Finanzskandal? Maradiaga telefoniert mit dem Papst

Papst Franziskus und Kardinal Óscar Andrés Rodríguez Maradiaga haben miteinander telefoniert: Was zu normalen Zeiten keine Nachricht wäre, ist jetzt eine.

Denn eine italienische Zeitschrift hat dem Erzbischof von Tegucigalpa auf Honduras, der auch einer der wichtigsten Papstberater ist, einen Finanzskandal angehängt. Dabei geht es um große Geldsummen, die Maradiaga als Großkanzler der Katholischen Universität von Honduras bekommen haben soll und deren Verbleib nach Angaben des Magazins „L’Espresso“ ungeklärt ist.

Maradiaga weist die Anschuldigungen vehement zurück; in Interviews mit der katholischen italienischen Tageszeitung Avvenire und dem honduranischen Suyapa TV spricht er von Verleumdung und vermutet, da wolle jemand den Reformen des Papstes Steine in den Weg legen. Franziskus habe ihm per Telefon gesagt:

„Es tut mir leid, dass man dir so viel Übles antut. Aber mach dir keine Sorgen.“

Er, Maradiaga, habe dem Papst versichert, dass er mit sich selbst im reinen sei.

Die Vorwürfe, die „L’Espresso“ aufkocht, sind nach Angaben des Kardinals nicht neu; ein früherer Mitarbeiter der Universität habe sie letztes Jahr, als man ihn entlassen hatte, erhoben. Er könne nachweisen, dass die Gelder nicht in seinen Taschen gelandet seien, sondern bei der Caritas und zur Unterstützung von Priestern im ländlichen Raum.

Der honduranische Kardinal – ein Salesianer – ist Koordinator des K-9, also des Kardinalsrates, den Papst Franziskus eingerichtet hat. (vatican news)

„Anti-päpstliche Manipulation“

Der italienische Erzbischof Bruno Forte verteidigt Papst Franziskus gegen Häresie-Vorwürfe. Jene Kritiker, die den Papst mutmaßlicher Irrlehren bezichtigten, hätten ihn überhaupt nicht richtig verstanden, sagte der Erzbischof von Chieti und namhafte Theologe laut einem Bericht der katholischen Tageszeitung „Avvenire“ vom Dienstag.

Die Unterzeichner der am vergangenen Wochenende im Internet veröffentlichten „Zurechtweisung“ des Papstes seien eine „absolute Minderheit“. Sie hätten Franziskus‘ Schreiben zu Ehe und Familie vom April 2016 „nicht in seiner Tiefe erfasst, sondern missverstanden“. Ihr „Angriff“ sei „schwerwiegend“: „eine Manipulation, ein Vorurteil, eine Operation gegen den Papst und gegen die Kirche“. Forte war Sondersekretär der Bischofssynode zu Ehe und Familie in den Jahren 2014/2015. In dieser Funktion war er auch an deren Abschlusserklärung beteiligt.

Das Papstschreiben „Amoris laetitia“ zu Ehe und Familie vom April 2016 habe „die Kirchenlehre nicht geändert“, betonte der Theologe. Vielmehr antworte es „einfach auf eine seelsorgliche Frage“, speziell was wiederverheiratete Geschiedene betreffe. „Es ist gewiss, dass Gottes Liebe diese Menschen nicht verlässt.“ Wie die Kirche nun konkret Gottes Liebe in den „Lebenslagen solcher verletzter Familien“ ausdrücken könne, sei eine notwendige Frage und „seelsorglich absolut legitim“, wird der Erzbischof zitiert.

„Positionen, die den Glauben verlassen“

Mit den Kritikern geht Forte hart ins Gericht: Wer dieses Anliegen von „Amoris laetitia“ ignoriere und „um jeden Preis Positionen einnehmen will, die den katholischen Glauben verlassen“, zeige ein „von Vorurteilen eingenommenes Verhalten und schottet sich gegenüber dem Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils ab, den Papst Franziskus verkörpert“, so der frühere Theologieprofessor. Wer die Kirche liebe und dem Papst als Nachfolger Petrus treu sei, könne ein Dokument wie die „Zurechtweisung“ nicht unterzeichnen.

Ebenfalls im „Avvenire“ weist auch der Theologe Giuseppe Lorizio von der Päpstlichen Lateran-Universität die „Zurechtweisung“ zurück. Die sieben Sätze, die die Autoren des Textes unter Häresie-Verdacht stellten, „stehen so gar nicht im Papstschreiben“; diese Art des Zitierens sei somit „intellektuell unredlich“. Es gehe nicht „darum, den Papst zu verteidigen“, vielmehr richte sich der Angriff letztlich „auf das Evangelium“ und auf „eine ganze Tradition, die vom Trienter Konzil herkommt und die die Unterzeichner des Dokuments offenbar nicht kennen“. Das Trienter Konzil habe schließlich in Kapitel 12 des Dekrets über die Versöhnung formuliert, dass niemand sich der Gnade Gottes völlig sicher sein könne. „Das bedeutet, dass keiner sich, was die Gnade betrifft, in einer Lage der Sicherheit befindet. In diese Tradition schreibt sich der Papst mit „Amoris laetitia“ ein.“

„Statische, nicht dynamische Vorstellung von Gnade“

Die Autoren des anti-päpstlichen Dokuments hätten „eine automatische und statische Vorstellung von Gnade“; dabei sei diese in Wirklichkeit „dynamisch“. Zum Streit um eine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion bemerkt Lorizio, Eucharistie dürfe „nicht nur als Nahrung für die schon Vollkommenen“ gesehen werden: „Die Eucharistie ist auch die Wegzehrung unserer Schwäche.“

Spöttisch reagiert der Theologe auf eine Passage des Dokuments, die von einer „ewigen Disziplin“ im Bereich der Sakramente spricht. „Was heißt hier ewig? Die Sakramentendisziplin kommt vom Trienter Konzil. Und was ist mit den 1.500 Jahren davor?“ Dass Christen unter Anleitung eines Bischofs oder Priesters sich auf einen Weg der Buße und der Unterscheidung machten, sei keine Erfindung von Papst Franziskus: „Das hat es in der Tradition der Kirche immer schon gegeben!“ Die Tageszeitung „Avvenire“, die von der Italienischen Bischofskonferenz herausgegeben wird, nennt das im Internet veröffentlichte Dokument in ihrer Schlagzeile eine „anti-päpstliche Manipulation“.

Hintergrund

Die Unterzeichner des in mehreren Sprachen publizierten Dokuments vertreten die Ansicht, Franziskus habe „auf direkte oder indirekte Weise“ häretische Standpunkte zu Ehe, Moral und Sakramentenlehre gefördert. Zentraler Auslöser für den Vorstoß ist das Schreiben „Amoris laetitia“ von 2016. Unterschrieben ist die Erklärung von 62 Laien und Klerikern, unter ihnen der deutsche Schriftsteller Martin Mosebach, der frühere Chef der Vatikanbank IOR Ettore Gotti Tedeschi sowie der Generalobere der lefebvrianischen Priesterbruderschaft Pius X., Bernard Fellay als einziger Bischof. (rv)

Zur Website: Correctio filialis de haeresibus propagatis

 

Parolin: Vatikan verfolgt Politik des Friedens

Die Vermittlung des Vatikans in der politischen Krise in Venezuela ist nicht gescheitert. Das betonte Staatsekretär Pietro Parolin am Donnerstag in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung Avvenire. Der Heilige Stuhl verfolge eine „proaktive, nicht reaktive Diplomatie“, sagte Parolin. Wichtig sei, nach Lösungen zu suchen, die das Wohl des Volkes in den Vordergrund stellen. Am Donnerstag verschob der venezolanische Präsident Nicolas Maduro die anberaumte Eröffnungssitzung der Nationalversammlung. Generalstaatsanwältin Luisa Ortega hatte zuvor eine Untersuchung der Betrugsvorwürfe im Zusammenhang mit der Wahl angeordnet, bei der zehn Menschen ums Leben kamen.

Auch in Kolumbien hofft der Vatikan trotz aller Schwierigkeiten auf einen positiven Verlauf des Friedensprozesses, so Parolin. Der Besuch von Papst Franziskus im September habe zum Hauptziel, die Versöhnung im Land zu fördern. In dem Interview forderte der Staatssekretär auch erneut eine Friedenslösung für Jerusalem als „offene Stadt“, in der die Rechte aller Gläubigen anerkannt sind. „Das Problem muss auf internationaler Ebene gelöst werden“, das zeigten die aktuellen Konflikte.

Im Gespräch mit der Zeitung Il Sole 24 Ore kündigte Parolin an, weiterhin am Dialog mit China festhalten zu wollen. Zugleich forderte er Religionsfreiheit. Bei den letzten Verhandlungen bis zum 28. Juni hatte China scharf auf die Aussage der Kirche reagiert, man sei „traurig“ über das Verschwinden von Bischof Peter Shao Zhumin. Solche „Einzelfälle“ dürften nicht als Anlass genommen werden, „sich in innere Angelegenheiten einzumischen“, warnte das chinesische Außenministerium. (rv)

„Manche verstehen immer noch nicht“: Papst Franziskus über Amoris Laetitia-Debatte

cna_franziskus_rueckflugVATIKANSTADT – Papst Franziskus hat offenbar Kritikern seines nachsynodalen Schreibens Amoris Laetitia („die Freude der Liebe“) vorgeworfen, dieses nicht verstanden zu haben.

In einem weitreichenden Interview mit der Zeitung der italienischen Bischofskonferenz, Avvenire, sagt der Papst: „Manche – denken Sie an die Entgegnungen auf Amoris Laetitia – verstehen immer noch nicht“. Das liege daran, dass diese Personen nach dem Schema „schwarz oder weiß“ dächten, „selbst wenn wir im Fluss des Lebens unterscheiden müssen“, so Franziskus.

„Die Kirche existiert einzig als ein Instrument, dass den Menschen Gottes barmherzige Absicht mitteilt“, so Franziskus. Während des Zweiten Vatikanischen Konzils habe die Kirche „das Bedürfnis gespürt, in der Welt als sichtbares Zeichen der Liebe des Vaters zu sein.“

Das Konzil, besonders das Dokument Lumen Gentium, habe – so Franziskus – die Achse der christlichen Vorstellung „von einer bestimmten Form des Legalismus, die ideologisch sein kann“ hin zu Gott selbst verschoben, der durch Seinen Sohn Mensch wurde.

In diesem Zusammenhang spricht der Papst dann über Reaktionen auf Amoris Laetitia, beziehungsweise solche, die dass „immer noch nicht verstehen“.

Auch wenn der Papst keine Namen nennt: Es liegt nahe, anzunehmen, dass seine Worte auf die vier Kardinäle gemünzt sind, die im September dem Papst einen Brief geschrieben haben; in diesem bitten sie Franziskus, fünf Fragen über Amoris Laetitia zu beantworten. Dabei geht es unter anderem um die Frage des Verständnisses der Lehre der Kirche, genauer, ob „die Existenz absoluter moralischer Normen, die ohne Ausnahme gelten und in sich schlechte Handlungen verbieten“ bestätigt werden kann.

Nachdem Franziskus diesen Brief jedoch nicht beantwortete, wandten sich die Kardinäle mit ihren Fragen am 14. November an die Öffentlichkeit.

Obwohl die Autoren davor warnten, den Brief als Kritik an der Person des Papstes zu lesen, sondern als Bitte „die Ungewissheiten zu beseitigen und Klarheit zu schaffen“, wurde er als solcher von manchen interpretiert.

Zugleich ist das Schreiben der Kardinäle Walter Brandmüller, Joachim Meisner, Carlo Caffara und Raymond Leo Burke der jüngste und prominenteste Beitrag zu einer seit Monaten andauernden Debatte um das Schreiben, welches der Papst am 8. April 2016 vorlegte, sowie um die – bisweilen einander völlig widersprechenden – Interpretationen der Exhortation.

Tatsächlich wird bis heute diskutiert, ob der Papst die Regelung

Kardinal Burke hat in einem Interview mit Edward Pentin vom „National Catholic Register“ nach Veröffentlichung des Briefs noch einmal betont, dass die Nachfrage der Kardinäle ein Akt der Nächstenliebe gegenüber des Papstes gewesen sei, und ein Versuch, die „tiefe Kluft“ zu überwinden, die vor allem das achte Kapitel versursacht habe.

In diesem öffnet – so zumindest die heftig diskutierte Frage – Franziskus möglicherweise die Tür für die Zulassung von Katholiken unter bestimmten Umständen zur Kommunion, auch wenn diese etwa staatlich geschieden und wiederverheiratet sind und nicht enthaltsam leben, wie es bisher die Lehre der Kirche fordert.

Sollte der Papst die Fragen der Kardinäle zu dieser andauernden Verwirrung nicht klären, so der Kirchenrechts-Experte Burke im Interview weiter, dann würden die Schreiber des Briefs erwägen, den Päpst dahingehend „zu korrigieren“. (CNA Deutsch)

Italien: Renzi-kritische Töne von der Kirche

Avvenire„Eine Reform pro Monat“ verspricht der künftige italienische Ministerpräsident Matteo Renzi. Der Jungstar von der „Demokratischen Partei“ verdrängte seinen Parteifreund Enrico Letta aus dem Amt des Regierungschefs; an diesem Montag hat er vom Staatspräsidenten den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. Doch von der italienischen Kirche kommen einige Renzi-kritische Töne.

Vor allem die entschlossene Art und Weise, mit der Parteichef Renzi nach der Macht gegriffen hat, missfällt den Machern des „Avvenire“, der katholischen Tageszeitung, die der Bischofskonferenz gehört. „Renzi sollte sich im Klaren sein, dass sein Bruch mit dem derzeitigen Rahmen der Politik, wie er sich aus der Parlamentswahl vor einem Jahr ergab, und mit dem Koalitionsgleichgewicht, das Letta 2013 geschickt hergestellt hatte, wie eine Fortsetzung der „politica di palazzo“ mit anderen Mitteln wirkt.“ Das schreibt „Avvenire“-Direktor Marco Tarquinio in einem Artikel. „Politica di palazzo“ meint ins Deutsche übertragen „Hinterzimmer-Politik“ oder „Kungelei“ – etwas, wogegen der selbsternannte „Verschrotter“ Renzi nach eigener Darstellung eigentlich angetreten war.

Das sei doch ein „auffallendes Paradox“, so die Bischofszeitung weiter: Was sich da als „Diskontinuität“ in der Regierungsführung bezeichne, wirke in Wirklichkeit auf viele als „hässliche und kleinliche Kontinuität mit den enttäuschenden politischen Riten und Mythen der Vergangenheit“. Immerhin geht „Avvenire“ nicht so weit, Renzi – wie viele das tun – den „jungen Silvio“ zu nennen, also eine frischere Ausgabe des früheren rechten Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Nur wenn „Italiens Tony Blair“ (so ein weiterer Vergleich, den man in diesen Tagen öfters hört) jetzt einen „fulminanten Start“ hinlege, die „Trümmer“ beiseite räume und namentlich „konkrete und effiziente Maßnahmen für die Familien“ ergreife, könne Renzi die unschönen Umstände seines Weges an die Macht vergessen machen.

Auch die Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano“ kritisiert die Art und Weise, in der Renzi Letta beiseitegeschoben hat. Die Regierung Renzi sei, wenn sie denn zustandekomme, „mit einer Art Erbsünde behaftet“, so der „Osservatore“; sie werde „zeigen müssen, dass sie imstande sei, sich davon zu erholen“. Italien brauche keine Wiederbelebung „altbackener Rituale“ und Machtspiele, vielmehr müsse endlich „eine neue Seite aufgeschlagen“ werden. Der künftige Premier, bisher Bürgermeister von Florenz, spiele „mit hohem Einsatz“, und damit „steht und fällt zu einem guten Teil auch die nähere Zukunft Italiens“, so die Vatikanzeitung. Renzi solle Struktur- und institutionelle Reformen anpacken, sonst habe sich der Wechsel im Palazzo Chigi (dem römischen Amtssitz des Ministerpräsidenten) nicht gelohnt. Die Frage sei, ob Renzi „zu einem Programm mit so ehrgeizigen Zielen“ auch wirklich in der Lage sei.

Ausgesprochen positiv bewertet der „L´Osservatore Romano“ den scheidenden Ministerpräsidenten Letta: Dieser habe „dem Land wieder ein seriöses und halbwegs vertrauenswürdiges Image verschafft“. Ähnlich urteilt in Radio Vatikan auch Alberto Lo Presti, Leiter des katholischen Studienzentrums Igino Giordani. „Die Strenge, mit der man jetzt die Regierung Letta beurteilt, ist nicht immer gerechtfertigt.“  (rv)

Italien: Medien sind unfair gegenüber Vatikan

AvvenireDie italienischen Medien – und nicht nur diese – sind unfair gegenüber der Arbeit der römischen Kurie. Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan der Chefredakteur der italienischen Tageszeitung „Avvenire“, Marco Tarquino. Er verstehe die jüngste Reaktion des vatikanischen Staatssekretariats gut, der in einer Note vom Samstag die aggressive Medienkampagne und die Beeinflussung auf das kommende Konklave anprangerte.

„Ich habe den Eindruck, dass es Journalisten gibt, die Interpretationen aufstellen, die inakzeptabel sind. Deshalb denke ich, dass wir Journalisten uns fragen sollten, wie wir über die Kirche berichten. Ich mache mir keine großen Hoffnungen, dass man auf die tiefe der Texte und Aufrufe Benedikts eingeht. Es wird sicherlich noch weitere Polemiken geben. Dennoch sollten wir zuversichtlich in die Zukunft blicken.“

Besonders kritisch sieht der Direktor der größten katholischen Tageszeitung Italiens die journalistischen Beiträge, die auf anonymen und dubiosen Quellen beruhen.

„Das ist eines der Probleme des Journalismus in unserer Zeit. Das kann ich überhaupt nicht ausstehen. Die Grundregel des Journalismus lautet doch, dass wir unsere Leser informieren und alle prüfbaren Fakten auf den Tisch legen, damit sich dann der Leser selber eine Meinung bilden kann. Das Spiel mit den anonymen Quellen ist ein dreckiges Spiel und führt nur dazu, den Vatikan als Ort eines Thriller-Romans zu betrachten. Das ist ein schlechter Dienst gegenüber der Wahrheit und dem Informationsrecht.“ (rv)

Fisichella: „Keine Rechtsansprüche auf Priesteramt“

Der Hirtenbrief an die irische Kirche schlägt weiter hohe Wellen: Der vatikanische Kurienerzbischof Rino Fisichella kündigt Konsequenzen für die Priesterausbildung an. Niemand habe ein Recht auf das Priesteramt, sagte Fisichella in einem Interview mit der katholischen Tageszeitung „Avvenire“ von diesem Sonntag.
Strengere Auswahl
Nach dem Papstbrief zum Thema Missbrauch hat Kurienerzbischof Rino Fisichella eine strengere Auswahl von Priesteramtskandidaten angekündigt. Es gebe keine Entschuldigung mehr, so Fisichella. Nicht einmal der Mangel an Berufungen könne ein Grund dafür sein, jeden aufzunehmen, „der beim Priesterseminar anklopft“, so der Ethik-Verantwortliche des Vatikans gegenüber „Avvenire“. Der Brief des Papstes schlage „entschlossen ein neues Kapitel auf“, fügte der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben hinzu. Künftig werde es keinerlei Verschweigen und keine Entschuldigung geben. Fisichella bewertet den Hirtenbrief als „Wort von großem Mut“, für das es in den vergangenen Jahrhunderten der Kirchengeschichte keinen Vergleich gebe. (rv)

Vatikan: 300 Pädophilie-Anzeigen in neun Jahren

Die vatikanische Glaubenskongregation hat in den vergangenen neun Jahren 300 Anzeigen pädophiler Handlungen durch Kleriker behandelt. Diese Zahl nannte der Promotor Iustitiae Charles J. Scicluna. Er ist eine Art Strafverfolger der Behörde für schwere kirchenrechtliche Vergehen. Insgesamt gingen im Vatikan seit 2001 etwa 3.000 Beschuldigungen wegen sexueller Übertretungen von Diözesan- und Ordenspriestern ein. Das sagte Scicluna in einem Interview mit der katholischen italienischen Tageszeitung „Avvenire“ (Samstag).
„De delictis gravioribus“
2001 trat das Dekret „De delictis gravioribus“ in Kraft. Diese Regelung sieht vor, dass die Zuständigkeit für solche Kirchenprozesse der Glaubenskongregation zugewiesen wird. Bei den 3.000 Fällen handele es sich um Vorgänge aus den zurückliegenden 50 Jahren, so Scicluna. Der Großteil der Fälle betreffe die USA. Etwa 60 Prozent der Anzeigen hätten sich auf „sexuelles Hingezogensein zu Heranwachsenden desselben Geschlechts“ bezogen, 30 Prozent auf heterosexuelle Beziehungen. Zehn Prozent beträfen Akte der Pädophilie im eigentlichen Sinn. Diese 300 Fälle seien „immer noch zu viele“, betonte Scicluna. Allerdings sei „das Phänomen nicht so verbreitet, wie einige glauben machen wollen“.
In 20 Prozent aller Fälle sei es zu einem eigentlichen kirchlichen Straf- oder Verwaltungsverfahren gekommen. Davon habe die Hälfte mit einer Entlassung aus dem Klerikerstand geendet, die andere Hälfte mit einer Bitte der Beschuldigten um eine Entpflichtung von ihren Aufgaben. Dazu gehörten laut Scicluna etwa Priester, die wegen Besitzes von kinderpornographischem Material von einem staatlichen Gericht verurteilt worden waren. 60 Prozent der Anklagen seien mit Blick auf das Alter der Beschuldigten nicht zu Ende verfolgt, aber gegebenenfalls mit Verwaltungs- oder Disziplinarmaßnahmen abgeschlossen worden.
Im Blick auf die zivile Verfolgung sexueller Vergehen betonte Scicluna, in einigen Ländern seien Bischöfe verpflichtet, Verfehlungen von Priestern den Justizbehörden anzuzeigen, wenn sie außerhalb der sakramentalen Beichte davon Kenntnis erhielten. Dies gelte etwa im angelsächsischen Bereich oder in Frankreich. Wo eine gesetzliche Anzeigepflicht für die Bischöfe fehle, ermuntere der Vatikan die Kirchenleiter, die Opfer bei einer Anzeige bei staatlichen Behörden zu unterstützen.
(rv)

Lesen Sie hier eine deutsche Übersetzung des Avvenire-Interviews
Monsignor Charles J. Scicluna ist der „Anwalt der Gerechtigkeit“ der Kongregation für die Glaubenslehre. In der Praxis handelt es sich um den Staatsanwalt des Tribunals des früheren „Heiligen Uffiziums“, der die Aufgabe hat, so genannte „delicta graviora“ zu untersuchen, also Vergehen, die die katholische Kirche als die absolut schwerwiegendsten einstuft: Das sind die Vergehen gegen die Eucharistie, Vergehen gegen die Heiligkeit des Bußsakraments und der Verstoß gegen das sechste Gebot („Du sollst nichts Unkeusches tun“) durch einen Kleriker mit einem Jugendlichen unter 18 Jahren. Vergehen, für die ein „Motu proprio“ von 2001 mit dem Titel „Sacramentorum sanctitatis tutela“ der Kongregation für die Glaubenslehre die Kompetenz zugesprochen hat. Und Monsignor Scicluna, ein Malteser mit liebenswürdig-freundlichen Umgangsformen, steht im Ruf, die ihm übertragene Aufgabe mit der größten Genauigkeit anzugehen – ohne Ansehen der Person.
Monsignore, Sie gelten als gnadenlos; dabei wird der katholischen Kirche systematisch vorgehalten, mit den so genannten „pädophilen Priestern“ zu entgegenkommend zu sein.
Es mag sein, dass in der Vergangenheit einige Bischöfe – vielleicht auch aus dem irregeleiteten Wunsch heraus, die Institution zu verteidigen – in der Praxis zu nachsichtig mit diesen überaus traurigen Phänomenen umgegangen sind. Ich sage: in der Praxis, denn auf der prinzipiellen Ebene war die Verurteilung dieser Art Vergehen immer schon unerschütterlich und unmißverständlich. Um beim vergangenen Jahrhundert zu bleiben, sei nur einmal an die mittlerweile berühmte Instruktion „Crimen Sollicitationis“ von 1922 erinnert…
Aber war die nicht von 1962?
Nein, die erste Fassung geht auf das Pontifikat von Pius XI. zurück. Dann hat das „Heilige Uffizium“ in der Zeit des seligen Johannes XXIII. eine neue Fassung für die Konzilsväter erstellt, aber nur in zweitausend Ausgaben, die für eine Verteilung nicht ausreichten, so dass diese Verteilung sine die (unbefristet) aufgeschoben wurde. Da ging es immerhin um prozedurale Normen, die in Fällen einer Verführung eines/r Beichtenden durch den Beichtvater zu befolgen waren, und um weitere sehr schwerwiegende Vergehen sexueller Art wie sexueller Missbrauch von Minderjährigen…
Normen, die allerdings das Geheimhalten empfahlen…
Eine schlechte Übersetzung dieses Textes ins Englische hat den Eindruck erweckt, als ob der Heilige Stuhl die Geheimhaltung durchsetzen wollte, um die Tatsachen zu vertuschen. Aber so war es nicht. Das Ermittlungsgeheimnis diente dazu, den guten Ruf aller beteiligten Personen zu schützen, vor allem den guten Ruf der Opfer selbst, und dann auch den der angeklagten Kleriker, die – wie ein jeder – das Recht auf die Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils haben. Die Kirche liebt keine Spektakel-Justiz. Das Regelwerk über sexuellen Missbrauch ist nie als Verbot verstanden worden, eine Anzeige bei den zivilen Behörden zu erstatten.
Dieses Dokument wird allerdings immer wieder erwähnt, um dem jetzigen Papst vorzuwerfen, er sei – in seiner Amtszeit als Präfekt des früheren „Heiligen Uffiziums“ – objektiv der Verantwortliche für eine Politik des Vertuschens der Tatsachen durch den Heiligen Stuhl gewesen…
Das ist ein falscher und verleumderischer Vorwurf. Im Hinblick darauf erlaube ich mir, auf einige Tatsachen hinzuweisen. Zwischen 1975 und 1985 ist meines Wissens kein einziger Hinweis auf Fälle von Pädophilie bei Klerikern zur Kenntnis unserer Kongregation gelangt. Doch gab es nach dem Erlass des Kodex des Kirchenrechts von 1983 eine Phase der Unsicherheit über die genaue Liste der „delicta gravioria“, die der Kompetenz dieses Dikasteriums vorbehalten sind. Erst mit dem „Motu proprio“ von 2001 ist das Vergehen der Pädophilie wieder in unsere exklusive Kompetenz zurückgekehrt. Und von diesem Moment an hat Kardinal Ratzinger Weisheit und Festigkeit beim Umgang mit diesen Fällen gezeigt. Mehr noch: Er hat auch großen Mut gezeigt, als er einige sehr schwierige und heikle Fälle sine acceptione personarum angegangen ist. Dem jetzigen Papst also Vertuschung vorzuwerfen, ist, wie gesagt, falsch und verleumderisch.
Was passiert, wenn ein Priester eines delictum gravius beschuldigt wird?
Wenn die Anklage glaubwürdig ist, hat der Bischof die Pflicht, sowohl die Zuverlässigkeit des Vorwurfs als auch ihren eigentlichen Inhalt zu untersuchen. Und wenn das Ergebnis dieser Voruntersuchung glaubwürdig ist, hat er keine Gewalt mehr, über die Materie zu befinden, und muss den Fall unserer Kongregation mitteilen, wo er vom disziplinarischen Büro behandelt wird.
Wer gehört zu diesem Büro?
Außer mir selbst, der ich als einer der Vorgesetzten des Dikasteriums auch andere Fragen behandle, gibt es einen Büroleiter, Pater Pedro Miguel Funes Diaz, sieben Geistliche und einen Strafrechtler – einen Laien –, die diese Verfahren bearbeiten. Andere Offiziale der Kongregation leisten jeweils einen wertvollen Beitrag, je nach den Notwendigkeiten von Sprache und Kompetenz.
Diesem Büro ist vorgeworfen worden, wenig und langsam zu arbeiten…
Das sind ungerechte Einschätzungen. 2003 und 2004 gab es eine Lawine von Fällen, mit der unsere Schreibtische überschüttet wurden. Viele davon kamen aus den USA und betrafen die Vergangenheit. In den letzten Jahren hat sich das Phänomen Gott sei Dank doch weitgehend reduziert. Und daher versuchen wir jetzt, die neuen Fälle in Echtzeit zu behandeln.
Wieviele davon haben Sie und Ihre Mitarbeiter bis jetzt behandelt?
Insgesamt haben wir in diesen letzten neun Jahren (2001 bis 2010) Anzeigen beurteilt, die etwa 3.000 Fälle von Diözesan- und Ordenspriestern betrafen und die sich auf Vergehen bezogen, die in den letzten fünfzig Jahren begangen worden sind.
Also 3.000 Fälle von pädophilen Priestern?
So kann man das korrekterweise nicht sagen. Wir können sagen, dass es sich grosso modo in sechzig Prozent dieser Fälle vor allem um Akte von Ephebophilie handelt, das heißt: Akte, die mit dem sexuellen Hingezogensein zu Heranwachsenden desselben Geschlechts zusammenhängen. Weitere dreißig Prozent beziehen sich auf heterosexuelle Beziehungen, und zehn Prozent sind tatsächlich Akte der Pädophilie, also bestimmt durch das sexuelle Hingezogensein zu Kindern im vorpubertären Alter. Die Fälle von Priestern, die der Pädophilie im strengen Sinn des Wortes beschuldigt werden, sind also etwa dreihundert binnen neun Jahren. Das sind – um Gottes willen! – immer noch zu viele Fälle, aber man sollte doch anerkennen, das das Phänomen nicht so verbreitet ist, wie einige glauben machen wollen.
Also 3.000 Beschuldigte. Wie vielen wurde der Prozess gemacht, wie viele verurteilt?
Man kann in etwa sagen, dass es in zwanzig Prozent der Fälle einen richtigen Prozess gegeben hat, ob straf- oder verwaltungsrechtlich, und normalerweise ist er im Herkunftsbistum – immer unter unserer Aufsicht – durchgeführt worden und nur in sehr seltenen Fällen hier in Rom. Wir halten das auch deswegen so, damit der iter schneller ablaufen kann. Doch hat es in sechzig Prozent der Fälle vor allem wegen des fortgeschrittenen Alters der Beschuldigten keinen Prozess gegeben; allerdings wurden gegen sie Verwaltungs- und Disziplinarmassnahmen ergriffen wie etwa die Auflage, keine Messen mit den Gläubigen mehr zu feiern, keine Beichte mehr zu hören, ein zurückgezogenes Leben des Gebets zu führen. Man sollte noch einmal betonen, dass es sich in diesen Fällen, unter denen auch einige besonders eklatante sind, mit denen sich die Medien beschäftigt haben, nicht um Freisprüche handelt. Zwar hat es keine formale Verurteilung gegeben, aber wenn jemand zu Schweigen und Gebet verpflichtet wird, dann gibt es dafür schon einen guten Grund…
Da sind aber noch zwanzig Prozent weitere Fälle…
Sagen wir: In zehn Prozent der Fälle, nämlich den besonders schwerwiegenden und bei denen erdrückende Beweise vorliegen, hat der Heilige Vater die schmerzliche Verantwortung auf sich genommen, ein Dekret über den Rückzug aus dem Klerikerstand zu autorisieren. Eine äußerst schwerwiegende Maßnahme, die auf dem Verwaltungsweg getroffen wird, aber unvermeidlich. In den übrigen zehn Prozent der Fälle waren es dann die beschuldigten Kleriker selbst, die um Dispens von den Pflichten gebeten haben, die sich aus dem Priesteramt ergeben. Was auch prompt angenommen wurde. Zu diesen letztgenannten Fällen gehören die Priester, die im Besitz von kinderpornographischem Material gefunden wurden und die dafür von der zivilen Autorität verurteilt worden sind.
Woher kommen diese dreihundert Fälle?
Vor allem aus den USA, die in den Jahren 2003-2004 etwa achtzig Prozent aller Fälle stellten. Für 2009 ist der US-„Anteil“ auf ca. 25 Prozent der 223 neuen Fälle, die aus aller Welt gemeldet wurden, gesunken. In den letzten Jahren (2007-2009) lag tatsächlich der jährliche Durchschnitt von Fällen, die der Kongregation aus aller Welt gemeldet wurden, bei 250 Fällen. Viele Länder zeigen uns nur einen oder zwei Fälle an. Es wächst also die Vielfalt und die Zahl der Herkunftsländer von Fällen, aber das Phänomen ist ziemlich reduziert. Man muss ja daran erinnern, dass die Gesamtzahl von Diözesan- und Ordenspriestern weltweit bei 400.000 liegt. Dieser statistische Wert entspricht nicht dem Eindruck, der entsteht, wenn diese traurigen Fälle die ersten Seiten der Zeitungen füllen.
Und aus Italien?
Bislang scheint das Phänomen keine dramatischen Ausmaße zu haben, auch wenn mich doch beunruhigt, dass ich auf der Halbinsel noch eine gewisse Kultur des Schweigens zu sehr verbreitet finde. Die Italienische Bischofskonferenz (CEI) bietet einen hervorragenden technisch-juristischen Beratungsdienst für die Bischöfe, die solche Fälle zu behandeln haben. Ich stelle mit großer Befriedigung ein immer stärkeres Engagement von Seiten der italienischen Bischöfe fest, Klarheit in den Fällen, auf die man sie hinweist, zu schaffen.
Sie sagten eben, dass es in etwa zwanzig Prozent der ca. 3.000 Fälle, die Sie in den letzten neun Jahren untersucht haben, zu richtiggehenden Prozessen kam. Endeten die alle mit der Verurteilung der Beschuldigten?
Viele der mittlerweile berühmten Prozesse endeten mit einer Verurteilung des Beschuldigten. Aber es gab auch einige, in denen der Priester für unschuldig erklärt wurde oder in denen die Vorwürfe nicht für hinreichend bewiesen angesehen wurden. In allen Fällen aber wird nicht nur Schuld oder Unschuld des angeklagten Klerikers untersucht, sondern auch eine Einschätzung vorgenommen, inwieweit er für die Ausübung eines Amtes in der Öffentlichkeit geeignet ist oder nicht…
Ein häufiger Vorwurf an die kirchlichen Autoritäten ist der, dass sie nicht die Vergehen der Pädophilie, von denen sie Kenntnis bekommen, den zivilen Behörden anzeigen.
In einigen Ländern mit angelsächsischer Kultur, aber auch in Frankreich sind die Bischöfe dazu verpflichtet, wenn sie außerhalb des sakramentalen Beichtgeheimnisses Kenntnis von Vergehen ihrer Priester erhalten, diese den Justizbehörden anzuzeigen. Es handelt sich um eine Verpflichtung, die alles andere als leicht fällt, denn diese Bischöfe sind dazu gezwungen, etwas zu tun, was man damit vergleichen könnte, dass Eltern ihren eigenen Sohn anzeigen. Dennoch geben wir in diesen Fällen die Vorgabe, das Gesetz zu respektieren.
Und was ist in den Fällen, wo die Bischöfe nicht diese gesetzliche Verpflichtung haben?
In diesen Fällen erlegen wir es den Bischöfen nicht auf, ihre eigenen Priester anzuzeigen, aber wir ermuntern sie, sich an die Opfer zu wenden und sie einzuladen, diese Priester, deren Opfer sie geworden sind, anzuzeigen. Außerdem raten wir ihnen dazu, diesen Opfern jeden nur möglichen geistlichen und sonstigen Beistand zu leisten. In einem Fall vor nicht langer Zeit, der einen von einem italienischen Zivilgericht verurteilten Priester betrifft, war es tatsächlich diese Kongregation, die den Anzeigenden vorschlug, als diese sich wegen eines kanonischen Prozesses an uns wandten, sich doch im Interesse der Opfer und um andere Vergehen zu verhindern auch an die zivilen Autoritäten zu wenden.
Eine letzte Frage: Ist für die delicta graviora eine Verjährung vorgesehen?
Da rühren Sie an einen – aus meiner Sicht – schmerzhaften Punkt. In der Vergangenheit, das heißt vor 1889, war die Verjährung der Straftat eine Einrichtung, die es im Kirchenrecht nicht gab. Und für die schwerwiegendsten Vergehen wurde erst mit dem „Motu proprio“ von 2001 eine Verjährungsfrist von zehn Jahren eingeführt. Aufgrund dieser Normen beginnt die Zehn-Jahres-Frist in Fällen von sexuellem Missbrauch mit dem Tag, an dem der bis dahin Minderjährige das 18. Lebensjahr vollendet.
Reicht das denn aus?
Die Praxis zeigt, dass eine Zehn-Jahres-Frist dieser Typologie von Fällen nicht angemessen ist und dass es wünschenswert wäre, zum früheren System zurückzukehren, nach dem es für die delicta graviora keine Verjährung gibt. Immerhin hat der Diener Gottes Johannes Paul II. am 7.11.2002 diesem Dikasterium die Vollmacht gegeben, im Einzelfall auf begründete Anfrage der einzelnen Bischöfe hin diese Verjährungsfrist nicht zu beachten. Und die entsprechende Ausnahmeregelung wird normalerweise auch gewährt. (rv)

Vatikan: Staatssekretariat weist „Verleumdungs-Kampagne“ zurück

Das Staatssekretariat unter Kardinal Tarcisio Bertone weist Darstellungen in den italienischen Medien scharf zurück. Ein Kommuniqué der Vatikanspitze bezieht sich auf die so genannte Affäre Dino Boffo: Der Direktor der katholischen italienischen Tageszeitung „Avvenire" war im letzten Herbst zurückgetreten, nachdem die regierungsnahe Zeitung „Il Giornale" eine Kampagne gegen ihn eröffnet hatte. Es stimme nicht, was italienische Medien derzeit behaupteten – dass nämlich der Direktor des „Osservatore Romano" Gianmaria Vian und Kardinal Bertone selbst irgendetwas mit diesem Skandal zu tun hätten: „Diese Nachrichten und Berichte entbehren jeden Fundaments", so das Statement aus dem Staatssekretariat. Nachdem es detailliert einzelne Vorwürfe, die derzeit durch die Presse geistern, dementiert, stellt es fest: „Es gibt derzeit eine Verleumdungskampagne gegen den Heiligen Stuhl, die auch den Papst selbst mit einbezieht." Benedikt XVI. werde „ständig auf dem Laufenden gehalten" über die Entwicklungen in dieser Angelegenheit; er bedaure „diese ungerechten und beleidigenden Angriffe" und spreche seinen engsten Mitarbeitern sein Vertrauen aus. „Wem wirklich das Wohl der Kirche am Herzen liegt" – so das Statement abschließend –, „der möge alles tun, damit sich letztlich Wahrheit und Gerechtigkeit durchsetzen." (rv)