Katholische Hilfsorganisationen sprechen über modernen Menschenhandel

Im Oktober organisierte bei den Vereinten Nationen in Genf der Malteserorden ein Podium zu einem oft unterbelichteten Thema: Der Behandlung des Menschen als Ware für Sklaverei und Ausbeutung. Diese ist – wie insgesamt der illegale Schmuggel von Millionen Migranten und Flüchtlingen – ein Milliardengeschäft für kriminelle Organisationen.

Zusammen mit dem Heiligen Stuhl, Caritas Internationalis, der Internationalen Katholischen Migrationskommission und einigen staatlichen Organisationen wollte man das öffentliche Bewusstsein für den Menschenhandel schärfen.

Die Internationale Arbeitsorganisation beziffert die Zahl der Betroffenen dieser bestimmten Form von Schlepperei weltweit auf 20,9 Millionen, die meisten davon in Zwangsarbeit. Menschenhandel ist mit einem geschätzten jährlichen Gewinn von über 150 Milliarden US Dollar ein großes Geschäft. Experten zufolge sind etwa 26 Prozent der Betroffenen noch Kinder, 55 Prozent sind Frauen und Mädchen.

Der Apostolische Nuntius Erzbischof Ivan Jurkovič, ständiger Beobachter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf wies in seiner Rede auf die traurige Tatsache hin, dass Verbrecher wie Menschenhändler von niemandem wirklich angeklagt werden:

„Wir leben heute in einer modernen Gesellschaft, überall Kommunikation, jeder könnte Hinweise geben, um sie ausfindig zu machen, sie zu schnappen – aber keiner kommt, keiner legt Hand an sie. Beim Drogenhandel ist es genauso. In der Kleinstadt Ljubljana [Laibach] beispielsweise können einem schon die Kinder sagen, wo man Drogen verkauft, aber keiner tut irgendwas.“

Er wies auf eine ungewöhnliche Initiative hin, die Papst Franziskus in Santa Marta seinem Wohnsitz in Rom gestartet hat:

„Und in diesem Haus Santa Marta, wo er lebt – ein schöner Ort um dort zu wohnen, ich habe auch schon dort gewohnt – aber es ist nicht so schön wie der päpstliche Palast, der natürlich viel größer ist. In diesem Haus wiegesagt hat er einen Zusammenschluss von Bischöfen und Vollzugsbehörden ins Leben gerufen. Er nennt das die Gruppe von Santa Marta. Denn es ist in der Tat so, dass viele Betroffenen der Polizei nicht trauen. Für die Polizisten ist das natürlich unschön, sie sind dem Schlimmsten ausgesetzt, aber trotzdem traut man ihnen nicht. Die Erfahrung zeigt, dass es den Betroffenen leichter fällt, sich den Mitarbeitern der Kirche anzuvertrauen, als der Polizei.“

Ich habe mit Michel Veuthey dem Hauptorganisator des Forums und einer der beiden neuen Botschafter des Malteser Ordens zur Bekämpfung von Menschenhandel gesprochen und ihn nach dem Ziel der Veranstaltung gefragt:

„Wir wollten mit der Veranstaltung an den europäischen Tag gegen Menschenhandel erinnern. Also haben wir die Initiative ergriffen und das alles in recht kurzer Zeit organisiert. Die Botschaft des Heiligen Stuhls, und die Botschaften der Europäischen Union, des Europarats, Italiens und des Vereinigten Königreichs haben uns dabei geholfen. Ich muss sagen, dass ich sehr dankbar für diese Unterstützung bin, denn es war für uns gewissermaßen der erste Schritt in die Öffentlichkeit, das Engagement des Malteserordens gegen Menschenhandel zu unterstreichen. Im Vorfeld haben wir Erklärungen abgegeben, wir haben eine Erklärung in Wien abgegeben, wir haben im September, am 27. September in New York eine Erklärung abgegeben und morgen werde ich auch nach Rom fahren, um an einem Workshop des Heiligen Stuhls teilzunehmen… aber das alles ist nur der erste Schritt, würde ich sagen…der erste Schritt dieser Selbstverpflichtung des Ordens, die sich in der Ernennung von zwei Botschaftern gegen Menschenhandel ausdrückt. Einer mit Sitz in Afrika und der andere – ich – in Genf. Was wir möchten, ist zunächst beobachten und dann kämpfen. Um kämpfen zu können, musst du wissen, was auf dem Spiel steht, musst die Interessensgruppen kennen und wer von denen dein Partner sein könnte.“

Teil der Initiative ist für den Orden ein geplantes Netzwerk von Partnern aus UN Organisationen, Regierungen, katholischen und anderen christlichen Institutionen.

„Allen voran die Anglikanische Kirche. Das ist wichtig, weil wir von bewährten Vorgehensweisen anderer lernen wollen. Natürlich sollten wir zunächst zuhören, dann Vertrauen zu anderen Organisationen aufbauen und auf jeden Fall auch zu Regierungen. Wir wollen auch Vorschläge bei der Magistratur des Ordens in Rom einreichen, damit wir durch die Magistratur, also durch den Großkanzler, nationalen Verbänden Anregungen geben können und dann womöglich Botschaftern des Malteserordens rund um die Welt. Es ist eine große Aufgabe und ich bin, wenn Sie so wollen, einfach nur ein Kundschafter, ein Forscher. Ich sage: ja, ich bin ein Botschafter – ein Botschafter allerdings, der nicht sein Prestige oder seinen Titel gebraucht, sondern einfach zuhört, Hände schüttelt und dann schaut, wie man mit anderen zusammenarbeiten kann, die auch schon einige Jahre gegen Menschenhandel arbeiten.“

Das verstärkte Engagement des Malteserordens ist eine Antwort auf den Aufruf von Papst Franziskus zur Beendigung der Zwangsarbeit, der modernen Sklaverei und des Menschenhandels, so Michel Veuthey:

„Es ist sehr wichtig für den Malteserorden als katholischen Orden, das Gebet nicht zu vergessen. Wir müssen für die Betroffenen beten und für die Umkehr derer, die diese Straftaten tatsächlich begehen. Und aus diesem Grund, das darf ich vielleicht erwähnen, werden wir nächstes Jahr am 8. Februar den Festtag der Heiligen Josephine Bakhita feiern. Josephine Bakhita verbrachte den ersten Teil ihres Lebens als Sklavin, kam dann nach Italien, wurde Ordensfrau und half als solche später ehemaligen Sklaven.Seit 2015 ist das ein internationaler Gebetstag für Sklaven. Und ich finde, wir sollten das besonders betonen, denn ein Aktionsplan kann nicht ‚ohne die Hilfe des Himmels‘ funktionieren, würde ich sagen. Wenn wir so tun, als ob wir durch menschliche Anstrengungen alle Probleme lösen könnten, übersehen wir diesen sehr wichtigen Schritt!“

2014 hatten auf Initiative von Papst Franziskus die Vertreter großer Religionen eine Erklärung zum Kampf gegen Sklaverei unterzeichnet. Ziel ist es, moderne Sklaverei bis 2020 weltweit auszumerzen – durch Sensibilisierung, Weisheit, Technologie und den Heiligen Geist: Eine Mission, die nicht unmöglich ist.

Dieser Beitrag wurde von U.N.-Korrespondent Christian Peschken in Genf verfasst. Das Thema wird auch bei EWTN – Katholisches Fernsehen zu sehen sein im Rahmen des Magazins ‚Vatikano‘. Weitere Informationen zu Christian Peschken unter www.peschken.media. (CNA Deutsch)

Malteserorden: Neuer Großmeister ist gewählt

Der Malteserorden hat einen neuen Oberen: Der Oberste Staatsrat wählte an diesem Samstagmorgen Fra Giacomo Dalla Torre del Tempio di Sanguinetto zum Großmeister. Seinen Eid vor dem Beauftragten des Papstes für den Orden, Erzbischof Angelo Becciù, wird der neue Obere am Sonntagmorgen im Rahmen eines Gottesdienstes ablegen.

Fra Giacomo Dalla Torre folgt in diesem Amt Frau Matthew Festing nach, der im Januar diesen Jahres auf Bitten des Papstes zurück getreten war. Papst Franziskus hatte damals auch Erzbischof Becciù zu seinem Beauftragten für den Orden ernannt. Der Wechsel an der Ordensspitze erfolgt nach Streitigkeiten um die Leitung des Ordens, bei denen es unter anderem um den Großkanzler des Ordens, Albrecht von Boeselager, ging. Fra Matthew hatte von Boeselager abgesetzt, der Papst hatte diese Absetzung aber wieder rückgängig gemacht.

Papst Franziskus ist über die erfolgte Wahl von Fra Giacomo Dalla Torre informiert worden. Sie erfolgte zunächst für ein Jahr, was für den Malteserorden ungewöhnlich ist, der Großmeister wird in der Regel auf Lebenszeit gewählt.

Fra Giacomo war von 2005 bis 2009 Großkomtur des Malteserordens, eine Funktion, die vor allem religiöse Bedeutung hat. Nach dem Tod des Großmeisters Andrew Bertie 2008 bis zur Wahl von Matthew Festing leitete er den Malteserorden interimsmäßig. Seit 2009 leitete er als Großprior das Großpriorat Rom des Ordens. (rv)

Malteser: Fra‘ Festings Rücktritt bestätigt, Großkanzler von Boeselager wieder im Amt

ROM – Der entlassene Großkanzler des Souveränen Malteser-Ordens, Freiherr Albrecht von Boeselager, ist wieder im Amt. Gleichzeitig ist der bisherige Großmeister, Fra‘ Matthew Festing, zurückgetreten. Das hat der Malteser-Orden auf seiner Website offiziell bestätigt.

Wörtlich meldet der Orden, dass sich die Regierung des Ordens am heutigen Samstag Nachmittag versammelt habe. Auf der Tagesordnung habe der vom Großmeister Fra‘ Matthew Festing angekündigte Rücktritt gestanden, „gemäß Artikel 16 der Verfassung des Malteser-Ordens“. Diesen habe der Souveräne Rat – die Ordensregierung – angenommen.

Der Papst sei über diesen Rücktritt verfassungsgemäß informiert werden, heißt es weiter.

Tatsächlich hatte Papst Franziskus den Großmeister zu sich einbestellt, den Rücktritt verlangt, und Berichten zufolge diesen auch gleich in schriftlicher Form von Fra‘ Festing eingefordert. Dieser Aufforderung habe Fra‘ Festing entsprochen. Kurz darauf hatte der Vatikan eine Mitteilung veröffentlicht, die ankündigte, dass ein „päpstlicher Delegat“ eine Untersuchung des Ordens übernehmen werde.

Dieses in mehrfacher Hinsicht ungewöhnliche Eingreifen des Papstes war der bisherige Höhepunkt einer Auseinandersetzung des Vatikans mit der Ordensleitung über die Absetzung des Großkanzlers, Freiherr von Boeselager; eine Auseinandersetzung, die wiederum öffentlicher Ausdruck einer komplexen Kontroverse innerhalb des Ordens sein soll, wie Vatikanisten berichteten.

Wie CNA bereits im Vorfeld schrieb, war dieser Schritt des Papstes der zweite von fünf möglichen.

Zwischenzeitlich leitet, so nun die Presse-Mitteilung der Malteser, der Großkommandeur der Malteser, der Österreicher Fra‘ Ludwig Hoffmann von Rumerstein, ad interim den Orden – bis zur Wahl eines neuen Großmeisters.

Dem bisherigen Großmeister, dem Briten Festing, habe die Regierung für sein großes Engagement während seiner neun Jahre im Amt gedankt, so die Mitteilung. Ebenso drückt der Orden seine Dankbarkeit gegenüber dem Papst und seinem Staatssekretär, Kardinal Pietro Parolin aus, „für ihr Interesse an und Sorge für den Orden“.

Unklar ist nun, wer der „Päpstliche Delegat“ sein wird, den Franziskus zur „spirituellen Erneuerung des Ordens“, besonders seiner – zölibatär lebenden – Professritter bestellen werde. Der Souveräne Malteser-Orden werde mit diesem jedoch „voll kooperieren“, teilte der Orden mit. (CNA Deutsch)

(UPDATE) Großmeister der Malteser kündigt nach Treffen mit Papst Rücktritt an

 VATIKANSTADT –(UPDATE 11 Uhr mit Bestätigung des Ordens und neuen Informationen) Papst Franziskus hat den Großmeister des Souveränen Malteser-Ordens, Fra‘ Matthew Festing, zum Rücktritt aufgefordert. Dieser werde der Anweisung folgen, bestätigte nun ein Sprecher gegenüber CNA.

„Der Großmeister hat gestern Abend den Papst getroffen“, bestätigte Eugenio Ajroldi di Robbiate am heutigen Mittwoch gegenüber CNA. Der Heilige Vater habe Fra‘ Festing um seinen Rücktritt gebeten.

Der Vorgang „war unerwartet…niemand wusste etwas davon“, so Robbiate weiter, doch sei Festing kooperativ gewesen und habe zugestimmt, seinen Rücktritt nun der Ordensregierung zu unterbreiten.

Der 67 Jahre alte Brite Robert Matthew Festing wurde 2008 zum Großmeister ernannt. Sein voller Titel lautet „Seine Hoheit und Eminenz, Fra’ Matthew Festing, Fürst und Großmeister des Souveränen Ritter- und Hospitalordens des Heiligen Johannes von Jerusalem, von Rhodos und von Malta“. Festing ist Sohn des Feldmarschalls und obersten Befehlshabers des britischen Imperialen Generalstabes, Sir Frances Festing, sowie Nachfahre des seligen Malteser-Ritters Adrian Fortescue.

Das Amt ist des Großmeisters der Malteser ist im Prinzip das eines Staatsoberhauptes – der Orden ist ein souveränes Völkerrechtssubjekt – und gilt normalerweise auf Lebenszeit; die Verfassung des Ritterordens sieht jedoch vor, dass der Großmeister den Regierungsrat einberufen kann, und ihnen seine Resignation unterbreiten. Der Rat muss dann den Rücktritt anerkennen, damit er offiziell in Kraft tritt.

Bis dahin sei Fra‘ Festing „rein technisch weiter Großmeister“, sagte Robbiate. Die Abstimmung erfolge am Samstag.

Auf die Frage, ob der Regierungsrat auch seinen Rücktritt ablehnen könnte, sagte Robbiate, dass dies „theoretisch möglich“ sei. Er halte es jedoch für unwahrscheinlich.

Zur andauernden Untersuchungskommission des Vatikan in die Absetzung des ehemaligen Großkanzlers, Albrecht von Boeselager, äußerte sich der Presse-Sprecher des Ordens nicht.

Wie indessen die katholische Presse-Agentur unter Berufung auf italienische Quellen berichtet, soll offenbar Fra‘ Ludwig Hoffmann von Rumerstein kommissarisch die Leitung des Ordens übernehmen.

Der 1937 geborene Österreicher ist seit 2014 zum zweiten Mal Großkomtur des Souveränen Malteserordens. (CNA Deutsch)

Kirchenrechtler: „Malteserorden muss Papst gehorsam sein“

Der öffentlich ausgetragene Konflikt um die Amtsenthebung des Großkanzlers des Malteserordens dauert mittlerweile seit Anfang Dezember an. Es geht um Gehorsam und Absetzung, um Souveränität und Ordensleben und im das komplexe Verhältnis zwischen Vatikan und Maltesern: Wer hat das Recht, wen abzusetzen, welche Gründe braucht es dafür und was hat eigentlich der Papst zu sagen? Wir wollten es etwas genauer wissen und haben mit dem Kirchenrechtler Pater Ulrich Rhode über die rechtlichen Dimensionen und Begriffe, die in dem öffentlich ausgetragenen Zwist immer wieder fallen, gesprochen. Rhode ist seit 2014 ordentlicher Professor für Kirchenrecht an der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Sein Spezialgebiet ist Staatskirchenrecht.

Man müsse die verschiedenen Ebenen der Ordensmitgliedschaft bei den Maltesern bedenken, sagt Rhode: „Die Mitglieder des Erstens Standes, also die Ordensleute, sind durch ihr Gehorsamsgelübde nicht nur ihren Ordensoberen, sondern auch dem Papst zu Gehorsam verpflichtet. Das gilt auch für den Großmeister, der ja die Absetzung des Großkanzlers vorgenommen hat und der selbst dem Ersten Stand angehört“. Die Gehorsamspflicht gegenüber dem Papst sei keine Besonderheit des Malteserordens, sondern gelte nach dem Kirchenrecht für alle Ordensleute. „Bei den Mitgliedern des zweiten Standes verpflichtet das Gehorsamsversprechen nur gegenüber den Oberen im Malteserorden, nicht gegenüber dem Papst.“ Trotzdem seien aber auch die Mitglieder des Zweiten, also mit Gelübden, als auch die des Dritten Standes, also ohne Gelübde, wie alle Katholiken dem Papst gegenüber zum Gehorsam verpflichtet. „Das gilt sowohl dann, wenn der Papst die kirchliche Lehre vorträgt, als auch dann, wenn er rechtliche Anordnungen trifft,“ so Rhode

Gehorsam gilt für alle Katholiken

In diesem ersten Stand gebe es weltweit etwa 50 Mitglieder, einige als Priester, die meisten seien Brüder ohne Priesterweihe. Der zweiten Stand umfasse Männer und Frauen, die keine Ordensleute sind, die aber ein Gehorsamsversprechen abgelegt hätten. Im dritten Stand sind weitere Mitglieder, die sich für den Orden einsetzen, ohne Gelübde oder ein Gehorsamsversprechen abgelegt zu haben, erklärt Rhode. Wie die Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung ausgeübt wird, beschreiben die Statuten des Ordens. „Dazu gehören natürlich auch Vorschriften über die Bestellung der Amtsträger und auch über ihre Abberufung.“ Zur Regelung der Rechtsfragen habe der Orden eine eigene Gerichtsbarkeit, die in Rom ansässig sei, in zwei Instanzen.

Sowohl Kirche als auch souverän

Da der Malteserorden sowohl als katholisch als auch als Völkerrechtssubjekt anerkannt ist, existiere seine Beziehung zum Heiligen Stuhl einerseits in der kirchlichen Rechtsordnung und andererseits im internationalen Recht. „In der kirchlichen Rechtsordnung ist der Malteserorden als katholisch anerkannt, schon seit dem 12. Jahrhundert, und deswegen untersteht er wie überhaupt alle anerkannten katholischen Gemeinschaften und Organisationen natürlich dem Papst und damit auch dem Heiligen Stuhl. Das gilt nicht nur für den Ersten Stand, also für die Ordensleute mit Gelübden, sondern auch für den Orden als ganzen mit allen Ständen und Mitgliedern.“

Einerseits Gehorsam, andererseits keine Vollmacht

Auf der anderen Seite gebe es eine Botschaft beim Heiligen Stuhl, wie sie auch andere Völkerrechtssubjekte haben. Auf der Seite des internationalen Rechts, also in Bezug auf die Beziehung des Ordens zu anderen Staaten, habe der Papst natürlich keine Vollmachten, so Rhode. Hierauf beruft sich Ordensmeister Matthew Festing, indem er die vom Papst eingesetzte Kommission zur Untersuchung der Leitungsfragen im Orden ablehnt.

Andererseits müsse laut dem Kirchenrecht und den Statuten des Ordens der Papst über die Wahl eines neuen Großmeisters informiert werden, bevor dieser dann sein Amt antritt. „Zum anderen kann der Papst aber auch jenseits der Statuten eingreifen, ebenso wie bei allen katholischen Ordensgemeinschaften oder Organisationen. In dieser Hinsicht unterliegt der Papst keinen anderen Grenzen als denen der Glaubens- und Morallehre.“

Warum eigentlich ein eigenes Völkerrechts-Subjekt?

Manch einem mag sich die Frage stellen, aus welchem Grund eine überschaubare Organisation ohne Territorium wie die Malteser eigentlich ein Völkerrechtssubjekt darstellen. Rhode klärt uns auf: „Das liegt zum einen an historischen Gründen, weil der Malteserorden früher ein Staatsgebiet beherrschte, nämlich zunächst die Insel Rhodos und später die Insel Malta; und zum anderen liegt es an dem humanitären Engagement des Malteserordens. Heute ist die Stellung eines Völkerrechtssubjekts für den Malteserorden vor allem ein Vorteil bei humanitären Einsätzen. Er ist souverän in dem Sinne, das er in der Rechtsordnung des Völkerrechts niemandem untergeordnet ist, auch nicht dem Papst.“

Hintergrund

Der Begriff ‚Völkerrecht‘ meint die Rechtsordnung, in der sich vor allem Staaten gegenüberstehen, zum Beispiel wenn sie diplomatische Beziehungen unterhalten oder Verträge schließen. ‚Völkerrechtssubjekte‘ sind diejenigen, die im Völkerrecht Rechte und Pflichten haben. Also vor allem Staaten, aber auch einige andere, wie der Heilige Stuhl, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, und eben auch der Malteserorden. (rv)

Malteser lehnen Kommission als „inakzeptabel“ ab

VATIKANSTADT – Die katholische Ordensgemeinschaft der Malteser hat die Entscheidung des Papstes abgelehnt, eine Kommission zur Untersuchung der Absetzung des ehemaligen Großkanzlers Albrecht Freiherr von Boeselager zuzulassen.

Wie der Souveräne Malteserorden auf seiner Webseite mitteilt, habe das Großmagisterium „von der Entscheidung des Heiligen Stuhls erfahren, eine fünf-köpfige Personengruppe zu ernennen, um die Absetzung des ehemaligen Großkanzlers zu beleuchten“. Doch, wie der fast 1.000 Jahre alte Orden weiter mitteilt:

Der Austausch des ehemaligen Großkanzlers ist eine interne Regierungsentscheidung des Souveränen Ordens der Malteser und fällt folglich allein unter dessen Kompetenz.

Die Einberufung einer Kommission sei somit „ein Missverständnis des Staatssekretariates“, so der Orden, der bis heute einen Status als souveränes Völkerrechtssubjekt innehält. Dies habe der Großmeister „respektvoll (…) in einem Brief“ an den Papst mitgeteilt, der auch die Gründe darlege, „warum die Vorschläge des Staatssekretariates inakzeptabel“ seien.

Der Großmeister habe den Papst um seinen Segen für den Souveränen Malteserorden gebeten, „seine 13.500 Mitglieder sowie seine 100.000 Angestellte und Freiwillige, die ihn über 120 Ländern dem jahrhunderte-alten Charisma des Malteser-Ordens gemäß“ dienten, so die Mitteilung weiter.

Der Schritt sei „eine außergewöhnliche Zurechtweisung des Papstes“, schrieb der renommierte Vatikanist John Allen auf „Crux“ zu dem Vorfall.

Hintergrund: Absetzung des Großkanzlers

Der Vorgang, der zu den jetzigen Meldungen führte, wurde offiziell vom Malteserorden selbst durch eine Meldung auf der eigenen Internetseite erklärt: Am vergangenen 6. Dezember habe eine äußerst schwerwiegende und untragbare Situation hinsichtlich des Amtes von Albrecht Freiherr von Boeselager als Großkanzler offenbart, weswegen dieser zu einem Treffen mit dem Großmeister Matthew Festing gerufen worden sei, zusammen mit dem „Großkomtur Fra´Ludwig Hoffmann von Rumerstein und Kardinal Leo Burke, Vertreter des Heiligen Stuhles beim Malteserorden.“

Die Situation war derart ernst, dass der Großmeister den Rücktritt Boeselagers als Großkanzler gefordert hatte und – als dieser sich weigerte – der Großmeister ihm zuerst aufgrund des Gehorsamsversprechens angeordnet hatte, das Amt niederzulegen und, nach einer zweiten Weigerung, ein Disziplinarverfahren einleiten musste, durch das ein Mitglied von der Zugehörigkeit zum Orden und damit von allen Aufgaben innerhalb des Ordens selbst suspendiert wird.“

„Es ist anzumerken“ – so weiter der Malteserorden – „dass es für jedes Mitglied des Ordens tadelnswert ist, einer Anordnung des Großmeisters nicht Folge zu leisten, unabhängig von den Gründen; aber für ein Mitglied, das dem Gehorsam untersteht, bedeutet die Verweigerung einer Anordnung, die Spiritualität und die Gesetzes des Ordens, sowie den eigenen religiösen Oberen und den Vertreter des Heiligen Stuhls im Orden, zu verkennen, der den Großmeister in seinerr Entscheidung unterstützt. Der Großmeister des Ordens bittet alle Mitglieder, in starker Einheit zu verbleiben. Auch wenn einige Mitglieder öffentlich widersprechen, sind deren Aussagen falsch und zeigen einen weiteren Mangel an Respekt gegenüber dem Großmeister.“

Die ernste Situation – heißt es weiter in der Mitteilung – „betrifft schwerwiegende Probleme während der Amtszeit Boeselagers als Großhospitalier des Malteserordens und die anschließende Vertuschung dieser Probleme vor dem Großmagisterium, wie ein beauftragtes Gutachten des Großmeisters im vergangenen Jahr bewiesen hat.“ (CNA Deutsch)

Papst schaltet sich schlichtend in Malteser-Streit ein

Papst Franziskus schaltet sich in den Streit im Malteserorden ein. Eine Gruppe von fünf angesehenen Maltesern soll objektive Informationen über die jüngst verkündete Entlassung des Großkanzlers sammeln und sie zur Entscheidungsfindung „in kurzer Zeit“ dem Heiligen Stuhl zukommen lassen. Das gab der vatikanische Pressesaal am Donnerstag bekannt. Der Großkanzler des Ordens, der Deutsche Albrecht von Boeselager, war jüngst von der Ordensspitzen aus dem Amt entlassen worden, hält diesen Schritt aber für ungerechtfertigt und widerrechtlich. Die fünf Männer, die der vom Papst eingerichteten Gruppe angehören, sind Vatikan-Erzbischof Silvano Maria Tomasi, der Jesuit und frühere Rektor der päpstlichen Gregoriana-Universität Gianfranco Ghirlanda, der frühere Malteser-Großkanzler Jacques de Liedekerke, der deutsch-französische Finanzfachmann Marc Odendall und der Präsident der Malteser im Libanon, Marwan Sehnaoui.

(rv 22.12.2016 gs)