Kardinal Kasper: Die Tugenden der Ökumene – Geduld und Ungeduld

An diesem Donnerstag hat Papst Benedikt XVI. den Rücktritt von Kardinal Walter Kasper vom Amt des Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen angenommen. Bereits einige Tage vor diesem Ereignis zog Kardinal Kasper vor der Presse Bilanz.

Hier lesen Sie Auszüge aus Kardinal Kaspers Rückblick auf seine Dienstjahre:

Ein Resümee vorab
„Den Dialog kann man nicht planen, es sind freie Partner in diesem Prozess. Vielleicht geht es schneller, als ich gedacht habe, was ich natürlich hoffe. Aber man muss auch realistisch bleiben, geduldig und ungeduldig zugleich."
„Ich bin am Ende meines Dienstes in der Kurie und im Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen angekommen. Meine Gefühle sind gespalten: Auf der einen Seite ist es etwas ganz Normales, mit 77 Jahren emeritiert zu werden, das ist keine Politik oder Strategie, es ist sogar eine Befreiung. Auf der anderen Seite gebe ich eine Arbeit auf, die ich mit Enthusiasmus gemacht habe, die ich stets als Baustelle für die Zukunft der Kirche angesehen habe."
Über die Bedeutung der Ökumene
„Ökumene ist für die Kirche kein Luxusgut, sondern ein konstituierendes Element. Das Zweite Vatikanische Konzil spricht in der Tat von der Ökumene als einem Hauptziel. Das Gleiche gilt für die religiösen Beziehungen zum Judentum, die auch zu meinem Aufgabenbereich gehörten. Ich bin Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt XVI. sehr dankbar für das Vertrauen, das sie mir für diese wichtige Aufgabe entgegengebracht haben. Ich habe immer versucht, sie in Loyalität und Treue – zwei für mich unverzichtbaren Prinzipien – zu erfüllen. Ökumene war für mich kein privates Interesse, sondern ein Dienst in der Kirche, an der Kirche und für die Kirche."
„Ökumene wird nicht am Schreibtisch oder in akademischen Reden gemacht, Dialog ist Leben, Dialog ist fester Bestandteil des kirchlichen Lebens."
Geistliche Ökumene
„Mittelpunkt und Seele einer so lebendigen Ökumene ist die geistliche Ökumene. Die Einheit der Kirche kann nicht geplant oder produziert werden. Einer der Pioniere der ökumenischen Bewegung, sprach symbolhaft von einem „unsichtbaren Kloster". In einem sichtbaren Kloster lebt und betet man gemeinsam, im unsichtbaren ökumenischen Kloster lebt und betet man über alle Welt verstreut – aber vereint im Glauben. Ist das nicht schon eine intensive und tiefe kirchliche Einheit?"
Über die Ökumene mit den orthodoxen östlichen Kirchen
„Als meine Arbeit vor elf Jahren begann, gab es keinen Dialog mit diesen Kirchen mehr. Das erste Treffen mit dem Patriarchen war extrem schwierig, nicht nur aufgrund theologischer Differenzen, sondern auch aufgrund kultureller, sprachlicher und persönlicher Differenzen. Die sprachliche Kommunikation ist nicht einfach und die kulturellen Unterschiede sind enorm. Und trotzdem: Seit 2003 haben wir uns innerhalb von fünf Jahren wieder angenähert und es ist eine richtige Freundschaft entstanden. Gemeinsam haben wir ein Schreiben ausgearbeitet, das zeigt, wie wir trotz 1.500 Jahren der Trennung das selbe Verständnis vom Geheimnis des Sakramentes, der Amtsstruktur und der Mission der Kirche aufrechterhalten haben. Für mich war das fast ein Wunder des Geistes."
„Mit den orthodoxen Kirchen gab es am Anfang eine ähnliche Situation. Das erste Treffen in Baltimore im Jahr 2000 war ein Misserfolg, es war die schlimmste ökumenische Erfahrung, die ich je gemacht habe. Fünf Jahre des geduldigen Verhandelns sind für einen Neuanfang vergangen, der erst in Belgrad und dann in Ravenna stattfand. Das Dokument aus Ravenna hat tatsächlich eine große und unerhoffte Wende gebracht. So war auch der Eindruck des Papstes, als er dieses Dokument gelesen hat – er war überrascht, das so etwas möglich ist."
Über die Rolle des Bischofs von Rom
„Aktuell dreht sich der Dialog mit den Orthodoxen um die Rolle des Bischofs von Rom. Das sollte den Weg bereiten für die Diskussion um die heikle Frage nach dem Primat und zugleich eine Antwort geben auf die Einladung Papst Johannes Paul II. (die zweimal von Papst Benedikt XVI. wiederholt wurde), eine Möglichkeit zu finden, die Aufgabe des Petrus auszuüben, die für beide Seiten akzeptabel ist. Wer weiß, wie heikel die Frage nach dem Primat ist, wird nicht enttäuscht sein, wenn wir es nicht schaffen, schon zu Ende der nächsten Vollversammlung im September in Wien ein Dokument vorzustellen. Wir wollen die Dinge nicht forcieren, sondern reifen lassen."
Über die Ökumene mit Russland
„Anfangs war ich zwei Jahre lang nicht willkommen in Moskau, auch die ersten Treffen waren schwierig. Ganz im Gegenteil das letzte Treffen sechs Monate vor dem Tod des Patriarchen, das sehr herzlich und brüderlich war. Leider gibt es noch kein Treffen zwischen dem neuen Patriarchen Kyrill I. und dem Heiligen Vater, auch wenn beide sich schon dazu bereit erklärt haben. Auch das ist ein weiteres Zeichen dafür, dass der Weg hin zur vollständigen Einheit, wenigstens nach menschlichen Maßstäben, noch lang und beschwerlich sein wird. Wir haben große Schritte gemacht, doch der Weg vor uns bleibt noch lang."
Über die Ökumene mit den Kirchen der Reformation
„Auch im Dialog mit den reformierten Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften sind Fortschritte gemacht worden, auch auf theologischer Ebene. Wir haben viele Missverständnisse und Vorurteile der Vergangenheit überwunden. Wir erkennen uns als Christen an und versuchen, uns als solche gegenüberzutreten. Vor allem auf lokaler Ebene gibt es größere Kooperation und freundschaftliches Zusammenleben. Seit 2000 [seit der Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre, Anm. d. Red.] verändert sich die Situation sehr schnell und entspricht nicht mehr den enthusiastischen Jahren nach dem Zweiten Vatikanum. Fehler, oder besser Unvorsichtigkeiten, in der Art, wie man die Wahrheit vermittelt, sind von beiden Seiten begangen worden – auch von uns aus."
Über den Wandel innerhalb der Kirchen der Reformation
„Die protestantischen Gemeinden erleben eine Fragmentierung, wie man es auch bei den Anglikanern erlebt. Aber nicht nur das, wir erleben auch eine zunehmende Liberalisierung in ethischen Fragen. So haben die Schwierigkeiten zugenommen. Trotz des Willens, den Dialog nicht zu unterbrechen, die Beziehungen zu fördern und zusammenzuarbeiten, braucht es wieder mehr Zeit zur gegenseitigen Annäherung. Es wird Aufgabe meines Nachfolgers sein, die angedachten Vorschläge und Projekte umzusetzen."
Über die neue Herausforderung durch die ‚neuen Kirchen’
„Eine neue Herausforderung sind die Pfingstkirchen und die neocharismatischen Gemeinden und Sekten, die eine enorme Verbreitung vor allem in Lateinamerika, Asien, Afrika und auch in Europa finden. Die ökumenische Landkarte ist bunter geworden, und leider auch unübersichtlicher. Auf der einen Seite wollen diese Gruppen manchmal den Dialog nicht, und fördern so einen wilden Proselytismus. Auf der anderen Seiten können sie oft gar keinen Dialog führen, weil es lokale oder regionale Gemeinden ohne internationale Strukturen sind."
Über die Irritationen im Zusammenhang mit ‚Dominus Iesus’
„Das ist leider nicht vorbei und ich wiederhole das, was ich schon viele Male gesagt habe: Das Dokument Dominus Iesus steht für die katholische Doktrin und damit stimme ich überein. Aber man könnte diese Dinge auch in einer besser verständlichen Weise sagen. Tatsächlich ist es in dieser Art kränkend für andere Kirchen geworden. Nicht, weil es falsch ist, sondern weil man es in einer besser verständlichen Weise hätte sagen können. Das haben wir nicht geschafft.
Im Grunde bedeutet es aber, dass wir keinen Konsens über das Konzept Kirche haben. Die Protestanten nennen sich Kirche, und haben das Recht, sich so zu nennen. Aber sie haben ein anderes Kirchenkonzept, als wir es haben. Und deswegen muss man differenzieren und diese Unterschiede deutlich machen, die wir bis jetzt noch nicht komplett überwunden haben. Es kann keine Kränkung sein, es ist auch eine Herausforderung, den Dialog an dieser Stelle fortzuführen. Das ist der entscheidende Punkt in diesem Dokument.
Die Form war nicht sehr verständlich für die anderen. Zugleich könnte man auch andere Dokumente von ihnen aufzählen, die für uns wiederum nicht leicht verdaulich waren. Aber man muss nicht immer auf so etwas zurückschauen, sondern in die Zukunft blicken und den Dialog fortführen."
Über den Dialog mit den Anglikanern und den Vorwurf, Anglikaner abwerben zu wollen
„Das habe ich in der Zeitung gelesen, dass das Abwerben eine neue Ökumene sei, aber das ist falsch. Wer das Dokument ‚Unitatis Redintegratio’ des Zweiten Vatikanischen Konzils kennt, macht den Unterschied zwischen Ökumene und dem Dialog mit den anderen Kirchen einerseits und dem Übertritt andererseits. Das sind verschiedene Dinge.
Mit den Anglikanern war es so, dass einige Priester und Bischöfe zu uns gekommen sind. Ich habe ihnen gesagt, dass das nicht in meiner Verantwortung liegt. Das sei keine Frage der Ökumene, sie müssen zur Glaubenskongregation gehen. Daraufhin hat der Papst auf ihre Anfrage geantwortet. Das ist wichtig: Es war kein Proselytismus, kein Fischen im See der anderen. Es war eine Antwort auf Anfragen und es wird sich zeigen, wer auf diese Antwort des Papstes reagieren wird. Bis jetzt sind es nicht viele. Aber es ist keine neue Form der Ökumene."
Über den Dialog mit dem Judentum
„Zuerst hatte ich als Deutscher Angst, diese Aufgabe anzunehmen, mit der Last der ganzen Geschichte zwischen Deutschland und dem jüdischen Volk auf den Schultern. Aber unsere Partner haben niemals diese Tatsache vorgebracht.
Ich habe nicht nur Partner gefunden, sondern Freunde. Und so glaube ich, sind wir in der Lage gewesen, dieses Netz an persönlichen Kontakten zu schaffen. Wir haben von Anfang an viel gemacht, wir haben von der Vergangenheit und dem Holocaust gesprochen, das ist selbstverständlich. Dann sind meine jüdischen Freunde zu mir gekommen und haben gesagt: Wir haben viel von der Vergangenheit gesprochen. Aber Vergangenheit ist Vergangenheit, es ist wichtig, sich an diese Dinge zu erinnern, aber jetzt sprechen wir von der Zukunft – für unsere Kinder und Kindeskinder, für eine bessere Zukunft, in der es nicht mehr solche schrecklichen Dinge wie die Shoah gibt.
Es ist klar: Nach einer so komplizierten und leidvollen Geschichte, wie der zwischen Kirche und Judentum, gab es in diesen zehn Jahren manchmal Konflikte, Probleme, Missverständnisse. Da waren z.B. die Fürbitte für die Juden am Karfreitag, die Frage der Mission, der Proselytismus, der Fall Williamson und andere Dinge. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich normalerweise innerhalb von drei Wochen diese Wogen glätten konnte. Ich habe telefoniert, Briefe geschrieben, wir haben uns getroffen. In den Medien gingen die Probleme weiter, aber unter uns waren die Dinge sehr schnell geklärt.
Auch die Juden haben mir jetzt am Ende gesagt, dass ich erreicht habe, ‚Nostra Aetate’ [Dokument des Zweiten Vatikanischen Konzils über die nichtchristlichen Religionen, Anm. d. Red] mit Leben zu füllen."
Über Enttäuschungen
„Meine größte Enttäuschung? Ich konnte nicht die vollständige Gemeinschaft mit den anderen Kirchen herstellen (lacht). Ich komme aus Deutschland, für uns ist der Dialog mit den Protestanten grundlegend, wir sind das Ursprungsland der Reformation im 16. Jahrhundert. Aber jetzt gibt es eine interne Entwicklung in den protestantischen Kirchen, die den Dialog nicht einfacher gemacht hat.
Anfangs hatten wir riesengroße Erwartungen und Hoffnungen an die Anglikaner, jetzt ist das komplizierter geworden. Ich würde nicht sagen, dass es deren Schuld ist, allein es gab erschwerende Entwicklungen, genau wie mit anderen protestantischen Kirchen. Das ist schade, aber es ist eine Tatsache, die man akzeptieren muss, wie sie ist. Aber wir sind entschieden, keinen Dialog zu unterbrechen. Das ist unsere Politik. Die Alternative zum Dialog ist der Konflikt – und wer will das schon?"
Über Zukunftspläne
„Ich werde nicht arbeitslos sein, und einfach in Pension gehen. Erst mache ich eine Pause, dann kehre ich zu meinem Metier, der Theologie, zurück. Das ist etwas, was mir große Freude bereitet. Vielleicht engagiere ich mich auch in der Priesterausbildung, zunächst in Rom, aber es ist auch einfach für mich, in Deutschland zu arbeiten. Aber ich bleibe hier in Rom." (rv)

Vatikan: Es ist offiziell – Kardinal Kasper verabschiedet sich in den Unruhestand

Eine außergewöhnliche Laufbahn kommt heute an ihr Ende: Papst Benedikt XVI. hat den Rücktritt Kardinal Walter Kaspers als Präsident des Päpstlichen Einheitsrates angenommen. Damit geht Kasper in den wohlverdienten Ruhestand – oder ihn kennend müssen wir wohl sagen: in den wohlverdienten Unruhestand. Er geht mit gemischten Gefühlen: Es sei normal, sich mit 77 Jahren in den Ruhestand zu verabschieden und auch irgendwie befreiend. Andererseits lege er eine Aufgabe nieder, die ihn immer erfüllt habe, so Kasper zum Abschied.
Seine Aufgabe war der Dialog, das Gespräch, und das gehe nicht im Hauruck-Verfahren, das geht allmählich. Im Gespräch mit uns zieht Kardinal Kasper eine Linie vom Beginn des Dialoges an:
„Nach dem Konzil war natürlich sehr viel und sehr enthusiastisch vom Dialog die Rede, da war vielleicht sogar mehr Enthusiasmus, als jetzt. Aber es ist doch so: Wenn man jung ist, hat man Enthusiasmus, da meint man, man kann Bäume ausreißen. Wenn man ein wenig älter wird, dann nimmt man die Realitäten besser wahr und auch die Schwierigkeiten, die da sind, dass man nicht alles so leicht verändern kann, und so ist auch der ökumenische Dialog nun älter und reifer geworden, aber er geht weiter. Unsere Welt ist so voller Konflikte, gefährlicher Konflikte, und da ist es einfach wichtig, dass die Christen, vor allem die praktizierenden Christen, zusammenstehen und zusammenarbeiten und gemeinsam Zeugnis geben. Wir können es uns einfach nicht mehr leisten, gegeneinander, oder auch einfach nur nebeneinander zu leben. Wir müssen zusammen arbeiten und – so weit es geht – zusammen kommen."
Als Kasper vor elf Jahren dieses Amt von Papst Johannes Paul II. übertragen bekam, war er bestens vorbereitet. Bereits mit 31 Jahren hatte er eine Professur für Theologie in Münster inne, später dozierte er in Tübingen, bevor er Bischof von Rottenburg-Stuttgart wurde. Bis heute ist er einer der angesehensten Theologen der katholischen Kirche. Das war die Basis für die Gespräche um die Einheit der Christen. Und wie er selbst sagt, Ökumene ist keine Option, sie ist Teil des Christseins überhaupt. Und Kasper kann auf Erreichtes zurück blicken:
„Das Allerwichtigste in den elf Jahren war für mich, ein Netz persönlicher Kontakte zu knüpfen, ein Netz des persönlichen Vertrauens, teilweise auch der Freundschaft, denn das ist die Grundlage des ökumenischen Dialogs. Und ich denke, das ist mir im ganz hohen Maße auch gelungen und dieses Netz wird auch standhalten, wenn einmal wieder etwas widrige Winde kommen. Das Zweite: Der Fortschritt, den wir mit den orthodoxen Kirchen gemacht haben. Als ich anfing, hatten wir eine ganz schlimme Zusammenkunft in Baltimore und ich habe dann fünf Jahre gebraucht, um den Faden wieder aufzunehmen. Und das läuft in der Zwischenzeit sehr gut und der Besuch des Papstes in Zypern jetzt hat auch gezeigt, dass da wirklich etwas dazugekommen ist, etwas gewachsen ist und dass es auf beiden Seiten den Willen gibt, diesen Weg weiter zu gehen."
Nicht zuletzt der ökumenische Kirchentag in Deutschland und andere Diskussionen haben aber auch gezeigt, dass es vor allem der Dialog mit den Kirchen der Reformation ist, der in deutschsprachigen Ländern wichtig ist. Nach der Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre 2000 schien alles nur noch eine Frage der Zeit zu sein, aber dann kamen die Mühen der Umsetzung. Die letzten Fortschritte in diesem Dialog sind noch gar nicht so alt:
„Und dann am Schluss haben wir jetzt in den letzten zwei Jahren auch einen neuen Ansatz mit den evangelischen Kirchen gefunden, denn ich denke, da haben sich neue Gesprächsmöglichkeiten und Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf internationaler Ebene gezeigt."
So beginnt für ihn also der Unruhestand. Er will weiter Theologie treiben, wir werden also weiterhin von Kardinal Walter Kasper hören, garantiert auch hier auf Radio Vatikan. (rv)

Papstreise: Kasper zieht erste positive Bilanz

Vor Ort hat unser arabischer Kollege Jean Mouhanna den deutschen Kardinal Walter Kasper getroffen, der den Papst gemeinsam mit dem Präfekten der Ostkirchenkongregation, Leonardo Sandri, auf dieser Reise begleitet. Kasper zieht eine positive erste Bilanz:

„Wir hoffen, dass diese Pilgerfahrt ein Zeichen für die Einheit dieser Insel und noch mehr für die Einheit der Kirche ist zwischen orthodoxen, protestantischen und katholischen Christen. Und natürlich wollen wir auch das Gespräch suchen mit den Muslimen. Ich denke alle Menschen guten Willens müssen in dieser schwierigen Situation zusammenstehen und auch zusammen beten.“ (rv)

Kasper: „Keine Kirchenfusion möglich“

Es kann keine Kirchenfusion zwischen Ost- und Westkirchen geben. Das betonte der vatikanische Ökumene-Verantwortliche, Kardinal Walter Kasper, an diesem Mittwoch in Rom. Zusammen mit dem Außenbeauftragten des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion Alfejew, eröffnete Kasper die „Russischen Kultur- und Spiritualitätstage im Vatikan", die noch bis Donnerstag gehen. Feierlicher Abschluss der Begegnung ist ein Konzert in der vatikanischen Audienzhalle am Donnertag, das der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. dem Papst offeriert. Kasper zu den Kulturtagen:

„Mir erscheint dieser interkultureller Dialog sehr wichtig und aktuell zu sein. Oft wurde ja gesagt, dass die tausendjährige Trennung zwischen Ost- und Westkirche nicht nur theologische oder politische Gründe hat. Vielmehr wuchs im Laufe der Zeit immer mehr eine kulturelle Distanz zwischen beiden Kirchen."

Der Vatikan-Besuch des Moskauer Außenamtschefs Metropolit Hilarion stelle nicht einfach nur eine neue Etappe dar, sondern eröffne eine neue Dimension, sagte der Präsident des päpstlichen Einheitsrates weiter, und zwar nach einer Unterredung mit dem Repräsentanten des russisch-orthodoxen Patriarchats.Oft wird als Datum für das Schisma 1054 angegeben, als Papst Leo IX. den Patriarchen von Konstantinopel exkommunizierte. Tatsächlich handelte es sich aber um einen Prozess, der sich etwa vom 5. bis ins 15. Jahrhundert hinzog, erinnerte Kasper:

„Das Zeichen der Integration zwischen West- und Osteuropa ist die Überwindung dieser Entwicklung. Es geht nicht darum, Kirchen zu fusionieren, sondern die gegenseitige Bereicherung zu akzeptieren. Eine solche Kommunion ist nichts Fremdartiges. Sie ist ein Zeugnis des Reichtums der europäischen Kultur und deren christlicher Wurzeln. Heutzutage hingegen wird dieser Reichtum in Europa verneint und sogar bekämpft." (rv)

Papst besucht Synagoge – ein Bericht

Papst Benedikt XVI. hat die Synagoge von Rom besucht. Am Sonntag Abend stellte er sich in dem jüdischen Gebetshaus am Tiberufer deutlich hinter die Dialog-Initiativen seiner Vorgänger. Der Besuch fand unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt; immer wieder kam es während des Papstbesuchs bei der ältesten jüdischen Gemeinde des Westens zu spontanem Beifall, zu Tränen und Emotionen. Beobachter sprachen schon im Vorfeld von einem „historischen Besuch“, der allerdings auch von Polemiken begleitet war. Auch öffentlich wurde der Papst in der Synagoge auf jüdisches Unbehagen angesprochen, was den Seligsprechungsprozess für Papst Pius XII. betrifft. Ein hochrangiger jüdischer Vertreter forderte eine Öffnung der Vatikan-Archive zur Zeit des Zweiten Weltkriegs und äußerte Respekt auch denen gegenüber, die diesem Papstbesuch ferngeblieben seien. Das gilt etwa für den Präsidenten der Italienischen Rabbinerkonferenz, Giuseppe Laras. Vor dem Betreten der Synagoge legte Benedikt, der u.a. vom deutschen Kurienkardinal Walter Kasper begleitet wurde, im römischen Ghetto einen Kranz nieder für die Menschen, die von hier aus in die Nazi-Vernichtungslager abtransportiert wurden. Der römische Oberrabbiner Riccardo Di Segni wies darauf hin, dass der neuere Dialog mit dem Judentum eine Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils sei. Das Konzil dürfe nicht in Frage gestellt werden, meinte er mit einer deutlichen Anspielung auf die Piusbruderschaft. An dem Ereignis in der Synagoge nahmen auch islamische Gäste teil. Aus Jerusalem waren der Lateinische Patriarch Fouad Twal und Israels Vize-Regierungschef Silvan Shalom angereist. In der Synagoge hatten auch viele Überlebende des Holocaust Platz gefunden. Papst Benedikt hielt ein eindringliches Plädoyer für eine Fortsetzung des katholisch-jüdischen Dialogs trotz aller Irritationen. Die Lehren des letzten Konzils seien auch in dieser Hinsicht „ein fester Bezugspunkt“. Er hob die Einzigartigkeit des Holocaust hervor und lobte Initiativen des Vatikans zur Judenrettung in Zeiten des Holocaust. Auf die Polemik um Pius XII. ging der Papst aus Deutschland nicht ein. Wie sein Vorgänger Johannes Paul II., der 1986 als erster Papst der Neuzeit die römische Synagoge besucht hatte, schloss auch Benedikt seine Ansprache mit einem Psalm-Zitat in hebräischer Sprache. (rv)