Vatikan/D: Kardinal Koch sieht Differenzen zwischen Katholiken und Lutheranern

Die sogenannte „Orientierungshilfe" zur Familie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) stößt immer mehr auf Kritik, auch innerhalb der evangelischen Kirche selbst. So spricht der ehemalige evangelische Bischof Hartmut Löwe von einer „fatalen Desorientierung" und fordert die Leitung der EKD, den Rat, auf, den Text zu korrigieren. „Andernfalls werden immer mehr evangelische Christen in ihrer Kirche heimatlos", schreibt Löwe in einer Stellungnahme. Er war von 1980 bis 1992 Präsident im EKD-Kirchenamt. Das EKD-Papier vertritt ein erweitertes Familienbild, das unter anderem auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit Kindern einschließt.

Auf katholischer Seite wird das Familienpapier als „ökumenischer Stolperstein" betrachtet. So sieht der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer in der EKD-Schrift einen Kurswechsel und eine Abkehr von der biblischen Sicht von Mann und Frau. Voderholzer hatte die „evangelischen Mitchristen" am vergangenen Sonntag in einer Predigt gebeten: „Kehrt bitte auf den Boden der Heiligen Schrift zurück! Welchen Sinn soll Ökumene haben, wenn das gemeinsame Fundament der Heiligen Schrift nicht mehr ernst genommen wird?"

Für den vatikanischen Ökumene-Verantwortlichen, Kurienkardinal Kurt Koch, handelt es sich um ein Zeichen dafür, dass innerhalb des Luthertums heute verstärkt Meinungsverschiedenheiten feststellbar seien. Im Gespräch mit Radio Vatikan betont er, dass der unmittelbare Ansprechpartner in Deutschland nicht der Päpstliche Einheitsrat sondern die Deutsche Bischofskonferenz sei.

„Was natürlich eine besondere Herausforderung ist, ist die Feststellung, dass in der ökumenischen Situation zwischen Lutheranern und Katholiken in Deutschland auf ethischer Ebene immer mehr Differenzen auftreten. Der weitgehend vorhandene oder vorhanden gewesene Konsens in bioethischen Fragen zum Beispiel ist eigentlich nicht mehr da und jetzt ist zu diesem neuen Dokument zu sagen, dass zur Frage der Familie mit dem Katholischen kein Konsens da ist."
(rv)

Schweiz: Katholiken und Lutheraner stellen gemeinsames Dialogpapier vor

Kard_KochAn diesem Montag wurde das mit Spannung erwartete katholisch-lutherische Dialog-Dokument zum gemeinsamen Reformationsgedenken 2017 vorgestellt. Der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates, Kardinal Kurt Koch, und der Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), Bischof Munib Younan, präsentierten das Papier mit dem Titel „Vom Konflikt zur Gemeinschaft" am Mittag in Genf.

Laut Monsignor Matthias Türk vom Päpstlichen Einheitsrat schlägt das Dialogpapier für das gemeinsame Reformationsgedenken drei Hauptgedanken vor. Türk sagte im Interview mit Radio Vatikan:
„Freude über die wiedererlangte Gemeinschaft, Bitte um Vergebung für einander angetanes Unrecht und weitere Schritte auf dem ökumenischen Weg hin zu einem gemeinsamen Zeugnis der Welt von heute gegenüber."
Die „wiedergewonnene Gemeinschaft zwischen Katholiken und Lutheranern" schlage sich u.a. in dem nunmehr 50 Jahre währenden lutherisch-katholischen Dialogprozess nieder. In der Tat fällt der 500. Jahrestag der Reformation mit dem 50. Jahrestag dieses 1967 begonnenen Dialoges zusammen. Mit dem aktuellen Dialog-Dokument wolle man – ausgehend von der Theologie Luthers – eine Basis schaffen für das gemeinsame Gedenken der 500 Jahre zurückliegenden Reformation. Türk präzisiert:
„Es sollen die genuinen theologischen Anliegen Luthers aufgegriffen werden und von katholischer Seite beleuchtet werden, um zu überprüfen, inwieweit noch ein Grund für die Trennung besteht."
Der Zugang zur Reformation ist dabei ein internationaler, das Reformationsgedenken findet heute in einem ökumenischen und globalen Zeitalter statt, wie Türk unterstreicht. Deshalb habe man „mit der ganzen Welt in einen Dialog treten" müssen, „um das Anliegen der Reformation neu aufzugreifen". Türk geht auf inhaltliche Details des Dokumentes ein:

„Das Dokument hat verschiedene Kapitel entwickelt: Die Perspektiven von Luther selbst, eine historische Skizze der lutherischen Bekenntnisschriften und der katholischen Antwort darauf vom Konzil von Trient bis hin zum Zweiten Vatikanum, die Hauptthemen der Theologie Martin Luthers im Licht der lutherisch-katholischen Dialoge. Inwieweit ist es den Dialogen schon gelungen? – diese Fragestellungen der Reformation aufzugreifen und zu zeigen, wie sehr Gemeinschaft neu möglich geworden ist, da man viele Dinge als nicht mehr kirchentrennend erkannt hat."

Das Dokument entstand in drei Jahren intensiver und – wie Türk berichtet – „einmütiger" Zusammenarbeit. Am Schluss habe „eine große Übereinstimmung in den gemeinsamen Aussagen" gestanden. Hinsichtlich eines Fortschrittes in der Ökumene wurden in das Dialog-Papier große Hoffnungen gesetzt. Hat es das Kaliber einer „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre"? Türk präzisiert, dass es sich bei dem Dialog-Papier „Vom Konflikt zur Gemeinschaft" um keine gemeinsame „Erklärung" handelt:

„Verschiedentlich ist das Dokument als gemeinsame Erklärung bezeichnet worden. Das muss man sogleich richtig stellen. Es handelt sich um ein Studiendokument der internationalen Dialogkommission. Sie legt dieses Dokument den Auftraggebern vor, also dem Lutherischen Weltbund und dem Päpstlichen Rat, als Ergebnis ihrer Arbeit. Ob es eventuell in eine Form, die dann unterschriftsreif wäre, überführt werden kann, obliegt den Kirchen und Kirchenleitungen."

Ein genauer Blick auf Luthers Theologie lohne sich, weil sich damit neue Chancen für die Ökumene eröffneten, so Türk. So geht das Dialog-Papiers sozusagen hinter die Entwicklungen der Kirchenspaltung zurück und versucht mit Blick auf die Reformation Gemeinsames zu betonen. Dazu Türk:

„Es besteht die Überlegung, dass keine kirchentrennenden Gründe zu erkennen sind, wenn man die authentischen, die ursprünglichen Anliegen Martin Luthers und seiner Theologie aufgreift. Die Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften haben sich aber in den letzten 500 Jahren, seit der Reformation, weiterentwickelt. Und es sind ja ganz neue Entwicklungen vorgefallen, oder haben das Leben der Kirchen geprägt, die nicht mehr in direktem Zusammenhang mit dem Anliegen Luthers stehen."

Langfristig habe man den Anspruch, das Verbindende „tatsächlich auch konkret in theologischen Aussagen" zum Ausdruck zu bringen, gibt Türk weiter an. Zur Eucharistie hält die Einführung zum Dokument fest, dass Lutheraner und Katholiken heute „das Geheimnis der Gegenwart Jesu Christi gemeinsam hervorheben" können, „wenn sie dies auch auf eine unterschiedliche Weise tun". Für das Reformationsjubiläum sind gemeinsame liturgische Feiern angedacht – und zwar weltweit:

„Es ist ein ganz konkreter Gottesdienst in Planung mit umfangreichen liturgischen Materialien. Die Idee, die dahinter steht, ist: Man gibt nicht nur diesen inhaltlichen Text (Anm. d. Red.: das Dialog-Dokument) auf Weltebene an die Ortskirchen und Regionen weiter. (…) Es ist ein Unterschied, ob Sie in Skandinavien oder in Afrika einen Gottesdienst feiern, von der Lebendigkeit, von der Auswahl von Gebeten und Musik. Wir erstellen liturgische Materialien, die dann von allen, im jeweiligen Kontext, verwendet werden können." (rv)

Pater Lombardi: Treffen von großer ökumenischer Bedeutung

Pater Lombardi PressekonferenzDer Wert der Märtyrer für die Ökumene, dies war eines der Themen, die Papst Franziskus und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, an diesem Montagmorgen erörtert haben. Dies berichtete der Pressesprecher des Heiligen Stuhls, Pater Federico Lombardi, im Anschluss an das Treffen. Beide Kirchen, so referierte Lombardi aus dem Gespräch des Papstes und des Präses, hätten die schreckliche Erfahrung des Martyriums machen müssen, die evangelische vor allem während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Wie Lombardi weiter ausführte, habe Schneider dem Papst seine Glückwünsche für den von Enthusiasmus geprägten Beginn seines Pontifikates ausgesprochen – aber auch für die Wahl seines Namens, der von großer Bedeutung für die gesamte Christenheit sei. Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider habe den Papst nochmals auf die Bedeutung des Reformationsgedenkens 2017 für die deutschen Protestanten hingewiesen. Der Papst habe seinerseits die Gelegenheit genutzt, an die Reden zu erinnern, die Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch in Erfurt gehalten hatte und die besonders bedeutsam für die Ökumene und die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und den Protestanten in Deutschland seien. Der ökumenische Charakter des Treffens, so schloss Lombardi, sei von großer Bedeutung für die Ökumene gewesen, die auch der aktuelle Papst ohne Zögern voranbringen wolle.

Vor dem Treffen mit Nikolaus Schneider, an dem auch Schneiders Frau sowie einige Begleiter teilgenommen hatten, hatte sich Franziskus um 12 Uhr mit dem Apostolischen Nuntius von Kenia, Erzbischof Charles Daniel Balvo getroffen; danach empfing er den Erzbischof von La Plata (Argentinien), Erzbischof Héctor Ruben Aguer. (rv)

Kard. Koch: Gemeinsame Erklärung mit Lutheranern geplant

Kard_KochDie katholische Kirche und der Lutherische Weltbund (LWB) wollen anlässlich des 500-Jahr-Gedenkens der von Martin Luther 1517 initiierten Reformation eine gemeinsame Erklärung veröffentlichen. Der Text, der schon demnächst erscheinen soll, trage den Titel „From conflict to communion“, sagte der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch, am Mittwoch gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur. Das Dokument stelle die Geschichte des Konflikts zwischen Katholiken und Protestanten dar, „aber auch alles das, was der ökumenische Dialog in den vergangenen 50 Jahren auf dem Weg zu mehr Gemeinschaft erreicht hat“. Dabei sollten Gemeinsamkeiten und Hindernisse benannt werden, so Koch. Der Vatikan hoffe hier und auch auf anderen Feldern auf neue Fortschritte im ökumenischen Dialog. „Wir müssen jetzt das Gespräch mit den Partnern wieder neu suchen und dafür Sorge tragen, dass von dem Erarbeiteten und Erreichten nichts verloren geht“, sagte Koch: „Die Ökumene braucht heute viel Geduld“, fügte er hinzu.

Drei große Reisen

Kardinal Koch plane für 2013 drei große Reisen: in die Ukraine, nach Lettland und nach Russland. Näheres über Reisen von Papst Benedikt XVI., die er neben seinem Besuch beim Weltjugendtreffen in Rio de Janeiro plane, sei noch nicht klar. Eine päpstliche Visite in Serbien, von der in der Vergangenheit die Rede war, werde es wohl nicht geben.

Gute Beziehungen zu den Kopten

Als sehr positiv bewertete Koch das Verhältnis des Vatikans zu den Kopten, der größten altorientalischen Kirche. Koch habe dem neuen Papst-Patriarchen bei der Inthronisation in Ägypten eine Grußbotschaft Benedikts XVI. und einen Kelch als Geschenk überbracht. „Das hat den neuen koptischen Papst sehr gefreut und meiner Ansicht nach wesentlich dazu beigetragen, dass die Beziehungen vertieft werden können“, betonte der Präsident des Einheitsrates.

Kein Frühling, sondern „Islamistischer Winter

Er verwies auf die große Sorge des Vatikans um die Lage der Christen in der krisenhaften MENA-Region (Middle East/North Africa). In vielen Ländern, etwa in Ägypten, Syrien, im Libanon und auch in der Türkei, seien Islamisten auf dem Vormarsch. Die Christen in der Region machten sich große Sorgen und befürchteten eine Verschlechterung ihrer Lage. „Ich habe Probleme, von einem Arabischen Frühling zu reden, manchmal habe ich eher den Eindruck, es sei ein Islamistischer Winter“, so der Kardinal. In dieser Situation sei mehr Aufmerksamkeit und Solidarität seitens der Weltchristenheit nötig. „Wir müssen unseren Mitbrüdern in diesen Regionen sehr sensibel zuhören und sollten nicht unsere Vorstellungen in ihre Situation hineinprojizieren“, so Koch. (rv)

Zehn katholische Thesen zu Luther

B_FeigeVor knapp 500 Jahren hat Martin Luther in Wittenberg theologische Thesen veröffentlicht – und damit die Reformation in Gang gebracht. Jetzt versucht sich auch ein katholischer Bischof an einem Thesenanschlag: Der „Ökumenebischof“ der Deutschen Bischofskonferenz, Gerhard Feige, hat rechtzeitig vor dem Reformationstag von diesem Mittwoch zehn „katholische Thesen“ veröffentlicht. Sie kreisen um das Reformationsgedenken in fünf Jahren. Im Kölner Domradio sagte der Magdeburger Bischof:

„Ich wollte die ganze Problematik einmal zusammenfassen und bin davon ausgegangen, dass es zunächst eine evangelische Angelegenheit ist. Wir sind zwar inzwischen eingeladen, aber wir sehen eben die Reformation nicht unbedingt so begeistert wie die evangelische Seite. Bislang können wir jedenfalls nicht fröhlich mitfeiern, aber wenn der Charakter stimmt, d.h. wenn diese Gedenkfeiern – wie EKD-Präses Nikolaus Schneider einmal gesagt hat – im Kern ein Christusjubiläum wären und wir damit ein gemeinsames Glaubenszeugnis für die Welt geben könnten, dann könnte ich mir vorstellen, dass wir 2017 auch aktiver mit dabei sind!“

Katholiken könnten und wollten sich „durchaus konstruktiv und kreativ mit der Reformation und ihren Folgen auseinandersetzen“. Doch empfänden sie „die damit zusammenhängende Spaltung der abendländischen Kirche als tragisch“, so Bischof Feige. Katholiken, Protestanten und Reformierte sollten versuchen, Geschichte „nicht zu harmonisieren, aber doch zu einer gemeinsamen Sichtweise zu kommen“. Das müsste natürlich bei Martin Luther selbst anfangen:

„Luther scheidet die Geister. Er ist nicht nur ein geistlicher Mensch gewesen, sondern hatte auch seine Ecken und Kanten und war eine recht sperrige Persönlichkeit. Nicht alles, was von ihm stammt, ist positiv zu werten. Aber wie auch der Papst betont hat: Luther hat leidenschaftlich um Gott gerungen und war sehr christusbezogen. Und das ist etwas, was auch Katholiken zum Nachdenken und zur Besinnung bringen könnte. Es war 1983 schon einmal möglich, dass Theologen der evangelischen und der katholischen Kirche in einer hochrangigen internationalen Kommission Luther als Zeugen des Evangeliums, Lehrer im Glauben und Rufer zur geistlichen Erneuerung gemeinsam werten konnten!“

Bis in die Gegenwart litten Christen – vor allem in konfessionsverschiedenen Ehen und Familien – an der Spaltung, so Bischof Feige. Das sollte „nicht verdrängt oder beschönigt, sondern zur Kenntnis genommen und aufgearbeitet werden“. Im Blick auf 2017 begrüßt der Bischof Vorschläge, im katholisch-evangelischen Verhältnis eine „Reinigung des Gedächtnisses“ oder „Heilung der Erinnerungen“ anzustreben und ein konkretes Zeichen der Buße und der Bereitschaft zur Vergebung, der Umkehr und Versöhnung zu setzen. Ein solches gemeinsames Auftreten sei heute nötiger denn je:

„Ich lebe ja hier in einer Gegend, wo inzwischen über achtzig Prozent der Bevölkerung keiner Kirche, aber auch keiner anderen Religion mehr angehören. Da drängt es uns besonders, gemeinsam in dieser gesellschaftlichen Situation das Evangelium glaubwürdig zu leben und zu bezeugen. Und da hoffe ich darauf, dass auch dieser Kontext uns dazu bringt, noch gemeinsamer, ökumenischer auf 2017 zuzugehen!“ (rv)

Kardinal Koch: „Die Ökumene braucht ein gemeinsames Ziel“

Eine Ökumene ohne ein klares und gemeinsames Ziel ist zum Scheitern verurteilt. Daran hat Kurienkardinal Kurt Koch jetzt in Rom erinnert. Das postmoderne Ideal des Pluralismus habe auch Spuren im Ökumenismus hinterlassen, führte der Präsident des päpstlichen Einheitsrates am Montagabend in einer Grundsatzrede über Bedingungen eines erfolgreichen Ökumenismus an der päpstlichen Lateranuniversität aus. Das Streben nach Einheit werde in der postmodernen Logik, in der religiöser Pluralismus und kirchliche Vielfalt zum guten Ton gehörten, skeptisch beäugt, so Koch. Die Suche nach Einheit sei jedoch für das Christentum wesentlich – ohne diese Suche würde sich der Glauben selbst verleugnen, so der Kardinal.

Dies werde deutlich in Jesu Hohepriesterlichen Gebet für die Einheit der Christenheit, in dem der Gottessohn auch die ökumenische Zukunft der Kirche mit eingeschlossen habe. Die „volle" und „sichtbare" Einheit der Christenheit müsse so immer Zielpunkt jedes ökumenischen Bemühens sein, unterstrich Koch der sich mehrfach auf den Papst bezog. Er würdigte Papst Benedikt XVI. als „großen Ökumeniker unserer Zeit": Seine Interpretation des Hohepriesterlichen Gebetes Jesu beim Letzten Abendmahl im zweiten Jesusbuch könne als „Synthese" des ökumenischen Werkes des Papstes gelesen werden, so Koch. Der Papst biete darin eine christologische Vision des Ökumenismus an, die das Potential habe, zu einer größeren Einheit der Christenheit zu führen. Der Titel der Grundsatzrede von Kardinal Koch lautete „Einheit: Illusion oder Versprechen? Ökumenische Aspekte im Jahr des Glaubens".

Ein klares und gemeinsames Ziel

Wie übersetzt sich die Forderung nach „voller, sichtbarer Einheit" im ökumenischen Gespräch etwa mit den Protestanten? Das wollte Anne Preckel von Kurt Koch nach seinem Vortrag wissen.
„Das ist heute die große Frage, weil: Das ursprüngliche der ökumenischen Suche nach der Einheit ist nicht mehr so klar und ist verschiedenartig geworden. Nicht wenige Kirchen und kirchliche Gemeinschaften, die von der Reformation her kommen, haben dieses Ziel der sichtbaren Einheit eigentlich aufgegeben und ersetzt durch das Konzept der gegenseitigen Anerkennung aller Realitäten der Kirche, die wir haben – als Teile der einen Kirche. Und das ist natürlich eine Vorstellung, die für uns Katholiken, aber auch für die Orthodoxen eine schwierige Vorstellung ist. Und deshalb müssen wir, das ist eine große Herausforderung, ein gemeinsames Gespräch haben über das Ziel der Ökumene, denn wenn wir kein klares Ziel mehr haben, dann könnten wir in verschiedene Richtungen gehen und am Ende feststellen müssen, dass wir noch weiter entfernt sind als bisher oder, wie der Wiener Komiker Qualtinger einmal gesagt hat: ,Ich weiß zwar nicht wohin, aber dafür bin ich umso schneller dort’ – das kann keine sinnvolle Vorstellung für die Ökumene sein. Deshalb ist es eine große Herausforderung, im Gespräch vor allem auch mit den Protestanten ein gemeinsames Ziel der ökumenischen Bemühungen wieder zu finden."

Viel wird auf evangelischer wie katholischer Seite bereits über das Reformationsjubiläum 2017 gesprochen. Ihnen wäre es lieber, wenn man hinsichtlich des Ereignisses von „Reformationsgedenken" sprechen und ein beiderseitiges Schuldbekenntnis einplanen würde – was wünschen Sie sich da konkret?

„In 2017 stehen zwei Wirklichkeiten im Mittelpunkt. Auf der einen Seite das Anliegen Martin Luthers, die Wiederentdeckung der Heiligen Schrift, vor allem auch die Wiederentdeckung der Rechtfertigungsbotschaft. Das sind großartige Dinge. Auf der anderen Seite können wir nicht darüber hinwegsehen, dass Martin Luther keine neue Kirche gründen wollte, er wollte keine Spaltung, sondern er wollte die Erneuerung der Kirche. Das ist damals nicht gelungen, es sind neue Kirchen entstanden, es ist zu einer Kirchenspaltung gekommen, es ist zu grausamen Konfessionskriegen des 16. und 17. Jahrhunderts, vor allem des 30-jährigen Krieges gekommen, die dann auch Konsequenzen gehabt haben für die Säkularisierung, die teilweise vom Christentum selber verschuldet ist. Und nun diese beiden Seiten unter das Dach des Feierns und des Jubiläums zu setzen, ist einfach sehr schwierig, wenn man die ganze Geschichte betrachtet. Und deshalb, denke ich, werden wir die Einladung annehmen, dieses Reformationsgedenken ökumenisch zu begehen, aber es kann für uns nicht eine Jubiläumsfeier sein, sondern es kann nur ein Gedenken sein, bei dem auch ein gewisser Bußakt, ein Schuldbekenntnis auf beiden Seiten – dass es nicht zu einer Kirchenerneuerung, sondern zu einer Kirchenspaltung mit diesen furchtbaren Konsequenzen gekommen ist – das sollte meines Erachtens Platz haben."

Gibt es denn dafür schon konkrete Pläne und Gespräche darüber?

„Ich bringe diesen Vorschlag immer wieder ein, ich habe ja auch teilgenommen an der Synode der Vereinigten Evangelischen Kirche im Norden Deutschlands, dort haben wir einen ganzen Tag über dieses Thema gesprochen, und ich habe den Eindruck, dass viele nachdenklich geworden sind und diese Situation sehen. Andere möchten einfach feiern, aber ich glaube, wenn sie uns dabeihaben wollen, dürfen sie erwarten, dass wir auch unsere Vorstellungen einbringen."

Sie haben in Ihrem Vortrag als eine Dimension des Ökumenismus die Märtyrer angesprochen. Inwiefern können die Märtyrer uns auf den Grund des gemeinsamen Glaubens hinweisen?

„Das ist eine Vorstellung und eine Perspektive, die vor allem Papst Johannes Paul II. sehr am Herzen lag, weil er gesagt hat: Alle christlichen Kirchen und alle christlichen Gemeinschaften haben heute ihre Märtyrer. Und alle Märtyrer haben ja Zeugnis abgelegt für den gemeinsamen Glauben an Christus. Und deshalb sind die Märtyrer in ihrem gemeinsamen Zeugnis, in ihrer gemeinsamen Hingabe des Lebens der Einheit viel näher gekommen als wir das sind. Sie können, wenn wir uns in das Zeugnis ihres Lebens vertiefen, eine große Hilfe sein, die Einheit im Glauben wiederzufinden, das heißt, den Ökumenismus spirituell-theologisch zu vertiefen."

Gehen wir von der Mitte zum rechten Rand der Kirche. Auch wenn Sie selbst nicht direkt in die Gespräche mit der Piusbruderschaft involviert sind – wie würden Sie die Beziehungen zwischen Vatikan und Piusbruderschaft aktuell beschreiben?

„Bei der Piusbruderschaft hoffe ich immer noch, dass sie zur Kirche gehört und zur Kirche zurückkommen. Ich hoffe, dass es zu dieser Einheit kommt, aber es kann nicht eine Einheit um jeden Preis sein. Es ist nicht denkbar, dass man ein Konzil ablehnt, denn wer das Zweite Vatikanische Konzil ablehnt, wenigstens in großen Teilen, der lehnt ja auch das Lehramt des heutigen Papstes Benedikt XVI., der ganz auf dem Boden des Fundamentes des Zweiten vatikanischen Konzils steht. Von diesem Punkt kann man nicht abgehen!" (rv)

Kard. Koch: „Man müsste als Auto geboren werden“

„Neue Evangelisierung und ökumenische Verantwortung sind nicht voneinander zu trennen." Das sagte der vatikanische Ökumene-Verantwortliche, Kardinal Kurt Koch, am Montagnachmittag. In Rom eröffnete er die Vollversammlung des Päpstlichen Einheitsrates mit einem Grundsatzreferat, in dem er die Sicht der katholischen Kirche auf die Reformation umriss.

Kardinal Koch urteilte unter Berufung auf den Kirchenhistoriker Joseph Lortz, die Reformation habe „vor allem Spaltung" bedeutet und der Überzeugungskraft der christlichen Verkündigung „einen entscheidenden Schlag versetzt". Zwar sei das „das genaue Gegenteil von dem, auf das die Reformation eigentlich aus war"; Luther und seinen Anhängern sei es vor allem um die Reform der Kirche an Haupt und Gliedern gegangen. „Es kam aber nicht dazu, sondern zum Bruch; die Hauptaufgabe der Kirche wurde nicht angegangen", so der Schweizer Kurienkardinal. Er hoffe, so führte er immer noch mit einem Lortz-Zitat aus, dass das auch den Protestanten immer deutlicher werde. Die Reformation sei, wie auch der protestantische Denker Wolfhart Pannenberg, einräume, „gescheitert" und müsse erst noch „zu ihrer Vollendung geführt werden". Diese Vollendung der Reformation setze allerdings die Wiederherstellung der christlichen Einheit voraus. Die Entstehung protestantischer und reformierter Kirchen zeige „nicht den Erfolg, sondern das Scheitern der Reformation".

Die Säkularisierung der Neuzeit ist nach der Analyse von Kardinal Koch „eine nicht gewollte, tragische Konsequenz der Spaltung der westlichen Kirche im 16. Jahrhundert". Das Auseinanderbrechen der Christenheit habe also in letzter Konsequenz zur „Emanzipation der modernen Kultur" vom Christentum geführt, und darum sollten die Christen zuerst auf Ökumene setzen, wenn sie in unserer heutigen Zeit neu evangelisieren wollten. Bei der neuen Evangelisierung in den heutigen, pluralen Gesellschaften bräuchten die Christen allerdings nicht auf ihren Wahrheitsanspruch zu verzichten: „Die Universalität des christlichen Glaubens impliziert ja keineswegs den Anspruch auf eine exklusive, objektive Wahrheit im Bereich der menschlichen Kenntnisse, die wir hätten und anderen Religionen gegenüber ins Feld führen könnten. Universalität des christlichen Glaubens ist vielmehr das Gegenteil von Abgrenzung und Polarisierung, von Selbstbehauptung und Intoleranz." Schließlich sei ja die „Universalität der Wahrheit", die der Christ bekenne, „eine Person, nämlich Jesus Christus". „Diese Wahrheit und die universelle Liebe, die alle umarmt und keinen ausschließt, hat sich in Jesus Christus gezeigt."

Kardinal Koch riet dazu, in der modernen Gesellschaft auf die Verbindung der Menschenwürde zum „Geheimnis Gottes" hinzuweisen. Darum sei der Einsatz der Christen für das Leben wichtig. „Der Schutz der materiellen Dinge in unserer Gesellschaft ist viel klarer geregelt als der Schutz des Lebens in all seinen Phasen und Varianten", so Koch. Und wörtlich: „Autos zum Beispiel sind geschützter als ungeborene oder sterbende Menschen, so dass wir dem Wiener Theologen Paul Michael Zulehner zustimmen können, wenn er sagt, man müsste in der heutigen Gesellschaft das Glück haben, als Auto auf die Welt zu kommen!" (rv)

Zehn katholische Thesen zu Luther

Vor knapp 500 Jahren hat Martin Luther in Wittenberg theologische Thesen veröffentlicht – und damit die Reformation in Gang gebracht. Jetzt versucht sich auch ein katholischer Bischof an einem Thesenanschlag: Der „Ökumenebischof" der Deutschen Bischofskonferenz, Gerhard Feige, hat rechtzeitig vor dem Reformationstag von diesem Mittwoch zehn „katholische Thesen" veröffentlicht. Sie kreisen um das Reformationsgedenken in fünf Jahren. Im Kölner Domradio sagte der Magdeburger Bischof:

„Ich wollte die ganze Problematik einmal zusammenfassen und bin davon ausgegangen, dass es zunächst eine evangelische Angelegenheit ist. Wir sind zwar inzwischen eingeladen, aber wir sehen eben die Reformation nicht unbedingt so begeistert wie die evangelische Seite. Bislang können wir jedenfalls nicht fröhlich mitfeiern, aber wenn der Charakter stimmt, d.h. wenn diese Gedenkfeiern – wie EKD-Präses Nikolaus Schneider einmal gesagt hat – im Kern ein Christusjubiläum wären und wir damit ein gemeinsames Glaubenszeugnis für die Welt geben könnten, dann könnte ich mir vorstellen, dass wir 2017 auch aktiver mit dabei sind!"

Katholiken könnten und wollten sich „durchaus konstruktiv und kreativ mit der Reformation und ihren Folgen auseinandersetzen". Doch empfänden sie „die damit zusammenhängende Spaltung der abendländischen Kirche als tragisch", so Bischof Feige. Katholiken, Protestanten und Reformierte sollten versuchen, Geschichte „nicht zu harmonisieren, aber doch zu einer gemeinsamen Sichtweise zu kommen". Das müsste natürlich bei Martin Luther selbst anfangen:

„Luther scheidet die Geister. Er ist nicht nur ein geistlicher Mensch gewesen, sondern hatte auch seine Ecken und Kanten und war eine recht sperrige Persönlichkeit. Nicht alles, was von ihm stammt, ist positiv zu werten. Aber wie auch der Papst betont hat: Luther hat leidenschaftlich um Gott gerungen und war sehr christusbezogen. Und das ist etwas, was auch Katholiken zum Nachdenken und zur Besinnung bringen könnte. Es war 1983 schon einmal möglich, dass Theologen der evangelischen und der katholischen Kirche in einer hochrangigen internationalen Kommission Luther als Zeugen des Evangeliums, Lehrer im Glauben und Rufer zur geistlichen Erneuerung gemeinsam werten konnten!"

Bis in die Gegenwart litten Christen – vor allem in konfessionsverschiedenen Ehen und Familien – an der Spaltung, so Bischof Feige. Das sollte „nicht verdrängt oder beschönigt, sondern zur Kenntnis genommen und aufgearbeitet werden". Im Blick auf 2017 begrüßt der Bischof Vorschläge, im katholisch-evangelischen Verhältnis eine „Reinigung des Gedächtnisses" oder „Heilung der Erinnerungen" anzustreben und ein konkretes Zeichen der Buße und der Bereitschaft zur Vergebung, der Umkehr und Versöhnung zu setzen. Ein solches gemeinsames Auftreten sei heute nötiger denn je:

„Ich lebe ja hier in einer Gegend, wo inzwischen über achtzig Prozent der Bevölkerung keiner Kirche, aber auch keiner anderen Religion mehr angehören. Da drängt es uns besonders, gemeinsam in dieser gesellschaftlichen Situation das Evangelium glaubwürdig zu leben und zu bezeugen. Und da hoffe ich darauf, dass auch dieser Kontext uns dazu bringt, noch gemeinsamer, ökumenischer auf 2017 zuzugehen!" (rv)

Kardinal Meisner warnt vor „ökumenischem Holzweg“

Nicht ohne Skepsis reagiert der Kölner Kardinal Joachim Meisner auf den Appell „Ökumene jetzt: ein Gott, ein Glaube, eine Kirche", den Politiker und Prominente am Mittwoch lanciert haben. „Grundsätzlich ist natürlich das zu begrüßen, was der Ökumene dienen soll, aber es wäre sachlich richtiger, wenn damit eine Problemanzeige gegeben würde." Das sagte der Kölner Erzbischof dem Domradio. „Wenn es aber die Feststellung sein soll, die Kirchenleitungen bedürften nur eines herzhaften Entschlusses, die Einheit im Glauben herzustellen und so wäre alles geregelt, dann wäre das eine große Ignoranz." Meisner weist darauf hin, dass die katholische Kirche eine Weltkirche von 1,3 Milliarden Menschen sei: „Fragen katholischer Glaubensüberzeugung und der Übereinstimmung mit anderen Konfessionen sind daher im nationalen Raum zwar zu fördern, nicht aber verbindlich zu entscheiden."

Ökumene betreiben könne „nur der, der den jeweiligen Partner ernst nimmt", so der Kardinal. „Die traditionelle Formel, „dass katholische und evangelische Christen viel mehr verbindet als unterscheidet", reicht dazu nicht aus." Zum einen könne Ökumene in Europa „nicht auf die beiden großen Konfessionen beschränkt sein": „Wir dürfen nicht übersehen, dass in Deutschland und Westeuropa Millionen von orthodoxen Christen leben und diese namentlich in Osteuropa ein beträchtliches theologisches Gewicht haben. Ihre Theologie und ihr Amtsverständnis einfach auszuschließen, führt auf einen neuen ökumenischen Holzweg." Und ebenso hätten auch die zahlreichen Freikirchen in Deutschland und Westeuropa „einiges zum Thema Ökumene beizutragen", erinnert Meisner.

„Um es nochmals zu sagen: Die Autoren des Appells zur Ökumene erwecken den Eindruck, als bedürfe es nur eines herzhaften Entschlusses, die Einheit im Glauben herzustellen. Das wirkt für die mit der Ökumene Beauftragten sehr ernüchternd, um nicht zu sagen deprimierend."

In der Zeit nach dem II. Vatikanischen Konzil habe es auf dem Gebiet der Ökumene zwar „große Fortschritte gegeben"; man müsse aber auch einräumen, dass sich in jüngster Zeit einige konfessionelle Gegensätze „sogar verstärkt" hätten, etwa im Bereich der Ethik. Katholische und evangelische Kirche hatten sich in den letzten Jahren nicht auf eine gemeinsame Haltung zu Stammzellforschung und PID einigen können. „Seit nunmehr fast fünfzig Jahren bemühen sich die Kirchenleitungen trotz allem weiter darum, die tatsächlichen Entwicklungen in den Gemeinden vor Ort so zu begleiten, dass die Ökumene die Trennung unserer Kirchen überwindet und nicht neue Risse entstehen lässt." Er hoffe, so Kardinal Meisner, „dass der genannte Appell dieser Vertreter der Öffentlichkeit nicht zu der irrigen Einschätzung führt, die Einheit sei bereits erreicht und müsse nur noch vollzogen werden". „Ein Läufer, der vor dem Ziel stehenbleibt und jubelt, verliert bekanntlich den Lauf."

Hintergrund

Eine Initiative prominenter evangelischer und katholischer Christen hatte am Mittwoch in Berlin die Erklärung „Ökumene jetzt – ein Gott, ein Glaube, eine Kirche" vorgestellt. Unter Bezug auf zwei kirchengeschichtliche Jubiläen, den 50. Jahrestag des Beginns des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) sowie das 500. Gedenken an den Beginn der Wittenberger Reformation mit dem Thesenanschlag Luthers am 31. Oktober 1517, wolle sie „einen Beitrag zur Überwindung der Kirchentrennung" leisten. Die Unterzeichner der Initiative sind davon überzeugt, „dass katholische und evangelische Christen viel mehr verbindet als unterscheidet". Zwar gebe es unterschiedliche Positionen im Verständnis von Abendmahl, Amt und Kirche, doch diese Unterschiede könnten die Aufrechterhaltung der Trennung nicht rechtfertigen. In beiden Kirchen sei die Sehnsucht nach Einheit gross. Deshalb werde an die Kirchenleitungen appelliert, „die Trennung unserer Kirchen" zu überwinden.

Zu den Erstunterzeichnern des Aufrufes gehören mit dem im Ruhestand befindlichen Leipziger Pfarrer Christian Führer, dem emeritierten Theologieprofessor Günter Brakelmann und der ehemaligen Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer drei evangelische, mit Bundesministerin Annette Schavan und dem emeritierten Professor Otto Hermann Pesch zwei katholische Theologen. Andere Personen haben leitende Ämter in ihren Kirchen inne gehabt wie die ehemaligen Präsidenten des Deutschen Evangelischen Kirchentages, Bundespräsident a.D. Richard von Weizsäcker und der Mediziner Eckhard Nagel, der frühere Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Staatsminister a.D. Hans Maier, und dessen ehemaliger Generalsekretär Friedrich Kronenberg. Norbert Lammert als Bundestagspräsident, Frank-Walter Steinmeier, Gerda Hasselfeldt und Wolfgang Thierse stehen in aktueller politischer Verantwortung. Thomas Bach als Präsident und Michael Vesper als Generaldirektor dienen dem Deutschen Olympischen Sportbund. Mit Andreas Felger, Günther Jauch und Arnold Stadler sind Künstler, Medienschaffende und Schriftsteller vertreten. Der Text des Aufrufes ist im Internet unter oekumene-jetzt.de zu finden. (rv)

D: EKD-Schneider glättet die Wogen

Sogar vom „Tod der Ökumene" war in den letzten Tagen die Rede: Dass auf der Synode der Evangelischen Kirche eine durchwachsene Bilanz des Erfurter Treffens mit dem Papst gezogen wurde, hat den katholischen Ökumenebischof Gerhard Ludwig Müller verstimmt. Der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche, Präses Nikolaus Schneider, versucht nun im Interview mit dem Kölner Domradio, die Wogen zu glätten. Er hatte auf der Synode in Magdeburg geäußert, konkrete ökumenische Impulse seien von der Begegnung mit Benedikt im September nicht ausgegangen.

„Ich habe gesagt, dass es einige Punkte gab, die wir gerne gehört hätten. Nicht im Sinne von materiellen Fortschritten, aber Anstöße, in welche Richtung man denken kann. Wenn man die Texte genauer liest, dann kann man durchaus auch auf theologische Hinweise kommen, das ist aber dann schon die höhere theologische Kunst. Aber der Ort war natürlich stark, und ich habe den Papstbesuch aus einem positiven Blickwinkel wahrgenommen und beschrieben. Es waren sehr positive Dinge, was er zu Martin Luther sagte und zur Reformation, dazu, wie die Kirchen sich gegenseitig stützen sollen auf ihrem Weg durch die Welt. Das habe ich auf der Synode auch gesagt. Bei allen mir nachvollziehbaren, verständlichen kritischen Äußerungen: Wir müssen das Ganze insgesamt wirklich unter einem positiven Blickwinkel betrachten, und das habe ich auf der Synode auch stark gemacht, und dem ist die Synode auch so gefolgt."

Die Presse hatte allerdings von einer Art Abrechnung der evangelischen Kirche mit dem Papst gesprochen, und Bischof Müller reagierte mit dem Hinweis, es gäbe einen Aufschrei, wenn Katholiken solche Töne über evangelische Repräsentanten anstimmen würden. Schneider dazu:

„Die Presse hat an dieser Stelle überzogen. Es gab natürlich kritische Töne, die gab es auch im Vorfeld von einzelnen Bischöfen. Aber das Umgekehrte hören wir uns ja auch häufiger an. Das gibt es ab und zu mal, aber daraus würde ich jetzt keinen allgemeinen Trend ableiten. Wir sind alle darauf eingestellt, dass unser Weg in die Zukunft weiter ökumenisch ist. Das kann auch gar nicht anders sein."

Auf die Kritik des katholischen Bischofs Müller hatte auch der evangelische Bischof von Berlin Markus Dröge noch einmal reagiert. Spinnt sich da jetzt eine verbale Auseinandersetzung immer weiter?

„Das will ich nicht hoffen. Ich denke, dass es nun auch gut ist, nachdem die zwei sich mal so ausgetauscht haben. In der Ökumene müssen wir eben auch damit leben, dass es vereinzelt solche Stimmen gibt, aber das ist nicht kennzeichnend für den Weg der beiden Kirchen miteinander."

Von der Synode von Magdeburg geht nach Einschätzung von Präses Schneider ein „starker Impuls" aus, den Glauben „den Menschen nahe zu bringen".

„Das ist ja auch ein ökumenisches Unternehmen. Der Papst selber hat in Erfurt darauf aufmerksam gemacht, dass wir auf Christus konzentriert der Welt begegnen sollen und uns nicht einfach an die Themen der Welt anpassen dürfen. Sondern mit unserem Glauben die Welt gestalten sollen."

Und genau das hätten die Delegierten in Magdeburg getan. Dazu ließen sie sich auch auf ein, wie Schneider formuliert, „ganz interessantes Experiment" ein:

„Wir haben Menschen eingeladen, die erzählt haben, warum Glaube für sie gar keine Rolle spielt. Worin das biographisch begründet sein soll, wie das in ihrem Alltag aussieht und wie sie das selber persönlich empfinden. Das war ganz spannend und wir haben uns auch noch mal klar gemacht, dass das erste, was passieren muss ist, das Leute interessiert sind und aufmerksam werden. Und dass wir aus diesem Grunde verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass es viele Begegnungs- und Berührungspunkte mit dem Evangelium in dieser Gesellschaft gibt. Damit die Menschen damit konfrontiert werden und für sich darüber nachdenken können, ob unser Weg des Lebens für sie auch der richtige sein kann." (rv)