Die Reform des Kardinalsamtes: Ein Kommentar

Bernd HagenkordZwanzig neue Kardinäle: die Internationalisierung des Kardinalskollegiums schreitet voran. Ein Kommentar von Pater Bernd Hagenkord SJ.

Überraschung allüberall. Dass Papst Franziskus an diesem Sonntag seine Kardinalserhebungen öffentlich machen würde, war vermutet worden. Und getreu der journalistischen und innerkirchlichen Debatte waren Namen genannt worden, gehofft, befürchtet, erwartet. Und dann las Papst Franziskus nach dem Angelusgebet seine Liste vor, Applaus auf dem Petersplatz und Überraschung allüberall. Kein Vatikankenner hätte diese Liste auch nur annähernd so aufstellen können.

Drei Lehren kann man aus diesen Kardinalserhebungen ziehen. Zum einen ist Papst Franziskus sein eigener Papst. Das überrascht nicht, zeigt sich aber sehr deutlich. Er ernennt offenbar Menschen, denen er vertraut, die er kennt oder denen er zutraut, ein gutes Urteil zu haben, wenn es darum geht, den Papst zu beraten oder irgendwann in der Zukunft einen neuen Papst zu wählen. Und: er legt großen Wert auf die Internationalisierung des Kardinalskollegs. Er will mehr Einbeziehung der Weltkirche, das zeigt sich in Zukunft auch bei den Papstwahlen.

Zweitens gibt es kein Recht auf einen Kardinalshut. Viel war im Vorfeld darüber spekuliert worden, welcher der vielen Anwärter aus den USA denn ernannt werden wird: Es ist kein Einziger. Auch Venedig und Turin, die bereits beim letzten Konsistorium nicht bedacht waren obwohl traditionell immer mit Kardinalshut versehen, sind auch dieses Mal nicht auf der Liste. Die alten Regeln, Traditionen, es-war-schon-immer so, das gilt nicht mehr.

Drittens wirft das ein interessantes Licht auf das Spiel der Vaticanisti und Journalisten hier in Rom und überall, die spekuliert hatten, Namen genannt, abgewogen, befürchtet und gehofft hatten. Ich habe nicht alles gelesen, aber genug um sagen zu können, dass sie alle daneben lagen. Auch das Spiel von Spekulation, gefüttert von Insiderwissen und besonderen Kontakten, funktioniert nicht mehr.

Man hätte das schon beim Konsistorium im vergangenen Jahr sagen können, auch da waren die Anzeichen schon klar. Aber spätestens jetzt kann man sie nicht mehr übersehen.

Was sagt das über den Papst? Dass er seine Linie der Reform und Erneuerung auch personell weiter fortführt. Einige werden enttäuscht sein, vor allem diejenigen, die mit diesem oder jenem Namen eine kirchenpolitische Position verbinden. Man wird Kaffeesatzleserei betreiben, was das denn nun bedeute. Aber letztlich wird das schlicht auf die Einsicht hinaus laufen, dass sich auch das Amt der Kardinals erneuert. Nicht eine Beförderung vom Erzbischof eins hinauf, nicht etwas, was irgendwie mit der Bedeutung eines Bistums oder der Tradition mitgeliefert wird. Sondern ein Amt, das einer Person zukommt und im Dienst der Weltkirche steht. Spätestens heute ist offensichtlich, dass sich die Reform Franziskus’ auch auf das Kardinalsamt ausgedehnt hat. (rv)

Neuer Kardinal: „Papst will Armutsbekämpfer fördern“

Erzbischof MenichelliWenige hatten damit gerechnet, dass der Papst ihn die Kardinalswürde verleihen wird: Edoardo Menichelli ist Erzbischof der kleinen italienischen Diözese Ancona. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagt er, dass der Papst mit der Auflistung der 20 neuen Kardinälen ein Zeichen setzen wollte. „Wir haben ja alle mittlerweile von Franziskus gelernt, was es heißt, an die Peripherie gehen und sie auch zu lieben. Es geht ihm darum, dass das Zugehen auf jene, die dort leben, auch das Hauptaugenmerk der Kirche und ihrer Tätigkeiten wird.“ Deshalb fördere der Papst vor allem jene in der Kirche, die sich dem „Kampf gegen die Armut“ verschrieben haben. „Ich bin davon überzeugt, dass sich die Kirche diesbezüglich noch weiter bewegen muss. Niemand soll sich von der Kirche ausgeschlossen fühlen. Die Kirche muss sich aber vor allem den Familien hinwenden. Es bedarf diesbezüglich einer neuen Allianz zwischen Kirche und den Familien. Selbst der Sohn Gottes hat ja eine Familie ausgewählt, um auf Erden zu wirken. Das sind meiner Meinung nach, die Pfeiler für die Zukunft der Kirche: Armutsbekämpfung und Förderung der Familie.“ (rv)

Migranten-Bischof wird Kardinal: „Ich bleibe so, wie ich bin“

Erzbischof MontenegroEr war der erste Gastgeber einer Papstvisite nun wird er bald Kardinal: Erzbischof Francesco Montenegro leitet nicht nur das sizilianische Bistum Agrigent sondern ist auch Präsident der katholischen Vereinigung Migrantes, die sich um Flüchtlinge in Italien kümmert. „Ich bleibe so, wie ich bin. Seit vielen Jahren versuche ich meinen Dienst in und für die Kirche im Dienste der Nächstenliebe zu gestalten. Die Kardinalswürde ist nur ein Ansporn noch mehr diesbezüglich zu tun“, so Montenegro im Gespräch mit Radio Vatikan. Bei der Familiensynode 2014 war er als Flüchtlingsexperte dabei, nun wird er bei der nächsten Versammlung der Synode zum selben Thema im Oktober 2015 als Kardinal mitwirken. „Das klingt jetzt schrecklich, aber ich muss da doch noch einiges neu lernen“, sagt der Erzbischof von Agrigent, der als „einfacher und bescheidener Kirchenmann“ gilt. „Das ist doch selbstverständlich. Auch die Kardinalswürde ist doch kein Karrieresprungbrett sondern eine wichtige Aufgaben, die mit Pflichten verbunden ist.“ (rv)