Papst Franziskus über Abkommen mit China: „Ich bin verantwortlich“

VATIKANSTADT – Papst Franziskus hat bestätigt, dass er persönlich für das Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China verantwortlich ist.

Der Pontifex sagte gegenüber Journalisten auf dem Rückflug von seiner Reise ins Baltikum am 25. September, dass bei solchen Verhandlungen „beide Seiten etwas verlieren“.

Der Journalist Antonio Pelayo von „Vida Nueva“ hatte Franziskus über das „provisorische Abkommen“ gefragt; die Vereinbarung zwischen Vatikan und Volksrepublik über die Ernennung von Bischöfen auf dem chinesischen Festland wurde am 22. September in Peking unterzeichnet, wie CNA Deutsch berichtete.

Franziskus sagte, dass die Vereinbarung das Ergebnis eines mehrjährigen Dialogs sei.

„Das Vatikan-Team hat viel gearbeitet“, so der Pontifex, der die Bemühungen von Erzbischof Claudio Maria Celli, emeritierter Präsident des Päpstlichen Rates für soziale Kommunikation, Pater Rota Graziosi, Beamter der römischen Kurie, und Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hervorhob.

Franziskus sagte, Parolin „hat eine besondere Hingabe an die Lupe; er studiert alle Dokumente bis auf Punkt und Komma, achtet auf Notizen, und das gibt mir eine große Sicherheit“.

„Sie wissen, wenn man ein Friedensabkommen oder eine Verhandlung abschließt, dann verlieren beide Seiten etwas“, sagte der Papst weiter. „Das ist Gesetz. Beide Seiten. Und dann machst du weiter.“

„Ich habe meine Ideen eingebracht“

Franziskus sagte weiter, dass der Dialog mit der chinesischen Regierung, der zu dem Abkommen führte, ein Prozess gewesen sei, bei dem zwei Schritte vorwärts und ein Schritt zurück gegangen wurde.

„Dann vergingen Monate, ohne miteinander zu sprechen, und dann die Zeit Gottes, welche [die Zeit] der Chinesen zu sein scheint. Langsam. Das ist Weisheit, die Weisheit der Chinesen“, so der Papst wörtlich.

Mit Blick auf die exkommunizierten Bischöfe der direkt der Kommunistischen Partei unterstellten „Patriotischen Vereinigung“ sagte Franziskus, dass „die Bischöfe, die in Schwierigkeiten waren, von Fall zu Fall untersucht wurden“, und dass „die Dossiers über jeden einzelnen auf meinen Schreibtisch kamen. Und ich war dafür verantwortlich, den Fall der Bischöfe zu unterschreiben.“

Daraufhin seien die Entwürfe der Vereinbarung auf seinen Schreibtisch gekommen, sagte Franziskus. Man habe diese diskutiert und: „Ich habe meine Ideen eingebracht“, so der Papst, und weiter:

„Ich denke an den Widerstand, an die Katholiken, die gelitten haben. Es ist wahr. Und sie werden leiden. Bei einem Abkommen gibt es immer Leiden. Sie haben einen großen Glauben.“

Der Pontifex fuhr fort, dass „sie“ ihm geschrieben hätten: „Was der Heilige Stuhl, was Petrus sagt, ist das, was Jesus sagt. Der Märtyrer-Glaube dieser Menschen hält auch heute durch. Sie sind die Großartigen!“

„Ich habe die Vereinbarung unterschrieben“, sagte Papst Franziskus. „Ich bin verantwortlich.“

Dann fügte er hinzu: „Die anderen, die ich ernannt habe, arbeiten insgesamt seit mehr als 10 Jahren. Es ist keine Improvisation. Es ist ein Weg, ein wahrer Weg.“

Papst Franziskus sagte weiter, dass ihm nach der Veröffentlichung eines „berühmten Kommuniqués eines ehemaligen apostolischen Nuntius, die Episkopate der Welt schrieben und deutlich sagten, dass sie sich mir nahe fühlten, dass sie für mich beteten“.

Derr Pontifex weiter wörtlich:

„Die chinesischen Gläubigen schrieben mir und die Unterschrift dieses Schreibens kam von einem Bischof der, sagen wir mal so, traditionellen katholischen Kirche, und von einem Bischof der patriotischen Kirche, gemeinsam und treu, alle beide. Für mich war das ein Zeichen Gottes“.

Der Papst erinnerte dann die Journalisten im Flugzeug daran, dass es in Lateinamerika „350 Jahre lang Aufgabe des Königs von Portugal und Spanien war, die Bischöfe zu ernennen, und der Papst gab nur die Zuständigkeit“.

Franziskus weiter: „Wir vergessen den Fall von Österreich-Ungarn. Maria Theresia war es leid, die Ernennungen der Bischöfe zu unterschreiben und gab dem Vatikan die Zuständigkeit. Das waren andere Zeiten, und Gott sei Dank, dass sie sich nicht wiederholen.“

Was das Abkommen mit China betreffe, so Franziskus, werde die Volksrepublik einen Dialog mit dem Vatikan „über mögliche Kandidaten“ führen, „aber Rom ernennt, der Papst ernennt.“

Franziskus fügte hinzu: „Und lasst uns für das Leid derer beten, die das nicht verstehen und die so viele Jahre lang im Untergrund hinter sich haben.“

Tatsächlich sind die Einzelheiten des Abkommens nicht bekannt und somit sind die Modalitäten der Ernennung zukünftiger Bischöfe weiter unklar, einschließlich der Frage, inwiefern die Volksrepublik etwa Kandidaten bestimmt, aus denen dann der Papst einen Bischof auswählt.

In einer Erklärung am 22. September teilte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin laut „Vatican News“ mit, das Ziel des Abkommens sei „pastoral“.

„Papst Franziskus, wie es seine unmittelbaren Vorgänger auch schon getan haben, schaut mit besonderer Aufmerksamkeit auf das chinesische Volk. Was jetzt gebraucht wird, ist Einheit, ist Vertrauen und ein neuer Impuls“, so Parolin wörtlich.

Es gehe darum „Gute Hirten zu haben, anerkannt vom Nachfolger Petri – vom Papst – und von den legitimen zivilen Behörden“. Parolin sagte, er hoffe, dass das Abkommen ein Mittel dafür sein werde.

In China geht die Regierung systematisch gegen Religionsgemeinschaften vor, auch und gerade Christen. Die „Patriotische“ Kirche untersteht direkt der Kommunistischen Partei. Berichten zufolge werden immer wieder Kreuze entfernt, Kirchen abgerissen, Gläubige schikaniert. Seit kurzem ist selbst das Teilen von Gebeten in den Sozialen Medien verboten, wie CNA Deutsch berichtete. (CNA Deutsch)

Abkommen zwischen Vatikan und China: Analyse eines Experten

HONG KONG – Ein Missionspriester und Experte für die katholischen Kirche in China hat das „vorläufige Abkommen“ zwischen Vatikan und Volksrepublik analysiert, das weltweit für Unverständnis und scharfe Kritik gesorgt hat, vereinzelt aber auch auf Zustimmung gestoßen ist.

Pater Bernardo Cervellera, Chefredakteur der Nachrichtenagentur „Asia News“ – ein Projekt des Päpstlichen Instituts für die auswärtige Missionen (PIME) – hat eine differenzierte Analyse der Vereinbarung veröffentlicht, die am 22. September unterschrieben wurde.

Das Abkommen, dessen genauer Inhalt bislang geheimgehalten wird, regelt offenbar die Anerkennung der von der Kommunistischen Partei bestimmten Bischöfe. Diese waren bislang exkommuniziert; mehrere sind selber Parteimitglieder.

Außerdem räumt der Vatikan der Regierung Chinas offenbar ein Mitsprache-Recht bei der Auswahl zukünftiger Bischöfe ein.

Ein bekannter Gegner dieser Vereinbarung mit der Volksrepublik ist der emeritierte Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen. Er forderte den Rücktritt von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der für dieses Abkommen – im Auftrag des Papstes – verantwortlich zeichnet.

Parolin selber betonte, das Abkommen sei „vorläufig“ und „pastoral“, wie CNA Deutsch berichtete.

Die von der Kommunistischen Partei direkt kontrollierte „Katholische Patriotische Vereinigung“ erklärte ihrerseits, dass die Kirche in China – so wörtlich – „weiterhin unabhängig funktionieren“ werde, und weiter:

„Wir lieben das Land und die Kirche, wir werden das Prinzip der Unabhängigkeit und der Sinisierung der Religion weiterführen und auf dem Weg bleiben, der zur sozialistischen Gesellschaft führt.“

Tatsächlich ist die Religionsfreiheit in China alles andere als „funktionierend“; das Menschenrecht wird durch die Regierung massiv eingeschränkt, es werden Kirchen immer wieder zerstört, Kreuze entfernt, Christen schikaniert, und Minderjährigen ist sogar der Zutritt zu Kirchen verboten, wie CNA Deutsch berichtete.

Trotzdem – oder gerade deshalb – meinen Beobachter wie Pater Cervellera, dass die Vereinbarung nicht unbedingt katastrophal ist.

So schreibt Pater Cervellera, dass die „vorläufige“ Vereinbarung für Optimisten „historisch“ sei.

„Bei den Optimisten wurde das Adjektiv ‚historisch‘ sehr verschwenderisch benutzt, und dabei vergessen, dass es sich um ein als ‚vorläufig‘ definiertes Abkommen handelt, das ‚regelmäßigen Bewertungen‘ unterliegt, und dass der Direktor des Presseamtes [Greg Burke, Anm.d.R.] selbst vom ‚Beginn‘ eines Prozesses sprach, und nicht von seinem Ende.“

Für die „Pessimisten“ bedeute das Abkommen nicht weniger als den Startschuss einer völligen Auslieferung der chinesischen Kirche und ihrer Millionen, im Untergrund lebenden, Gläubigen an die Machthaber in Peking: „Die Regierung wird machen, was sie will – wie es ja bereits geschieht“, so der Priester.

Damit werde die Kirche „ein Werkzeug der Partei“ – und das vor dem Hintergrund der Verfolgung und des Leids, das „Katholiken seit 70 Jahren ertragen“, so Pater Cervellera.

Nachdem er betont, dass der Text der Vereinbarung „nicht veröffentlicht wurde und auch nicht veröffentlicht werden wird“ räumt der Experte ein, dass Franziskus mit seiner Anerkennung von Bischöfen, welche die chinesische Regierung eingesetzt hat, „auf dem Papier“ das „Ende der ‚unabhängigen‘ Kirche“ in Kauf nehme.

Allerdings, so der Autor weiter, könne der Papst immerhin nun einen Kandidaten ablehnen, den die von der Kommunistischen Partei kontrollierten Gremien vorschlagen. „Und das ist der optimistische Teil“, schreibt Pater Cervellera.

Aber stimmt das überhaupt? Cervellera stellt die Frage:

„Was wird passieren, wenn der von China vorgeschlagene Kandidat vom Papst nicht akzeptiert wird?“

Bislang habe es die Möglichkeit eines „temporären Vetos“ gegeben: Der Papst musste die Gründe für seine Ablehnung innerhalb von drei Monaten vorlegen, so Cervellera.

„Aber wenn die Regierung die päpstlichen Gründe für haltlos befand, musste man mit der Ernennung und der Weihe des Kandidaten fortfahren.“

Und jetzt? Da der Text der „provisorischen“ Vereinbarung nicht bekannt ist, sei unklar, ob diese Klausel weiter gilt, schreibt der Autor.

Die Aufhebung der Exkommunikation

Pater Cervellera ist der Meinung, dass dies „eine positive Maßnahme“ sei. Denn „zumindest am Anfang wird es den chinesischen Katholiken helfen, in größerer Einheit zu leben“, hofft der Autor.

„Diese exkommunizierten Bischöfe waren von der Katholisch-Patriotischen Vereinigung benutzt worden, um die Kirche zu spalten. Bei den Zeremonien der Bischofsweihen war die Polizei anwesend.“

Wie kann dann deren Anerkennung durch den Papst – über die Köpfe der Gläubigen in China hinweg – ein positiver Schritt sein? „Einige von ihnen“, so Cervellera, „sind einen Weg der Umkehr gegangen und bitten seit ein paar Jahren die Versöhnung mit Rom.“

Die Aufhebung der Exkommunikationen sei nicht Teil des „vorläufigen“ Abkommens, sondern eine „Geste“ des Vatikans.

Konkubinen und Kinder

Allerdings räumt auch Cervellera ein, dass einige der nun vom Papst anerkannten Bischöfe nicht nur linientreue Partei-Funktionäre sind: Was viele Gläubige demütige und traurig mache, sei, dass auch „einige dieser Bischöfe dafür bekannt sind, Geliebte und Kinder zu haben“.

Wie dieser Skandal mit dem Anliegen der Einheit der Kirche vereinbar ist – die ja auch aus den skandalisierten Gläubigen besteht – erklärt Cervellera nicht.

Ein eventuell weiterer „positiver“ Aspekt aus Sicht des Priester ist, dass in der vorläufigen Vereinbarung das Thema Taiwan nicht genannt wird. Das bedeute: Der Vatikan musste die Beziehungen zu diesem Staat nicht brechen, um das Abkommen zu unterzeichnen.

Allerdings werden die Beziehungen zu Taiwan vom Vatikan seit Jahren abgeschwächt, wie CNA Deutsch berichtete.

Verfolgung und Leid dauern an

Selbst für Pater Cervellera ein „komplett negativer“ Aspekt ist, dass offenbar weder in der Vereinbarung, noch in den Verlautbarungen von Kardinal Parolin und anderen aus dem Vatikan „die Verfolgung erwähnt wird, die die Katholiken und alle Christen derzeit in China erleiden.“

„Im Namen der ‚Sinisierung‘ werden in China zahlreiche Kreuze verbrannt und zerstört, Kirchen demoliert, Gläubige verhaftet und den jungen Menschen unter 18 Jahren wird verboten, an Gottesdiensten teilzunehmen oder eine religiöse Erziehung zu erhalten, wie viele Nachrichtenagenturen berichten“, beklagt der Experte.

Zudem gebe es Bischöfe und Priester, die von der Polizei verhaftet werden und ‚verschwinden‘; Bischöfe, die wie Verbrecher in Hausarrest inhaftiert leben, so Cervellera weiter. Der Priester verweist auch auf die Schikanen und Verfolgung anderer Religionsgemeinschaften, darunter Buddhisten, Taoisten und Muslime.

„Das zeigt, welch negative Sicht China in Bezug auf die Religionen besitzt, sowie seinen Plan, sie zu assimlieren oder zu zerstören“, so der Autor.

Ob der Vatikan mit seinem „vorläufigen“ Abkommen tatsächlich einen eventuell „positiven“ Schritt leistet, wird sich zeigen müssen.

Am 29. Januar schrieb Kardinal Zen über ein Treffen mit Papst Franziskus, dass dieser ihm eigentlich gesagt habe, er wolle ausdrücklich einen „weiteren Mindszenty-Fall“ vermeiden.

Kardinal Josef Mindszenty (1892-1975) war Primas von Ungarn und ein unerschrockener Gegner der kommunistischen Herrschaft. Er wurde verhaftet, gefoltert und in einem Schauprozess verurteilt. Später wies ihn der Vatikan an, das Land zu verlassen – Teil einer umstrittenen Appeasement-Politik gegenüber den Kommunisten.

Nicht wenige Beobachter erinnert das jetzige Abkommen mit der Volksrepublik an dieses – vergebliche – Appeasement im 20. Jahrhundert. (CNA Deutsch)

China: Migranten und Menschenrechtler vor Expo mundtot gemacht

Die Ausmaße der aktuellen Weltausstellung, der Expo Shanghai 2010, sind gigantisch. Laut offiziellen Angaben soll die chinesische Schau umgerechnet 3,2 Milliarden Euro gekostet haben. Das Gelände ist 20 Mal so groß wie das der vergangenen Ausstellung im spanischen Saragossa: China will der Welt seine wirtschaftliche Stärke präsentieren. Seit diesem Wochenende ist die Expo eröffnet. Die Expo symbolisiert das aktuelle China mit seinem Wirtschaftsmotor, aber auch mit seinen Schattenseiten, meint Pater Bernardo Cervellera, der Herausgeber des katholischen Netzportals Asianews. Unsere englischsprachigen Kollegen von Radio Vatikan haben mit ihm über die Menschenrechtssituation in China gesprochen.
„Die Expo steht geradezu symbolhaft für das aktuelle China. In China gibt es eine sehr kleine Gruppe von Menschen, die zur Kommunistischen Partei gehört. Sie verfügt über den meisten Reichtum im Land. Gleichzeitig, auch wenn man es nicht sofort sieht, ist die Expo aber auch das Verdienst von Migranten. Sie verdienen mit ihrer Arbeit nur sehr wenig und jetzt dürfen sie auch nicht in der Stadt bleiben. Eben um das Erscheinungsbild der Stadt, von China nicht zu stören mit ihrer Armut, mit Demonstrationen oder mit ihrem Verlangen danach, mehr Anteil an dem Erfolg Chinas zu haben.“
Aktivisten, die während der Weltausstellung auf die Situation der Menschenrechte aufmerksam machten, seien verbannt worden, erzählt Pater Cervellera. Viele von ihnen seien im Vorfeld der Expo in so genannte „schwarze Gefängnisse“ geworfen worden.
„Das sind Räume, in welche die Polizei Gefangene ohne einen Prozess stecken kann. Auf diesem Weg wird die Expo sehr friedlich, sehr erfolgreich ablaufen, aber die chinesische Bevölkerung wird immer losgelöst sein von der politischen und wirtschaftlichen Führungsebene.“ Bis Ende Oktober werden 70 Millionen Besucher aus 200 Nationen zur Expo in Shanghai erwartet. (rv)