Vatikanbibliothek digitalisiert islamische Manuskripte

Erzbischof BruguèsDie 2010 begonnene Digitalisierung der rund 80.000 Manuskripte der Vatikan-Bibliothek soll künftig auch die hauseigenen Manuskripte aus der Golfregion und anderen islamischen Ländern einschließen. Das geht aus einem neuen Abkommen, dem sogenannten „Memorandum of Understanding“ hervor, das am Samstag von der Präsidentin der Qatar Foundation for Education, Science and Community Development, Sheikha Moza bint Nasser, und dem Präfekten der Apostolischen Bibliothek unterzeichnet wurde. Darin wird auch die Pflege, Restauration, und Zugänglichkeit der Dokumente der Geschichte und Kultur der Golfregion festgeschrieben. Man sei sich einig, dass es im Interesse beider Institutionen sei, die Manuskripte auch digital für die Forschung zugänglich zu machen.

Im Vorfeld wurde Moza bint Nasser, zweite Ehefrau des Emirs von Katar, von Papst Franziskus in Audienz empfangen. Wie Vatikan-Sprecher Federico Lombardi in einer Note mitteilte, sprach Musa bint Nasser mit Franziskus über ihr Engagement im Bereich der sozialen Entwicklung und die Situation der Schulen in Konfliktgebieten. Das Treffen dauerte eine halbe Stunde. Als Geschenk erhielt Franziskus ein 123-seitiges Manuskript der Evangelien in aufwändiger arabischer Kalligraphie, das aus der Türkei des 18. Jahrhunderts stammt. Der Papst wiederum übergab ihr eine Medaille mit dem Olivenbaum des Friedens und die arabische Ausgabe seiner Umwelt-Enzyklika Laudato si‘. (rv)

Katar: Fußball-WM auf dem Rücken Ausgebeuteter

FußballWer an Fußball denkt, denkt an Sport, Fair Play, Tore, Teamgeist und Fans. Internationale Turniere werden durch alle Gesellschaftsschichten mit Begeisterung verfolgt und stiften auch so etwas wie ein nationales Selbstbewusstsein. Doch für Fußballspiele braucht man Stadien, und die müssen in der Regel vor Weltmeisterschaften erst einmal gebaut werden. So in Katar, das die Fußball-WM 2022 ausrichten wird. Die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen der Bauarbeiter auf diesen Baustellen werden in einem kürzlich erschienen Bericht von Amnesty International dokumentiert und angeprangert. Was genau sind die Vorwürfe, die Amnesty erhebt? Das haben wir Regina Spöttl gefragt, sie ist Länderbeauftragte der Menschenrechtsorganisation Amnesty Deutschland für Katar.

„Die Vorwürfe fangen eigentlich schon in den Heimatländern der Arbeitsmigranten in den armen südostasiatischen Staaten an. Dort machen skrupellose Vermittlungsagenturen den Menschen falsche Versprechungen und bringen diese nach der Erhebung von erheblichen Vermittlungsgebühren nach Katar. Dort angekommen, nimmt man ihnen die Pässe ab und oft bekommen sie auch nur den halben Lohn gegenüber dem, der ihnen versprochen worden ist. Sie müssen lange Arbeitszeiten hinnehmen, sechs Tage die Woche bis zu 14 Stunden täglich bei glühender Hitze und werden dann abends in menschenunwürdige Quartiere gebracht, wo teilweise nicht mal Strom und Wasser zur Verfügung stehen. Die Lohnfortzahlungen lassen oft bis zu sieben Monate auf sich warten! Wer sich beschwert, der wird bedroht und eingeschüchtert, ihm droht die Abschiebung. Einer der Manager hat kürzlich zu einem Arbeiter gesagt, wenn du in Katar bleiben willst, dann sei still und arbeite weiter. Das ist ein Kriterium für Zwangsarbeit!“

RV: Wie reagiert denn die Fifa auf diese schlimmen Bedingungen, denen die Arbeiter ausgesetzt sind, die auch im Vorfeld so absehbar gewesen sind, und die jetzt nochmals durch den Amnesty-Bericht dokumentiert worden sind?

„Die Fifa ist erstaunlich gleichgültig. Sie beteuern zwar immer wieder, dass etwas geschehen muss, dass sie natürlich auch möchten, dass etwas geschehen sollte, aber die Fifa geht nicht konsequent genug an die katarische Regierung heran und fordert explizit eine Verbesserung der Lage für Arbeitsmigranten. Insofern verletzt die Fifa ihre Sorgfaltspflicht als Veranstalter und wenn jetzt nicht bald etwas passiert, wenn die Fifa nicht wirklich aktiv wird, dann wird sie mitverantwortlich dafür, dass die WM 2022 auf dem Rücken zehntausender ausgebeuteter Arbeitsmigranten stattfinden wird. Das wollen wir als Fans ganz bestimmt nicht.“

RV: Sie haben die Fans angesprochen. Was kann denn der einzelne Fan tun, um die Fifa in diesem Sinne zu beeinflussen?

„Wir haben seit gestern auf unseren Homepages amnesty.org und amnesty.de eine Petition geschaltet. Diese Petition geht an die Fifa und dort können sich alle Fans und alle Interessierten eintragen und fordern, dass etwas geschieht. Die Fans können aber natürlich auch an ihre Vereine gehen, gerade auch an die großen Vereine, die in Katar ja auch Wintertraining abhalten. Auch sie können sich engagieren und beteiligen und der Fifa endlich einmal klar machen, dass man dahinter nicht steht. Die Arbeitsbedingungen für die Arbeiter dort müssen menschenwürdig und respektvoll sein!“ (rv)

Fußball-WM in Brasilien: „Verhaltene Freude“

WM2014Demos gegen zu teure Stadienbauten, Kritik am Weltfußballverband Fifa und Unmut über Umsiedlungen und ein bisweilen radikales Durchgreifen der brasilianischen Sicherheitskräfte: „Die Brasilianer haben eigentlich alles getan, dass keiner so richtig Freude an dieser Fußballweltmeisterschaft hat“, würden eingefleischte Fußballfans da wohl salopp sagen. Verhaltene Freude Die Begeisterung über die WM 2014 in Brasilien hält sich in Grenzen – und dies mit gutem Grund, findet der Brasilien-Länderreferent des Lateinamerika-Hilfswerkes Adveniat, Klemens Paffhausen. „Es ist eine verhaltene Freude – das überrascht in der Tat, es zeigt aber auch, dass Brasilien auf einem guten demokratischen Weg ist! Das heißt, man kann sehr gut differenzieren, wo man Begeisterung zeigen kann und wo Kritik angebracht ist. Insofern kann man sehr gespannt sein, wie sich das auch emotional weiterentwickelt. Klar – wenn Brasilien eine gute Partie abgibt, wird die Freude auch überwiegen, aber ich glaube, dass sich die Proteste trotzdem noch vernehmen lassen werden.“ So planten diverse zivile Aktionsgruppen und Bündnisse derzeit für die WM friedliche Demonstrationen an den jeweiligen Spielorten, berichtet Paffhausen. Die Anliegen der Protestbewegung seien dieselben wie schon zur Zeit des Confederations Cup (eine Art Mini-WM) und des Papstbesuches in Rio de Janeiro im vergangenen Jahr. Auch im Blick auf die kommenden Präsidentschaftswahlen in Brasilien im Oktober wollten sich die Bürger Gehör verschaffen: „Im Mittelpunkt stehen immer noch die Themen Bildung, Gesundheit und Sicherheit. Wir haben auf unserer Reise Anfang April allerdings auch festgestellt, dass sich ein Großteil der Kritik an der Fifa selbst entzündet, die ja doch mit ihren eigenen Auflagen soziale Verwerfungen hervorruft. Da sind beispielsweise die ambulanten Straßenverkäufer zu nennen, die nur zwei bis drei Kilometer außerhalb der Stadien Eis und Getränke verkaufen dürfen, weil die Fifa das so vorgibt. Dann gab’s eine Gesetzesänderung: Normalerweise darf in den Stadien kein Alkohol verkauft werden, das hat man nur für die Fifa wieder geändert. Und im Moment ist ja aktuell wieder von Bestechungsvorwürfen bei der Vergabe an Katar und Russland die Rede.“ Paffhausen bezieht sich hier auf Korruptionsvorwürfe im Kontext der Vergabe der kommenden Fußballweltmeisterschaften 2018 und 2022 an Russland bzw. Katar. Brasiliens Kirche sorgt sich um soziale Fragen Brasiliens Kirche stärke der friedlichen Protestbewegung im Land den Rücken, fährt er fort. Diese sei klar zu unterscheiden von gewalttätigen Unruhestiftern wie den sog. „Black Blocks“, die sich leider teilweise unter die friedlichen Demonstranten mischten, erinnert er. Die bischöfliche Aktion Adveniat ziehe mit der Ortskirche an einem Strang, wenn es darum gehe, mit dem Fingen auf die sozialen Missstände im Land zu zeigen: „Es gibt von der Ordensleute- und der Bischofskonferenz verschiedene Aktionen, die bestimmte Missstände aufzeigen, die auch bei den Protesten eine Rolle spielen: Die Fastenkampagne hat das Thema Menschenhandel und sexueller Missbrauch von Kindern. Die Ordenskonferenz ist in einem ökumenischen Netzwerk mit anderen Aktionsgruppen verbunden, wo es auch um die Themen Gesundheit und Bildung geht. Letztlich sind die Themen, die von der Protestbewegung aufgegriffen und in den Mittelpunkt der Kritik gerückt werden, genau die Fragen, bei denen Brasiliens Kirche immer Reformbedarf angemeldet hat. Adveniat übergibt ja auch Petitionen an die brasilianische Regierung, wo es genau um solche Forderungen geht, dass man nicht nur die Spiele im Auge hat, sondern auch den sozialen Fortschritt im Land.“ Aktion gegen Menschenhandel Unter dem Motto „Jogue a favor da vida, denuncie o trafico de pessoas“ – „Spiele für das Leben und zeige Menschenhandel an“ will die brasilianische Kirche in Zusammenarbeit mit der Regierung zum Beispiel gegen Menschenhandel während der WM vorgehen. Dazu findet am Mittwoch in Brasilia eine Demonstration statt – im Rahmen einer nationalen Sensibilisierungskampagne, die gegen das Phänomen mobil machen will. Die internationalen Gäste und die brasilianische Bevölkerung soll melden, wenn sie Zwangsprostitution und Menschenhandel beobachtet. Dazu der Adveniat-Brasilienreferent: „Am Flughafen, in Restaurants und in Hotels hängen die entsprechenden Plakate, auf denen Kontaktnummern angegeben sind. Es ist aber letztlich ein internationales Problem wie beim Drogenhandel auch; das bekommt ein Land allein kaum in den Griff! Und man wird gleichwohl auch sagen müssen: Leider ist das Problem Missbrauch in Brasilien nicht nur ein Problem, was über Touristen in das Land kommt, sondern das Thema häusliche Gewalt ist in den ärmeren Schichten auch ein großes Thema, so dass Adveniat in den letzten Jahren auch verstärkt mit Partnern versucht, dort therapeutisch und bewusstseinsbildend zu wirken.“ Offiziell ist die Prostitution in Brasilien verboten, es gebe jedoch viele Frauen vor allem aus dem armen Nordosten des Landes, die „auf eigene Rechnung“ arbeiteten und im Selbstverkauf die einzige Überlebensmöglichkeit sähen, so Paffhausen gegenüber Radio Vatikan. Auch langfristig Verbesserungen? Aus den brasilianischen Großstädten sollen Prostitution, Drogenhandel, Bandenkriege und andere Auswüchse des organisierten Verbrechens zur Zeit der Fußball-WM verschwinden – so wünscht es die brasilianische Regierung. Können die ergriffenen Maßnahmen hier der brasilianischen Bevölkerung auch langfristig etwas bringen – etwa im Bereich Kriminalitätsbekämpfung? Dazu Paffhausen: „Zumindest hat man das propagandistisch so ausgegeben, dass die Mehrheit der Bevölkerung davon profitieren wird, insbesondere was Infrastrukturen angeht. Da sind allerdings berechtigte Zweifel angebracht: Die Mehrheit der Bevölkerung hat wohl kaum etwas davon, wenn Flughäfen ausgebaut werden oder so viel Geld in Stadien gepumpt wird, so dass sich als Folge auch die Eintrittspreise erhöhen und man wohl kaum mit ausverkauften Rängen rechnen wird… Und was das Thema Sicherheit angeht: Da ist vor allem in Rio de Janeiro schon einiges getan worden über die Befriedungspolizei. Es gab ja ganze Favelas, die fest in der Hand von Drogengangs waren, die sich gegenseitig bekämpft haben – etwa 40 der insgesamt 1.000 Favelas, die man in Rio zählt, sind befriedet. Allerdings zeichnet sich jetzt schon ab, dass die Drogengangs sich nur in die Peripherie zurückgezogen haben und sich im Moment neu formieren! Die letzten Auseinandersetzungen Ende April an der Copa Cabana beispielsweise sind sicher ein Zeichen dafür, dass es wieder härtere Gefechte zwischen Polizei und Drogengangs gibt…“ (rv)