Papst in Schweden – historische Visite

Luther_95_ThesenEs ist ein historisches Ereignis, das zur Sternstunde der Ökumene werden könnte: Papst Franziskus erinnert an diesem Montag und Dienstag in Schweden an die Reformation, Seite an Seite mit Spitzenvertretern des Lutherischen Weltbundes.

Erster Höhepunkt an diesem Montag: Eine ökumenischen Gedenkveranstaltung in Lund zum 500. Jahrestag des „Thesenanschlags“ des Reformators Martin Luther. Bei dieser Gelegenheit nimmt der Papst gemeinsam mit dem Präsidenten des Lutherischen Weltbundes, dem jordanischen Bischof Munib Younan, und Generalsekretär Martin Junge an einem Ökumenischen Gebet zum Reformationsgedenken in der lutherischen Bischofskirche von Lund teil. Anschließend steht eine ökumenische Veranstaltung im Stadion von Malmö auf dem Programm, bei der eine Erklärung unterzeichnet werden soll, die das gemeinsame Zeugnis der beiden Konfessionen in der Welt ins Zentrum stellt. Am Dienstag feiert Franziskus zu Allerheiligen mit Katholiken eine Messe in Malmö, bevor er nach Rom zurückfliegt.

Franziskus startete an diesem Montag gegen 8.20 Uhr vom römischen Flughafen Fiumicino aus an Bord eines gecharterten Flugzeugs der italienischen Gesellschaft Alitalia Richtung Malmö. Nach einer Begrüßung durch den schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven in Malmö stattet der Papst am Mittag auch dem schwedischen Königspaar, König Carl Gustaf und Königin Silvia, einen Höflichkeitsbesuch ab.

Große Erwartungen

Die ökumenischen Erwartungen an diese 17. Auslandsreise des Papstes sind nicht gering. Selbst der vatikanische Ökumene-Verantwortliche, Kardinal Kurt Koch, schloss die Möglichkeit nicht aus, dass es neue Vereinbarungen beider Konfessionen zur gegenseitigen Teilhabe am Eucharistischen Tisch geben könne. Der Papst selbst hatte sich im Vorfeld der Visite eher zurückhaltend zu möglichen Fortschritten im theologischen Gespräch geäußert. Franziskus setzt stärker aufs gemeinsame Tun: Der theologische Dialog sei zwar bedeutsam, sagte er vor Abreise in einem Interview mit einer schwedischen Jesuitenzeitschrift. Wichtiger aber sei es, gemeinsam zu beten und gemeinsam Werke der Barmherzigkeit zu tun: „Etwas gemeinsam zu tun, ist eine hohe und wirksame Form des Dialogs.“ Franziskus denkt hier vor allem an gemeinsamen Einsatz gegen negative Auswüchse des Säkularismus wie etwa Glaubensferne, Konsumgier und Egoismus. (rv)

Kardinal Koch: „Ökumene-Treffen in Lund ist zu würdigen“

Kardinal KochDer vatikanische Ökumene-Verantwortliche, Kardinal Kurt Koch, aber auch die Führung des Lutherischen Weltbunds (LWB) – nämlich LWB-Präsident Bischof Munib Younan und LWB-Generalsekretär Martin Junge – hoffen, dass die Papstreise nach Schweden neue Impulse geben kann. Diese Hoffnung schließe ein, dass es neue Übereinkommen und sogar neue Vereinbarungen zur gegenseitigen Teilhabe am Eucharistischen Tisch geben könnte, sagte Kardinal Koch bei der Vorstellung der Reise im Vatikan.

Im Gespräch mit Radio Vatikan betont der Schweizer Kurienkardinal, dass man aber vor allem die Reise an sich nicht unterschätzen sollte: „Mir scheint, man muss die Tatsache würdigen, dass überhaupt dieses Treffen stattfindet. Die Jahrhundertfeier der Reformation waren bisher immer konfessionell und triumphalistisch, also mit polemischen Tönen, versehen. Es ist das erste Mal, dass ein Gedenken des Beginns der Reformation gemeinsam begannen wird. Dieser Gedenkgottesdienst in Lund und die Feiernden auf der einen Seite mit dem Präsidenten und dem Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes und auf der anderen Seite der Papst ist meines Erachtens eine sehr starke Botschaft. Erstens, weil es ein Zeichen der Dankbarkeit, wie sich das Verhältnis in den vergangenen 500 Jahren entwickelt hat. Wir haben ja vor allem in den vergangenen 50 Jahren einen intensiven Dialog zwischen Lutheranern und Katholiken entwickelt. Dafür sind wir sehr dankbar. Zweitens ist es ein Zeichen der Hoffnung, den Weg weiter zu gehen.“

Man dürfe aber nicht die Geschichte Europas vergessen, so Kardinal Koch weiter.

„Das Ganze steht ja unter dem Thema vom Konflikt zur Gemeinschaft. Das ist der historische Weg. Reformation hat ja auch zur Kirchenspaltung und zu grausamen Konfessionskriegen in Europa geführt. Doch wir sind nun auf dem Weg zur vollen Gemeinschaft zwischen Lutheranern und Katholiken und ich hoffe sehr, dass dieses gemeinsame Reformationsgedenken ein guter Schritt sein wird.“ (rv)

Papst wird zwei Tage in Schweden bleiben

SchwedenPapst Franziskus weitet seine Reise nach Schweden vom kommenden Herbst aus. Ursprünglich wollte er nur einen Tag – 31. Oktober – bleiben und in Lund zusammen mit dem Lutherischen Weltbund an den Beginn der Reformation vor 500 Jahren erinnern. Doch jetzt ist auch eine Begegnung mit den Katholiken und eine Messe zum Hochfest Allerheiligen am Tag darauf, dem 1. November, geplant. Das teilte der Vatikan an diesem Mittwoch mit.

Ein Vorab-Programm der Reise, das noch keinen offiziellen Charakter hat, spricht von einem doppelten Reformationsgedenken in Lund am 31. Oktober. Am Vormittag finde ein Gebetstreffen in der Kathedrale von Lund statt; am Nachmittag hingegen werde eine Veranstaltung in einem Stadion von Malmö an „das gemeinsame Zeugnis und den gemeinsamen Dienst von Lutheranern und Katholiken in der Welt“ erinnern. Der Ort, an dem Papst Franziskus tags darauf Katholiken trifft, ist noch nicht bekannt.

Am gemeinsamen Reformationsgedenken mit dem Papst in Lund wird der Präsident des Lutherischen Weltbundes, Bischof Munib Younan, teilnehmen. (rv)

Schweiz: Katholiken und Lutheraner stellen gemeinsames Dialogpapier vor

Kard_KochAn diesem Montag wurde das mit Spannung erwartete katholisch-lutherische Dialog-Dokument zum gemeinsamen Reformationsgedenken 2017 vorgestellt. Der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates, Kardinal Kurt Koch, und der Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), Bischof Munib Younan, präsentierten das Papier mit dem Titel „Vom Konflikt zur Gemeinschaft" am Mittag in Genf.

Laut Monsignor Matthias Türk vom Päpstlichen Einheitsrat schlägt das Dialogpapier für das gemeinsame Reformationsgedenken drei Hauptgedanken vor. Türk sagte im Interview mit Radio Vatikan:
„Freude über die wiedererlangte Gemeinschaft, Bitte um Vergebung für einander angetanes Unrecht und weitere Schritte auf dem ökumenischen Weg hin zu einem gemeinsamen Zeugnis der Welt von heute gegenüber."
Die „wiedergewonnene Gemeinschaft zwischen Katholiken und Lutheranern" schlage sich u.a. in dem nunmehr 50 Jahre währenden lutherisch-katholischen Dialogprozess nieder. In der Tat fällt der 500. Jahrestag der Reformation mit dem 50. Jahrestag dieses 1967 begonnenen Dialoges zusammen. Mit dem aktuellen Dialog-Dokument wolle man – ausgehend von der Theologie Luthers – eine Basis schaffen für das gemeinsame Gedenken der 500 Jahre zurückliegenden Reformation. Türk präzisiert:
„Es sollen die genuinen theologischen Anliegen Luthers aufgegriffen werden und von katholischer Seite beleuchtet werden, um zu überprüfen, inwieweit noch ein Grund für die Trennung besteht."
Der Zugang zur Reformation ist dabei ein internationaler, das Reformationsgedenken findet heute in einem ökumenischen und globalen Zeitalter statt, wie Türk unterstreicht. Deshalb habe man „mit der ganzen Welt in einen Dialog treten" müssen, „um das Anliegen der Reformation neu aufzugreifen". Türk geht auf inhaltliche Details des Dokumentes ein:

„Das Dokument hat verschiedene Kapitel entwickelt: Die Perspektiven von Luther selbst, eine historische Skizze der lutherischen Bekenntnisschriften und der katholischen Antwort darauf vom Konzil von Trient bis hin zum Zweiten Vatikanum, die Hauptthemen der Theologie Martin Luthers im Licht der lutherisch-katholischen Dialoge. Inwieweit ist es den Dialogen schon gelungen? – diese Fragestellungen der Reformation aufzugreifen und zu zeigen, wie sehr Gemeinschaft neu möglich geworden ist, da man viele Dinge als nicht mehr kirchentrennend erkannt hat."

Das Dokument entstand in drei Jahren intensiver und – wie Türk berichtet – „einmütiger" Zusammenarbeit. Am Schluss habe „eine große Übereinstimmung in den gemeinsamen Aussagen" gestanden. Hinsichtlich eines Fortschrittes in der Ökumene wurden in das Dialog-Papier große Hoffnungen gesetzt. Hat es das Kaliber einer „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre"? Türk präzisiert, dass es sich bei dem Dialog-Papier „Vom Konflikt zur Gemeinschaft" um keine gemeinsame „Erklärung" handelt:

„Verschiedentlich ist das Dokument als gemeinsame Erklärung bezeichnet worden. Das muss man sogleich richtig stellen. Es handelt sich um ein Studiendokument der internationalen Dialogkommission. Sie legt dieses Dokument den Auftraggebern vor, also dem Lutherischen Weltbund und dem Päpstlichen Rat, als Ergebnis ihrer Arbeit. Ob es eventuell in eine Form, die dann unterschriftsreif wäre, überführt werden kann, obliegt den Kirchen und Kirchenleitungen."

Ein genauer Blick auf Luthers Theologie lohne sich, weil sich damit neue Chancen für die Ökumene eröffneten, so Türk. So geht das Dialog-Papiers sozusagen hinter die Entwicklungen der Kirchenspaltung zurück und versucht mit Blick auf die Reformation Gemeinsames zu betonen. Dazu Türk:

„Es besteht die Überlegung, dass keine kirchentrennenden Gründe zu erkennen sind, wenn man die authentischen, die ursprünglichen Anliegen Martin Luthers und seiner Theologie aufgreift. Die Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften haben sich aber in den letzten 500 Jahren, seit der Reformation, weiterentwickelt. Und es sind ja ganz neue Entwicklungen vorgefallen, oder haben das Leben der Kirchen geprägt, die nicht mehr in direktem Zusammenhang mit dem Anliegen Luthers stehen."

Langfristig habe man den Anspruch, das Verbindende „tatsächlich auch konkret in theologischen Aussagen" zum Ausdruck zu bringen, gibt Türk weiter an. Zur Eucharistie hält die Einführung zum Dokument fest, dass Lutheraner und Katholiken heute „das Geheimnis der Gegenwart Jesu Christi gemeinsam hervorheben" können, „wenn sie dies auch auf eine unterschiedliche Weise tun". Für das Reformationsjubiläum sind gemeinsame liturgische Feiern angedacht – und zwar weltweit:

„Es ist ein ganz konkreter Gottesdienst in Planung mit umfangreichen liturgischen Materialien. Die Idee, die dahinter steht, ist: Man gibt nicht nur diesen inhaltlichen Text (Anm. d. Red.: das Dialog-Dokument) auf Weltebene an die Ortskirchen und Regionen weiter. (…) Es ist ein Unterschied, ob Sie in Skandinavien oder in Afrika einen Gottesdienst feiern, von der Lebendigkeit, von der Auswahl von Gebeten und Musik. Wir erstellen liturgische Materialien, die dann von allen, im jeweiligen Kontext, verwendet werden können." (rv)