Die wachsende Bedeutung von Religion in der internationalen Politik: UN-Weltgipfel

GENF – Bei den Vereinten Nationen in Genf fand kürzlich ein dreitägiger Weltgipfel zu Religion, Frieden und Sicherheit statt.

Die Diskussionsteilnehmer beschäftigten sich mit der Verbreitung des gewalttätigen Extremismus, der Religion manipuliert und dazu missbraucht, brutale Gewalt gegen Zivilisten zu rechtfertigen.

Die internationale Vereinigung zur Verteidigung der Religionsfreiheit und das UN Büro zur Verhinderung von Völkermord hatten diesen Weltgipfel einberufen, mit dem Ziel, darüber zu beraten, wie die verschiedenen Verantwortlichen effektiv zusammenarbeiten können, um Pläne umzusetzen, die Frieden und Sicherheit fördern. Auch bewährte Strategien wurden ausgetauscht.

„Es scheint als ob wir alle die Lektionen des letzten Jahrhunderts vergessen hätten“, so Untergeneralsekretär Adama Dieng, Sonderberater der Vereinten Nationen für die Verhinderung von Völkermord.

Lord Singh von Wimbledon, Träger des Britischen Verdienstordens, Mitglied des Britischen Oberhauses und Vorsitzender des Netzwerks von Sikh Organisationen sagte: „Als Sikh glaube ich, dass wir alle die Freiheit haben sollten, zu glauben, was immer wir möchten, solange es keine negativen Auswirkungen auf andere hat, „Er fügte scherzhaft hinzu: Es stört mich nicht, wenn jemand glaubt, dass die Erde eine Scheibe ist – vorausgesetzt, er versucht nicht, mich vom Rand zu schubsen.“

Der Weltgipfel zielt darauf ab, eine internationale Plattform zu „Religion, Frieden und Sicherheit“ einzuführen, die die Nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen unterstützt, insbesondere Ziel Nr.16, das die Förderung einer friedlichen und integrativen Gesellschaft vorsieht und Ziel Nr. 17 zur Wiederbelebung der weltweiten Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung.

Scheich Muhammad Al-Yaqoubi, syrischer Islamwissenschaftler und Religionsführer mahnte an, dass historische Fakten, die Frieden zwischen verschiedenen Religionen und deren Koexistenz eindeutig belegten, zurückgehalten werden: „Wo sind diese Aufzeichnungen. Sie werden scheinbar ‚feierlich‘ im Vermächtnis unserer Geschichte begraben, – und zwar von muslimischen Oberhäuptern, die ihr Volk irreführen – und die Unstimmigkeiten und Streitpunkte ausgraben. Es sollte jedoch stattdessen hervorgehoben werden das wir alle (Christen, Juden, Muslime) einen Reichtum an gemeinsamer Geschichte haben – auch mit Religionsfreiheit.“

Die Veranstalter des Weltgipfels sagten dass es wichtig sei, dass die Verantwortlichen auf internationaler, regionaler und nationaler Ebene – allen voran religiöse Führer, Gelehrte und auch die Medien – in diesen herausfordernden Zeiten ihr Augenmerk mehr auf dieses Phänomen richten, um damit auch den Respekt vor den Grundrechten zu fördern, Gräuelverbrechen ausartende Verletzungen der Menschenrechte und des internationalen Völkerrechtes zu verhindern und zu ahnden, sowie gewalttätigen Extremismus zu unterbinden und ihm entgegenzutreten.

Ziel müsste es sein, die Bevölkerung zu schützen, internationalen Frieden und Sicherheit wie auch eine friedliche und integrative Gesellschaft voranzubringen.

Rabbiner Michael Melchior, Vorsitzender der „Mosaica Initiative für Frieden zwischen den Religionen im Mittleren Osten“, ehemaliger Minister des israelischen Kabinetts, forderte die Anwesenden zum Handeln auf: „Und was unternehmen wir? Nicht: was sollten wir unternehmen, sondern was tun wir konkret? Nicht: Was-schreiben-wir-in-eine-Erklärung, sondern was praktizieren wir? Was sind unsere besten Vorgehensweisen?“

Der apostolische Nuntius bei den Vereinten Nationen in Genf Erzbischof Ivan Jurkovič, ständiger Vertreter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf moderierte eine der vielen Podiumsdiskussionen die während des Gipfeltreffens stattfanden. Er betonte, das Recht auf Religionsfreiheit sei unverzichtbar: „Man kann durchaus sagen, dass es ohne Religionsfreiheit keine Menschlichkeit gibt. Religionsfreiheit garantiert zwar keine perfekte Gesellschaft, die Abwesenheit von Religionsfreiheit garantiert jedoch eine nicht funktionierende Gesellschaft.“

„Dieser Gipfel beweist die wachsende Bedeutung von Religion in der internationalen Politik. Die Vereinten Nationen verstehen darunter Religionsfreiheit und Frieden zwischen den Religionen, denn die meisten Menschen auf der Welt haben eine Religion. Die Frage nach dem friedlichen Zusammenleben der Religionen in den Ländern ist äußerst wichtig, nicht nur für die Ausübung der Religion, sondern auch für das Wohlergehen der gesamten Gesellschaft“, sagte Thomas Schirrmacher, Vorsitzender der Theologischen Kommission der Weltweiten Evangelischen Allianz (New York) und anglikanischer Bischof

In einem Interview für EWTN fasste Nuntius Jurkovič das Gipfeltreffen so zusammen: „Jeder hier bei diesem Treffen hatte den Eindruck, dass wir vorwärts kommen und zwar in zweierlei Hinsicht. Erstens verstehen wir besser, welche Bedeutung religiöse Phänomene im allgemeinen, sozialen Zusammenhang haben. Und andererseits gibt es mehr Verantwortungsbewusstsein bei allen, nicht nur den religiösen Oberhäuptern, sondern auch bei Führern im sozialen und politischen Bereich, mit derart heiklen Fragen nicht zu populistisch umzugehen.“

Als Ergebnis werden die Diskussionen, Aussagen und Empfehlungen des Weltgipfels in einem schriftlichen Bericht zur Nachbereitung festgehalten.

Außerdem wurde im Rahmen des Treffens auch der internationale „Jean Nussbaum und Eleanor Roosevelt“- Preis für Freiheit und Frieden eingeführt. Mit dem Preis sollen Bemühungen von Einzelpersonen oder Organisationen anerkannt werden, die für die Förderung der Religionsfreiheit eine besondere Rolle gespielt haben oder spielen.

2015 bezeichnete Papst Franziskus in seiner Ansprache vor den Vereinten Nationen die Freiheit des Geistes, die die Religionsfreiheit beinhalte, als einen wichtigen Minimalbaustein der Gesellschaft.

Dieser Bericht wurde vom U.N.-Korrespondenten Christian Peschken, Pax Press Agency in Genf, verfasst. Der Bericht wird auch bei EWTN – Katholisches Fernsehen zu sehen sein im Rahmen des Magazins ‚Vatikano‘. Weitere Informationen zu Pax Press Agency unter www.paxpressagency.com. (CNA Deutsch)

Fazit der Armenienreise: Vor allem ökumenischFranziskus im Kaukasus

Logo ArmenienDie Reise durch Armenien in den letzten drei Tagen war nur der ideelle Auftakt, im September will der Papst den Bogen mit einer Visite in Georgien und Aserbaidschan weiterspannen. Vatikansprecher Federico Lombardi betont, die Tage von Armenien seien vor allem ökumenisch von Bedeutung gewesen.

„Vor allem das große ökumenische Gebet auf einem zentralen Platz in Jerewan: Das war wirklich etwas Außergewöhnliches. Ein religiöser Akt, ein Gebet im öffentlichen Raum, auch mit all den Repräsentanten verschiedener Nationen – ich glaube, so etwas hat man noch nie gesehen. Im übrigen war die Aufnahme des Papstes durch den „Katholikos“ der armenisch-apostolischen Kirche etwas Wunderbares: Der Papst hat drei Tage lang im Haus des „Katholikos“ gewohnt, das hat eine wirklich tiefgründige und ehrliche Begegnung möglich gemacht.“

Vor allem der Rhythmus des Gebets habe die drei Papst-Tage im „ersten christlichen Land“ der Welt geprägt, so Lombardi. Der Jesuit schwärmt geradezu von der „Göttlichen Liturgie“, dem Gottesdienst vom Sonntag, an dem Franziskus teilgenommen hat.

„Auch der Tonfall der Ansprachen war – vor allem von seiten des Papstes – eine große Ermutigung zum ökumenischen Miteinander, zum Dialog und zum Weg auf eine auch eucharistische Einheit zu. Diese Reise war also aus meiner Sicht ein wichtiger Schritt auf dem ökumenischen Weg mit dieser Ostkirche, die sich praktisch gänzlich mit der armenischen Nation identifiziert.“

Doch auch für Armeniens Katholiken – eine „kleine, aber sehr lebhafte Minderheit“ – sei der Besuch aus Rom „ein großes Fest“ gewesen. „Viele Armenier waren aus verschiedenen Teilen der Welt (aus der Diaspora) zu diesem Anlass in die Heimat gereist: Armenier, die zur apostolischen Kirche gehören, aber auch Katholiken. Alle armenischen katholischen Bischöfe haben mit dem Papst konzelebriert. Und natürlich wollte der Papst mit seiner Anwesenheit hier auch eine Botschaft des Friedens an die Region vermitteln, in der Hoffnung, dass das so verstanden und gewürdigt wird.“

Beim päpstlichen Tanz auf dem Drahtseil konnte es nun allerdings nicht ausbleiben, dass einige in der Region jetzt verstimmt sind über Franziskus. Die offizielle Türkei vor allem: Sie ist verärgert, dass der Papst in Armenien erneut das Wort „Völkermord“ ausgesprochen hat.

Lombardi dazu: „Das Entscheidende ist die Wahrhaftigkeit der Absichten des Papstes; er hatte sicher nicht die Absicht, eine Art Religionskrieg loszutreten, sondern es ging ihm einfach darum, die Leiden der Vergangenheit als Prämisse anzuerkennen, damit es in Zukunft nicht mehr zu solchen Leiden oder solchem Mangel an Respekt vor dem Leben und den Rechten der anderen kommen möge. Das ist die Absicht des Papstes, und daran halten wir uns.“ (rv)

Armenien: Hoffen auf Friedensstifter Papst

Logo ArmenienIn knapp drei Wochen geht Papst Franziskus auf seine nächste Auslandsreise: Vom 24. bis zum 26. Juni bereist er Armenien, ein Land, in dem „der erste Völkermord des Jahrhunderts stattgefunden“ hat, wie der Papst selbst sagte. Auch der Deutsche Bundestag hat letzte Woche das Massaker der ottomanischen Truppen 1915 an den christlichen Armeniern in einer umstrittenen Bundestagsresolution als Völkermord gebrandmarkt. Die Türkei als Nachfolgerin des Osmanischen Reichs sprach von einer historischen Fehlentscheidung des deutschen Parlaments.

Umso wichtiger in diesen Tagen der aufflammenden Diskussion ist jedoch der Geist der Versöhnung, den man sich von der Papstvisite in dem Land verspricht. Nareg Naamo ist der Rektor des päpstlichen armenischen Kollegs in Rom. Er hofft im Interview mit Radio Vatikan darauf, dass der Papst mit seinem Besuch einen wichtigen Beitrag zum Frieden in der gesamten Region leisten kann.

„Bei seinen Besuchen hat man immer wieder sein Charisma beobachtet, das im Geist, aber auch menschlich Veränderungen hervorruft. Und der Papst wird ja auch einen Friedensbesuch abstatten, nicht nur in Armenien, sondern in den kommenden Monaten auch in Georgien und in Aserbaidschan, zwei Länder, die keine guten Beziehungen zu Armenien haben – insbesondere Aserbaidschan. Deshalb erhoffen wir uns von diesem Besuch viele Früchte….“

Die Menschen in Armenien sind dem Papst dankbar, erzählt der Geistliche, dankbar nicht erst seit gestern. Vor gut einem Jahr, am 12. April 2015, feierte Franziskus zum 100-Jahrtag des Massakers an armenischen Christen im Petersdom eine Messe im armenischen Ritus. Im Zug der damit verbundenen Begegnungen luden der Staatspräsident und die Oberhäupter der katholischen und apostolischen armenischen Kirche den Papst in ihr Land ein.

Auch die ökumenischen Beziehungen der katholischen zur apostolischen armenischen Kirche könnten wichtige Impulse erhalten, ist sich Rektor Naamo sicher: „Unserem Volk, das in den vergangenen Jahren sehr aufgrund seines Glaubens, seiner Treue zur katholischen Kirche gelitten hat, wird sein Besuch einen Hauch von Hoffnung geben, einen Hauch von Liebe: Er ist der Vater, der seine Kinder besucht. Wir wissen sehr gut, dass die armenische apostolische Kirche, auch wenn sie nicht mit Rom uniert ist, der katholischen Kirche sehr nahe ist: sie hat viele Märtyrer, Theologen und Kirchenlehrer hervorgebracht, insbesondere letztes Jahr mit der Anerkennung des Heiligen Gregor von Narek als Kirchenlehrer durch Papst Franziskus.“ Alle diese Gaben, die die katholischen Kirche auch den nicht mit ihr unierten Kirchen schenke, ließen große Hoffnungen für das ökumenische Leben im Land zu. Doch es gebe noch zahlreiche andere Probleme des konkreten täglichen Lebens, die den Papst erwarteten, so der Rektor:

„Es ist ein historischer Besuch für uns Armenier, aber auch ein Besuch, der viele Themen vereinigt: sei es religiöser, ökumenischer oder vor allem auch politischer Natur. Die Region, die der Heilige Vater besuchen wird, wurde vor einigen Jahren von einem schlimmen Erdbeben getroffen, das tausende Todesopfer forderte und viel Schaden anrichtete. Bis heute gibt es zahlreiche Obdachlose. Deshalb ist der Besuch des Papstes sehr wichtig auf politischer und internationaler, aber auch auf menschlicher und religiöser Ebene.“ (rv)

Der Völkermord und der Papst: Warum der Besuch von Franziskus für Armenier so wichtig ist

cna_Fanziskus im VatikanVATIKANSTADT – 100 Jahre nach dem Völkermord und mitten im Jahr der Barmherzigkeit: Die Armenien-Reise von Papst Franziskus vom 24. bis 26. Juni findet vor dem Hintergrund einer besonderen Zeit in der Geschichte des Landes statt. Darauf hat der Botschafter Armeniens am Heiligen Stuhl hingewiesen. Mikael Minasyan sagte, das armenische Volk habe durch seine Geschichte gelernt, stark zu sein. Er erinnerte an den Völkermord des Osmanischen Reiches während und nach dem ersten Weltkrieg, dem etwa 1,5 Millionen Armenier und andere Christen der Region zum Opfer fielen.

Das Jahrhundertgedenken an den Genozid diene auch dazu, Fortschritte anzuerkennen und der Heilung Rechnung zu tragen, fügte er hinzu.

„Die Armenier haben der ganzen Welt gezeigt, was es bedeutet, eine Ungerechtigkeit zu bewältigen. Sie gaben der Welt die Möglichkeit zu verstehen, was ein Völkermord anrichtet, und was die Leugnung eines Völkermords ist. Lassen Sie uns nicht vergessen, dass der Begriff des „Genozids“ definiert wurde anhand einer Studie des Völkermords an den Armeniern.“

Der Botschafter sagte auch, dass diese Jahr Gelegenheit biete, jene zu würdigen, welche die Armenier unterstützt haben und auf den Völkermord aufmerksam gemacht haben. Dazu gehöre auch Papst Franziskus, der anerkannt habe, dass der Völkermord auch religiös motiviert war, so der Botschafter.

Ökumene des Bluts: Messe für die christlichen Märtyrer

In der heiligen Messe am Barmherzigkeitssonntag, dem 12. April 2015, hatte der Papst den Massenmord der türkischen Osmanen als Völkermord bezeichnet – ein Begriff, der auch 2001 in der gemeinsamen Erklärung des heiligen Papstes Johanes Paul II. und dem armenischen Obersten Patriarchen Karekin II. verwendet wurde. Franzisus feierte die Messe an jenem Jahrestag des Jahrhundertgedenkens für die Gläubigen des armenischen Ritus, den die Armenier auch Metz Yeghern nennen, das Martyrium.

„Wir sind allen Menschen wirklich sehr dankbar, vom kleinsten bis zum größten, auch Papst Franziskus, der etwas Historisches damit leistete, im April diese Messe zu feiern und dabei die Dinge beim Namen zu nennen, und einen weiteren Begriff dafür zu prägen, eine „Ökumene des Bluts“. Denn die Armenier wurden auch vernichtet, weil sie Christen sind.“

„Papst Franziskus unternahm sicherlich einen absolute fundamentalen Schritt, indem er zur Messe im Petersdom die Hierarchie der Armenischen Apostolischen Kirche und der armenisch-katholischen Kirche einlud, und den heiligen Gregor von Nazianz zum Kirchenlehrer der universalen Kirche erklärte.“ Der Kirchenvater war Patriarch von Konstantinopel im vierten Jahrhundert.

Bereits seit seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires pflegt Franziskus enge Beziehungen mit den Armeniern. Argentinien war nach den Massakern und Massenmorden durch Muslime im ersten Weltkrieg Ziel vieler armenischer Flüchtlinge. Heute hat das lateinamerikanische Land eine der größten armenischen Gemeinden der Welt.

Auf dem nun veröffentlichten offiziellen Programm des Papstes bei seiner Armenien-Reise im Juni steht auch ein Besuch des Denkmal-Komplexes Zizernakaberd. Hier versammeln sich jedes Jahr am 24. April Armenier, um der Opfer des Völkermords zu gedenken. Außerdem wird es eine Reihe ökumenischer Begegnungen geben, Gespräche mit Vertretern anderer Religionen, und gemeinsame Gebete für den Frieden.

Das armenische Volk sei „hoch erfreut“ darüber, dass der Papst sie besuche, sagte der Botschafter des Landes, weil Franziskus ein großer Unterstützer der Armenier gewesen sei. Wie Minasyan betonte, sei dies vor allem wichtig, weil türkische Politiker bis heute den Völkermord abstreiten und massiven Druck auf alle auszuüben versuchen, die darauf hinweisen. Auch wenn die meisten Türken selber den Genzozid nicht mehr abstreiten würden, und auch privat Politiker dies einräumten, würden sie dies öffentlich leugnen.

Der Botschafter erinnerte in diesem Zusammenhang auch den andauernden Völkermord des Islamischen Staates an Christen und anderen in der Region sowie die Islamisierung der türkischen Regierung wie der ganzen Region. Die Anerkennung des Papstes und sein Gedenken des Völkermords an den Armeniern sei vor diesem Hintergrund besonders wichtig, so Minasyan.

„Jetzt sehen wir, dass in den letzten 100 Jahren die Zahl, der Prozentsatz der Christen radikal nachgelassen hat. In den vergangenen fünf Jahren war es wirklich dramatisch. Ich will nicht alles in einen Topf werfen, aber angefangen hat dies mit dem Völkermord an den Armeniern.“ (CNA Deutsch)

Louis Raphael Sako: Marschiert endlich ein!

Patriarch SakoDie Situation der Christen im Nahen Osten wird immer bedrängender, auch Papst Franziskus weist immer wieder mit bewegenden Worten darauf hin, dass seine Gedanken und Sorgen mit den Glaubensbrüdern in den von Krieg und Terror gemarterten Gebieten sind. Religiöse Minderheiten, und unter ihnen insbesondere die Christen, werden unaufhörlich Opfer von Verfolgung und Gewalt. Der sogenannte Islamische Staat, eine Terrororganisation ohne Beispiel in der jüngeren Geschichte, ist für unfassbare Gräueltaten in den von ihm besetzten Gebieten verantwortlich. Immer mehr Menschen entscheiden sich deshalb dafür, ihrem Heimatland den Rücken zu kehren. Mittlerweile hat der Terror des IS auch Europa erreicht, doch die Iraker und auch die christlichen Minderheiten leiden unter diesem Terror schon seit Jahren. Sie fühlen sich von der Internationalen Gemeinschaft im Stich gelassen und einer marodierenden Mörderbande ausgeliefert.

Grund genug für den chaldäisch-katholischen Patriarchen Louis Raphael Sako I., der in Bagdad lebt und wirkt, einen flammenden Appell an die Weltöffentlichkeit zu richten, der aufhorchen lässt: „Marschiert endlich ein!“ ist das Buch betitelt, in dem er seiner Sorge um die Situation der Christen (und nicht nur) im Nahen Osten Ausdruck verleiht und ein beklemmendes Bild der Lage vor Ort zeichnet. Dabei geht er weiter zurück in die Geschichte seiner Heimat, eine beginnende Islamisierung bereits unter Saddam Hussein, die gravierenden Fehler der USA nach ihrem Einmarsch 2003, sowie eine packende Schilderung der Flucht der Christen aus Städten wie Mossul nach der Eroberung des IS sowie dessen brutaler Übergriffe während Gottesdiensten.

Er spricht offen von Völkermord im Irak und erinnert die Internationale Gemeinschaft an die Verantwortung, die sie für die Menschen in den vom Islamischen Staat besetzten Gebieten hat. Für ihn gibt es zu einem militärischen Einsatz keine Alternative, denn: „Wenn man diesen Terrorschwadronen keinen Einhalt gebietet, können sie innerhalb von einigen Monaten die kulturelle und religiöse Vielfalt in meinem Land auslöschen, weil keiner mehr ein Weiterleben in Todesangst ertragen kann. Mit den Barbaren des IS gibt es kein Verhandeln und keinen Dialog. Absolute Kompromiss- und Erbarmungslosigkeit kennzeichnen sie,“ so schreibt er selbst im Vorwort zu seinem Buch.

Eine über 2000-jahre alte Geschichte des fruchtbaren Zusammenlebens zwischen Christen und anderen Glaubensgemeinschaften in den Gebieten, in denen die Frohe Botschaft zuerst erklungen ist, könnte in den heutigen Tagen zu einem Ende kommen. Dieser Gefahr für den Nahen Osten und die gesamte Menschheit entgegen zu wirken – das ist der Wunsch des Patriarchen, für den er um tätige Hilfe der gesamten Weltgemeinschaft bittet.

„Marschiert endlich ein! Stoppt die Ermordung der Christen im Nahen Osten. Ein Aufschrei aus Bagdad“ von Raphael Louis Sako ist im Herder-Verlag erschienen und kostet etwa 15 Euro. (rv)

Bestätigt: Papstreisen in den Kaukasus

ArmenienPapst Franziskus wird Ende Juni nach Armenien reisen. Das kündigte der Vatikan an diesem Samstag offiziell an. Die Visite vom 24. bis 26. Juni komme auf Einladung des orthodoxen Patriarchen Karekin II., der Staatsspitze und der katholischen Kirche zustande. Bei einem Gottesdienst in Rom hatte der Papst im vergangenen Jahr die Armenier-Verfolgung vor hundert Jahren als „Völkermord“ bezeichnet; das hatte zeitweise zu einer Belastung der Beziehungen zwischen dem Vatikan und der Türkei geführt.

Auch eine weitere Reise von Franziskus in frühere Sowjetrepubliken im Kaukasus wurde an diesem Samstag offiziell angekündigt. Sie wird den Papst vom 30. September bis zum 2. Oktober nach Georgien und Aserbaidschan führen. Auch im Fall von Georgien und Aserbaidschan liegen Einladungen des orthodoxen Patriarchen, der staatlichen Führung und der katholischen Kirche vor.

Alle drei Kaukasus-Republiken sind nach dem Fall des Eisernen Vorhangs bereits von Papst Johannes Paul II. besucht worden. Die Ortskirchen in Armenien und Georgien gehören zu den ältesten und traditionsreichsten der Welt. (rv)