Analyse: McCarricks Rolle als Vermittler zwischen China und Vatikan

Der ehemalige Kardinal war ein fleissiger Flugreisender in die Volksrepublik, wohnte im Pekinger Priesterseminar.

PEKING – Angesichts neuer Meldungen, dass ein Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und China bevorsteht, das unter anderem die Ernennung von Bischöfen regeln soll, stellt sich die Frage nach der Rolle von Erzbischof Theodore McCarrick bei der diplomatischen Annäherung zwischen Vatikan und Volksrepublik.

McCarrick war oft in China, und bis 2016 war er ein inoffiziell reisender Vertreter des Vatikans vor Ort: Mindestens achtmal besuchte er über einen Zeitraum von 20 Jahren die Volksrepublik. Dabei wohnte der des jahrezehntelangen sexuellen Missbrauchs und der Nötigung männlicher Minderjähriger, Seminaristen und Priester beschuldigte Bischof immer wieder im staatlich kontrollierten Priesterseminar in Peking.

„Ein besonderes Geschenk für die Welt“

Bis zum öffentlichen Bekanntwerden der Vorwürfe im Jahr 2018 – CNA Deutsch berichtete – war der ehemalige Kardinal chinesischen Berichten zufolge ein lautstarker Verfechter eines Abkommens zwischen dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und der Kirche unter Papst Franziskus gewesen.

„Ich sehe viele Dinge geschehen, die wirklich viele Türen öffnen würden, weil Präsident Xi und seine Regierung über Dinge besorgt sind, um die sich Papst Franzisksus sorgt“, sagte McCarrick der „Global“ Times in einem Exklusivinterview im Februar 2016.

Das Interview zitierte McCarrick mit der Bemerkung, dass die Ähnlichkeiten zwischen Papst Franziskus und Xi Jinping „ein besonderes Geschenk für die Welt“ sein könnten.

Die staatlich anerkannte chinesische Zeitung berichtete auch, dass McCarrick im Februar 2016 nach China gereist sei – „eine Reise, bei der der Kardinal sagte, er würde einige ‚alte Freunde‘ besuchen“.

Details bestätigen Aussage von Vigano

„Zu seinen bisherigen Besuchen gehörten Treffen mit Wang Zuo’an, dem Leiter der Staatlichen Verwaltung für religiöse Angelegenheiten, und dem verstorbenen Bischof Fu Tieshan, dem ehemaligen Präsidenten der Bischofskonferenz der Katholischen Kirche in China (BCCCC), einer vom Heiligen Stuhl nicht anerkannten Organisation“, berichtete „The Global Times“.

Im Juni 2014 berichtete David Gibson in der „Washington Post“, dass McCarrick „im vergangenen Jahr“ nach China gereist sei, um „sensible Gespräche über Religionsfreiheit“ zu führen.

Dieses Detail stimmt zum Teil mit dem 11-seitigen „Zeugnis“ des ehemaligen Apostolischen Nuntius Erzbischofs Carlo Maria Viganò überein. Viganò schildert eine Begegnung mit McCarrick im Juni 2013, bei dem Viganò behauptet, dass McCarrick ihm gesagt habe: „Gestern hat mich der Papst empfangen, morgen fliege ich nach China.“

Wie ein über „Wikileaks“ an die Öffentlichkeit gekommenes Dokument des US-Außenministeriums aus dem Jahr 2006 dokumentiert, wurde McCarrick auf mindestens zwei seiner Reisen im Priesterseminar in Peking untergebracht.

Der Vizerektor eines von der Kommunistischen Partei anerkannten Priesterseminars, Pater Shu-Jie Chen, beschreibt zweimal die Unterbringung von McCarrick in einem Bericht, den Christopher Sandrolini, stellvertretender Missionsleiter an der US-Botschaft beim Heiligen Stuhl, verfasst hat.

Chen bezeichnet sich darin selbst als „König“ des Seminars und sagt, dass er „innerhalb seiner Wände tun könne, was er wolle“.

Sandrolini stellte auch fest, dass der Vizerektor die Verfolgung der Untergrundkirche „heruntergespielt“ habe und die Untergrundkirche als „ungebildet“ bezeichnete, in der nur „ältere Menschen“ seien. Er sagte, dass Chen „unbesorgt“ schien, dass „die Evangelisierung keine Option für offizielles religiöses Personal war.

Grüße über Nancy Pelosi bestellt

Ein Telegramm des US-Botschafters am Vatikan, Francis Rooney, vom März 2006 stellt fest, dass Erzbischof Claudio Celli – damals der wichtigste Verhandlungsführer des Heiligen Stuhls in China – darauf bestand, dass McCarrick nicht in der Lage sei, für den Vatikan mit China zu verhandeln, und dass dessen Besuche in China „inoffiziell“ seien.

In den Jahren 2006 bis 2013 klafft eine Lücke auf: McCarrick scheint wenig bis gar nicht nach China gereist zu sein. Doch Einfluss hatte er nach wie vor.

Im Jahr 2009 ließ der Erzbischof über Nancy Pelosi, damals Sprecherin des Repräsentantenhauses, eine Botschaft an einen Freund in China weitergegen. Pelosi übermittelte McCarricks Grüße an Bischof Aloysius Jin von Shanghai, einem ehemals führenden chinesischen Jesuiten.

„Sie[Pelosi] übermittelte Kardinal McCarricks Glückwünsche an Bischof Jin. Bischof Jin sagte, dass er und Kardinal McCarrick Besuche ausgetauscht hatten, beginnend, als letzterer Bischof von Newark war“, so das Telegramm des Außenministeriums.

Während McCarricks Zeit als Erzbischof von Newark war Aloysius Jin Luxian vom Vatikan nicht als Bischof anerkannt. Er wurde 1985 ohne päpstliche Zustimmung zum Coadjutor-Bischof von Shanghai geweiht, seine Position wurde knapp 20 Jahre später erst anerkannt, im Jahr 2004. Bischof Jin starb 2013.

Ein Artikel aus dem Jahr 2007 in „The Atlantic“ beschreibt die enge Freundschaft zwischen McCarrick und Jin und dass McCarrick sich damit brüstete, in den 1990er Jahren Nachrichten des von der chinesischen Regierung ernannten Bischofs an den Papst weitergeleitet zu haben.

Sowohl das Außenministerium als auch die chinesischen Medien haben einen Besuch von Erzbischof McCarrick in China 1998 dokumentiert.

Auf dieser Reise war er einer von drei amerikanischen Geistlichen, die China besuchten, um über Religionsfreiheit zu diskutieren. McCarrick traf Bischof Michael Fu Tieshan, der als stellvertretender Vorsitzender des Ständigen Ausschusses der Kommunistischen Partei Chinas im Nationalen Volkskongress Chinas fungierte.

Der linientreue Fu wurde 1979 von Peking ohne Zustimmung des Papstes zum Bischof ernannt.

Chinesische Medien berichteten, dass McCarrick 1998 das Nationale Priesterseminar in Peking besuchte.

Am 2. August 2003 berichtete die „South China Morning Post„, dass McCarrick „Anfang dieser Woche drei Tage in Peking verbrachte, um einen angeblich privaten Besuch zu machen“.

McCarrick sei „der erste Kardinal aus einem westlichen Land“ gewesen, so die Zeitung weiter, „der das Festland besuchte, seit die Beziehungen zwischen China und dem Vatikan nach einem Streit über die Heiligsprechung im Oktober 2000 frostig wurden“.

Kandidaten der Kommunistischen Partei

In einer Nachricht des Außenministeriums vom Dezember 2003 schrieb der US-Botschafter im Vatikan, Jim Nicholson, dass der Direktor des Vatikanbüros für China, Monsignore Gianfranco Rota-Graziosi, „keine konkrete Verbesserung erwartet habe, die sich aus der informellen Reise des Washingtoner Kardinals McCarrick nach China im vergangenen Sommer ergeben habe“.

Am 14. September 2018 berichtete das „Wall Street Journal“, dass der Heilige Stuhl im Begriff sein könnte, ein Abkommen mit China abzuschließen, das auch sieben illegal geweihte – und somit exkommunizierte – Bischöfen anerkennen würde, die in der regimetreuen und von der Kommunistischen Partei kontrollierten „Chinesischen Patriotischen Katholischen Vereinigung“ sitzen.

Bereits seit Januar 2018 gibt es Hinweise auf ein formales Abkommen zwischen dem Vatikan und der Volksrepublik, was die Ernennung von Bischöfen betrifft.

Gleichzeitig hat China massive Beschränkungen der Religionsfreiheit verhängt, welche die religiöse Praxis im Land extrem beschränken: Kreuze werden entfernt Kirchen werden zerstört, Kindern ist der Zutritt zu Kirchen verboten, und Christen werden bedrängt und schikaniert. (CNA Deutsch)

Ehemaliger Nuntius erhebt schwere Vorwürfe gegen Papst im Fall McCarrick

Erzbischof Carlo Maria Viganò fordert Franziskus zum Rücktritt auf, behauptet: Der Papst habe Benedikts Sanktionen aufgehoben und McCarrick gedeckt, zum Berater gemacht.

VATIKAN – In einer elfseitigen schriftlichen Zeugenaussage hat ein ehemaliger Apostolischer Nuntius in den Vereinigten Staaten mehrere hochrangige Prälaten der Mittäterschaft bei der Vertuschung der Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gegen Erzbischof Theodore McCarrick beschuldigt und behauptet, dass Papst Franziskus von den Sanktionen wusste, die Papst Benedikt XVI. gegen den damaligen Kardinal McCarrick verhängt hatte. Franziskus habe diese aber aufgehoben.

Erzbischof Carlo Maria Viganò, 77, der von 2011 bis 2016 als Apostolischer Nuntius in Washington D.C. diente, schrieb, dass Benedikt in den späten 2000er Jahren gegen „Kardinal McCarrick ähnliche Sanktionen verhängt hatte, wie sie ihm jetzt von Papst Franziskus auferlegt wurden“ und dass Viganò persönlich Papst Franziskus von diesen Sanktionen im Jahr 2013 erzählt habe.

Erzbischof Viganò behauptet in seiner schriftlichen Erklärung zudem, dass Papst Franziskus „weiterhin McCarrick gedeckt“ habe und nicht nur „die Sanktionen, die Papst Benedikt gegen ihn verhängt hatte, nicht berücksichtigte“, sondern McCarrick auch zu „seinem vertrauten Berater“ machte: Der ehemalige Erzbischof von Washington habe den Papst dabei beraten, eine Reihe von Bischöfen in den Vereinigten Staaten zu ernennen, darunter die Kardinäle Blase Cupich von Chicago und Joseph Tobin von Newark.

Erzbischof Viganò teilt in seiner Zeugenaussage mit, sein „Gewissen gebiete“ ihm, die Wahrheit bekannt zu machen, da „die Korruption die Spitze der Hierarchie der Kirche erreicht hat“. Zum Abschluss seiner Erklärung fordert er Papst Franziskus und all jene, die an der Vertuschung von Erzbischof McCarricks Missbrauch beteiligt waren, zum Rücktritt auf.

Am 20. Juni 2018 suspendierte Kardinal Pietro Parolin auf Anweisung von Papst Franziskus den ehemaligen Kardinal McCarrick, nachdem eine Untersuchung der New Yorker Erzdiözese einen Vorwurf des sexuellen Missbrauchs eines Minderjährigen als „glaubwürdig und begründet“ beurteilte. Am selben Tag erfuhr die Öffentlichkeit, dass die Erzdiözese Newark und die Diözese Metuchen in New Jersey drei Anschuldigungen wegen sexuellen Fehlverhaltens McCarricks gegenüber erwachsenen Männern erhalten hatten. Seitdem haben Medien über Jahrzehnte langes Fehlverhalten und wiederholten Missbrauch berichtet. Unter den Opfern: Ein Jugendlicher, drei junge Priester oder Seminaristen und ein Mann, den McCarrick ab dem Alter von 11 Jahren missbraucht haben soll, wie CNA Deutsch berichtete.

Laut Viganò hatte Papst Benedikt XVI. bereits früher Sanktionen gegen McCarrick verhängt, die denen von Kardinal Parolin ähneln. „Der Kardinal sollte das Seminar, in dem er lebte, verlassen“, so Viganò, „es war ihm auch verboten, öffentlich die Messe zu feiern, an öffentlichen Versammlungen teilzunehmen, Vorträge zu halten, zu reisen, mit der Verpflichtung, sich einem Leben des Gebets und der Buße zu widmen“. Viganò dokumentierte nicht das genaue Datum, sondern erinnerte sich, dass die Sanktionen bereits 2009 oder 2010 verhängt worden seien.

Bereits Jahre vor den Maßnahmen Benedikts gegen McCarrick hatten die Vorgänger von Erzbischof Viganò in der Nuntiatur – die Erzbischöfe Gabriel Montalvo und Pietro Sambi – den Heiligen Stuhl „sofort“ darüber informiert, als sie von Erzbischof McCarricks „schwerwiegend unmoralischen Verhalten gegenüber Seminaristen und Priestern“ erfahren hatten, so der pensionierte italienische Vatikan-Diplomat.

Viganò zufolge hat Erzbischof Montalvo den Vatikan erstmals im Jahr 2000 alarmiert und darum gebeten, dass der Dominikaner-Pater Boniface Ramsey die Vorwürfe in einem Brief an Rom bestätigt. Im Jahr 2006, so Viganò, habe er persönlich, als Delegierter für päpstliche Vertretungen im Staatssekretariat, ein Memo an seinen Vorgesetzten, Kardinal Leonardo Sandri, geschrieben und vorgeschlagen, gegen McCarrick „ein Exempel zu statuieren“, das eine „medizinische Funktion“ haben könnte, um zukünftigen Missbrauch zu verhindern und eine „sehr ernsthafte Skandalisierung der Gläubigen“ zu minimieren.

Er stützte sich dabei auf eine Anklageschrift, die Erzbischof Pietro Sambi dem Staatssekretär Kardinal Tarcisio Bertone übermittelt hatte, in der ein des Missbrauchs schuldiger Priester Vorwürfe gegen McCarrick von „großer Heftigkeit und Abscheulichkeit“ erhoben hatte, einschließlich „verderblicher Verhaltensweisen“ und der „frevelhaften Feier der Eucharistie“

Doch laut Viganò wurde sein Memo ignoriert und bis Ende der 2000er Jahre wurde nichts unternommen – eine Verzögerung, von der Erzbischof Viganò behauptet, dass sie auf das Konto der Komplizenschaft der Staatssekretäre unter Johannes Paul II. und Benedikt XVI., geht: der Kardinäle Angelo Sodano und Tarcisio Bertone.

Erzbischof Viganò erklärt weiter, dass er im Jahr 2008 ein zweites Memo geschrieben habe, diesmal an Kardinal Sandris Nachfolger als Sostituto im Staatssekretariat, Kardinal Fernando Filoni. Dieses enthielt eine Zusammenfassung der Untersuchungen von Richard Sipe, einem Psychotherapeuten und Spezialisten für klerikalen sexuellen Missbrauch, welches Sipe selber Benedikt in Form einer Erklärung geschickt habe. Viganò sagte, dass er das Memo beendete, indem er gegenüber seinen Vorgesetzten „wiederholte, dass ich es für notwendig hielt, so schnell wie möglich einzugreifen, indem man McCarrick den Kardinalshut abnimmt“.

Wiederum, so der Viganò, stieß seine Bitte auf taube Ohren und er schreibt, er sei „sehr bestürzt“ gewesen, dass beide Memoranden ignoriert wurden, bis Sipes „mutige und verdienstvolle“ Aussage „das gewünschte Ergebnis“ habe.

„Benedikt tat, was er tun musste“, sagte Erzbischof Viganò gegenüber dem „National Catholic Register“ vom 25. August, „aber seine Mitarbeiter – der Staatssekretär und alle anderen – haben es nicht so umgesetzt, wie sie es hätten tun sollen, was zu der Verzögerung führte.“

„Sicher ist,“ schreibt Viganò in seinem Zeugnis, „dass Papst Benedikt gegen McCarrick die oben genannten kirchenrechtlichen Sanktionen verhängte und dass sie ihm vom Apostolischen Nuntius in den Vereinigten Staaten, Pietro Sambi, mitgeteilt wurden“.

Der „National Catholic Register“ hat von unabhängiger Seite bestätigt bekommen, dass Benedikt die Vorwürfe gegen McCarrick auf jeden Fall bekannt waren: Der emeritierte Papst erinnere sich daran, Kardinal Bertone angewiesen zu haben, Maßnahmen zu ergreifen, auch wenn er sich nicht mehr an die genauen Einzelheiten erinnere.

Im Jahr 2011, kurz nach seiner Ankunft in Washington D.C., habe er persönlich die Sanktionen gegen McCarrick diesem noch einmal mitgeteilt, so Erzbischof Viganò. „Der Kardinal, der kaum verständlich murmelte, gab zu, dass er vielleicht den Fehler gemacht hatte, mit einigen Seminaristen in seinem Strandhaus im selben Bett zu schlafen, aber er sagte dies, als ob es keine Bedeutung hätte“, erinnert sich Viganò in seiner Zeugnisaussage

In seiner schriftlichen Erklärung schildert Viganò dann seine Einschätzung, wie McCarrick trotz der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen im Jahr 2000 zum Erzbischof von Washington D.C. ernannt werden konnte und wie seine Vergehen vertuscht wurden. Seine Aussage beschuldigt die Kardinäle Sodano, Bertone und Parolin und er besteht darauf, dass mehrere weitere Kardinäle und Bischöfe sehr wohl Bescheid wussten, darunter Kardinal Donald Wuerl, McCarricks Nachfolger als Erzbischof von Washington D.C.

„Ich selbst habe das Thema mehrmals gegenüber Kardinal Wuerl angesprochen, und ich brauchte gar nicht ins Detail zu gehen, denn es war mir sofort klar, dass er völlig Bescheid wusste“, schreibt Viganò.

Ed McFadden, ein Sprecher der Erzdiözese Washington, sagte gegenüber CNA, dass Wuerl kategorisch abstreitet, dass McCarrick vom Vatikan in seinem öffentlichen Wirken sanktioniert worden sei.

In der zweiten Hälfte von Viganòs Zeugenaussage geht es vor allem darum, was Papst Franziskus über McCarrick wusste, und wie der Pontifex handelte.

Erzbischof Viganò beschreibt ein Treffen mit Kardinal McCarrick im Juni 2013 in Sanctae Marthae, der Residenz des Papstes, bei der McCarrick ihm gegenüber „in einem Ton irgendwo zwischen zweideutig und triumphierend: ‚Gestern hat mich der Papst empfangen, morgen fliege ich nach China'“. Mit anderen Worten: Franziskus habe das von Benedikt verhängte Reiseverbot aufgehoben (ein weiterer Beweis hierfür ist ein Interview, das McCarrick dem – mit dem Register nicht zu verwechselnden – „National Catholic Reporter“ im Jahr 2014 gab).

Bei einem privaten Treffen einige Tage später, so Erzbischof Viganò, habe Papst Franziskus ihn gefragt: „Wie ist Kardinal McCarrick so?“, worauf Viganò antwortete: „Er verdarb Generationen von Seminaristen und Priestern und Papst Benedikt befahl ihm, sich zu einem Leben des Gebets und der Buße zurückzuziehen.“ Viganò fährt fort: Er glaube, dass der Zweck der Frage des Papstes gewesen sei „herauszufinden, ob ich ein Verbündeter von McCarrick war oder nicht“.

Es sei „klar“, dass seit der Wahl von Papst Franziskus McCarrick, jetzt befreit von allen Sanktionen, sich frei genug gefühlt habe, ständig zu reisen, Vorträge und Interviews zu geben, so Viganò.

Darüber hinaus fügt der Erzbischof hinzu, McCarrick sei „Königsmacher für Ernennungen in der Kurie und den Vereinigten Staaten“ geworden, „und der meistgehörte Berater im Vatikan für die Beziehungen zur Obama-Regierung“.

Viganò behauptet weiter, dass die Ernennungen von Kardinal Cupich nach Chicago und Kardinal Joseph Tobin nach Newark „unter anderem von McCarrick eingefädelt wurden“. Er sagte, dass keiner der Namen von der Nuntiatur vorgelegt wurde, deren Aufgabe traditionell darin besteht, der Kongregation für die Bischöfe eine Namensliste oder Terna vorzulegen. Er fügte hinzu, dass auch die Ernennung von Bischof Robert McElroy nach San Diego „von oben“ eingefädelt und nicht durch den Nuntius vorgeschlagen worden sei.

Der pensionierte italienische Diplomat bestätigt auch die Berichte des „National Catholic Registers“ über Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga und dessen Vertuschungsgebaren in Honduras und sagte, der Papst „verteidigt seinen Mann“ bis zum „bitteren Ende“, trotz der Anschuldigungen gegen ihn. Dasselbe gelte für McCarrick, so Viganò.

„Er [Papst Franziskus] wusste spätestens seit dem 23. Juni 2013, dass McCarrick ein Serientäter war“, sagte Erzbischof Viganò, aber obwohl Franziskus dies wusste, „deckte er ihn bis zum bitteren Ende“.

„Erst als er durch den Artikel über den Missbrauch eines Minderjährigen gezwungen wurde, wieder aufgrund der Berichterstattung der Medien, ergriff er Maßnahmen [gegen McCarrick], um sein eigenes Image in den Medien zu retten“, betont Viganò.

Der ehemalige amerikanische Nuntius wirft Papst Franziskus vor, „auf das Mandat verzichtet, das Christus Petrus gegeben hat, um die Brüder zu bestätigen“, und fordert ihn auf, „seine Fehler einzuräumen“ und „den Kardinälen und Bischöfen ein gutes Beispiel zu geben, die McCarricks Missbrauch vertuschten, und mit ihnen allen gemeinsam zurückzutreten“.

Gegenüber Journalisten sagte Erzbischof am 26. August, seine Hauptmotivation dafür, nun seine schriftliche Aussage zu machen sei, „das Leiden der Opfer zu beenden, neue Opfer zu verhindern und die Kirche zu schützen: Nur die Wahrheit kann sie frei machen“.

Er sagte auch, er wolle „mein Gewissen vor Gott von meiner Verantwortung als Bischof der Weltkirche befreien“ und fügte hinzu, dass er ein „alter Mann“ sei, der Gott „mit einem reinem Gewissen“ gegenüberstehen wolle.

„Das Volk Gottes hat das Recht, die volle Wahrheit auch über seine Hirten zu erfahren“, sagte er. „Sie haben das Recht, sich von guten Hirten führen zu lassen. Um ihnen vertrauen und sie lieben zu können, müssen sie sie offen, in Transparenz und Wahrheit kennen, wie sie wirklich sind. Ein Priester sollte immer ein Licht auf einer Kerze sein, überall und für alle.“

Dieser Artikel wurde aus dem englischen Original übersetzt und redigiert. Die Erstfassung erschien ursprünglich in der CNA-Schwesterzeitung „National Catholic Register„. (CNA Deutsch)

US-Bischöfe bitten Vatikan, den McCarrick-Skandal und weitere Fälle formal zu untersuchen

Apostolische Visitation soll auch weitere Zusammenhänge von Missbrauch, Vertuschung klären und Kriterien für den Umgang mit Bischöfen erarbeiten helfen.

WASHINGTON, D.C. – Die US-Bischofskonferenz möchte, dass der Vatikan die Vorwürfe sexuellen Missbrauchs und Vertuschung gegen Erzbischof Theodore McCarrick untersucht und neue Verfahren zur Meldung von Missbrauch sowie eine stärkere Einbeziehung von Laien bei der Bearbeitung von Missbrauchsfällen erarbeiten hilft.

„Wir befinden uns in einer geistlichen Krise, die nicht nur eine geistliche Bekehrung erfordert, sondern auch praktische Veränderungen, um die Sünden und Misserfolge der Vergangenheit zu vermeiden, die im jüngsten Bericht so offensichtlich sind“, sagte Kardinal Daniel DiNardo von Galveston-Houston, Vorsitzender der US-Bischofskonferenz, in einer Erklärung am 16. August.

Transparenz und Rechenschaftspflicht

„Stärkere Schutzmaßnahmen gegen Täter in der Kirche und jeden, der deren Verbrechen vertuschen würde“, sagte DiNardo.

Der Vorsitzende weiter: Es gehe um Schutzmaßnahmen, „die Bischöfe zu höchsten Standards der Transparenz und Rechenschaftspflicht verpflichten“.

Die Bischöfe laden den Vatikan formal zu einer offiziellen Apostolischen Visitation in den Vereinigten Staaten ein, um Fragen rund um Erzbischof McCarrick zu klären, in Absprache mit den Laien des Nationalen Prüfungsausschusses, betonte DiNardo.

In er Vergangenheit hätten die US-amerikanischen Bischöfe nicht „klargestellt, welchen Weg die Opfer selbst einschlagen sollten, wenn sie Missbrauch oder anderes sexuelles Fehlverhalten durch Bischöfe melden“, räumte DiNardo ein, der die Entwicklung von „zuverlässigen Mechanismen zur Berichterstattung durch Dritte“ forderte.

Zu den Zielen der Bischöfe gehöre es, die kirchenrechtlichen Verfahren für Beschwerden gegen Bischöfe „schneller, gerechter und transparenter“ zu gestalten und „festzulegen, welche Auflagen den Bischöfen in jeder Phase dieses Prozesses gemacht werden können“.

Kriterien für Umgang mit Bischöfen

DiNardo skizzierte drei Kriterien für den Umgang der Bischöfe mit vergangenem und zukünftigem Missbrauch: Unabhängigkeit von Voreingenommenheit oder unzulässiger Einflussnahme durch einen Bischof, substanzielle Beteiligung der Laien und Respekt vor der eigenen Autorität in der Kirche.

„Weil nur der Papst befugt ist, Bischöfe zu disziplinieren oder zu entfernen, werden wir sicherstellen, dass unsere Maßnahmen diese Autorität respektieren und die Schwachen vor dem Missbrauch der kirchlichen Macht schützen“, fügte die Erklärung hinzu.

Laien mit Fachkenntnissen in den Bereichen Strafverfolgung, Psychologie, Investigation und anderen relevanten Disziplinen sollen ebenfalls einbezogen werden.

In einer Sitzung Anfang dieser Woche skizzierte das Exekutivkomitee der US-Bischöfe „diese notwendigen Änderungen“ und sagte, dass sie ihre Ziele dem Vatikan und allen US-Bischöfen während der Herbsttagung der USCCB im November vorstellen werden.

DiNardo beendete die Erklärung der Bischöfe mit einer Entschuldigung:

„Ich entschuldige mich und bitte Sie demütig um Vergebung für das, was mein Bruder Bischöfe und ich getan haben und nicht getan haben. Was auch immer sich in Bezug auf Erzbischof McCarrick oder die vielen Missbräuche in Pennsylvania (oder anderswo) herausstellen mag: Wir wissen bereits, dass eine der Hauptursachen das Scheitern der bischöflichen Führung ist. Das Ergebnis war, dass viele geliebte Kinder Gottes zumindest einem Machtmissbrauch ausgesetzt wurden. Das ist eine moralische Katastrophe. Es ist auch Teil dieser Katastrophe, dass so viele treue Priester, die nach Heiligkeit streben und mit Integrität dienen, von diesem Scheitern befleckt werden.“

DiNardo weiter: „Wir sind fest entschlossen, es mit Hilfe der Gnade Gottes niemals zu wiederholen. Ich mache mir keine Illusionen darüber, wie sehr das Vertrauen in die Bischöfe durch diese vergangenen Sünden und Misserfolge beschädigt wurde. Es braucht Arbeit, um dieses Vertrauen wiederherzustellen. Was ich hier skizziert habe, ist nur der Anfang; weitere Schritte werden folgen.“

Übersetzt und redigiert aus dem Englischen von AC Wimmer. (CNA Deutsch)

Missbrauch: Vorwürfe gegen Kardinal McCarrick sind „glaubwürdig“

NEW YORK – Eine Untersuchung des Verdachts auf sexuellen Missbrauch gegen den US-amerikanischen Kardinal Theodore McCarrick hat „glaubwürdige und begründete“ Befunde zu Tage gebracht.

Das hat die Erzdiözese von New York am heutigen Mittwoch mitgeteilt.

Der 87 Jahre alte McCarrick ist eine prominente Gestalt des Katholizismus in Nordamerika. Er war unter anderem Bischof von Metuchen (1982-1986), Erzbischof von Newark (1986-2000) und Erzbischof von Washington (2001-2006).

In der Erklärung vom 20. Juni teilt der New Yorker Erzbischof mit, dass der Missbrauch offenbar vor fast 50 Jahren verübt worden sei, während McCarrick ein Priester der New Yorker Erzdiözese war.

Es sei die einzige solche Anklage gegen die McCarrick, die der Erzdiözese bekannt sei, so Kardinal Timothy Dolan.

Das Erzbistum habe sofort nach Erhalt der Anschuldigung die Polizei verständigt, so die Mitteilung weiter. Eine forensische Untersuchung habe stattgefunden. McCarrick beteure, unschuldig zu sein, und habe die Ermittlungen unterstützt.

Auch der Vatikan wurde über den Vorwurf informiert, und deshalb hat Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin auf Anordnung von Papst Franziskus McCarrick von allem öffentlichen Wirken suspendiert. Eine offizielle Erklärung des Vatikans steht zur Stunde jedoch aus.

In seiner Erklärung sagte Dolan, die Erzdiözese von New York sei „traurig und schockiert“ über die Anschuldigungen und bat um Gebete für alle Beteiligten.

Dolan gab auch eine erneute Entschuldigung an alle Opfer heraus, die von Priestern missbraucht wurden, und dankte McCarricks Ankläger für den Mut, sich zu melden.

Einzelheiten des kirchenrechtlichen Verfahrens wurden bis dato nicht veröffentlicht.

Aus dem Bistum Metuchen hieß es, man habe die Akten zur Person McCarricks erneut prüfen lassen. Es habe gegen den ehemaligen Bischof nie Anschuldigungen des sexuellen Missbrauchs gegeben. Es seien jedoch Vorwürfe von „sexuellen Handlungen mit Erwachsenen“ aktenkundig: Sowohl die Diözese Metuchen als auch die Erzdiözese Newark hätten vor Jahrzehnten drei Anschuldigungen wegen „sexuellen Fehlverhaltens mit Erwachsenen“ erhalten; in zwei Fälle hätten diese zu außergerichtlichen Einigungen geführt.

Übersetzt und redigiert aus dem Englischen von AC Wimmer. (CNA Deutsch)

USA: Kardinal McCarrick wird am Mittwoch 80. Jahre alt

Theodore Edgar Kardinal McCarrick feiert Morgen seinen 80. Geburtstag. McCarrick war von November 2000 bis Mai 2006 Erzbischof von Washington. Am 21.02.2001 erhob ihn Papst Johannes Paul II. in den Kardinalsstand. Mit seinem Geburtstag verliert er sein aktives Wahlrecht in einem künftigen Konklave. Das Heilige Kollegium umfasst dann 179 Kardinäle, von ihnen haben nur noch 107 Kardinäle das aktive Wahlrecht und 72 sind nicht mehr wahlberechtigt. (vh)