Erzbischof Vigano veröffentlicht neue Stellungnahme zu Papst Franziskus und McCarrick

VATIKANSTADT – Erzbischof Carlo Maria Viganò hat ein neues Schreiben zu den Vorwürfen veröffentlicht, dass hochrangige Prälaten an der Vertuschung des mutmaßlichen sexuellen Missbrauchs durch Erzbischof Theodore McCarrick beteiligt waren.

Der auf den 29. September – dem Fest des Heiligen Erzengels Michael – datierte Brief trägt als Überschrift das bischöfliche Motto von Erzbischof Viganò: Scio Cui credidi (ich weiß, wem ich geglaubt habe – nach 2 Tim 1,12). Er wurde vor wenigen Stunden veröffentlicht.

Der ehemalige Apostolische Nuntius dankt in dem vierseitigen Dokument eingangs „Gott dem Vater für jede Situation und Prüfung, die er vorbereitet hat und die er für mich während meines Lebens vorbereiten wird“. Als Priester und Bischof der Heiligen Kirche sei er wie jeder Getaufte berufen, die Wahrheit zu bezeugen, schreibt Viganò, und erinnert an Psalm 103:33-34:

„Ich beabsichtige, dies bis zum Ende meiner Tage zu tun.“

Viganò erinnert daran, dass er vor einem Monat seine schweren Vorwürfe gegen Papst Franziskus und mehrere hochrangige Kirchenmänner veröffentlicht hat, denen er zur Last legt, vom sexuellen Fehlverhalten von Erzbischof Theodore McCarrick gewußt zu haben.

Er habe sich entschieden, diese Vertuschung zum Wohl der Kirche offenzulegen, „nach langem Nachdenken und Beten, während Monaten tiefen Leidens und Leidens, angesichts eines Crescendos ständiger Nachrichten über schreckliche Ereignissen“, schreibt Viganò.

„Das Schweigen der Hirten, die hätten Abhilfe schaffen und neue Opfer verhindern können, wurde immer unhaltbarer, ein verheerendes Verbrechen für die Kirche“.

Viganò betont: „Im Bewusstsein der enormen Folgen, die mein Zeugnis haben könnte, denn was ich enthüllen würde, betraf den Nachfolger Petri selbst, entschied ich mich dennoch zur Aussage, um die Kirche zu schützen, und ich erkläre mit reinem Gewissen vor Gott, dass mein Zeugnis wahr ist.“

Päpstliches Geheimnis

Der Erzbischof und ehemalige Nuntius räumt ein, dass ein Teil dessen, was er offenlegte, unter das Päpstliche Geheimnis fiel, rechtfertigt aber seine Entscheidung mit dem Argument, dass „der Zweck einer jeden Geheimhaltung, einschließlich des Päpstlichen Geheimnisses, darin besteht, die Kirche vor ihren Feinden zu schützen, nicht Verbrechen zu vertuschen oder sich daran zu beteiligen“.

Als „unfreiwilliger Zeuge schockierender Tatsachen“ berufe er sich auf des Katechismus der Katholischen Kirche, der – außer in der Beichte – eine Offenlegung eines Geheimnisse erlaubt, um Schaden abzuwenden.

Tatsächlich sieht der Katechismus dies in Fällen vor, wo „die Bewahrung des Geheimnisses dem, der es anvertraut, oder dem, dem es anvertraut wird, oder einem Dritten einen sehr großen Schaden zufügen würde“ (KKK, 2491) – und entbindet in solchen Fällen Katholiken von der Geheimhaltung.

Viganò stellt fest: „Weder der Papst noch einer der Kardinäle in Rom haben die Tatsachen geleugnet, die ich in meinem Zeugnis beschrieben habe“. Wenn sie seiner Darstellung widersprechen wollten, so der Erzbischof, „müssen sie es nur sagen und Unterlagen zur Verfügung stellen, um ihr Abstreiten belegen“.

Unvermeidlich sei da doch der Eindruck, dass der Grund, warum die Akten nicht veröffentlicht werden, darin bestehe, dass diese „meine Aussagen bestätigen“, so der Erzbischof.

McCarrick „eindeutig kein Einzelfall“

Erzbischof Viganò verweist darauf, dass Papst Franziskus auf die Vorwürfe antwortete, dass er dazu „kein einziges Wort“ sagen werde, jedoch dann „sein Schweigen mit dem von Jesus in Nazareth und vor Pilatus verglichen hat, und mich mit dem großen Ankläger Satan verglichen hat, der Skandal und Spaltung in der Kirche sät – wenn auch ohne jemals meinen Namen zu sagen“.

Der Erzbischof kritisiert die „mangelnde Bereitschaft des Papstes, auf meine Vorwürfe zu reagieren, und seine Taubheit gegenüber den Appellen der Gläubigen“. Das Verhalten von Franziskus sei weder vereinbar mit seiner Rechenschaftspflicht, noch stehe es im Einklang „mit seinen Forderungen nach Transparenz und Brückenbau“.

Viganò schreibt weiter, dass

„die Vertuschung von McCarrick durch den Papst eindeutig kein Einzelfall war“. Franziskus habe schließlich „homosexuelle Geistliche verteidigt, die schwere sexuelle Übergriffe gegen Minderjährige oder Erwachsene begangen haben“. Er nennt als Beispiele die Fälle der überführten Kinderschänder Julio Grassi aus Argentinien und Mauro Inzoli aus Italien – sowie den Fall der Überprüfung von „Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs gegen Kardinal Cormac Murphy O’Connor“.

Erzbischof Viganò fordert Kardinal Daniel DiNardo und weitere US-Bischöfe auf mitzuteilen, ob Papst Franziskus ihre Forderung nach einer Untersuchung der Vorwürfe durch den Vatikan abgelehnt hat.

(DiNardo hatte eine solche selbst gefordert, den Papst dazu am 13. September mit einer US-Abordnung im Vatikan getroffen, danach aber nicht mitgeteilt, wie Franziskus entschieden hat. Auch das Presse-Amt des Heiligen Stuhls machte dazu keine Angaben.)

Es stehe den Gläubigen zu, die Wahrheit zu erfahren, schreibt Viganò dazu.

Appell an Kardinal Ouellet

Der Erzbischof wendet sich in seinem neuen Schreiben auch an den kanadischen Kardinal Marc Ouellet, der als Präfekt der Bischofskongregation dient.

Erzbischof Viganò schreibt, dass Kardinal Ouellet in der Anfangszeit des Pontifikats noch seine Würde bewahrt habe.

„Später jedoch, als sein Amt als Präfekt der Bischofskongregation untergraben wurde, weil Empfehlungen für bischöfliche Ernennungen von zwei homosexuellen ‚Freunden‘ seines Dikasteriums unter Umgehung des Kardinals direkt an Papst Franziskus weitergegeben wurden, gab er auf. Sein langer Artikel im „Osservatore Romano“, in dem er sich für die umstritteneren Aspekte von Amoris Laetitia aussprach, stellt seine Kapitulation dar.“

Viganò wendet sich direkt an Ouellet: „Bevor ich nach Washington ging, waren Sie es, der mir von Papst Benedikts Sanktionen gegen McCarrick erzählt hat. Sie verfügen über Schlüsseldokumente, die McCarrick und viele in der Kurie für ihre Vertuschungen belasten. Eminenz, ich bitte Sie, die Wahrheit zu bezeugen.“

Erzbischof Viganò beendet sein Schreiben mit einer Ermutigung an Katholiken, „niemals mutlos zu sein“ und auf Christus zu vertrauen.

„Dies ist eine Zeit der Reue, der Umkehr, des Gebets, der Gnade, um die Kirche, die Braut des Lammes, vorzubereiten, bereit, mit Maria zu kämpfen und den Kampf gegen den alten Drachen zu gewinnen“, schreibt er.

Viganò erinnert an ein Kunstwerk in der Markuskirche in Venedig, das Jesus zweimal im gleichen Bild zeigt: Einmal, wie er im Boot liegt und schläft, während ein Sturm tobt, und Petrus versucht, zu wecken; und zugleich auch den erwachten Christus, der hinter den verängstigten Jüngern – die ihn nicht sehen – im Boot steht und das aufgewühlte Wasser bändigt.

„Die Szene ist sehr zeitgemäß, um den gewaltigen Sturm darzustellen, den die Kirche in diesem Moment durchmacht“, schreibt der Erzbischof, „aber mit einem wesentlichen Unterschied: Der Nachfolger von Petrus sieht nicht nur nicht den Herrn, der das Boot fest in der Hand hat, sondern scheint auch nicht die Absicht zu haben, den im Bug schlafenden Jesus zu wecken.“

Viganò schreibt: „Ist Christus vielleicht für diesen Vikar unsichtbar geworden? Vielleicht ist er versucht, als Ersatz für unseren einzigen Meister und Herrn zu dienen?“

Er schließt mit den Worten: „Der Herr hat die volle Kontrolle über das Boot! Möge Christus, die Wahrheit, immer das Licht auf unserem Weg sein!“ (CNA Deutsch)

Gespräch über Rücktritt: Wuerl trifft Papst Franziskus

WASHINGTON, D.C. – Kardinal Donald Wuerl von Washington hat den Priestern seines Erzbistums mitgeteilt, er werde sich bald mit Papst Franziskus treffen, um seinen Rücktritt zu besprechen.

In einem auf den 11. September datierten Brief an den Klerus der Erzdiözese Washington schreibt Wuerl, dass eine Entscheidung über seine zukünftige Rolle in der Erzdiözese „ein wesentlicher Aspekt“ sei, damit die Kirche auf diözesaner Ebene vorankomme.

„Ich beabsichtige, in naher Zukunft nach Rom zu reisen, um mit unserem Heiligen Vater über den Rücktritt zu sprechen, den ich vor fast drei Jahren, am 12. November 2015, angeboten habe.“

Wuerl reichte bereits 2015 seinen altersbedingten Rücktritt – wie in der Kirche üblich – mit Erreichen seines 75. Lebensjahres ein.

Ob dieser angenommen wird, entscheidet dann der Papst.

In den letzten Monaten ist Franziskus immer stärker unter Druck geraten, Wuerl aus seinem Amt ausscheiden zu lassen.

Im Juni 2018 wurde Wuerls Vorgänger in Washington, Erzbischof Theodore McCarrick, öffentlich beschuldigt, in den 1970er Jahren einen Teenager sexuell missbraucht zu haben. Als weitere Anschuldigungen öffentlich erhoben wurden, unter anderem, dass McCarrick jahrzehntelang Seminaristen sexuell belästigt, genötigt und missbraucht hat, wurde auch die Frage, was Wuerl – und andere Kirchenmänner über die mutmaßlichen Verbrechen seines Vorgängers wusste, immer lauter gestellt.

Noch lauter wurden die Rücktrittsforderungen nach Veröffentlichung des Untersuchungsberichts der Grand Jury in Pennsylvania am 14. August. Wie CNA Deutsch berichtete, wird darin Wuerl vorgeworfen, fahrlässig mit Priestern umgegangen zu sein, die während seiner Zeit als Bischof von Pittsburgh des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen beschuldigt wurden. In einem Fall wurde einem des sexuellen Missbrauchs beschuldigten Priester nicht nur erlaubt, in eine andere Diözese zu wechseln – man bestätigte ihm auch die Eignung als Priester.

Als dann der ehemalige Botschafter des Vatikans in den USA, Erzbischof Carlo Vigano, am 25. August seine elfseitige Zeugenaussage veröffentlichte, wurden weitere Fragen laut darüber, was Wuerl über McCarricks Fehlverhalten wusste.

Eine Recherche von CNA ergab zudem, dass Wuerl McCarrick erlaubt hatte, junge Seminaristen als persönliche Assistenten zu haben – die bei ihm sogar wohnten, selbst nachdem bereits gegen McCarrick wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs ermittelt wurde.

In seinem gestrigen Schreiben schildert der Kardinal, wie er mit Priestern gemeinsam gebetet habe, und bemüht sei, „die beste Vorgehensweise zu erkennen“ angesichts der zu erwartenden weiteren Enthüllungen über das ganze Ausmaß sexuellen Fehlverhaltens sowie dessen Vertuschung – Wuerl spricht von „bischöflicher Aufsicht“ – durch Bischöfe und Verwaltung.

Es gehe darum, wie den Opfern am besten geholfen werden kann, betont Washingtons Erzbischof.

Ein Sprecher der Erzdiözese, Ed McFadden, sagte gegenüber CNA, dass Wuerls Brief „ein Beweis für einen ernsthaften und konstruktiven Entscheidungsprozess ist, den Kardinal Wuerl durchlaufen hat“. Wuerl drücke damit auch den Priestern seine Wertschätzung aus, und seinen Dank für ihr Engagement.

Der Kardinal wolle nun jedweden Schaden von der Kirche, „die er liebt“, abwenden helfen, so McFadden gegenüber CNA. Für den 14. September sei eine heilige Messe der „Heilung“ geplant.

Die Erzdiözese Washington wollte indessen nicht bestätigen, wann Wuerl mit Papst Franziskus zusammentreffen wird.

Übersetzt und redigiert von AC Wimmer. (CNA Deutsch)

Während gegen ihn wegen Missbrauchs ermittelt wurde, dienten Seminaristen bei McCarrick

WASHINGTON, D.C. – Die Erzdiözese Washington hat bestätigt, dass Seminaristen als persönliche Assistenten von Erzbischof Theodore McCarrick dienten, während gegen den Erzbischof wegen des Verdachtes auf sexuellen Missbrauchs eines Teenagers ermittelt wurde.

Im Jahr 2011 zog McCarrick aus einem Pfarrhaus in ein Haus neben dem Priesterseminar des Institute of the Incarnate Word (IVE), einem religiösen Orden, in Chillum (Maryland), innerhalb der Erzdiözese Washington.

Nach Angaben zweier ehemaliger Seminaristen, die zu diesem Zeitpunkt auf dem Campus lebten, McCarrick in einem separaten Haus auf dem Gelände. Dieses hat McCarrick offenbar selber bezahlt, oder zumindest einen Kauf für seine Person arrangiert.

Das IVE wies McCarrick zunächst einen Priester zu, der ihm als Sekretär dienen sollte, sobald er auf dem Grundstück lebte.

Quellen bestätigen, dass der Priester beauftragt wurde, mit McCarrick im Haus zu leben.

Unterlagen der Erzdiözese Washington bestätigen, dass Priester diese Aufgabe erhalten haben, und ein Sprecher sagte gegenüber CNA, die Erzdiözese habe diese Rolle finanziell unterstützt habe.

Ehemalige IVE-Seminaristen erklärten gegenüber CNA, dass McCarrick erhebliche Anforderungen an das Personal und Lehrer stellte. So wurde CNA gegenüber geschildert, wie McCarrick sich nicht um den strengen Lebensstil des Ordens bemühte, sondern sein eigenes VIP-Menü im Refektorium serviert bekam, unabhängig davon, was die Priester und Seminaristen aßen.

Das Lehrpersonal und Verantwortliche des IVE waren, so CNAs Quellen innerhalb des Ordens, unzufrieden mit dem Arrangement. Sie realisierten aber, dass der liberal gesinnte McCarrick als eine Art informeller Schirmherr für den Orden fungierte, obwohl das Institut eher traditionell orientiert ist. McCarrick weihte häufig die Priester des Ordens, in Washington wie im Ausland, und half ihnen im Management der Kritik durch südamerikanische Bischöfe, darunter die von Erzbischof Jorge Bergoglio, dem späteren Papst Franziskus.

Das „Institut des Fleischgewordenen Wortes“ wurde 1984 in Argentinien von Pater Carlos Miguel Buela gegründet. Buela ist 2010 wegen des Verdachts auf sexuelles Fehlverhalten in den Ruhestand getreten. Im Jahr 2016 bestätigte der Vatikan, dass Buela jahrzehntelanger sexueller Übergriffe gegenüber volljährigen Seminaristen seiner Gemeinschaft schuldig war. Dem Priester wurde vom Vatikan verboten, mit Mitgliedern des IVE in Kontakt zu treten und öffentlich aufzutreten.

McCarricks Hilfe war für den Orden besonders wichtig, heißt es, als die Anschuldigungen gegen Buela ans Licht kamen. Doch wie Quellen gegenüber CNA betonen, hatte dessen Hilfe einen Preis, nach dem Motto: „Wer dankbar ist, hält die Klappe.“

Nach einiger Zeit zog der Orden den Priestersekretär, der McCarrick zugeteilt war, wieder ab mit der Begründung, dass geweihte Priester aktiven Dienst versehen sollten. McCarrick arrangierte, dass an seiner Statt zwei IVE-Seminaristen ihm als Assistenten dienen sollten: Diese Seminaristen lebten mit McCarrick in seinem Haus auf dem Campus und waren unter anderem dafür verantwortlich, ihn mit dem Auto zu chauffieren und auf Reisen zu begleiten.

Begehrt war der Job des Assistenten für McCarrick nicht, so ehemalige Seminaristen gegenüber CNA. In der Regel wurden jedes Jahr zwei neue Seminaristen damit beauftragt.

Ein ehemaliger IVE-Seminarist sagte gegenüber CNA, dass es zu Beschwerden über die Anforderungen McCarricks kam – auch wenn diese nicht sexueller Art gewesen seien – und dass der Rektor die Seminaristen warnte, sich nicht von McCarricks „weltlichen“ Vorlieben anstecken zu lassen.

Einige der Seminaristen, so die Quellen weiter, begleiteten McCarrick auf Reisen zu Freunden, darunter zu einem Strandhaus, obwohl nicht klar ist, ob es sich dabei um das Haus in New Jersey handelte, in dem ehemaligen Opfern zufolge der ehemalige Kardinal wiederholt sexueller Übergriffe begangen haben soll.

Bei mindestens einer Gelegenheit zwang McCarrick seine Assistenten, ihn in ein Kasino zu begleiten. Der Vorfall löste scharfe Beschwerden seitens der Seminaristen selber wie ihrer Lehrer aus. Auch die Ordensleitung in Rom wurde darüber informiert.

Die Erzdiözese von Washington erklärte gegenüber CNA, man habe nicht regelmäßig McCarricks Reisevorbereitungen überwacht. Auch der Umfang, zu dem Seminaristen des IVE am Leben McCarricks beteiligt worden, sei nicht bekannt gewesen.

McCarrick zog schließlich vom Campus des Seminars in ein von Ordensschwestern geführtes Altersheim.

Bistumsprecher Ed McFadden sagte CNA, dass McCarrick vom Campus des IVE Anfang 2017 „aus gesundheitlichen Gründen“ weggezogen sei. Ein ehemaliger Leiter des IVE sagte gegenüber CNA jedoch, dass Kardinal Donald Wuerl im Sommer von 2016 dem IVE mitgeteilt habe, dass er wünsche, dass McCarrick sein Haus auf dem Campus verlasse. Diese habe die Erzdiözese Washington dem Seminarrektor und dem Provinzial des Ordens mitgeteilt, so die Quelle weiter, die selber Zeuge des Vorgehens war.

Bis zum Sommer 2016 habe Wuerl sich mit dem Wohn-Arrangement seines Vorgängers nur wenig befasst, so die Quelle. Doch dann sei das IVE informiert worden, Wuerl wünsche, dass McCarrick weniger Aufsehen erregen sollte, und eher pensioniert denn aktiv auftreten.

Die Erzdiözese von Washington bestätigte diese Darstellung nicht. Vielmehr hieß es, dass Gespräche im Sommer 2016 zwischen dem IVE und der Erzdiözese eher McCarricks schlechte Gesundheit zum Thema gehabt haben würden.

Eine Quelle, die mit dem Fall vertraut ist, erklärte gegenüber CNA am 25. August, dass Wuerl im Sommer 2017 informiert worden sei, dass gegen McCarrick in New York wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs ermittelt werde. Die Quelle sagte weiter, dass Wuerl damals direkt mit McCarrick kommunizierte und ihn ermutigte, sich aus dem öffentlichen Dienst zurückzuziehen. Wie McCarricks Reise-Unterlagen und öffentlichen Auftritte zeigen, wurde diese Bitte ignoriert.

Selbst nach dieser Information waren zwei IVE-Seminaristen McCarrick als Assistenten zugeteilt, mit Wissen der Erzdiözese Washington –bis Ende Juni 2018 die Erzdiözese New York öffentlich mitteilte, dass es „glaubwürdige“ Aussagen und Beweise gebe, dass McCarrick in den 1970er Jahren einen Teenager sexuell missbraucht hat. In der Folge tauchten weitere Berichte auf, dass McCarrick angeblich jahrzehntelang Seminaristen und Priester sexuell genötigt haben soll.

Während die IVE-Seminaristen nach seinem Umzug nicht mehr bei McCarrick lebten, waren sie immer noch dafür verantwortlich, seinen täglichen Personalbedarf zu decken und mit ihm zu reisen.

Die Erzdiözese von Washington erklärte CNA, dass das IVE über die Anschuldigung gegen McCarrick informiert worden sei, sobald diese für glaubwürdig gehalten wurde: im Juni 2018.

McCarricks Arrangement mit dem IVE, einschließlich der Zuweisung von zwei Seminaristen, die bei ihm im Haus lebten und als sein persönlicher Stab fungierten, erscheint angesichts der Sanktionen, die laut Erzbischof Carlo Vigano von Papst Benedikt XVI. verhängt wurden, höchst unregelmäßig.

Wie CNA berichtete, war McCarrick offenbar vom päpstlichen Nuntius Erzbischof Pietro Sambi bereits früher angewiesen worden, ein anderes Seminar zu verlassen, in dem er gelebt hatte. McCarrick zog anschließend in ein Pfarrhaus, und von dort zog er dann auf das Grundstück des IVE.

Trotz der Beweise, dass die Erzdiözese die Renovierung des Pfarrhauses für McCarrick genehmigte, und der Angaben seitens des IVE, dass Wuerl eingriff, um McCarrick von diesem Grundstück zu verlegen, wurde CNA wiederholt von der Erzdiözese Washington gesagt, dass „Erzbischof McCarrick in der Regel seine eigenen Wohnvorkehrungen getroffen und die Erzdiözese von Washington nicht direkt einbezogen hat“.

Kardinal Wuerl hat auch bestritten, über die Sanktionen informiert worden zu sein, die Papst Benedikt XVI. auferlegt haben soll; und noch im Juli 2018 hat Wuerl ebenfalls bestritten, dass von Gerüchten über McCarricks sexuelles Verhalten gewusst zu haben, bis die Erzdiözese New York ihre Ermittlungen aufnahm. (CNA Deutsch)

Analyse: Bischöfe fordern Prüfung der Vorwürfe Viganos

WASHINGTON, D.C. ,- Patricia Heaton ist außer sich. Die Schauspielerin ist eine von vielen Katholiken in den USA, die mit Erstaunen, Empörung und zunehmend Zorn auf das reagieren, was sie als Scheinheiligkeit, Lügen und Doppelmoral von Kardinälen und Bischöfen wahrnehmen. Letztlich gerinnt es im Schweigen, die von mehreren Kommentatoren als „Omertà“ verurteilte, systematische Vertuschung inakzeptablen Verhaltens, bis hin zu Verbrechen und Missbrauch. Im Zeitalter von Twitter hat das Konsequenzen: Katholikin Heaton, vierfache Mutter, hat knapp 370.000 Follower. Wenn sie – haltlos, ja, unverschämt im Ton – den Papst auffordert, endlich den Rücktritt von Kardinal Donald Wuerl anzunehmen, unterstützen dies tausende Menschen:
Nun gut, werden einige sagen, das ist halt die Filterblase von Twitter. Doch das greift zu kurz. Die Krise spielt sich nicht nur in den sozialen Medien ab. Vor Kardinal Wuerls Residenz in Washington haben aufgebrachte Katholiken demonstriert, die auf Plakaten Aufklärung fordern. Auch sie verlangen, dass der Papst endlich den Rücktritt des – im Pennsylvania-Bericht schwer belasteten – Erzbischofs annimmt.
Öffentliche Termine nimmt Wuerl derzeit nur wenige wahr. Manche spekulieren gar, er verlasse das Land. Am Schild der nach dem Kardinal benannten High School haben erboste Menschen seinen Namen übersprüht– mittlerweile hat die Erzdiözese mitgeteilt, der Erzbischof wolle diesen auch dort nicht mehr haben. Über der Graffiti ist mittlerweile ein Blech geschraubt worden, dass den Namen verdeckt.
Mit Brettern und Schweigen wird diese Krise aber nicht gelöst. In den sozialen Medien schreiben entrüstete Beobachter: Wie lange will, wie lange kann das noch weitergehen? Wie viele Gläubige wenden sich enttäuscht und angeekelt von der Kirche ab?
Wuerls Verhalten als Nachfolger von Erzbischof Theodore McCarrick wirft weitere Fragen auf, und sie werden laut gestellt – sei es auf der Straße oder im Internet: Warum hat Papst Franziskus den Rücktritt Wuerls trotzdem immer noch nicht angenommen? Sollte Wuerl gehen, folgen dann weitere? Etwa die von Vigano genannten? Wie konnte McCarrick sogar Seminaristen als Assistenten haben, nachdem bereits gegen ihn ermittelt wurde?
Die für viele wohl wichtigste, zu klärende Frage ist diese: Was ist dran an den Vorwürfen des ehemaligen Nuntius in den USA?
Diese Frage ist wichtiger als die Motivation Viganos, so sehr diese zu analysieren ist, wie auch die Agenda mancher verbohrter Papst-Kritiker und -Unterstützer, die nun irrlichtern und Nebelkerzen werfen.
Jeder Journalist weiss: Natürlich spielt die Motivation eines Whistleblowers eine Rolle. Aber auch der Wahrheitsgehalt seiner Vorwürfe ist dringend zu prüfen, und das nicht nur, weil mehrere hochrangige Kirchenvertreter Vigano in Schutz genommen haben, darunter der Erzbischof von San Francisco, während mittlerweile sechs Bischöfe allein in den USA öffentlich fordern, dass Viganòs Behauptungen wirklich geprüft werden.
Nicht nur diese Bischöfe und die aufgebrachten Laien wissen: Den Opfern – wie auch den einfachen Katholiken – steht es zu, die Wahrheit zu erfahren. Und der Kirche steht es zu, sie vom „Schmutz“ – Franziskus benutzte in Dublin dafür ein anderes Wort – zu befreien.
Nun hat der Papst die Anschuldigungen bislang aber weder von sich gewiesen noch bestätigt, wie CNA Deutsch berichtete.
Diese Haltung mag man für nachvollziehbar halten. Ob sie sich durchziehen lässt, wird sich zeigen müssen: Der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Kardinal Daniel DiNardo von Galveston-Houston, hat betont, dass die Vorwürfe Viganòs „prompt und gründlich“ geprüft werden müssen.
Viganòs Brief werfe ein Schlaglicht der „Aufmerksamkeit und Dringlichkeit“ darauf, „wie die schwerwiegenden moralischen Mängel eines Bischofsbruders so lange geduldet werden konnten und sich als kein Hindernis für seinen Aufstieg erwiesen haben“, so DiNardo in seiner Erklärung.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz weiter: Er wiederhole die Einladung der US-Bischöfe an den Vatikan, mittels einer Apostolischen Visite in den Vereinigten Staaten der „Wahrheit auf den Grund zu gehen“.
DiNardo weiß, was man im Vatikan bislang ignoriert: Katholiken wie Patricia Heaton werden nicht locker lassen. Diesmal nicht. Zumal Reporter in den USA jetzt schon an der Residenz von Erzbischof McCarrick klingeln, und italienische Journalisten mit dem – aus Angst um seine Sicherheit – verreisten Viganò, der alle Vorwürfe gegen seine Person von sich weist, weitere Interviews führen.
In seiner Erklärung schreibt DiNardo denn auch, dass er „sehnsüchtig“ auf eine Audienz bei Papst Franziskus warte, um „seine Unterstützung für die Pläne der US-Bischöfe zu gewinnen“. Demnächst wird wieder Besuch aus den USA in Rom eintreffen.
(Letztes Update am 31. August mit jüngsten Informationen zum Fall McCarrick)
(CNA Deutsch)

Kardinal Wuerl bestreitet, von Sanktionen gegen McCarrick gewusst zu haben

WASHINGTON -Kardinal Donald Wuerl hat einen Bericht dementiert, dass er über Sanktionen informiert war, die der Vatikan offenbar gegen seinen Vorgänger, Erzbischof Theodore McCarrick, verhängt hatte.

„Kardinal Wuerl erhielt keine Unterlagen oder Informationen vom Heiligen Stuhl, die sich auf das Verhalten von Kardinal McCarrick oder eines der von Erzbischof Vigano vorgeschlagenen Verbote seines Lebens und Dienstes beziehen“, sagte der Sprecher des Kardinals, Ed McFadden, gegenüber CNA.

Am 25. August (Ortszeit) veröffentlichte Erzbischof Carlo Vigano, von 2011 bis 2016 Apostolischer Nuntius in den Vereinigten Staaten, eine schriftliche Erklärung, in der er behauptet, dass Papst Benedikt XVI. im Jahr 2009 oder 2010, nachdem er Berichte über fortwährendes sexuelles Fehlverhalten von McCarrick erhalten hatte, folgende Sanktionen angeordnet habe: Der Kardinal müsse das Priesterseminar, in dem er lebte, verlassen, ihm sei verboten, öffentlich die Messe zu feiern, an öffentlichen Versammlungen teilzunehmen, Vorträge zu halten, zu reisen, und er sei verpflichtet, ein zurückgezogenes Leben des Gebets und der Buße zu führen.

Vigano schreibt, es sei „absolut undenkbar“, dass Erzbischof Pietro Sambi, Nuntius zum Zeitpunkt der Verhängung der Sanktionen, Wuerl nicht über die Sanktionen gegen McCarrick informiert habe; McCarrick, lebte, wie Quellen vor Ort bestätigten, damals in Washington im Priesterseminar Redemptoris Mater.

„Ich selbst habe das Thema mehrmals gegenüber Kardinal Wuerl angesprochen, und ich brauchte gar nicht ins Detail zu gehen, denn es war mir sofort klar, dass er völlig Bescheid wusste“, schreibt Viganò weiter.

Der Erzbischof erwähnt auch einen spezifischen Vorfall: Er habe Wuerl gegenüber eine Anzeige angesprochen, in der um Berufungen geworben wurde. In dieser wurden junge Männer eingeladen, sich mit McCarrick zu treffen. Wuerl habe sofort gesagt, wer werde die Anzeige stornieren.

Wuerl bestreitet nicht, dass er mit dem Erzbischof über eine Berufsanzeige gesprochen hat. Allerdings, so McFadden, „vermutete Erzbischof Vigano, dass Wuerl spezifische Informationen hatte, die Wuerl nicht hatte.“

Auch wenn McCarrick aus dem Seminar Redemptoris Mater ausgezogen sein soll: McFadden teilte mit, dass „Kardinal Wuerl kategorisch bestreitet, dass er jemals Informationen über die Gründe für Kardinal McCarricks Auszug aus dem Priesterseminar Redemptoris Mater erhalten hat“.

Eine Quelle aus dem unmittelbaren Umfeld des Kardinals sagte gegenüber CNA, dass Wuerl den Eindruck gehabt habe, irgendetwas sei geschehen, weshalb McCarrick das Seminar verlassen habe. Doch weder McCarrick noch der Nuntius hätten mit ihm darüber gesprochen.

Vigano schildert dies anders: „Kardinal Wuerl, der sich der ständigen Misshandlungen durch Kardinal McCarrick und der Sanktionen, die ihm von Papst Benedikt auferlegt wurden, bewusst war, erlaubte ihm auch, in einem Priesterseminar in Washington D.C. zu wohnen, wodurch er andere Seminaristen einem Risiko aussetzte“.

McCarrick wurde am 20. Juni 2018 mit mehreren Sanktionen belegt, nachdem die Erzdiözese von New York eine Behauptung für glaubwürdig hielt, er habe in den 70er Jahren einen Teenager sexuell missbraucht. Seitdem wird behauptet, dass McCarrick während seiner jahrzehntelangen priesterlichen und bischöflichen Tätigkeit mindestens einen weiteren Teenager sexuell missbraucht hat und dass er junge Priester und Seminaristen sexuell gezwungen und angegriffen hat. Am 28. Juli wurde McCarrick’s Rücktritt vom Kardinalskollegium angenommen, und er erwartet einen Prozess im Vatikan.

Am 20. Juni 2018 suspendierte Kardinal Pietro Parolin auf Anweisung von Papst Franziskus den ehemaligen Kardinal McCarrick, nachdem eine Untersuchung der New Yorker Erzdiözese einen Vorwurf des sexuellen Missbrauchs eines Minderjährigen als „glaubwürdig und begründet“ beurteilte. Seitdem sind mehrere weitere Vorwürfe bekannt geworden, wie CNA Deutsch berichtete.

Eine Quelle, die mit der Causa McCarrick eng vertraut ist, sagte gegenüber CNA, dass Wuerl, als er darüber informiert wurde, dass gegen McCarrick wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch ermittelt wurde, darum bat, dass McCarrick sich aus der Öffentlichkeit zurückziehe. McCarrick habe sich jedoch geweigert. Die Quelle sagte weiter, dass es Wuerl kirchenrechtlich nicht erlaubt sei, McCarrick die Ausübung des Dienstes in der Erzdiözese Washington zu verbieten, und dass McCarrick auch Aufforderungen anderer Verantwortlicher abgelehnt habe, Reisen oder öffentliche Auftritte in ihren Diözesen zu vermeiden.

Die „Zeugenaussage“ von Erzbischof Vigano besagt, dass Wuerls „jüngste Äußerungen, er wisse nichts davon, obwohl er anfangs schlauerweise auf die Entschädigung der beiden Opfer verwies, absolut lächerlich sind. Der Kardinal lügt schamlos.“

Viganos Erklärung zufolge hat McCarrick jahrzehntelang Einfluss auf Persönlichkeiten im Vatikan ausgeübt, und besonderen Einfluss auf Papst Franziskus gehabt. Weiter behauptet der ehemalige Nuntius, McCarrick habe einige der jüngsten Bischofernennungen des Papstes eingefädelt, darunter die von Kardinal Blase Cupich zur Erzdiözese Chicago 2014 und die von Kardinal Joseph Tobin zur Erzdiözese Newark 2016.

Der Brief des Erzbischofs fordert Franziskus auf, „seine Fehler einzuräumen“ und „den Kardinälen und Bischöfen ein gutes Beispiel zu geben, die McCarricks Missbrauch vertuschten, und mit ihnen allen gemeinsam zurückzutreten“.

Der Vatikan hat bislang nicht auf Viganos Behauptungen reagiert. (CNA Deutsch)