Kardinal Kasper: „Man kennt sich viel zu wenig“

Unmittelbar nach dem Auftritt von zwei muslimischen Gelehrten auf der Nahost-Bischofssynode im Vatikan gab uns Kardinal Walter Kasper, bis vor kurzem Präsident des Päpstlichen Einheitsrates, einen kurzen Kommentar zu seinen Eindrücken. Dabei bezog er sich auch auf den Auftritt des israelischen Rabbiners David Rosen auf dem gleichen Forum – genau 24 Stunden zuvor.
 „Den Rabbiner Rosen kenne ich seit sehr vielen Jahren; das ist ein uns sehr gewogener Mann, der auch unsere Probleme versteht. Er hat natürlich Israel von seiner besten Seite dargestellt – das tut natürlich jeder… Manche der Mitbrüder aus mehrheitlich islamischen Ländern waren dann etwas überrascht, aber ich selbst habe es für eine gute Ansprache gehalten. Ich denke, man kennt sich viel zu wenig; die arabischen Mitbrüder wissen viel zu wenig, was das Judentum ist, und umgekehrt! Die beiden anderen waren natürlich hochrangige Professoren, die von einer sehr hohen Warte aus sprechen; ich würde ernstnehmen, was auch die Mitbrüder alle sagen: dass die Mehrheit der Muslime friedlich ist und ein friedliches Zusammenleben will – und dass man den Islam nicht in einen Topf werfen soll mit den radikalen Islamisten, die jeder als eine Gefahr ansieht. Die beiden Islam-Vertreter haben ja auch in diesem Sinne gesprochen und damit ein gutes Signal gegeben für ein Zusammenleben und eine Zusammenarbeit." (rv)

„Orientalisch-heitere Atmosphäre“: Gespräch mit Patriarch Gregorios

Er spricht selbst ganz unverblümt aus, dass die Synode seine Idee gewesen sei: der melkitische Patriarch von Damaskus, Gregorios III. Laham. In der Synodenaula des Vatikans warnte er an diesem Dienstag eindringlich vor einem „Zusammenstoß der Religionen", wenn das Christentum aus dem Nahen Osten verschwände. In einem Interview sagte er unserem Synodenbeobachter Stefan Kempis:
„Wir sind langsam hineingewachsen, und es ist interessant zu sehen, dass diese Bischöfe so etwas zum ersten Mal erleben: Die meisten Bischöfe sind neu auf einer Synode, aber sie haben sich wohlgefühlt. Ich danke Gott für die richtig orientalisch-heitere Atmosphäre auf dieser Synode: Hier war Freude, Humor und Enthusiasmus."
Es war stellenweise eine lebhafte Diskussion, bei der auch viele Probleme auf den Tisch kamen, z.B. die Emigration vieler Christen aus dem Nahen Osten.
„Ja, die Emigration – und die Gefahr der Emigration, dass der Nahe Osten leer wird und der Pluralismus verlorengeht. Dann wird es zu mehr Zusammenstößen kommen zwischen Islam und Christentum! Und dann kam auch das schwere Problem des Dialogs mit dem Islam zur Sprache. Durch Fundamentalismus, Terrorismus und Terrorakte hat man das Gefühl: Wie können wir weitermachen angesichts so vieler Anschläge? Aber die meisten haben gesagt: Das ist unsere Rolle, den Nahen Osten zu prägen und langsam auch verschiedene Werte des Christentums hineinbringen in die Gesellschaft der Araber, die mehrheitlich Moslems sind."
((Was waren die interessantesten Ideen und Bemerkungen, die Sie bisher auf der Synode gehört haben?
„Zum Beispiel den Vorschlag vieler, dass man so eine Synode im Nahen Osten hält – auf einer lokalen Ebene. Dann gab es auch den Wunsch, alles zu tun, um den israelisch-palästinensischen Konflikt zu beenden: Denn dieser Konflikt ist für die meisten der Hauptgrund vieler, vieler Krisen und Kriege, die die Emigration von Christen verursacht haben.))" (rv)

Vatikan: Motu Proprio zur Neuevangelisierung veröffentlicht

Die Errichtung des Rates für die Neuevangelisation geht voran: Zum Fest Peter und Paul hatte Papst Benedikt XVI. die Gründung angekündigt, im Juni gab der Vatikan den ersten Leiter dieser neuen Vatikanbehörde, Erzbischof Rino Fisichella, bekannt. An diesem Dienstag veröffentlichte der Heilige Stuhl nun das Motu Proprio des Papstes, also das Schreiben, das diesen Rat offiziell errichtet. Es heißt „Ubicumque et semper", also „Immer und überall". Die wichtigste Aufgabe steht gleich im ersten Satz: „Die Kirche hat die Pflicht, immer und überall das Evangelium Jesu Christi zu verkünden." Dazu der Leiter der Vatikanbehörde, Erzbischof Rino Fisichella:
„In diesem Sinn ist die Aufgabe nicht verschieden von der, die die Kirche immer schon hatte: das Antlitz Jesu Christi sichtbar zu machen, des einzigen Erlösers, des Verkünders der erbarmenden Liebe des Vaters, der jedem begegnen will, ohne irgend jemanden auszuschließen."
Benedikt XVI. betont in dem apostolischen Schreiben zur Gründung des Rates, dass die Kirche die geeigneten Mittel suchen müsse, diese Verkündigung zu leisten. Die wissenschaftlichen Entwicklungen und die Neuerungen in Technik und Lebensstilen hätten die religiöse Dimension des Lebens der Menschen verändert.
„Wie Ubicumque et Semper es sagt: Die Neuevangelisierung ist keine Formel, die für alle gleichermaßen anwendbar wäre. Wir müssen auch vermeiden, dass die Neuevangelisierung wie eine abstrakte Formel klingt. Iim Gegenteil sollten wir all die konkreten Initiativen in den Blick nehmen, die es in den letzten Jahren mit den Bischöfen und in den Ortskirchen, den Bischofskonferenzen, Verbänden und Bewegungen gegeben hat. Ein Kennenlernen und eine Koordinierung dieser wertvollen Initiativen soll die Hauptaufgabe des päpstlichen Rates sein."
Die konkrete Aufgabe beschreibt der Papst im apostolischen Schreiben damit, dass dieser Rat zur Reflexion der Themen der erneuerten Evangelisierung ermuntern soll und geeignete Mittel erkennen und fördern soll. Damit soll er im Dienst der Ortskirchen stehen. Artikel 3 hebt die besondere Bedeutung des Katechismus der katholischen Kirche hervor, dessen Gebrauch der Rat fördern soll. (rv)

Vollständiger Text des Motu proprio in VH:  >>Ubicumque et semper (Dt. Übersetzung von kath.net)

Nahostsynode im Vatikan: Kernsätze aus den Ansprachen

Hier finden Sie einen Überblick über offizielle Wortmeldungen auf der 2. und 3. „Generalversammlung“ der Nahost-Synode im Vatikan – zusammengestellt von Stefan Kempis, der die Synode für uns beobachtet. Die Aussprache begann mit Vertretern der Bischöfe in mehreren Kontinenten, in denen es viele Christen östlicher Riten gibt – eine Folge des Exodus.

Kardinal Polycarp Pengo aus Tansania im Auftrag der afrikanischen Bischöfe: „Bei uns in Ostafrika war der Islam bis vor fünfzig Jahren so dominierend an der Küste des Indischen Ozeans, dass das den Glauben der jungen Leute bedrohte, wenn sie auf der Arbeitssuche aus dem Landesinnern in diese Regionen kamen. Was die Lage in Ostafrika gerettet hat, war die enge Zusammenarbeit von christlichen Missionaren im Landesinnern mit denen an der Küste. Die jungen Leute bekamen, wenn sie an die Küste zogen, Briefe an die dortigen Missionare mit, und diese nahmen die jungen Leute dann gleich in ihre christlichen Gemeinschaften auf…“

Erzbischof John Atcherley Dew aus Neuseeland im Auftrag der ozeanischen Bischöfe: „Wir hatten immer schon Migranten und Flüchtlinge aus dem Grossraum Nahost in Ozeanien: europäische Juden, Flüchtlinge aus dem Deutschland der 30er Jahre, Überlebende der Shoah; Libanesen, Palaestinenser, Ägypter; Iraker, und zwar sowohl Christen wie Muslime; und in neuerer Zeit kurdische Flüchtlinge aus Irak, Iran und der Türkei.“

Kardinal Roger Mahoney aus den USA für die nordamerikanischen Bischöfe: „Viele östliche Katholiken, die aus dem Nahen Osten zu uns kommen, werden der Einfachheit halber römische Katholiken und geben ihre Tradition auf. Es gibt eine Spannung zwischen Vielfalt und Einheit… Ein Beispiel: Viele östliche Kirchen lassen Kinder ab der Taufe schon zur Kommunion zu. Wenn diese Familien dann römisch-katholische Messen mit ihren Kindern zusammen besuchen, werden diese Kinder oft daran gehindert, zur Kommunion zu gehen. Wir bräuchten groessere Sensibilität in sehr praktischen Fragen wie dieser hier, um die Schwierigkeiten von Einwanderern aus dem Nahen Osten zu erleichtern.“

Erzbischof Raymundo Damasceno Assis aus Brasilien im Auftrag der lateinamerikanischen Bischöfe: „Wir bräuchten ein stärkeres Bewusstsein, dass wir einen gemeinsamen katholischen Glauben haben, um auch zu einer gemeinsamen Missionsarbeit zu kommen.“

Kardinal Angelo Sodano für das Kardinalskollegium: „Ich drücke meine Solidarität auch mit den Christen in Afghanistan aus, obwohl sie auf dieser Synode nicht vertreten sind… Ich erinnere daran, wie nützlich es wäre, mit den päpstlichen Nuntien in den Ländern des Nahen Ostens zusammenzuarbeiten. Es sind acht: in Jerusalem, Beirut, Damaskus, Ankara, Bagdad, Teheran, Kairo und Safat in Kuweit.“

Erzbischof Elias Chacour aus Akko in Israel, der die grösste katholische Kirche im Heiligen Land vertritt, die melkitische nämlich: „In den letzten zwanzig Jahrhunderten waren unsere Christen im Heiligen Land zu Unterdrückung, Verfolgung und Leiden mit Christus verurteilt. Er ist auferstanden, aber sein Kreuz steht noch bei uns; unsere Christen hängen noch an diesem furchtbaren Kreuz. Sie leben weiter mit täglichen Drohungen von Behörden, die davon träumen, unsere Minderheit umzusiedeln, weg von ihrem Land, von ihren Häusern… Wir wollen bleiben, wo wir sind, wir brauchen Eure Freundschaft und nicht Euer Geld!“

Der armenische Erzbischof Boutros Marayati aus dem syrischen Aleppo: „Im Grundlagentext der Synode, dem Instrumentum laboris, fehlt der Hinweis auf den Genozid an den armenischen Christen und auf den Genozid überhaupt an Christen, der heute noch anhält… Wir fragen uns: Gibt es etwa ein Projekt mit dem Ziel, den Nahen Osten christenfrei zu machen?“

Der koptische Bischof von Assiut in Ägypten: „In unserem Land Ägypten sind alle – Katholiken, Nichtkatholiken und sogar Nichtchristen – Kopten. Wozu dient da eine lateinische Liturgie in arabischer Sprache? Wenn Lateiner da sind, dürfen sie natürlich lateinische Messen feiern, aber in einer anderen Sprache und nicht auf Arabisch, denn damit locken sie unsere Gläubigen an und führen zu Verwirrung!“

Der ägyptische koptische Bischof Fahim Awad Hanna: „Der Hunger nach dem Wort Gottes ist gross in unserer Region. Wir brauchen mehr Spezialisten, Zentren und Gemeinschaften, um die biblische Kultur in unserer Realität zu studieren, zu meditieren, zu leben und zu verbreiten.“

Der koptische Bischof Joannes Zakaria aus Luxor/Theben in Ägypten: „Aus Theben kamen der heilige Mauritius und seine Gefährten von der Thebäischen Legion des römischen Heeres, die das Evangelium in der Schweiz, Deutschland und Frankreich verbreitet haben… Die Ostkirchen sollten etwas für die Reevangelisierung ihrer Kinder tun! Ich schlage eine schriftliche Strategie für die Erneuerung der missionarischen Aktivität der Ostkirchen vor, und die Gründung von Instituten für die Ausbildung von Missionaren.“

Kurienkardinal Zenon Grocholewski von der vatikanischen Bildungskongregation: „Unsere Schulen und Bildungseinrichtungen im Nahen Osten müssen für alle offen sein und auch die respektieren, die den christlichen Glauben nicht teilen… Das kann aber nicht bedeuten, dass sie die christlichen Werte verschweigen!“

Pater David Neuhaus vom Lateinischen Patriarchat Jerusalem: Hebräisch ist auch eine Sprache der katholischen Kirche im Nahen Osten! Tausende von Kindern aus ausländischen Gastarbeiterfamilien brauchen Katechismusunterricht auf hebräisch – eine grosse Herausforderung für unser Vikariat für Katholiken hebräischer Sprache…“

Erzbischof Louis Sako von Kirkuk im Irak: „Der tödliche Exodus, der unsere Kirchen betrifft, lässt sich nicht vermeiden. Die Emigration ist die grösste Herausforderung, die unsere Präsenz im Irak bedroht. Die Zahlen sind besorgniserregend.“

Der koptische Bischof Antonios Aziz Mina aus Gisa in Ägypten: „Man müsste die Prozedur der Bischofsernennungen bei den Ostkirchen vereinfachen, damit sie schneller geht… Seit den dreissiger Jahren dürfen verheiratete Priester (der Ostkirchen) nicht mehr ausserhalb des patriarchalen Territoriums und der historischen östlichen Regionen geweiht werden bzw. arbeiten. Ich glaube, dass die Zeit gekommen ist, das zu ändern – zugunsten der Seelsorge der östlichen Gläubigen in der Diaspora.“

Erzbischof Maroun Laham von Tunis in Tunesien: „Man muss wissen, dass es mehr Moslems in Nordafrika gibt als im Nahen Osten… Unsere christlichen Gläubigen sind in der Regel alle Ausländer; jede Kirche im Maghreb hat nicht weniger als 60 verschiedene Nationalitäten in ihren Reihen… Ich bitte um Zusammenarbeit: um ein Ausleihen von Priestern, Ordensleuten, geweihten Laien oder Freiwilligen, die in den Pfarreien und den verschiedenen Einrichtungen der Kirche in Nordafrika arbeiten. Bisher stellte Europa all das sicher; jetzt geht das nicht mehr, wegen des Priestermangels… Wir haben zwei Richtungen, in denen wir um Hilfe bitten können: Afrika und Nahost… Bittet, so wird euch gegeben, sagt der Herr. Wir haben gebeten, jetzt warten wir darauf, etwas zu empfangen.“

Der maronitische Erzbischof Samir Nassar von Damaskus: „Die Nähe von Christen mit ihrem Evangelium bringt Moslems dazu, über eine kritische Lektüre des Koran nachzudenken… In einem säkularen Staat wie Syrien lassen sich einige Initiativen gemeinsam mit Moslems durchführen; wir konnten etwa Kunst-, Theater- oder Sportveranstaltungen im zurückliegenden Paulusjahr gemeinsam veranstalten… Man sollte aber Provokationen des Islam vermeiden – etwa die dänischen Karikaturen oder den Aufruf zur Koranverbrennung. Das sind Gesten, die den christlichen Minderheiten im Orient und woanders schaden“

Bischof Salim Sayegh vom Lateinischen Patriarchat in Jerusalem: „Die Sekten führen zu einer grossen Verwirrung in der Lehre. Unsere Zeit ist voll von ihren theologischen Phantastereien. In Jordanien zum Beispiel gibt es etwa 50 Sekten – fünf davon haben mehr aktive Seelsorger als alle katholischen und orthodoxen Kirchen zusammen!“

Der Lateinische Erzbischof Jean Sleiman von Bagdad im Irak: „Unsere Gemeinschaft wird vom Konfessionalismus geschwächt. Die Riten haben sich in Konfessionen verwandelt. Unsere Kirchen sui juris müssten an die Wurzeln dieses Phänomens gehen, die in die frühislamische Zeit zurueckreichen. Wir sollten das Modell der Gemeinschaft von Jerusalem wiederentdecken.“

Bischof Giorgio Bertin von Mogadischu in Somalia: „Warum arbeiten wir nicht auf der Ebene der nahöstlichen Kirche und der ganzen Kirche mit den Priestern, die wir haben, zusammen? … Ich schlage eine Art Datenbank verfügbarer Priester vor: Aus allen Kirchen und Ordensgemeinschaften sollten sich einige Priester für eine bestimmte Zeit, etwa 3 Monate, 6 Monate, 9 Monate usw., zur Verfügung stellen fuer die Arbeit in einer anderen Kirche oder bei einer anderen Gruppe von Katholiken.“

Ein orientalischer Bischof aus Lateinamerika: „Es ist schwer zu verstehen, warum die Aktivität der Patriarchen, Bischöfe und Synoden der Ostkirchen auf ihr Territorium beschränkt werden. Unter den 23 Kirchen eigenen Rechts, die heute die katholische Kirche bilden, hat nur eine, nämlich die lateinische, nicht diese Beschränkung. So können die 22 Ostkirchen nur schwer ihre Identität bewahren und wachsen, vor allem im Westen… Eigentlich müssten ausserdem die Patriarchen der Ostkirchen ipso facto Mitglieder des Kollegiums sein, das den Papst wählt, auch ohne dass sie dafür Kardinäle sein müssen.“

Der melkitische Patriarch Gregorios III. Laham von Damaskus in Syrien: „Die christliche Anwesenheit in der arabischen Welt wird durch den Zyklus von Kriegen bedroht, die immer wieder in dieser Ursprungsregion des Christentums ausbrechen. Der wichtigste Grund ist der israelisch-paästinensische Konflikt… Wenn sich der Orient von Christen leeren sollte, dann würde nichts mehr einen neuen Zusammenprall der Kulturen aufhalten, der Zivilisationen und sogar der Religionen. Es wäre ein zerstörerischer Zusammenprall zwischen einem islamischen arabischen Orient und einem christlichen Westen.“ (rv)

Italien: Kardinal Poletto, Erzbischof von Turin, ist in den Ruhestand gegangen

Zum Nachfolger ernannte Papst Benedikt XVI. Cesare Nosiglia (66), bislang Erzbischof von Vicenza, wie der Vatikan am Montag mitteilte. Poletto, der mit Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren vorschriftsgemäß sein Rücktrittgesuch eingereicht hatte, stand seit 1999 an der Spitze der norditalienischen Erzdiözese. 2001 wurde er von Papst Johannes Paul II. in den Kardinalsrang erhoben. In den Jahren 2000 und 2010 war er Schirmherr der Ausstellungen des Turiner Grabtuchs – und damit auch Gastgeber von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. Das Erzbistum Turin zählt knapp zwei Millionen Katholiken und gehört zu den bedeutendsten Diözesen Italiens. (rv)

Vatikan: Graf wird Vizekommandant der Schweizergarde

Der 49-jährige Christoph Graf ist vom Papst zum Vizekommandanten der Schweizergarde ernannt worden. Er war bislang Hauptmann bei der päpstlichen Schweizergarde und wird nun im Rang eines Oberstleutnants erhoben. Die Ernennung wurde an diesem Montag mitgeteilt. Graf stammt aus dem Kanton Luzern und ist seit 1987 bei der päpstlichen Schutztruppe. Er folgt auf Jean-Daniel Pitteloud (45), der Ende Juli aus den vatikanischen Diensten ausgeschieden war. (rv)

Vatikan: Kardinalskonsitorium im November?

Von den 179 Kardinälen sind derzeit lediglich 103 wahlberechtigt in einem künftigen Konklave. Bis 14. November wird diese Zahl sogar auf 101 Eminenzen sinken. Für eine Papstwahl ist die Apostolische Konstitution "Universi Dominici Gregis" von Papst Johannes Paul II. aus dem Jahr 1996 gültig und anzuwenden. In ihr ist eine Höchstgrenze von 120 Kardinälen (im Lebensalter unter 80 Jahren) für diese Wahl festgelegt. Papst Johannes Paul II. hat diese Größe von 120 wahlberechtigten Kardinälen mehrmals bei den Kardinalskreierungen überschritten. Sein Nachfolger, Benedikt XVI., hat bei seinen beiden Kardinalserhebungen 2006 und 2007 die Höchstzahl jedoch eingehalten. Man darf annehmen, dass er beim nächsten Kardinalskonsistorium ebenso verfahren wird. Somit ergibt sich eine rein rechnerische Zahl von 19 Kardinälen, um der Wahlordnung gerecht zu werden.

Zählt man alle zum Kardinal heranstehenden Kirchenfürsten zusammen, so ergibt sich derzeit eine Zahl von über 40 Anwärtern auf den Roten Hut. In dieser hohen Zahl sind Leiter der vatikanischen Dikasterien und Erzbischöfe aus allen Kontinenten vertreten, deren Amt in der Kardinalstradition steht (siehe hierzu in VH >>Kardinalstradition). Erfahrungsgemäß erfolgen auch einige Ernennungen von verdienten Kirchenleuten, die das 80. Lebensjahr bereits überschritten haben oder kurz davor stehen. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist eine Anzahl von 20-25 Kardinalsernennungen sicher realistisch.

Da die Zeit drängt, darf man wohl davon ausgehen, dass Papst Benedikt XVI. während der zur Zeit laufenden Bischofssynode in den nächsten Tagen ein Kardinalskonsistorium ankündigen und somit seine Kardinalskreierungen bekannt geben wird. Das Konsistorium selbst wird sicherlich im November stattfinden. Erfahrungsgemäß erfolgt einen Monat nach der Bekanntgabe der Namen die Kardinalserhebung mit dem Purpur. (vh)

Papst: „Schauen wir auf die Christen im Nahen Osten“

Benedikt XVI. hat offiziell die Nahostsynode im Vatikan eröffnet. An diesem Sonntag feierte er zusammen mit 250 Konzelebranten den Eröffnungsgottesdienst im Petersdom. Zum ersten Mal nehmen nahezu alle 120 Kirchenführer der Region an einem internationalen Bischofstreffen mit dem Papst teil.
Zu Beginn der Messe zogen in langer Prozession neun katholische Patriarchen, 19 Kardinäle, 75 Erzbischöfe und 75 Bischöfe in die Vatikan-Basilika ein. Zu Beginn der Zeremonie besprengten die beiden Synoden-Präsidenten – der vatikanische Ostkirchen-Präfekt Kardinal Leonardo Sandri und der syrisch-katholische Patriarch Ignace Youssif III. Younan – die versammelte Gemeinde mit Weihwasser. Der Gottesdienst folgte im Wesentlichen dem lateinischen Ritus; es waren jedoch einige ostkirchliche Elemente eingebaut. Die feierliche Messe war geprägt von den typischen Farben der verschiedenen Riten sowie durch die Gesänge auf Latein, Griechisch und Arabisch.
Christliche Minderheit beachten
In seiner Predigt wies der Papst auf den Hauptzweck der Synode hin: Die zweiwöchige Versammlung soll das Augenmerk auf die christliche Minderheit lenken, die in ihren Ländern meist unter erheblichen Problemen lebt, und ihr Rückenstärkung der Universalkirche geben. An der Nahostsynode nehmen auch die Leiter der wichtigsten Kurienbehörden sowie Vertreter der Weltkirche teil.
Benedikt XVI. nannte die erste Nahost-Synode ein bedeutendes Ereignis für die ganze Weltkirche. Es gehe dabei um die Gegenwart und die Zukunft der Kirche in den Ursprungsländern des Christentums und der Heilsgeschichte insgesamt.
„Der Nahe Osten ist das Land Abrahams, das Land des Exodus und der Rückkehr aus dem Exil, das Land des Tempels und der Propheten, das Land, in dem Jesus Christus von Maria geboren wurde."
Die Synode verfolge in erster Linie pastorale und kirchliche Anliegen, betonte der Papst. Jedoch könne man dabei nicht die mitunter dramatische soziale und politische Situation in einigen Ländern der Region ignorieren.
„Es geht daher um eine Gemeinschaft der unterschiedlichen katholischen Kirchen und Riten, aber auch um die ökumenischen Beziehungen zu den anderen Kirchen. Schließlich ist auch der Dialog mit dem Judentum und dem Islam notwendig."
Weiter fügte der Papst an, dass das Bischofstreffen das Profil der Christen in ihren Ursprungsländern schärfen und den Dialog mit den anderen Kirchen sowie mit Juden und Muslimen fördern wolle. Außerdem soll es ausloten, welchen Beitrag die Christen zu Frieden und Gerechtigkeit in den Krisenregionen des Nahen Ostens leisten können. Papst Benedikt XVI. rief in seiner Predigt auf, den Christen im Nahen Osten ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.
„In der teils dramatischen Situation in einigen Ländern des Nahen Ostens muss es ihnen ermöglicht werden, als lebendige Steine weiter an den Orten der Heilsgeschichte bleiben zu können. Es ist ein Menschenrecht, in Würde in seinem Heimatland leben zu können. Frieden und Gerechtigkeit sind unverzichtbare Voraussetzungen für ein harmonisches Zusammenleben aller Bewohner der Region.
Auch die internationale Gemeinschaft soll dazu beitragen, indem sie konstruktiv für Friedenslösungen eintrete, so Benedikt XVI.
„Auch die anderen Religionen sollen ihren Beitrag dazu leisten, indem sie geistige und kulturelle Werte fördern und jede Form von Gewalt ablehnen. Die Christen selbst werden weiter ihren Beitrag leisten, nicht nur mit Einrichtungen im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesen, sondern im Geist der Bergpredigt, die Vergebung und Versöhnung fördert."
Hintergrund
Es handelt sich um die 24. Bischofssynode, seit Papst Paul VI. (1963-1978) diese Konferenzform zum Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) als Instrument weltkirchlicher Kollegialität einrichtete. Von den 185 Mitglieder der Nahost-Synode kommen 140 aus den mit Rom unierten Ostkirchen, 14 weitere leiten lateinische Diözesen in der Region. Neben Vertretern des lateinischen Ritus nehmen an der Synode Oberhirten von sechs mit Rom verbundenen Ostkirchen teil: Chaldäer, Maroniten, Melkiten sowie katholische Kopten, Syrer und Armenier. Aus Europa wurden unter anderen der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke, der aus der Schweiz stammende Bischof von Reykjavik, Pierre Bürcher, sowie der ungarische Kardinal Peter Erdö berufen. Letzterer ist Vorsitzender des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE). (rv)

Vatikan: Grundsatzpapier für Neuevangelisierungsrat

Papst Benedikt XVI. hat das Gründungsdokument für das neue Vatikan-Ministerium zur Neuevangelisierung fertig gestellt. Das „Motu proprio" mit dem Titel „Ubicumque et semper" (Überall und immer) wird am Dienstag im Vatikan vom designierten Präsidenten dieses Päpstlichen Rates, Erzbischof Rino Fisichella, vorgestellt.
Das Grundsatzpapier soll die Aufgaben und Kompetenzen der neuen Behörden beschreiben und sie gegenüber den Zuständigkeiten anderer Vatikan-Ministerien wie dem Kulturrat oder der Missions-Kongregation abgrenzen. Das neue Ministerium, die erste vatikanische Behördenneugründung seit 22 Jahren, soll die Neuevangelisierung in den Industrieländern voranbringen. Es soll die Länder in den Blick nehmen, die eine lange christliche Tradition haben, heute jedoch von einer fortschreitenden Säkularisierung und durch einen Hang zur Gleichgültigkeit in weltanschaulichen und ethischen Fragen geprägt sind. Benedikt XVI. hatte den Rat zur Förderung der Neuevangelisierung bei einem ökumenischen Gottesdienst Ende Januar in Rom angekündigt. Rats-Präsident Fisichella leitete bislang die Päpstliche Akademie für das Leben. (rv)
 

Mgr Pighin: „Friedensnobelpreis für Xiaobo markiert Interesse an China“

Der chinesische Philosoph und Menschenrechtler Liu Xiaobo erhält den Friedensnobelpreis 2010. Prämiert wird damit sein langjähriger und gewaltloser Einsatz für Menschenrechte in China, teilte die Jury an diesem Freitag mit. Liu Xiaobo war erst kürzlich wegen angeblicher Untergrabung der Staatsgewalt zu 11 Jahren Haft verurteilt wurde; er ist Mitverfasser der so genannten „Charta 08", in welcher zu Reformen aufgerufen wird. Die Entscheidung des Nobelkomitees für Liu könne als positives Zeichen gewertet werden. Das meint Monsignore Bruno Fabio Pighin, Herausgeber des Buches „Kirche und Staat in China", das am Freitagabend in der italienischen Botschaft am Heiligen Stuhl vorgestellt wurde.
 „Die Entscheidung des Nobelkomitees steht meiner Meinung nach für das große weltweite Interesse an der Situation in China. Es scheint, dass sich China hin zu einer Öffnung bewegt, eine Öffnung zwischen Ost und West."
Diese Öffnung schlägt sich sichtbar vor allem im wirtschaftlichen und zum Teil kulturellen Bereich nieder: Man denke an die Weltausstellung in Shanghai oder die Olympischen Spiele in Peking…
„In der Tat müsste sie sich nun auch auf die rechtliche und religiöse Ebene erstrecken. Die chinesische Verfassung hat Besonderheiten, die sie von der Staatskonstitution an sich entfernen: Marxismus und Atheismus sind eigene Realitäten, fast eine Art Dogma. Und obwohl hier auch Religionsfreiheit zuerkannt wird, ist diese in China stark von diesen Elementen bestimmt. Ich meine, dass der chinesische Staat im vollen Sinne weltlich sein sollte, also aus Atheismus keine Religion machen sollte. Das würde die inländische und internationale Situation sehr begünstigen. China müsste zum Beispiel verstehen, dass dem Land ein gutes Verhältnis zur katholischen Kirche auch auf internationalem Niveau gut tun würde."
Kann man im Bereich Religionsfreiheit in China in letzter Zeit von Fortschritten sprechen?
„Fortschritte gibt es, wenn sie auch teilweise nicht eklatant sind. Zu den Fortschritten gehören zum Beispiel die Weihen der letzten acht katholischen Bischöfe, die sowohl durch den chinesischen Staat als auch den Vatikan anerkannt wurden. In der Vergangenheit wurden ja auch Bischöfe ernannt, die der Heilige Stuhl für nicht geeignet hielt. Und dann sind, das hat der Heilige Vater ja in seinem Brief von 2007 benannt, Verhandlungen in Gang zwischen dem Vatikan und China. Auch wenn die Ergebnisse nicht öffentlich bekannt sind, haben sie sich seit 2007 weiterentwickelt. Und diese Absprachen sind jenseits der sichtbaren Fakten auch wahrnehmbar: Einerseits in der Kontrolle der Regierung. Und dann sind sie aber auch ablesbar an einem vielleicht stärkeren Verantwortungssinn gegenüber denjenigen, die in China Religion verwalten und leben."
Was hat Papst Benedikt XVI. zu dieser Entwicklung beigetragen?
„Der Papst hat es verstanden, mit dem chinesischen Staat wieder in Dialog zu treten, und das hat große Erleichterung gebracht. Papst Johannes Paul II. hat entschieden, die chinesischen Märtyrer just am Tag der Republik kanonisieren, und das wurde als Herausforderung begriffen. Der jetzige Papst fordert nicht heraus, sondern bietet Dialog an. Er sagt: Beide Seiten sollten sich konstruktiv austauschen und gemeinsame Abmachungen treffen können."
Und was hatte diese Herangehensweise des Papstes für Auswirkungen auf die Kirche Chinas?
„Papst Benedikts Verdienst ist, dass er für Einheit plädiert. In seinem Brief von 2007 sagt er: Die Kirche ist eins, und auch die Mitglieder der Untergrundkirche sollten die Legitimierung durch die Regierung erhalten. Denn ansonsten können die Geistlichen nicht ihren Dienst leisten. Wir befinden uns damit in einer neuen Phase. Und deshalb kann man meiner Meinung nach heute auch nicht mehr von zwei Kirchen in China sprechen – ich denke, das gehört der Vergangenheit an. Ebenso kann man nicht mehr von Verfolgung oder Unterdrückung, sondern eher von Kontrolle sprechen. Und in diesem Rahmen kann die Kirche ihren Platz finden."
Das Interesse der Chinesen am spirituellen Bereich steigt oder kommt in den letzten Jahren stärker hervor. Auch der Katholizismus hat Zulauf, was sich zum Beispiel an der Zahl der Erwachsenentaufen ablesen lässt. Nach Ihren Schätzungen lassen sich in China pro Jahr etwa 150.000 Erwachsene taufen. Wie erklären Sie sich diese Tendenz?
„Es ist sicher wahr, dass das Christentum für die Chinesen immer attraktiver wird. Ich denke, dass der Atheismus eine spirituelle Leere hinterlassen hat, die bisher nicht durch ungezügelten Konsumismus oder den Weg zu mehr Wohlstand gefüllt werden konnte. Man muss sich ja nur Shanghai anschauen, dass sich luxuriöser und fortschrittlicher als New York präsentiert. Diese Leere ist also bisher nicht gefüllt worden: Die chinesische Philosophie erlebt zur Zeit zwar ein großes Comeback von Konfuzius, aber das ist keine wirkliche Religion. Und so fühlen die Chinesen die Notwendigkeit von etwas Transzendentem, nicht nur einer Philosophie. Und hier, so glaube ich, hat die katholische Kirche oder allgemein das Christentum sicher viel anzubieten." (rv)