Vatikanbibliothek digitalisiert islamische Manuskripte

Erzbischof BruguèsDie 2010 begonnene Digitalisierung der rund 80.000 Manuskripte der Vatikan-Bibliothek soll künftig auch die hauseigenen Manuskripte aus der Golfregion und anderen islamischen Ländern einschließen. Das geht aus einem neuen Abkommen, dem sogenannten „Memorandum of Understanding“ hervor, das am Samstag von der Präsidentin der Qatar Foundation for Education, Science and Community Development, Sheikha Moza bint Nasser, und dem Präfekten der Apostolischen Bibliothek unterzeichnet wurde. Darin wird auch die Pflege, Restauration, und Zugänglichkeit der Dokumente der Geschichte und Kultur der Golfregion festgeschrieben. Man sei sich einig, dass es im Interesse beider Institutionen sei, die Manuskripte auch digital für die Forschung zugänglich zu machen.

Im Vorfeld wurde Moza bint Nasser, zweite Ehefrau des Emirs von Katar, von Papst Franziskus in Audienz empfangen. Wie Vatikan-Sprecher Federico Lombardi in einer Note mitteilte, sprach Musa bint Nasser mit Franziskus über ihr Engagement im Bereich der sozialen Entwicklung und die Situation der Schulen in Konfliktgebieten. Das Treffen dauerte eine halbe Stunde. Als Geschenk erhielt Franziskus ein 123-seitiges Manuskript der Evangelien in aufwändiger arabischer Kalligraphie, das aus der Türkei des 18. Jahrhunderts stammt. Der Papst wiederum übergab ihr eine Medaille mit dem Olivenbaum des Friedens und die arabische Ausgabe seiner Umwelt-Enzyklika Laudato si‘. (rv)

Vatikan-Bibliothek: Avantgardistische Digitalisierung

Digitale Handschriften-Archivierung mit Mitteln der internationalen Raumfahrt: das ist Realität an der Apostolischen Vatikanischen Bibliothek, der Büchersammlung der Päpste. Papyri und uralte Evangelientexte treffen da mit einer Technologie aufeinander, die von der US-Raumfahrtbehörde NASA zur Archivierung ihrer Bilder aus dem Weltall entwickelt wurde. Die Vatikan-Bibliothek ist in dieser Hinsicht ein echter Vorreiter: Bisher nutzt keine andere Bibliothek der Welt diese Archivierungstechnik, obwohl Vieles für sie spricht. Luciano Ammenti, Chef-Informatiker der Vatikan-Bibliothek:

„Das Format mit dem Namen Fits ist das einzige, das seit gut 45 Jahren in der Welt der Informatik benutzt wird, und es ist das einzige, das wirkliche Langlebigkeit garantiert. Zudem ist es open source, das heißt, es ist frei zugänglich, gratis und offen für Innovation. Und nicht zuletzt bietet es ein Format von 64 bit, das heißt, die Dateien, die man mit diesem Format gewinnt, können unbegrenzt groß sein."

Das ist deshalb vorteilhaft, weil die Vatikan-Bibliothek ihre kostbaren Handschriften möglichst präzise digitalisieren will, um die gesamte Arbeit nicht irgendwann noch einmal machen zu müssen. 80.000 Handschriften hat die Vaticana, mehr als jede andere Bibliothek auf der Welt. Diese Manuskripte werden jetzt nach und nach gescannt und mit der Fits-Technologie digital abgespeichert. Das von der NASA entwickelte Format findet seit einigen Jahren auch Anwendung in der Medizintechnik, so werden heutzutage etwa Computertomografien mit Fits archiviert. Kulturinstitutionen hingegen sind bisher – eben mit Ausnahme der Vatikan-Bibliothek – noch nicht auf die Idee verfallen, ihre Daten mit Fits zu archivieren. Um ihr Interesse zu wecken und mehr Zusammenarbeit zu ermöglichen, hat die Vaticana nun an der päpstlichen Lateran-Universität ein Symposion abgehalten. Ammenti:

„Unser Ziel war es, quasi ein Steinchen in diesen Teich zu werfen, in die Welt der Konservierung von Kulturgütern. Das ist gerade in Italien mit seinen Kunstschätzen so wichtig, aber auch im Rest Europas. Klarerweise gibt es Vorbehalte gegen diese Technologie, weil das Format aus der Raumfahrt kommt. Dass die Vatikan-Bibliothek sich auf die Seite dieser Technologie gestellt hat, rief Staunen und Interesse hervor. Genau das wollten wir: eine konstruktive Kritik von außerhalb unserer „Insel", um zu verstehen, ob der Weg, den wir eingeschlagen haben, der richtige ist."

Die Vatikan-Bibliothek unter ihrem Präfekten Cesare Pasini hatte den Einsatz von Fits in einer langen Studie getestet. In zehn Jahren sollen die gesamten digitalisierten Handschriften-Bestände der päpstlichen Büchersammlung online zugänglich sein. Und bis dahin, so wünscht man sich an der Vatikan-Bibliothek, möge Fits der Standard für die Konservierung digitaler Daten sein, egal ob es sich um Bilder aus dem Weltall oder aus den Tiefenspeichern einer Bibliothek handelt. (rv)