Kirchenkrise: Kardinal DiNardo führt „langes und fruchtbares“ Gespräch mit dem Papst

VATIKAN , Der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz hat eine Bilanz des Treffens mit Papst Franziskus und führenden Vertretern der Kirche in den Vereinigten Staaten am 13. September gezogen. Nach der Privataudienz veröffentlichte DiNardo eine kurze Erklärung.

„Wir sind dem Heiligen Vater dankbar, dass er uns in der Audienz empfangen hat. Wir sprachen mit Papst Franziskus über unsere Situation in den Vereinigten Staaten – wie der Leib Christi durch das Böse des sexuellen Missbrauchs zerfetzt wird. Er lauschte sehr tief aus dem Herzen. Es war ein langer, fruchtbarer und guter Austausch.“

Begleitet wurde DiNardo, der Erzbischof von Galveston-Houston und Vorsitzender der USCCB ist, von seinem Stellvertreter, Erzbischof José Gomez von Los Angeles, sowie USCCB-Generalsekretär Msgr. Brian Bransfield.

Ebenfalls anwesend war Kardinal Séan O’Malley aus Boston, der als Präsident der Päpstlichen Kommission für den Schutz Minderjähriger fungiert und Mitglied des als „K9“ bekannten Beraterkreises vom Papst ausgewählter Kardinäle ist.

McCarrick und die Akten

DiNardo hatte öffentlich um das Treffen mit Franziskus gebeten, wie CNA Deutsch berichtete, um über die Missbrauchs- und Vertuschungssskandale zu sprechen, insbesondere den Fall von Erzbischof Theodore McCarrick.

Das Treffen folgt einer Reihe von Aufforderungen von Kommentatoren an Papst Franziskus, die Akten über Erzbischof McCarrick in Rom und die apostolische Nuntiatur in Washington, D.C., zu veröffentlichen.

Der Fall müsse transparent aufgeklärt werden, bitten unter anderem tausende Laien in mehreren Petitionen an den Papst.

Während die Erklärung keine Hinweise darauf enthielt, ob McCarricks Fall oder die Frage der Veröffentlichung der Akten während der Sitzung diskutiert wurden, hat DiNardo zuvor mehr Transparenz seitens der kirchlichen Behörden in Fragen des sexuellen Missbrauchs gefordert, insbesondere im Falle von Erzbischof McCarrick.

In der Erklärung von DiNardo heißt es, dass er sich zusammen mit Kardinal O’Malley, Erzbischof Gomez und Msgr. Bransfield darauf freue, weiterhin mit Papst Franziskus an der Lösung der Krise der Kirche in den Vereinigten Staaten zu arbeiten.

„Als wir die Audienz verließen, beteten wir gemeinsam den Angelus um Gottes Gnade und Kraft, während wir daran arbeiten, die Wunden zu heilen. Wir freuen uns darauf, unseren Wahrnehmungsprozess aktiv fortzusetzen und gemeinsam die effektivsten nächsten Schritte zu identifizieren.“

Anfang dieser Woche kündigte Papst Franziskus ein Sondertreffen mit allen Vorsitzenden der Bischofskonferenzen der Welt an, um über sexuellen Missbrauch Minderjähriger und Schutzbedürftiger in der Kirche zu diskutieren. Dieses Treffen wird voraussichtlich im Februar nächsten Jahres stattfinden. (CNA Deutsch)

Analyse: Bischöfe fordern Prüfung der Vorwürfe Viganos

WASHINGTON, D.C. ,- Patricia Heaton ist außer sich. Die Schauspielerin ist eine von vielen Katholiken in den USA, die mit Erstaunen, Empörung und zunehmend Zorn auf das reagieren, was sie als Scheinheiligkeit, Lügen und Doppelmoral von Kardinälen und Bischöfen wahrnehmen. Letztlich gerinnt es im Schweigen, die von mehreren Kommentatoren als „Omertà“ verurteilte, systematische Vertuschung inakzeptablen Verhaltens, bis hin zu Verbrechen und Missbrauch. Im Zeitalter von Twitter hat das Konsequenzen: Katholikin Heaton, vierfache Mutter, hat knapp 370.000 Follower. Wenn sie – haltlos, ja, unverschämt im Ton – den Papst auffordert, endlich den Rücktritt von Kardinal Donald Wuerl anzunehmen, unterstützen dies tausende Menschen:
Nun gut, werden einige sagen, das ist halt die Filterblase von Twitter. Doch das greift zu kurz. Die Krise spielt sich nicht nur in den sozialen Medien ab. Vor Kardinal Wuerls Residenz in Washington haben aufgebrachte Katholiken demonstriert, die auf Plakaten Aufklärung fordern. Auch sie verlangen, dass der Papst endlich den Rücktritt des – im Pennsylvania-Bericht schwer belasteten – Erzbischofs annimmt.
Öffentliche Termine nimmt Wuerl derzeit nur wenige wahr. Manche spekulieren gar, er verlasse das Land. Am Schild der nach dem Kardinal benannten High School haben erboste Menschen seinen Namen übersprüht– mittlerweile hat die Erzdiözese mitgeteilt, der Erzbischof wolle diesen auch dort nicht mehr haben. Über der Graffiti ist mittlerweile ein Blech geschraubt worden, dass den Namen verdeckt.
Mit Brettern und Schweigen wird diese Krise aber nicht gelöst. In den sozialen Medien schreiben entrüstete Beobachter: Wie lange will, wie lange kann das noch weitergehen? Wie viele Gläubige wenden sich enttäuscht und angeekelt von der Kirche ab?
Wuerls Verhalten als Nachfolger von Erzbischof Theodore McCarrick wirft weitere Fragen auf, und sie werden laut gestellt – sei es auf der Straße oder im Internet: Warum hat Papst Franziskus den Rücktritt Wuerls trotzdem immer noch nicht angenommen? Sollte Wuerl gehen, folgen dann weitere? Etwa die von Vigano genannten? Wie konnte McCarrick sogar Seminaristen als Assistenten haben, nachdem bereits gegen ihn ermittelt wurde?
Die für viele wohl wichtigste, zu klärende Frage ist diese: Was ist dran an den Vorwürfen des ehemaligen Nuntius in den USA?
Diese Frage ist wichtiger als die Motivation Viganos, so sehr diese zu analysieren ist, wie auch die Agenda mancher verbohrter Papst-Kritiker und -Unterstützer, die nun irrlichtern und Nebelkerzen werfen.
Jeder Journalist weiss: Natürlich spielt die Motivation eines Whistleblowers eine Rolle. Aber auch der Wahrheitsgehalt seiner Vorwürfe ist dringend zu prüfen, und das nicht nur, weil mehrere hochrangige Kirchenvertreter Vigano in Schutz genommen haben, darunter der Erzbischof von San Francisco, während mittlerweile sechs Bischöfe allein in den USA öffentlich fordern, dass Viganòs Behauptungen wirklich geprüft werden.
Nicht nur diese Bischöfe und die aufgebrachten Laien wissen: Den Opfern – wie auch den einfachen Katholiken – steht es zu, die Wahrheit zu erfahren. Und der Kirche steht es zu, sie vom „Schmutz“ – Franziskus benutzte in Dublin dafür ein anderes Wort – zu befreien.
Nun hat der Papst die Anschuldigungen bislang aber weder von sich gewiesen noch bestätigt, wie CNA Deutsch berichtete.
Diese Haltung mag man für nachvollziehbar halten. Ob sie sich durchziehen lässt, wird sich zeigen müssen: Der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Kardinal Daniel DiNardo von Galveston-Houston, hat betont, dass die Vorwürfe Viganòs „prompt und gründlich“ geprüft werden müssen.
Viganòs Brief werfe ein Schlaglicht der „Aufmerksamkeit und Dringlichkeit“ darauf, „wie die schwerwiegenden moralischen Mängel eines Bischofsbruders so lange geduldet werden konnten und sich als kein Hindernis für seinen Aufstieg erwiesen haben“, so DiNardo in seiner Erklärung.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz weiter: Er wiederhole die Einladung der US-Bischöfe an den Vatikan, mittels einer Apostolischen Visite in den Vereinigten Staaten der „Wahrheit auf den Grund zu gehen“.
DiNardo weiß, was man im Vatikan bislang ignoriert: Katholiken wie Patricia Heaton werden nicht locker lassen. Diesmal nicht. Zumal Reporter in den USA jetzt schon an der Residenz von Erzbischof McCarrick klingeln, und italienische Journalisten mit dem – aus Angst um seine Sicherheit – verreisten Viganò, der alle Vorwürfe gegen seine Person von sich weist, weitere Interviews führen.
In seiner Erklärung schreibt DiNardo denn auch, dass er „sehnsüchtig“ auf eine Audienz bei Papst Franziskus warte, um „seine Unterstützung für die Pläne der US-Bischöfe zu gewinnen“. Demnächst wird wieder Besuch aus den USA in Rom eintreffen.
(Letztes Update am 31. August mit jüngsten Informationen zum Fall McCarrick)
(CNA Deutsch)

US-Bischöfe bitten Vatikan, den McCarrick-Skandal und weitere Fälle formal zu untersuchen

Apostolische Visitation soll auch weitere Zusammenhänge von Missbrauch, Vertuschung klären und Kriterien für den Umgang mit Bischöfen erarbeiten helfen.

WASHINGTON, D.C. – Die US-Bischofskonferenz möchte, dass der Vatikan die Vorwürfe sexuellen Missbrauchs und Vertuschung gegen Erzbischof Theodore McCarrick untersucht und neue Verfahren zur Meldung von Missbrauch sowie eine stärkere Einbeziehung von Laien bei der Bearbeitung von Missbrauchsfällen erarbeiten hilft.

„Wir befinden uns in einer geistlichen Krise, die nicht nur eine geistliche Bekehrung erfordert, sondern auch praktische Veränderungen, um die Sünden und Misserfolge der Vergangenheit zu vermeiden, die im jüngsten Bericht so offensichtlich sind“, sagte Kardinal Daniel DiNardo von Galveston-Houston, Vorsitzender der US-Bischofskonferenz, in einer Erklärung am 16. August.

Transparenz und Rechenschaftspflicht

„Stärkere Schutzmaßnahmen gegen Täter in der Kirche und jeden, der deren Verbrechen vertuschen würde“, sagte DiNardo.

Der Vorsitzende weiter: Es gehe um Schutzmaßnahmen, „die Bischöfe zu höchsten Standards der Transparenz und Rechenschaftspflicht verpflichten“.

Die Bischöfe laden den Vatikan formal zu einer offiziellen Apostolischen Visitation in den Vereinigten Staaten ein, um Fragen rund um Erzbischof McCarrick zu klären, in Absprache mit den Laien des Nationalen Prüfungsausschusses, betonte DiNardo.

In er Vergangenheit hätten die US-amerikanischen Bischöfe nicht „klargestellt, welchen Weg die Opfer selbst einschlagen sollten, wenn sie Missbrauch oder anderes sexuelles Fehlverhalten durch Bischöfe melden“, räumte DiNardo ein, der die Entwicklung von „zuverlässigen Mechanismen zur Berichterstattung durch Dritte“ forderte.

Zu den Zielen der Bischöfe gehöre es, die kirchenrechtlichen Verfahren für Beschwerden gegen Bischöfe „schneller, gerechter und transparenter“ zu gestalten und „festzulegen, welche Auflagen den Bischöfen in jeder Phase dieses Prozesses gemacht werden können“.

Kriterien für Umgang mit Bischöfen

DiNardo skizzierte drei Kriterien für den Umgang der Bischöfe mit vergangenem und zukünftigem Missbrauch: Unabhängigkeit von Voreingenommenheit oder unzulässiger Einflussnahme durch einen Bischof, substanzielle Beteiligung der Laien und Respekt vor der eigenen Autorität in der Kirche.

„Weil nur der Papst befugt ist, Bischöfe zu disziplinieren oder zu entfernen, werden wir sicherstellen, dass unsere Maßnahmen diese Autorität respektieren und die Schwachen vor dem Missbrauch der kirchlichen Macht schützen“, fügte die Erklärung hinzu.

Laien mit Fachkenntnissen in den Bereichen Strafverfolgung, Psychologie, Investigation und anderen relevanten Disziplinen sollen ebenfalls einbezogen werden.

In einer Sitzung Anfang dieser Woche skizzierte das Exekutivkomitee der US-Bischöfe „diese notwendigen Änderungen“ und sagte, dass sie ihre Ziele dem Vatikan und allen US-Bischöfen während der Herbsttagung der USCCB im November vorstellen werden.

DiNardo beendete die Erklärung der Bischöfe mit einer Entschuldigung:

„Ich entschuldige mich und bitte Sie demütig um Vergebung für das, was mein Bruder Bischöfe und ich getan haben und nicht getan haben. Was auch immer sich in Bezug auf Erzbischof McCarrick oder die vielen Missbräuche in Pennsylvania (oder anderswo) herausstellen mag: Wir wissen bereits, dass eine der Hauptursachen das Scheitern der bischöflichen Führung ist. Das Ergebnis war, dass viele geliebte Kinder Gottes zumindest einem Machtmissbrauch ausgesetzt wurden. Das ist eine moralische Katastrophe. Es ist auch Teil dieser Katastrophe, dass so viele treue Priester, die nach Heiligkeit streben und mit Integrität dienen, von diesem Scheitern befleckt werden.“

DiNardo weiter: „Wir sind fest entschlossen, es mit Hilfe der Gnade Gottes niemals zu wiederholen. Ich mache mir keine Illusionen darüber, wie sehr das Vertrauen in die Bischöfe durch diese vergangenen Sünden und Misserfolge beschädigt wurde. Es braucht Arbeit, um dieses Vertrauen wiederherzustellen. Was ich hier skizziert habe, ist nur der Anfang; weitere Schritte werden folgen.“

Übersetzt und redigiert aus dem Englischen von AC Wimmer. (CNA Deutsch)

USA: Bischöfe mahnen Klimaschutzpolitik an

Eine Mahnung zur Verantwortung für das Gemeinwohl sprechen die US-amerikanischen Bischöfe in einem Brief an den Kongress aus. Die Arbeit der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen solle durch Initiativen wie die jährliche Klima-Konferenz, die derzeit in Bonn tagt, erleichtert werden. Auch die internationale Zusammenarbeit solle dadurch gefördert werden. Die Bischöfe drückten ihre Enttäuschung über die Haltung Donald Trumps aus, der sich vom Pariser Klimaabkommen distanziert hat. (rv)

USA: Die Bischöfe sind gegen die neue Gesundheitsfinanzierung

Die Bischofskonferenz kritisierte den Plan der US-Regierung, die Kostenübernahme für Schwangerschaftsverhütung auszuweiten. Darunter fallen die chirurgische Sterilisation, die Anti-Baby-Pille und Medikamente, die einen Schwangerschaftsabbruch verursachen. Die Schwangerschaftsverhütung werde damit auf die gleiche Stufe gestellt wie die Prävention von Diabetes, Gebärmutterkrebs und HIV, so die Bischöfe. Kardinal Daniel N. DiNardo, Erzbischof von Galveston-Houston, will die massiven Bedenken der Kirche dem US-Kongress vortragen. (rv)