hatte der italienische Kardinal Angelo Bagnasco auf dem Petersplatz einen Gottesdienst gehalten. Dabei wurde nicht nur für den Papst, sondern vor allem für die Opfer von Missbrauch durch Kirchenleute gebetet. Bagnasco leitet die italienische Bischofskonferenz. In seiner Predigt rief er zu Busse und Erneuerung in der Kirche auf. (rv)

Fliegende Pressekonferenz im Wortlaut

Papst Benedikt XVI. hat sich am Dienstag auf dem Flug von Rom nach Portugal zum Säkularisierungsprozess, zur Wirtschaftskrise sowie zu den Missbrauchsskandalen geäußert. Hier eine Dokumentation der Pressekonferenz in der offiziellen vatikanischen Übersetzung.

Federico Lombardi: Heiliger Vater, welche Sorgen und Empfindungen verspüren Sie hinsichtlich der Lage der Kirche in Portugal? Was kann man Portugal sagen, einem Land, das früher zutiefst katholisch war und den Glauben in die Welt hinausgetragen hat, sich aber heute in einem tiefgreifenden Säkularisierungsprozess befindet, sowohl im Alltagsleben als auch im Bereich der Gesetzgebung und der Kultur? Wie kann in einem Umfeld, das der Kirche gleichgültig und feindlich gegenübersteht, der Glaube verkündet werden?
Benedikt XVI.: Zunächst wünsche ich Ihnen allen einen guten Tag. Hoffen wir, dass wir trotz der berühmten Aschewolke, unter der wir uns befinden, eine gute Reise haben. Was Portugal betrifft, empfinde ich vor allem Freude und Dankbarkeit für all das, was dieses Land in der Welt und in der Geschichte geleistet hat und leistet, sowie für die tiefe Menschlichkeit dieses Volkes, die ich bei einem Besuch und im Umgang mit zahlreichen portugiesischen Freunden kennenlernen konnte. Ich würde sagen, es ist wahr und absolut richtig, dass Portugal eine große Kraft des katholischen Glaubens gewesen ist und diesen Glauben in alle Teile der Welt getragen hat; einen mutigen, verständigen und kreativen Glauben; es hat eine große Kultur geschaffen, wie wir es in Brasilien sehen, in Portugal selbst, aber auch am portugiesischen Geist, der in Afrika und in Asien zu finden ist. Andererseits ist die Präsenz des Säkularismus nicht etwas ganz Neues. Die Dialektik zwischen Säkularismus und Glaube hat in Portugal eine lange Geschichte. Schon im 18. Jahrhundert war die Aufklärung stark vertreten. Man braucht nur an den Namen Pombal zu denken. So sehen wir, dass Portugal in diesen Jahrhunderten immer in der Dialektik gelebt hat, die sich natürlich heute radikalisiert hat und alle Züge des heutigen europäischen Geistes zeigt. Darin sehe ich eine Herausforderung und auch eine große Chance. In diesen Jahrhunderten der Dialektik zwischen Säkularismus und Glaube gab es immer Personen, die Brücken bauen und einen Dialog ins Leben rufen wollten, aber leider dominierte die Tendenz des Gegeneinanders und des gegenseitigen Ausschlusses. Heute sehen wir, dass genau diese Dialektik eine Chance darstellt, dass wir die Synthese und einen inhaltsreichen und tiefgehenden Dialog finden müssen. In dem multikulturellen Umfeld, in dem wir uns alle befinden, sieht man, dass eine rein rationalistische europäische Kultur ohne die transzendente religiöse Dimension nicht in der Lage wäre, mit den großen Kulturen der Menschheit in Dialog zu treten, die alle diese transzendente religiöse Dimension haben, die eine Dimension des menschlichen Wesens ist. Es ist daher ein Irrtum zu denken, dass es eine reine, anti-historische Vernunft gibt, die nur in sich selbst existiert, und dass es sich dabei um „die“ Vernunft handelt; wir entdecken immer mehr, dass sie nur einen Teil des Menschen berührt, nur eine bestimmte historische Situation zum Ausdruck bringt und nicht die Vernunft an sich ist. Die Vernunft an sich ist offen für die Transzendenz, und nur in der Begegnung zwischen der transzendenten Wirklichkeit, dem Glauben und der Vernunft findet der Mensch sich selbst. Daher denke ich, dass die Aufgabe und die Sendung Europas in dieser Situation gerade darin besteht, diesen Dialog zu finden, den Glauben und die moderne Rationalität in eine einzige anthropologische Sichtweise zu integrieren, die das menschliche Wesen vollständig erfasst und so auch die Kommunikation unter den menschlichen Kulturen möglich macht. Daher würde ich sagen, dass die Präsenz des Säkularismus etwas Normales ist, aber die Trennung, das Gegeneinander von Säkularismus und der Kultur des Glaubens ist anormal und muss überwunden werden. Die große Herausforderung dieser Zeit ist, dass sich die beiden begegnen und so ihre wahre Identität finden. Das ist, wie erwähnt, eine Sendung Europas und eine menschliche Notwendigkeit in dieser unserer Geschichte.“
Lombardi: Danke, Heiliger Vater. Bleiben wir beim Thema Europa. Die Wirtschaftskrise hat sich in letzter Zeit in Europa verschärft und betrifft in besonderer Weise auch Portugal. Manche europäische Führungspersönlichkeiten sehen die Zukunft der Europäischen Union in Gefahr. Welche Lehren können aus dieser Krise gezogen werden, auch auf ethischer und moralischer Ebene? Was sind die Schlüsselpunkte, um die Einheit und die Zusammenarbeit der europäischen Länder in Zukunft zu festigen?
Benedikt XVI.: Ich würde sagen, dass diese Wirtschaftskrise mit ihrer moralischen Komponente, die niemand übersehen kann, ein Anwendungsbeispiel, ein konkreter Fall von dem ist, was ich vorhin gesagt habe, nämlich dass sich zwei voneinander getrennte kulturelle Strömungen begegnen müssen, denn sonst finden wir den Weg in die Zukunft nicht. Auch hier sehen wir einen falschen Dualismus, nämlich einen wirtschaftlichen Positivismus, der glaubt, sich ohne die ethische Komponente entfalten zu können, einen Markt, der sich selbst regulieren soll, allein auf der Grundlage der wirtschaftlichen Kräfte, der positivistischen und pragmatischen Rationalität der Wirtschaft; die Ethik sei etwas anderes und diesem Prozess fremd. In Wirklichkeit sehen wir jetzt, dass ein reiner wirtschaftlicher Pragmatismus, der die Realität des Menschen nicht beachtet – der ein ethisches Wesen ist -, nicht positiv endet, sondern unlösbare Probleme schafft. Daher ist es jetzt Zeit zu sehen, dass die Ethik nicht außerhalb, sondern innerhalb der Rationalität und des wirtschaftlichen Pragmatismus steht.
Andererseits müssen wir auch eingestehen, dass der katholische, der christliche Glaube oft zu individualistisch war, die konkreten wirtschaftlichen Dinge der Welt überliess und nur an das individuelle Heil dachte, an die religiösen Handlungen, ohne zu sehen, dass diese eine globale Verantwortung, eine Verantwortung für die Welt mit sich bringen. Daher müssen wir auch hier in einen konkreten Dialog eintreten. In meiner Enzyklika „Caritas in veritate“ habe ich versucht – und die gesamte Tradition der christlichen Soziallehre geht in diese Richtung -, den ethischen und den Glauben betreffenden Aspekt über das Individuum hinaus auf die Verantwortung gegenüber der Welt und auf eine von der Ethik geformte Rationalität auszuweiten. Andererseits haben die jüngsten Ereignisse auf dem Markt in den letzten zwei, drei Jahren gezeigt, dass die ethische Dimension innerhalb des wirtschaftlichen Handelns steht und darin ihren Platz haben muss, denn der Mensch ist eins, und es geht um den Menschen, um eine gesunde Anthropologie, die alles einschließt, und nur so lässt sich das Problem lösen, nur so entfaltet und erfüllt Europa seine Sendung.
Lombardi: Danke. Jetzt kommen wir zu Fatima, dass gewissermaßen auch der geistliche Höhepunkt dieser Reise sein wird. Heiliger Vater, welche Bedeutung haben heute für uns die Erscheinungen von Fatima? Als Sie den Text des dritten Geheimnisses im Juni 2000 im Presseamt des Heiligen Stuhls vorgestellt haben, waren manche von uns und andere Kollegen von damals dabei, und Sie wurden gefragt, ob die Botschaft von Fatima über das Attentat auf Johannes Paul II. hinaus auch auf andere Leiden der Päpste bezogen werden kann. Können Ihrer Ansicht nach auch die durch den Missbrauch von Minderjährigen verursachten Leiden der Kirche von heute im Rahmen dieser Vision gesehen werden?
Benedikt XVI.: Ich möchte zunächst meine Freude über die Reise nach Fatima zum Ausdruck bringen und darüber, vor der Muttergottes von Fatima zu beten, die für uns ein Zeichen der Gegenwart des Glaubens ist, dass gerade aus den Kleinen eine neue Kraft des Glaubens geboren wird, die nicht auf die Kleinen beschränkt bleibt, sondern eine Botschaft für die ganze Welt hat, und die die Geschichte gerade auch in ihrem Heute berührt und diese Geschichte erleuchtet. Bei der Präsentation im Jahr 2000 habe ich gesagt, dass eine Erscheinung – das heißt ein übernatürlicher Impuls, der nicht bloß der Vorstellungskraft der Person entspringt, sondern tatsächlich von der Jungfrau Maria, vom Übernatürlichen herkommt – dass ein solcher Impuls in das Subjekt eintritt und gemäß den Möglichkeiten des Subjekts zum Ausdruck gebracht wird. Das Subjekt ist von seinen geschichtlichen, persönlichen, und charakterlichen Gegebenheiten bestimmt und übersetzt den großen übernatürlichen Impuls daher in sein Seh-, Vorstellungs- und Ausdrucksvermögen, aber in diesen Ausdrucksweisen, die vom Subjekt geformt sind, verbirgt sich ein Inhalt, der darüber hinausgeht, der tiefer ist, und nur im Lauf der Zeit können wir die ganze Tiefe sehen, die – sagen wir mal – in dieser für die konkreten Personen möglichen Vision „gekleidet“ war. So würde ich sagen, werden auch hier über die große Vision des Leidens des Papstes hinaus, die wir in erster Linie auf Papst Johannes Paul II. beziehen können, Realitäten der Zukunft der Kirche aufgezeigt, die sich nach und nach entfalten und zeigen. Daher ist es richtig, dass man über den in der Vision gezeigten Moment hinaus die Notwendigkeit eines Leidens der Kirche sieht, das sich natürlich in der Person des Papstes widerspiegelt, aber der Papst steht für die Kirche und daher werden Leiden der Kirche angekündigt. Der Herr hat uns gesagt, dass die Kirche auf verschiedene Weise immer leiden würde bis zum Ende der Welt. Wichtig ist dabei, dass die Botschaft, die Antwort von Fatima im Wesentlichen nicht auf bestimmte Andachtsübungen abzielt, sondern auf die grundlegende Antwort, das heißt die ständige Umkehr, die Busse, das Gebet und die drei göttlichen Tugenden: Glaube, Hoffnung und Liebe. So sehen wir hier die wahre und grundlegende Antwort, die die Kirche geben muss, die wir, jeder von uns, in dieser Situation geben müssen. Unter dem Neuen, das wir heute in dieser Botschaft entdecken können, ist auch die Tatsache, dass die Angriffe gegen den Papst und die Kirche nicht nur von Außen kommen, sondern die Leiden der Kirche kommen gerade aus dem Inneren der Kirche, von der Sünde, die in der Kirche existiert. Auch das war immer bekannt, aber heute sehen wir es auf wahrhaft erschreckende Weise: Die größte Verfolgung der Kirche kommt nicht von den äußeren Feinden, sondern erwächst aus der Sünde in der Kirche. Und darum ist es für die Kirche zutiefst notwendig, dass sie neu lernt, Buße zu tun, die Reinigung anzunehmen; dass sie einerseits zu vergeben lernt, aber auch die Notwendigkeit der Gerechtigkeit sieht; denn Vergebung ersetzt die Gerechtigkeit nicht. Mit einem Wort, wir müssen gerade das Wesentliche neu lernen: die Umkehr, das Gebet, die Buße und die göttlichen Tugenden. So antworten wir. Seien wir realistisch darauf gefasst, dass das Böse immer angreift, von Innen und von Außen, aber dass auch die Kräfte des Guten immer gegenwärtig sind und dass letztendlich der Herr stärker ist als das Böse. Und die Muttergottes ist für uns eine sichtbare, mütterliche Garantie der Güte Gottes, die immer das letzte Wort in der Geschichte ist.
Lombardi: Vielen Dank, Heiliger Vater, für die Klarheit und die Tiefe ihrer Antworten und für dieses abschließende Wort der Hoffnung, das Sie uns mitgegeben haben. Wir wünschen Ihnen, dass Sie diese anspruchsvolle Reise in Ruhe machen können und dass Sie sie auch mit der Freude und der geistlichen Tiefe erleben können, die uns die Begegnung mit dem Geheimnis von Fatima schenkt. Wir wünschen Ihnen eine gute Reise und werden uns unsererseits bemühen, unseren Dienst gut zu verrichten und mit Objektivität das zu verbreiten, was sie tun werden. (rv)

Papst: „Die Feinde der Kirche sind im Inneren“

Die größte Verfolgung der Kirche kommt nicht von außerhalb, sondern „entsteht aus der Sünde innerhalb der Kirche". Das sagte Papst Benedikt XVI. während seines Flugs nach Lissabon am Dienstag vor mitreisenden Journalisten. Dabei bezog er sich auf die Krise, die durch sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker ausgelöst wurde.
„Die Leiden der Kirche kommen gerade aus dem Innern. Die Sünde existiert im Innern der Kirche. Nötig ist deshalb die Bereitschaft zu Buße und Reinigung, aber auch zu einer juristischen Aufarbeitung und Vergebung. Man muss realistisch sein und anerkennen, dass es immer Attacken des Bösen geben wird; am Ende jedoch ist Christus aber stärker."
Das sogenannte dritte Geheimnis von Fatima, in dem von Angriffen auf einen in Weiß gekleideten Bischof die Rede ist, habe sich in erster Linie auf Johannes Paul II. bezogen, erklärte Benedikt XVI.
„Die „Notwendigkeit des Leidens der Kirche ist aber für die ganze Kirche zu verstehen. Bezeichnend ist, dass Fatima auf diese Prophezeiung eine allgemeine Antwort gibt: den Aufruf zu dauernder Bekehrung, Busse und Gebet."
In den Visionen der drei Seherkinder im Jahr 1917 gebe es einen „übernatürlichen Impuls". Die Erscheinungen stammten nicht aus der Einbildungskraft der Seher, sondern kämen von der Gottesmutter Maria, betonte der Papst.

Wirtschaftspositivismus und Ethik

Im Blick auf die auch Portugal betreffende Wirtschafts- und Finanzkrise warnte der Papst vor einer nach seiner Auffassung falschen Trennung zwischen einem Wirtschaftspositivismus einerseits und Ethik andererseits. Die Krise zeige, „dass ein reiner ökonomischer Pragmatismus, der von der Wirklichkeit des Menschen als ethisches Wesen absieht, nicht gut ausgeht, sondern unlösbare Probleme schafft". Ethik stehe nicht außerhalb von Vernunft und pragmatischem Handeln, sondern liege in deren Innerem, so der Papst. (rv)