Vor Russlandbesuch: Vatikan betont „Optik des Dialogs“

Die Vatikandiplomatie dreht sich um das Wohl der Menschen und Völker und bedient sich des Dialogs. Das hat der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin wenige Stunden vor seinem Russlandbesuch nochmals bekräftigt. In dieser Optik werde er mit seinen Gesprächspartnern in Moskau zusammentreffen und bilaterale Fragen wie auch Krisenthemen behandeln, sagte Parolin im Interview mit der russischen Nachrichtenagentur Tass.

In dem Gespräch ging der Kardinal die Etappen der Visite in der kommenden Woche durch: Demnach trifft die „Nummer Zwei“ des Vatikan am Montag zunächst Vertreter der katholischen Kirche und feiert eine Messe in Moskau. Am Dienstag ist das Treffen mit Patriarch Kyrill I. sowie dem russischen Außenminister Sergei Lawrow und am Mittwoch die Begegnung mit Präsident Wladimir Putin angesetzt.

Mit Blick auf den geplanten Austausch mit dem orthodoxen Patriarchen Kyrill I. und dem Außenamtschef des russischen Patriarchates Hilarion sprach Parolin von eine „Öffnung“ im Verhältnis der beiden Kirchen „in den letzten Jahren“, die im historischen Treffen Kyrill I. mit Papst Franziskus auf Kuba im vergangenen Jahr einen Höhepunkt gefunden habe. Es gehe hier um einen „Weg der Einheit“, unterstrich Parolin. Dieser erfordere Geduld und Einsatz, habe aber bereits „Momente der Einheit“ aufgezeigt. Ein Beispiel dafür sei der „Ökumenismus der Heiligen“, so Parolin. Er verwies hierbei auf die Ausstellungen der Reliquien des Heiligen Nikolaus von Bari in Russland, die zahlreiche Gläubige angezogen hatten.

Nach dem Kampf Russlands gegen den islamistischen Terror und einen gemeinsamen Einsatz der Kirchen in diesem Feld befragt warnte Parolin vor „Kraftakten, die ihrerseits neue Gewaltspiralen hervorrufen oder unveräußerliche Menschenrechte wie etwa die Religionsfreiheit in den Hintergrund drängen“. Die Friedensarbeit der Kirche sei langfristig angesetzt, es gehe hierbei um Bildung und Gewissensbildung, interkulturellen und interreligiösen Dialog, erinnerte der Kardinal. (rv)

Russland: Behörden verweigern Kirchen-Rückgabe

Das katholische „Erzbistum der Gottesmutter in Moskau“ hat Klage gegen die Stadtverwaltung der russischen Hauptstadt eingereicht. Grund ist die Weigerung der Behörden, dem Erzbistum das cna_RusslandGebäude der Peter-und-Paul-Kirche zurückzugeben. Die Stadtverwaltung hat sich mehrmals geweigert, den religiösen Charakter des architektonischen Komplexes anzuerkennen.

Nach Angaben katholischer Medien hat auch der Vorsitzende des Kulturausschusses in der Duma, Stanislav Govorukhin, die Moskauer Stadtverwaltung zur Rückgabe der Kirche aufgefordert. Der Bau war an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert aus den Spendengeldern einer katholischen Pfarrei in Moskau finanziert worden. Das Moskauer Schiedsgericcht will sich am 14. November zum Streit äußern. (rv)

Aktenzeichen: Friedrich J. Haas, der heilige Arzt von Moskau

cna_RusslandEin Mensch, den nur wenigen bekannt ist: Es handelt sich um den Augenarzt Friedrich Joseph Haas (1780 – 1853) aus Münstereifel. Haas hatte sich vor allem durch seinen unermüdlichen Einsatz für die zur Verbannung nach Sibirien verurteilten Sträflinge, kurz die, welche man in Russland die „Unglücklichen“ genannt hat, in Moskau verdient gemacht. Doch vergessen ist Haas durchaus nicht: Die Deutsche Bundespost hat im Jahre 1980 sogar eine Briefmarke aus Anlass des 200. Geburtstages des so genannten „Heiligen Doktors von Moskau“ (sviatoi doktor) herausgegeben.

Der ungewöhnliche Lebensweg von Friedrich Josef Haas, der als der heilige Doktor von Moskau in die Geschichte eingegangen ist, begann im heimatlichen Münstereifel, Herzogtum Jülich bei Köln. Hier wurde er am 10. August 1780 geboren. Sein Großvater ist Arzt, sein Vater betreibt eine Apotheke. Haas beschließt nach Abschluss der Schule an der Universität von Jena Mathematik und Philosophie zu studieren. Jedoch schon bald zieht er nach Wien, um dort den Medicus zu erlangen.

Einer seiner ersten Patienten ist der russische Fürst Repnin, der unter einer schweren Augenkrankheit leidet. Er erkennt die Begabung von Friedrich Haas und lädt den jungen Arzt nach Russland ein. 1802 erscheint er als Fjodor Petrowitsch Haas in Moskau. Schon im Juni 1807 wird er zum Chefarzt eines renommierten Krankenhauses, nämlich der Pawlowskaja Klinik Moskaus. Außerdem lehrt er auf der medizinisch-chirurgischen Akademie und arbeitet freilich in den Preobraschenskaja und Ekatherineskaja Altersheimen.

Den größten Teil seiner Arbeit aber widmete er der Fürsorge um die Gefangenen in Sibirien. Er ist fest davon überzeugt, dass der Mensch von Natur aus gut ist, weil Gott ihn nach seinem Ebenbild geschaffen hat. Sein Lebensmotto lautet: Beeilt euch Gutes zu tun.

Wir blenden zurück: Im Jahr 1829 wurde Doktor Haas zum Chefarzt aller Moskauer Gefängnisse bestellt, was auch die ärztliche Aufsicht über die zur Verbannung verurteilten Strafgefangenen einschloss. Er bemühte sich, die Polizeiärzte zu größter Menschlichkeit den Gefangenen gegenüber, anzuhalten. Auch für die Pflege religiöser Gesinnung bei den Inhaftierten war er sehr besorgt. Der Empfang der Eucharistie und des Bußsakramentes im Kreis der Gefangenen lag ihm sehr am Herzen.

Doch eines seiner Hauptverdienste bestand im Folgenden: 1832 veranlasste er die Befreiung der in Ketten gelegten für die Schwachen und Krüppel und begann einen energischen Kampf gegen den sogenannten Prut und gegen die Kopfrasur der Gefangen. Der Prut war ein etwa dreiviertel Meter langer Eisenstab, an dem acht bis zehn Eisenringe aufgezogen waren, um darin die Hand jeweils eines Gefangen für den Transport einzuschließen. Tausende an den Prut Gefesselte schleppten sich Tag und Nacht zusammengekettet, oftmals in eisiger Kälte, auf dem endlosen Weg nach Sibirien. Nur die Sterbenden wurden vom Prut befreit. Nach zwei Jahren unermüdlichem Einsatzes gelang es Haas schließlich den Prut durch menschlich erträglichere Fußfesseln zu ersetzen. Die schweren Eisenfesseln wurden durch leichtere ersetzt und innen mit Leder ausgelegt.

Unvergesslich ist der Einsatz von Doktor Haas bei der verheerenden Cholera-Epidemie in Moskau. Im Hospital war im Jahr 1830 der erste Cholera-Kranke eingeliefert worden, ein älterer Handwerker. Er atmete mühsam und stöhnte. Haas rief die jungen Ärzte zusammen. Er beugte sich über den von Fieberkrämpfen geschüttelten Mann und umarmte ihn. Einem jungen Kollegen, der daraufhin energisch protestierte, erwiderte er: „Ich tue was der Herr befiehlt. Ich begrüße meinen kranken Bruder. Die Krankheit ist nicht ansteckend und ich vertraue nicht nur auf Gott, ich weiß auch sehr wohl, dass von der Berührung mit einem Cholera-Kranken keine Gefahr droht.“

Während des Auf und Ab seiner finanziellen Situation nahm der unverheiratete Arzt ein Pflegekind an. Auch gründete er eine Schule für Kinder von Strafgefangenen. Nach fünf Jahren als Chefarzt am Altkatharenen Krankenhaus übernahm Friedrich Haas im Jahre 1845 die Leitung am neu eröffneten Krankenhaus „Haassovka“. Laut Anordnung und Kostenvoranschlag waren 155 Betten von Friedrich Haas vorgesehen, aber es war mit fast 300 Kranken belegt. Als der Generalgouverneur zur Inspektion kam, verlangte er Rechenschaft über die Verletzung der Vorschriften.

Hier die Antwort von Haas: „Aber Durchlaucht, was soll ich denn tun, wenn man mir eine schwerkranke Frau bringt?“ Der General Gouverneur schnitt ihm das Wort ab und herrschte ihn an: „Befehl ist Befehl! Verstehen Sie? Und Befehle sind auszuführen!“ Da stellte sich Haas vor den Schreibtisch mit den goldenen und silbernen Schreibutensilien, beugte seinen alten Rücken, fiel auf die Knie und verbarg sein Gesicht in den Händen. Seine Schultern zuckten, er weinte bitterlich. Der Generalgouverneur sprang auf, wollte ihn aufheben: „Was soll denn das? Stehen Sie auf mein Lieber. Gott mit Ihnen, handeln Sie so wie Sie es können und müssen!“

Im Jahre 1848 gab es in Russland eine große Missernte. Da wurde die Verköstigung der Gefangenen auf ein Fünftel gekürzt. Friedrich Haas schaffte durch Freundeshand eine Hilfe von 11.000 Rubel zur Verbesserung der Kost der Gefangenen bei. Die Zahl, der von Doktor Haas behandelten Kranken, erreichte um diese Zeit etwa 74.000 Patienten. Die Zahl, der von ihm betreuten Gefangenen wird mit 200.000 angegeben. Seine Schwester Wilhelmine bezeugt von ihrem Bruder: „Ich habe einen frommen Bruder. Er gibt seinen letzten Heller her und freut sich nur deswegen seines großen Besitzes, weil er ihm gestattet den Armen zu helfen. Es ist ihm sogar lästig, Geld zu haben.“

Friedrich Josef Haas war ein großer und intensiver Briefschreiber. Als exponierte Zeugnisse seines Denkens können zwei Briefe an den Philosophen Friedrich Wilhelm Josef von Schelling angeführt werden, die er aus Moskau an seinen verehrten akademischen Lehrer gerichtet hat. Sie sind Ausdruck seines Denkens und Dankens zu gleich. Außerdem weist sich Doktor Haas als Kenner der Schellingschen Identitäts- und Freiheitsphilosophie aus.

Hören wir ihn dazu: „Und noch ein Wort lassen Sie mich geliebter und verehrtester Lehrer hinzu setzen. Sie sagten damals, in Jena vor dem größten von Schülern und Lehrern angefüllten Auditorium, die erstaunenden Worte: Die einzige wahre Religion ist die Katholische. Mein damaliger akademischer Freund Troxler und andere sagten, Schelling meint dies nicht so. Er spricht von der Idee der katholischen Religion. Ja freilich, von der Idee der katholischen Religion. Die katholische Religion ist aber die Idee der katholischen Religion. Was sollte es sonst für eine katholische Religion sein können, wenn es nicht die Idee der katholischen Religion wäre, welche die katholische Religion ist. Diese Idee der katholischen Religion ist aber dasjenige, was wir katholische Religion nennen. Der einfachste Begriff, die bestimmteste Definition, die man der katholischen Religion geben kann ist die Liebe. Wo Liebe ist, da ist Katholizismus, wo nicht Liebe ist, da ist Nicht-Katholizismus. Der Katholizismus ist die Lehre davon, was Jesu überaus schön sagen, das reine Güte, der Grund und Inhalt der ganzen Schöpfung ist.

Im Wissen um seinen baldigen Tod schrieb Doktor Haas am 21. Juli 1853 sein Testament: „Alle, die meinen mir etwas schuldig geworden sind, sollen wissen, dass ich ihnen alles verzeihe. Ich denke ständig über den Segen nach, dass ich so ruhig und mit allem zufrieden bin und keinen Wunsch habe, außer dem einen, dass der Wille Gottes sich an mir erfüllen möge. Nach einem erfüllten Leben starb Doktor Friedrich Josef Haas am 16. August 1853 in Moskau. Seine Beisetzung auf dem Ausländerfriedhof auf den Wwedenski-Höhen fand unter dem Geleit von etwa 20.000 Menschen statt. Russisch-orthodoxe wie römisch-katholische Christen, Gesunde wie Kranke, Hohe und Niedrige. Auf der Umzäunung seines Grabes hängen gesprengte Eisenfesseln als Zeichen seines Wirkens für die Unterdrückten. Der Stein unter dem Grabkreuz trägt als Aufschrift seinen Leitsatz: „Beeilt euch Gutes zu tun.“ Und obwohl Doktor Haas doch schon fast 150 Jahre tot ist, ist sein Grab bis auf den heutigen Tag immer mit frischen Blumen geschmückt.

Während in Moskau sogar Straßen und Plätze nach ihm benannt wurden, wird Friedrich Josef Haas in Deutschland erst allmählich bekannt. Im Jahr 1980 widmet ihm die Deutsche Bundespost anlässlich der Gedenkfeiern zum 200. Geburtstag eine Briefmarke mit dem Begleittext: „Friedrich Josef Haas 1780-1853 heiliger Doktor von Moskau.“ Außerdem wurde die Persönlichkeit des heiligen Doktors von Moskau aus verschiedenen Blickwinkeln gewürdigt. Populäre, wissenschaftliche und literarische Biografien zeichnen seinen Lebensweg nach. Eine Untersuchung, die das natur- und religionswissenschaftliche Denken des Friedrich Josef Haas in geistesgeschichtliche Zusammenhänge stellt und dem karitativen Armen- Arzt seinen berechtigten Platz unter den Ärztephilosophen des 19. Jahrhunderts einräumt, steht jedoch noch aus.

„Beeilt euch Gutes zu tun“, dieses Leitmotiv war Lebenssinn und Erfüllung dessen, was der den weitaus größeren Teil seines Lebens als Arzt im fernen Moskau verbrachte. Er war ein Mensch, der sich ganz seinen Mitmenschen verschenkte, ein Mensch der jede merkwürdige schwierige Dialektik des christlichen Glaubens zu verstanden haben scheint. Nämlich, wer sein Leben zu bewahren sucht, wird es verlieren, wer es aber verliert, wird es gewinnen. Von dieser freimachenden und befreienden Botschaft war Friedrich Josef Haas ganz erfüllt. Als heilender Arzt sah er in jedem Menschen ein Abbild Gottes und war deshalb auch mit jedem Menschen eins und verbunden. Sein Leben mit den Armen, Unglücklichen und Verzweifelten war Zeugnis für eine Güte, die aus dem Herzen kam. Fernab einer jeden biederen Gutmütigkeit und ein Zeugnis für eine ungeteilte Gerechtigkeit, die in einer Aporie seiner Freiheit und Gerechtigkeit nicht zerbrechen musste.

In seinem Tun und Handeln wird der Boden und Weg einem neuen Denken bereitet, dass freilich auf vollendete Weise, Friedrich Hölderlin in seiner endgültigen Fassung der Friedensfeier vorwegnehmend besungen hat. „So denk mir jetzt das Beste, wenn man vollendet sein Bild und fertig ist der Meister und selbst verklärt davon, aus seiner Werkstatt tritt, der stille Gott, der Zeit und nur der Liebe Gesetz, das schön ausgleichende gilt von hier an bis zum Himmel. Viel hat von Morgen an, seit ein Gespräch wir sind und hören voneinander, erfahrener Mensch, bald sind aber Gesang wir.“

Zum Abschluss: Einer, von denen man es nicht ohne weiteres so erwarten würde, nämlich der deutsche Schriftsteller Heinrich Böll schrieb einst über den Freund der Gefangenen und heiligen Doktor Fjodor Petrowitsch Haas folgendes: „Er fragte nicht nach Schuld, er sah die Leidenden, die sich unter unerträglichen Umständen im Sommer und Winter aneinander gekettet Monate lang dahin schleppten. Mörder und Diebe, zahllose die in dem Gestrüpp von Vorschriften, bürokratischen Angeln und in ungeklärten Rechtsfragen hängen geblieben wurden. Und wenn man ihm vorhielt, sie wären ja wohl alle schuldig, verwies er auf Christus, der ja auch unschuldig verurteilt, gefoltert und zu Tode gebracht worden sei. Heinrich Böll. (rv)

Wie Russlands neues Religionsgesetz die katholische Kirche betrifft

cna_RusslandMOSKAU – Vergangene Woche, trotz Protesten von Religionsoberhäuptern und Menschenrechtsgruppen, verabschiedete Russlands Präsident Wladimir Putin eine Reihe neuer Gesetze, die Evangelisierung und missionarische Aktivitäten nur noch in offiziell registrierten Kirchengebäuden und vergleichbaren Gebetsorten erlaubt.

Diese Gesetze sind Teil der neuen Anti-Terrorgesetzgebung und verbieten Glaubensvermittlung in privaten Haushalten, online oder überhaupt außerhalb offiziell anerkannter Kirchenbauten.

Ein katholischer Priester, der als Missionar in Russland arbeitet, sprach mit CNA über die Folgen. Um seine Identität und seine Gemeinde zu schützen, bat er um Anonymität. Der Geistliche glaubt, dass die Gesetzgebung weniger die katholische Kirche in Russland betreffe denn kleiner Gruppen von Evangelikalen.

Der Priester, der seit 24 Jahren in Russland dient, sagte, dass sich die katholische Kirche seit dem Fall der Sowjetunion an Regierungsvorschriften halte, einschließlich der Meldepflicht.

Kleinere Religionsgruppen, häufig evangelikale, weigerten sich dagegen, so der Priester – sie seien der Meinung, dass eine solche Meldepflicht nicht mit ihrem Gewissen vereinbar sei.

Tatsächlich scheinen die neuen Gesetze diese neueren, weniger etablierten Gruppen im Visier zu haben, die sich eher in privaten Umständen treffen, erklärte der Geistliche gegenüber CNA.

Das „Anti-Evangelisierungsgesetz“ kann Strafen in Höhe von gut 700 Euro gegen einzelne Personen zur Folge haben, und knapp 15.000 Euro für Organisationen.

Die Restriktionen betreffen auch Gruppen, die als „extremistisch“ eingestuft werden – was in Russland etwas anderes bedeute als etwa in den USA, so der Priester.

So seien etwa die Zeugen Jehovas aus amerikanischer Sicht nicht als extremistisch im Sinne eines Terrorrisikos einzustufen. Doch in Russland werte die Tradition der Religionsgemeinschaft, aus Gewissensgründen den Wehrdienst zu verweigern als ungerecht und extrem, erklärte der katholische Geistliche. Ebenfalls von der Gesetzgebung betroffen seien wahrscheinlich manche Mormonen und fundamentalistische, radikale Muslime.

Katholische Hirten und Repräsentanten haben bereits in der Vergangenheit darauf geachtet, werbend nur gegenüber Personen aufzutreten, die bereits katholisch waren.

„Wir achten sehr darauf zu betonen, dass unsere Mission den Katholiken gilt und wir für die Reste der katholischen Bevölkerung da sind, und ihnen dienen“, sagte er. „Wir missionieren nicht auf der Straße, denn selbst wenn das nicht gegen das Gesetz wäre, wäre es doch mit Sicherheit sehr gefährlich.“

Die religiöse Situation in Russland sei sehr angespannt, so der Priester. Bevor der Kommunismus Russland eroberte, waren die meisten Bürger des Landes orthodoxe Christen. Unter der kommunistischen Herrschaft versuchte die Regierung, den Glauben auszulöschen. Kirchengebäude wurden gesprengt, Priester, Nonnen und alle, die Widerstand leisteten, wurden umgebracht. Als die Regierung die orthodoxe Kirche unter Kontrolle gebracht hatte, ernannte sie ihre eigenen Agenten in die kirchliche Hierarchie: Wer in die Kirche kam, um getauft zu werden, wurde verraten und ausgeliefert.

Die Saat des Misstrauens, die in jener Zeit gesät wurde, ist auch heute noch tief verwurzelt, sagte der katholische Priester der CNA.

Obschon Russland eines der gläubigsten Länder Europas ist – Statistiken zufolge glauben bis zu 65 Prozent der Bevölkerung an Gott – sind die Schrecken des kommunistischen Regimes noch präsent im kollektiven Bewusstsein des Landes; die Zahl der nach außen sichtbar praktizierenden orthodoxen oder katholischen Christen liegt bei etwa einem Prozent.

Nach dem Fall der Sowjetunion schaltete die katholische Kirche in Zeitungen und auf Fernsehsendern Anzeigen um darüber zu informieren, dass Pfarreien wiedereröffnet wurden und Priester dort ihren Dienst taten.

Was sie nicht öffentlich bewerben dürfen, sagte der Priester, ist die Tatsache, dass die Kirche glaubt, dass alle Menschen das Recht haben, katholisch zu werden, und auf Wunsch getauft werden können.

Gleichzeitig erlaubt die Regierung der katholischen Kirche, eine Präsenz zu haben die, innerhalb gewisser Grenzen, der Kirche ermöglicht, was nicht möglich wäre, wenn sie sich nicht an die Regeln hielten.

Auch wenn die neue Gesetzgebung klar die russisch-orthodoxe Kirche bevorzugt: Es sei eine „grobe Übertreibung“, wie manche Medien diese Gesetze mit der Unterdrückung während der Sowjetunion verglichen, sagte der Priester.

„Kirchen eine staatliche Meldepflicht aufzwingen ist nicht mit millionenfachem Mord zu vergleichen“, sagte er.

Die neuen Gesetze sollen am 20. Juli in Kraft treten. Sergeji Rakhuba, Präsident der Mission Eurasia und ein ehemaliger Moskauer Kirchengemeinden-Gründer, sagte gegenüber dem Magazin „Christianity Today“, dass die Gegner der neuen Gesetze hofften, gegen diese Berufung einzulegen. Aber sie seien auch bereit, in den Untergrund zu gehen.

„Sie sagen: ‚Wenn es dazu kommt, wird es uns nicht davon abhalten, Gott anzubeten und unseren Glauben zu teilen'“, sagte er. „Der Missionsbefehl gilt nicht nur für Zeiten, in denen Freiheit herrscht.“ (CNA Deutsch)

Versöhnung zwischen Polen und Russland: „Der erste und wichtigste Schritt“

 Es war eine feierliche Zeremonie im Warschauer Königsschloß: Die russisch-orthodoxe Kirche und die katholische Kirche Polens wollen sich und ihre Völker untereinander aussöhnen. Dazu unterzeichneten ihre Spitzenvertreter am Freitag Mittag in der polnischen Hauptstadt eine Gemeinsame Erklärung: „Botschaft der Versöhnung an die Gläubigen unserer Kirchen, an unsere Nationen und an alle Menschen guten Willens".

„Unsere Brüdervölker sind nicht nur durch ihre Nachbarschaft vereint, sondern auch durch ein reiches ost- und westkirchliches Erbe", betont der Text. Er bekennt sich zum „Weg eines ehrlichen Dialogs", um „die Wunden der Vergangenheit zu heilen". Für die russische Seite setzte der Moskauer orthodoxe Patriarch seine Unterschrift unter das Dokument; Kyrill I. hält sich derzeit – auch das schon ist eine Premiere – zu einem offiziellen Besuch in Polen auf. Für die polnische Seite unterzeichnete der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Józef Michalik, der die Initiative trotz mancher Kritik vom rechten Rand der polnischen Kirche durchgesetzt hat. „Das ist ein historischer Schritt für unsere beiden Völker", meinte Erzbischof Michalik in einer kurzen Ansprache. „Vielleicht sind einige perplex über diesen Schritt. Aber wir tun ihn im Geist des Evangeliums."

„Wir appellieren an unsere Gläubigen, um Verzeihung zu bitten für die Beleidigungen, die Ungerechtigkeiten und für alles gegenseitig angetane Unrecht", heißt es in der Gemeinsamen Erklärung. Und weiter: „Wir sind davon überzeugt, dass das der erste und wichtigste Schritt ist, um das gegenseitige Vertrauen wiederherzustellen, ohne das es keine dauerhafte menschliche Gemeinschaft und keine volle Versöhnung gibt." Vergebung bedeute nicht Vergessen; die „schwierigen und tragischen" Kapitel der russisch-polnischen Geschichte müssten von Historikern beider Seiten aufgearbeitet werden. „Wir sind davon überzeugt", so die beiden Kirchen, „dass eine dauerhafte Versöhnung als Fundament einer friedlichen Zukunft nur auf der Basis der vollen Wahrheit über unsere gemeinsame Vergangenheit möglich ist." Jeder Pole solle in jedem Russen, und jeder Russe in jedem Polen, „einen Freund und Bruder sehen".

Wie angekündigt gehen die Kirchen in ihrer Erklärung nicht auf die historischen Streitfragen zwischen Polen und Russland ein. Stattdessen beschreiben sie in dem Dokument ausführlich das gemeinsame Ziel, die christlichen Werte in der heutigen Zeit zu verteidigen. Kyrill I. hatte am Donnerstagabend bei einem Empfang am Sitz der katholischen Bischofskonferenz gesagt: „Überlassen wir die Geschichte den Historikern und das, was heute real ist, uns – den
Hirten." Beide Kirchen würden heute in ihren Ländern angegriffen. In Russland gebe es zunehmend eine antikirchliche Stimmung, unter anderem gegen den neuen Religionsunterricht in den Schulen. In Polens Parlament verlange eine Partei, das Kreuz aus dem Sitzungssaal zu entfernen.

Die polnisch-russischen Beziehungen sind unter anderem wegen der Rolle der Sowjetunion zu Beginn des Zweiten Weltkriegs und der Ermordung polnischer Kriegsgefangener bis heute belastet. Sowjetische Truppen hatten Polen zwar 1944/45 von den deutschen Besatzern befreit, dem Land aber ein moskautreues Regime aufgezwungen. Russische Historiker wiederum machen Warschau für den Tod Tausender sowjetischer Kriegsgefangener während des polnisch-sowjetischen Kriegs Anfang der 1920er Jahre verantwortlich.

Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Jozef Michalik, hatte am Donnerstag erklärt, die Versöhnungserklärung habe keinen politischen Charakter. Es handele sich um ein ausschließlich religiöses Dokument. „Das ist ein seelsorgerischer Akt", so Michalik. Die russisch-orthodoxe Kirche ist mit rund 150 Millionen Mitgliedern die mit Abstand größte orthodoxe Nationalkirche. Sie zählt fast alle ehemaligen Sowjetrepubliken zu ihrem Territorium. In Polen hat die katholische Kirche traditionell großen Einfluss. Mehr als 95 Prozent aller Bürger des Landes sind katholisch getauft. Etwa 400.000 der mehr als 38 Millionen Polen sind orthodox. (rv)

Russland/Vatikan: Leidensgeschichte der russischen Katholiken

Papst Benedikt XVI. hat in einem Brief an Kardinal Tomko an die Leidensgeschichte der russischen Katholiken erinnert. In dem Schreiben aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der katholischen Marienkathedrale in Moskau, das am kommenden Wochenende gefeiert wird, heißt es, die Kommunisten hätten das Gebäude entweiht und als Fabrik verwendet; dort wo der Altar war, wurde eine Toilette installiert, auch war der Pfarrer getötet und zahlreiche Gläubige in Gefängnisse verschleppt worden. Doch die Liebe zur Gottesmutter und die Gebete der Gläubigen hätten dazu geführt, dass vor 12 Jahren das Gebäude der katholischen Kirche zurückgegeben werden konnte. Kardinal Jozef Tomko leitet die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen als Päpstlicher Sondergesandter. Neben einer Festmesse sind Ausstellungen geplant sowie die Einweihung eines Denkmals für Mutter Teresa. (rv)

Vatikan: Russischer Präsident heute beim Papst

Der russische Präsident Dmitri Medwedew trifft am Donnerstag mit Papst Benedikt XVI. zusammen. Bei der Audienz im Vatikan begegnet der Papst Medwedew bereits zum zweiten Mal. Der russische Präsident traf an diesem Mittwoch in Rom ein; er besucht Italien anlässlich des russisch-italienischen Kulturjahres, das parallel in beiden Ländern begangen wird. Am Mittwochmorgen war ein Treffen mit dem italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano angesetzt, für den Nachmittag eine Begegnung mit Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Bei seiner Ankunft auf dem römischen Flughafen Fiumicino wurde Medwedew auch vom vatikanischen Protokollchef, dem aus Nigeria stammenden Fortunatus Nwachukwu, begrüßt. Im Dezember 2009 hatten die Russische Föderation und der Heilige Stuhl volle diplomatische Beziehungen aufgenommen. (rv)

Kasper: „Unabhängig, aber kooperativ – so unser Ideal“

 

Die Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche in Russland ist vorbildlich. Das hat das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, Bartholomaios I., während seines zehntägigen Russland-Besuchs festgehalten. Die Visite endet an diesem Montag. Bei der Begegnung mit dem russischen Staatspräsidenten Dmitri Medwedew bezeichnete er es als „die beste Garantie für die Zukunft des Landes", wenn die russische Gesellschaft christlich geprägt sei. Dem stimmt auch der Vorsitzende des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen zu. Kurienkardinal Walter Kasper stellt dem Staat-Kirche-Verhältnis allerdings ein anderes Ideal gegenüber:
„Wir haben da unterschiedliche Traditionen in der westlichen lateinischen Kirche und den orthodoxen Kirchen insgesamt. Die orthodoxen Kirchen haben traditionell mehr dieses Bild der Harmonie und der sehr engen Zusammenarbeit von Staat und Kirche, während wir im Westen schon sehr lange die Unterscheidung zwischen staatlicher Gewalt und kirchlicher Autorität machen. Und ich denke, an dieser Stelle könnte die russisch-orthodoxe Kirche noch manches von uns lernen, ohne, dass sie ihre eigenen Traditionen aufgibt."
Und gänzlich spannungsfrei sei das Verhältnis der orthodoxen Kirche zur staatlichen Führung des postkommunistischen Landes schließlich auch in jüngster Vergangenheit nicht immer gewesen:
„Ratschläge von außen dazu zu geben, ist schwierig. Ich kann nur sagen, unser Ideal ist eine freie und unabhängige Kirche in einem freien Staat: Beide unabhängig, aber dann in harmonischer Zusammenarbeit miteinander. Und dieses Modell wird sich über kurz oder lang wohl auch in Russland durchsetzen." (rv)