Vor Russlandbesuch: Vatikan betont „Optik des Dialogs“

Die Vatikandiplomatie dreht sich um das Wohl der Menschen und Völker und bedient sich des Dialogs. Das hat der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin wenige Stunden vor seinem Russlandbesuch nochmals bekräftigt. In dieser Optik werde er mit seinen Gesprächspartnern in Moskau zusammentreffen und bilaterale Fragen wie auch Krisenthemen behandeln, sagte Parolin im Interview mit der russischen Nachrichtenagentur Tass.

In dem Gespräch ging der Kardinal die Etappen der Visite in der kommenden Woche durch: Demnach trifft die „Nummer Zwei“ des Vatikan am Montag zunächst Vertreter der katholischen Kirche und feiert eine Messe in Moskau. Am Dienstag ist das Treffen mit Patriarch Kyrill I. sowie dem russischen Außenminister Sergei Lawrow und am Mittwoch die Begegnung mit Präsident Wladimir Putin angesetzt.

Mit Blick auf den geplanten Austausch mit dem orthodoxen Patriarchen Kyrill I. und dem Außenamtschef des russischen Patriarchates Hilarion sprach Parolin von eine „Öffnung“ im Verhältnis der beiden Kirchen „in den letzten Jahren“, die im historischen Treffen Kyrill I. mit Papst Franziskus auf Kuba im vergangenen Jahr einen Höhepunkt gefunden habe. Es gehe hier um einen „Weg der Einheit“, unterstrich Parolin. Dieser erfordere Geduld und Einsatz, habe aber bereits „Momente der Einheit“ aufgezeigt. Ein Beispiel dafür sei der „Ökumenismus der Heiligen“, so Parolin. Er verwies hierbei auf die Ausstellungen der Reliquien des Heiligen Nikolaus von Bari in Russland, die zahlreiche Gläubige angezogen hatten.

Nach dem Kampf Russlands gegen den islamistischen Terror und einen gemeinsamen Einsatz der Kirchen in diesem Feld befragt warnte Parolin vor „Kraftakten, die ihrerseits neue Gewaltspiralen hervorrufen oder unveräußerliche Menschenrechte wie etwa die Religionsfreiheit in den Hintergrund drängen“. Die Friedensarbeit der Kirche sei langfristig angesetzt, es gehe hierbei um Bildung und Gewissensbildung, interkulturellen und interreligiösen Dialog, erinnerte der Kardinal. (rv)

Kasper: „Keine Kirchenfusion möglich“

Es kann keine Kirchenfusion zwischen Ost- und Westkirchen geben. Das betonte der vatikanische Ökumene-Verantwortliche, Kardinal Walter Kasper, an diesem Mittwoch in Rom. Zusammen mit dem Außenbeauftragten des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion Alfejew, eröffnete Kasper die „Russischen Kultur- und Spiritualitätstage im Vatikan", die noch bis Donnerstag gehen. Feierlicher Abschluss der Begegnung ist ein Konzert in der vatikanischen Audienzhalle am Donnertag, das der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. dem Papst offeriert. Kasper zu den Kulturtagen:

„Mir erscheint dieser interkultureller Dialog sehr wichtig und aktuell zu sein. Oft wurde ja gesagt, dass die tausendjährige Trennung zwischen Ost- und Westkirche nicht nur theologische oder politische Gründe hat. Vielmehr wuchs im Laufe der Zeit immer mehr eine kulturelle Distanz zwischen beiden Kirchen."

Der Vatikan-Besuch des Moskauer Außenamtschefs Metropolit Hilarion stelle nicht einfach nur eine neue Etappe dar, sondern eröffne eine neue Dimension, sagte der Präsident des päpstlichen Einheitsrates weiter, und zwar nach einer Unterredung mit dem Repräsentanten des russisch-orthodoxen Patriarchats.Oft wird als Datum für das Schisma 1054 angegeben, als Papst Leo IX. den Patriarchen von Konstantinopel exkommunizierte. Tatsächlich handelte es sich aber um einen Prozess, der sich etwa vom 5. bis ins 15. Jahrhundert hinzog, erinnerte Kasper:

„Das Zeichen der Integration zwischen West- und Osteuropa ist die Überwindung dieser Entwicklung. Es geht nicht darum, Kirchen zu fusionieren, sondern die gegenseitige Bereicherung zu akzeptieren. Eine solche Kommunion ist nichts Fremdartiges. Sie ist ein Zeugnis des Reichtums der europäischen Kultur und deren christlicher Wurzeln. Heutzutage hingegen wird dieser Reichtum in Europa verneint und sogar bekämpft." (rv)