Vatikan: Schuldspruch gegen ehemalige IOR-Führungskräfte

Zwei ehemalige Führungskräfte des IOR müssen Entschädigung an das vatikanische Geldinstitut zahlen. Das urteilte nun das Zivilgericht des Vatikanstaates. Es befand die beiden Männer verantwortlich für Misswirtschaft.

Der Schuldspruch beziehe sich auf Finanzaktivitäten am IOR in der ersten Jahreshälfte 2013, heißt es in einer Pressemitteilung des „Istituto per le Opere die Religione“ vom Dienstag. Im September 2014 sei dazu ein Zivilprozess in die Wege geleitet worden. Die Mitteilung nennt die beiden Ex-Manager nicht namentlich.

Das Urteil gegen die beiden ehemaligen Führungskräfte sei „ein wichtiger Schritt“ im Bemühen des IOR-Managements während der letzten vier Jahre, das vatikanische Geldinstitut zu reformieren, heißt es in der Erklärung weiter. Anliegen der Reform seien die Umsetzung einer „starken Leitung“ des IOR, Transparenz und die Übereinstimmung mit „besten internationalen Standards“. Auch in Zukunft wolle man Unregelmäßigkeiten und Regelverstöße verfolgen und ahnden, unabhängig davon, „wo sie auftreten und von wem sie verübt werden“, bekräftigt das Institut.

Das IOR ist seit den Zeiten von Papst Benedikt auf einem Reformkurs, der nicht frei von Rückschlägen ist. Zuletzt verließen binnen dreier Monate zwei Schlüsselfiguren das Geldinstitut. Vergangenen November erhielt der Assistent des Generaldirektors Gian Franco Mammi, Giulio Mattietti, die Kündigung, vor einer Woche verließ auch – auf eigenen Wunsch, wie es hieß – der Chef-Informatiker Santo Mirabelli die Einrichtung.

Im Kampf gegen Geldwäsche kommt das vatikanische Geldinstitut indes voran. Das Europarats-Komitee Moneyval bescheinigte ihm 2015 beachtliche Fortschritte auf diesem Gebiet, beanstandete zugleich aber Mängel in der Strafverfolgung.

Benedikt XVI. hatte Ende 2010 die vatikanische Finanzaufsichtsbehörde „Autorita di informazione finanziaria“ (AIF) gegründet, die verdächtige Geldflüsse an die vatikanische Justiz weiterleitet. 2016 beschloss das AIF die Auflösung von fast 5.000 Konten, die zumeist keinen Anspruch auf Unterhaltung beim IOR hatten. (vatican news)

Vatikan: Moneyval würdigt Fortschritte

Der Expertenausschuss des Europarates für die Bewertung von Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung – kurz Moneyval – hat die Fortschritte des Vatikans bei der Umsetzung von Regelungen zu Finanz- und Wirtschaftsfragen gewürdigt. Wie der vatikanische Pressesaal an diesem Freitag in einer Note berichtet, habe Moneyval in seiner Vollversammlung vom Mittwoch den dritten Bericht des Heiligen Stuhls bzw. des Staates der Vatikanstadt angenommen.

Insgesamt eine positive Bewertung

Der Expertenausschuss hat vor allem „die Schaffung einer Spezialisteneinheit für Wirtschaftsdelikte bei der vatikanischen Gendarmerie“ positiv hervorgehoben. Ebenfalls gewürdigt wurde die Ernennung eines zusätzlichen Vatikan-Richters („Promotore di giustizia), der für Wirtschaftsdelikte zuständig ist.

Moneyval wertet auch die Arbeit der vatikanischen Finanzinformationsbehörde AIF als „sehr effizient“. Die Stelle wird derzeit von dem Schweizer René Brülhart als Direktor geleitet und wacht über die Finanzaktivitäten des und im Vatikan.

In dem Moneyval-Bericht wird auch die Errichtung eines „Hinweissystems, das funktioniert und gefördert wird“ betont. Ebenfalls sei die internationale Zusammenarbeit des Vatikans in dem Bereich zu würdigen.

Verbesserungen in Gesetzgebung und Justizsystem erwünscht

Trotz allem gebe es aber auch einige offene Punkte, so der Moneyval-Bericht: Es seien noch Verbesserungen im Bereich der Gesetzgebung und beim Justizsystem erwünscht. Der jüngste Bericht des Vatikans gehöre zu den „ordentlichen und vorgesehenen Prozeduren“ bei Moneyval. Der vatikanische Pressesaal vermerkt in seiner Pressenote, dass der Heilige Stuhl „alles unternehme, um Wirtschaftsdelikten vorzubeugen und sie zu verfolgen“. (rv)

Moneyval: Vatikanisches Finanzsystem arbeitet transparent

MoneyvalDas Expertenkomitee des Europarates für die Bekämpfung von Geldwäsche „Moneyval" hat im jüngsten Bericht über den Vatikan bescheinigt, dass der Heilige Stuhl „transparenter" geworden ist. Das bestätigt gegenüber Radio Vatikan der Direktor der vatikanischen Finanzaufsichtsbehörde AIF, René Brülhart. In Straßburg hat er den so genannten Fortschrittsbericht von „Moneyval" mitdiskutiert.

„Mit der Verabschiedung dieses zweiten Berichts, der vollumfänglich von der Plenarversammlung von ,Moneyval´ angenommen wurde, erfüllt der Heilige Stuhl die relevanten internationalen Standardvorgaben in Sachen Geldwäschebekämpfung. Natürlich ist die Arbeit noch nicht zu Ende, doch insbesondere im Bereich der Transparenz hat der Heilige Stuhl sehr große Fortschritte gemacht."

Das heißt also auch, dass der sogenannte Fortschrittsbericht auch veröffentlicht wurde?

„Der Bericht als solcher wird voraussichtlich am Donnerstag veröffentlicht. Dort wird man dann auch im Detail sehen, wie und in welchem Umfang der Vatikan in den vergangenen Monaten gearbeitet hat und welche Fortschritte konkret erreicht wurden. Wir sehen aber den Bericht jetzt positiv entgegen, denn was heute (Montag, Anm. d. Red.) geschehen ist, ist dass die Plenarversammlung den Bericht angenommen und beschlossen hat und das in seinem vollen Umfang."

2012 hatte „Moneyval" einige Schlüsselkriterien kritisiert. Der Vatikan hatte damals neun von insgesamt 16 erfüllt. Gab es auch diesmal wieder konkrete Zahlen?

„Der Fortschrittsbericht ist eigentlich eine Berichterstattung über die Umsetzung der Empfehlungen, die gemacht worden sind, wie es der Bericht von 2012 vorsieht. Eine neue Beurteilung der Schlüsselkriterien – also neue Noten – wird es in diesem Fortschrittsbericht nicht geben."

Und wie geht es jetzt für den Heiligen Stuhl weiter? Hat „Moneyval" auch konkrete Verbesserungsmaßnahmen angemahnt?

„Es ist selbstverständlich ein andauernder Prozess, bei der es darum geht, konkrete Maßnahmen zu implementieren. Ein wichtiger Punkt diesbezüglich ist die ganze Arbeit im aufsichtsrechtlichen Bereich. Dort hat man weiterhin noch gewisse Empfehlungen gemacht. Das ist auch gut so. Das ist eine Arbeit, die wir jetzt schon gestartet haben und die wir auch zielgerichtet in den kommenden Monaten weiterführen werden."

Kam auch das vatikanische Finanzinstitut IOR zur Sprache? Hat „Moneyval" auch Maßnahmen für das IOR gefordert?

„Der ganze ,Moneyval-Prozess´ ist ein Prozess über die Funktionalität des Geldwäschebekämpfungssystems einer bestimmten Jurisdiktion und nicht eines einzelnen Instituts. In einem Nebensatz sind sehr wohl auch die Bemühungen des IOR zur Kenntnis genommen worden, doch wie gesagt: es geht in erster Linie um die Funktionalität auf staatlicher Ebene."

Wie geht es nun für den AIF weiter? Welche sind die nächsten Schritte?

„Von Seiten des AIF haben wir seit einigen Wochen neue Statuten, in der die Funktionen deutlich dargelegt werden. Es geht einerseits darum, dass wir als Geldwäschemeldestelle definiert werden und andererseits aber auch eine Aufsichtsbehörde sind. Es geht jetzt darum, diese Doppelfunktion vollumfänglich zu implementieren, also von Ausruhen wird nicht die Rede sein."

Herzlichen Dank für das Gespräch. (rv)

Vatikan/D: „In fünf, sechs Jahren auf der Weißen Liste“

Der Moneyval-Expertenbericht stellt dem Vatikan in Sachen Finanzgebaren ein grundsätzlich gutes Zeugnis aus. Das sehen auch unabhängige Beobachter so. Der in Aachen lehrende Politologe und Volkswirt Ralph Rotte, der sich auf wissenschaftlicher Ebene mit den Geldgeschäften im Papststaat beschäftigte, sagte im Gespräch mit Gudrun Sailer, Vatikanstaat und Heiliger Stuhl bräuchten auch den internationalen Vergleich nicht zu scheuen.

„Für den Rahmen, in dem sich das befindet, ist das eine ganz gute Bewertung. Das sagen auch die Experten von Moneyval selbst: Dafür, dass nur zwei, drei Jahre Zeit war für Reformmaßnahmen, ist man relativ weit fortgeschritten. Da ist der Vatikan bzw. Heilige Stuhl auf einem guten Weg, wenn er so weitermacht."

Es gibt aber noch allerlei Nachholbedarf. Was muss der Vatikan noch machen, um in Geldgeschäften wirklich transparent zu sein?

„Ich glaube es sind drei Hauptpunkte: unklare Kompetenzen, mangelnde technische Ausrüstung und mangelnde Schulung des Personals. Zu den unklaren Kompetenzen: Die vatikanische Finanzaufsichtsbehörde AIF sollte ja mehr oder weniger alle Institutionen des Heiligen Stuhles und des Vatikanstaates untersuchen und die Möglichkeit haben, Informationen über deren Finanzgebaren und Praktiken zu gewinnen. Und da sehen die Experten Nachholbedarf, weil es ihnen etwas unbestimmt vorkommt, wie das Ganze geregelt ist. Es gibt auf der einen Seite keine völlig klare Abgrenzung der AIF Kompetenzen, was darf sie überhaupt, und welche Möglichkeiten gibt es, Informationen in den verschiedenen Institutionen zu sammeln. Dann gibt es das Problem des revidierten Geldwäschegesetzes, das 2010 erschienen ist, und in dem diese unabhängige Behörde geschaffen wurde. Dieses Gesetz wurde Anfang dieses Jahres durch ein Dekret ersetzt, und darin – da sind die Experten offensichtlich etwas kritisch – ist festgehalten, dass jetzt dem Staatssekretariat die Oberaufsicht zukomme, mit der Begründung, dass es hier darum geht, bestimmte internationale Verpflichtungen umzusetzen. Deshalb kann man skeptisch sein, inwieweit diese Aufsichtsbehörde wirklich durchgreifen kann."

Der zweite große Punkt wäre dann, sagen Sie, die technisch-organisatorische Basis.

„Ja, etwa beim vatikanischen Geldinstitut IOR. Da haben die Experten festgestellt, dass die Computerausstattung, die IT, ausbaufähig ist, dass es Lücken im Risikomanagement gibt, weil es – wie bei anderen Banken üblich – keine automatischen Warnungen gibt, wenn Transaktionen in geographisch zweifelhafte Gegenden getätigt werden. Wenn es etwa um Geldwäsche geht, dann klingelt normalerweise bei jeder Bank bei jeder größeren Transaktion auf die Cayman-Inseln die Alarmglocken – da müsste man also genauer hinsehen. Oder bei der Terrorismusfinanzierung, wenn ein Transfer nach Pakistan geht, sehen die da genauer hin. Das kann das IOR offensichtlich noch nicht. Und der dritte Hauptpunkt ist die mangelnde Erfahrung, die mangelnde Ausbildung in der Bekämpfung der Geldwäsche, gerade was das Personal der AIF betrifft und was auch den Gendarmeriekorps angeht, das ja Geldwäschedelikte verfolgen soll."

Der Moneyval-Bericht veröffentlicht zahlreiche Vatikan-Interna über Finanz-und Bankgeschäfte, über bereits getroffene Vorkehrungen, über Zusammenhänge, die teils noch nie an die Öffentlichkeit gedrungen sind. Kann man aus der Tatsache, dass der Vatikan das in diesem Klima zulässt, schon ablesen, dass es ihm ernst ist mit mehr Transparenz?

„Ich glaube schon. Auf der einen Seite gibt es den unmittelbaren Druck der Weltöffentlichkeit, dass man sich fragt, ob eine Institution mit so hohem moralischen Anspruch es sich wirklich leisten kann, intransparent zu sein, und vielleicht wirklich Geldwäsche – zumindest in der Vergangenheit – Vorschub geleistet zu haben. Der Papst selbst betont stark moralisch-ethische Fragen und religiöse Einschränkungen von Wirtschafts- und Finanzwesen und Markt; er betont die religiös-moralische Verantwortung, die damit verbunden wird. Auch das ist ein wichtiger Faktor, sich auf mehr Transparenz hin auszurichten. Das wird sich früher oder später, wenn der Papst dahinter steht, gegen Widerstände in der Bürokratie durchsetzen können."

Wie steht der Vatikan denn nun da im Vergleich zu anderen Ländern?

„Die Experten betonen in ihrem Bericht, dass es normalerweise zehn bis 15 Jahre dauert, bis ein Transparenz- und Kontrollsystem für das Finanzwesen etabliert ist. Der Vatikan hat dafür, dass nur zwei, drei Jahre Zeit für Reformmaßnahmen war, gute Fortschritte gemacht, das kann man vorzeigen. Ich habe mir jetzt Berichte der dritten, teils vierten Evaluation, also nach Jahren, teils Jahrzehnten, von anderen kleinen Staaten angesehen, San Marino oder Monaco, und auch die haben teilweise noch erhebliche Mängel. Da braucht sich der Vatikan international nicht zu verstecken."

In welchen Punkten wurde der Vatikan besonders gelobt?

„Konkret wird gelobt etwa die strafrechtliche Seite durch die verschiedenen Gesetze, die detailliert aufführen, nicht nur welche Straftatbestände es gibt, sondern auch wer unter diese Straftatbestände fällt. Außerdem die Übernahme internationaler Vereinbarungen, etwa verschiedener UN-Konventionen oder Sicherheitsratsbeschlüsse. Bei allem, was den formal-rechtlichen Rahmen angeht, ist man sehr zufrieden mit dem Heiligen Stuhl. Wo es krankt, ist immer die organisatorische Umsetzung und abgeleitet daraus die technische Umsetzung. Aber das sind möglicherweise Fragen, die teils relativ schnell gelöst werden können, wenn der Wille da ist."

Der Vatikan / Heilige Stuhl möchte erklärtermaßen auf die Weiße Liste der OECD für Länder mit transparenten und vertrauenswürdigen Finanz- und Bankregeln. Ist der Moneyval-Bericht da jetzt hilfreich oder nicht? An sich haben ja Moneyval und OECD-Weiße-Liste nichts miteinander zu tun?

„Rein formal nicht. Moneyval ist ein Expertengremium des Europarates. Die wenden aber Kriterien der so genannten Financial Action Taskforce an, das ist eine internationale Organisation, die von der G7 ins Leben gerufen worden ist. Das ist das Zentrum, um das sich alles dreht. Die berühmte Weiße Liste der OECD ist gewissermaßen der "Heilige Gral", hinter dem alle Staaten herlaufen, das ist eine traditionelle Liste, auf der steht, welche Staaten transparent sind, vor allem in Hinblick auf Steuerhinterziehung und Vermeidung, Steueroasen zu werden. Das ist also nur ein Teilbereich, Geldwäsche, Terrorfinanzierung und organisierte Kriminalität müsste man da noch dazu nehmen. Die Liste ist eine Auszeichnung für jeden Staat, wenn er dort aufgenommen wird. Diese Liste orientiert sich sehr stark an der Erfüllung von Vorgaben der FATF oder eben von Moneyval. Wenn Moneyval innerhalb überschaubarer Zeit zufrieden gestellt wird, ist der Weg auf die Weiße Liste der OECD geebnet, und es ist ein formaler Akt, den der OECD-Rat irgendwann treffen muss."

Wann ist die nächste Evaluierungsrunde von Moneyval?

„Die ist üblicherweise zwei, drei Jahre später. Das geht letztlich so lange wie der Akteur einverstanden ist, bzw. bis Moneyval irgendwann zufriedengestellt wird. Gegenwärtig gibt es bei den Gründungsmitgliedern die vierte Runde, das Ganze läuft auch 15 oder 20 Jahre lang. Die nächste Evaluation wird sehen, ob [der Vatikan] die technischen und organisatorischen Aspekte behoben hat. Wenn der Vatikan so weitermacht, ist er auf einem guten Weg, dass er beim nächsten oder übernächsten Bericht mehr oder weniger mit weißer Weste dasteht." (rv)

Vatikan: Expertengruppe zur Bekämpfung von Geldwäsche

Das vatikanische System zur Bekämpfung von Geldwäsche wird von einer Expertengruppe des Europarates bewertet. Dazu haben sich die Mitglieder von MONEYVAL von Montag bis Samstag mit den Experten der zuständigen vatikanischen Behörden getroffen. Die Organisation MONEYVAL bewertet die Antigeldwäschesysteme der Mitgliedsstaaten des Europarates. Der Bewertungsprozess war auf Bitte des Heiligen Stuhles in die Wege geleitet worden. Damit versucht der Heilige Stuhl, seine Regelungen an den internationalen Rechtstandard anzugleichen. Das Ergebnis soll 2012 veröffentlicht werden. (rv)