„Hier gibt es keine Christenverfolgung“ – Kardinal Sandris Reise ins indische Kerala

Mit positiven Nachrichten ist Kardinal Leonardo Sandri, Präfekt der vatikanischen Ostkirchenkongregation, von einer Reise ins südwestindische Kerala nach Rom zurückgekehrt. In dem Bundesstaat leben anteilmäßig die meisten Christen ganz Indiens; neben Hindus und Muslimen machen Christen in Kerala immerhin rund ein Fünftel der Bevölkerung aus. Diskriminierung oder Verfolgung von Christen wie vor einigen Jahren im ostindischen Orissa gibt es hier nicht. Im Vergleich zu anderen Bundesstaaten herrscht in Kerala keine drastische Armut, auch das Bildungs- und Gesundheitssystem ist relativ gut ausgebaut. Kardinal Sandri, der auf Einladung lokaler christlicher Gemeinschaften nach Kerala kam, lobt die Regierung des indischen Bundeslandes:

„In Kerala gibt es eine sehr offene und achtsame Regierung. Und zwischen den religiösen Konfessionen, also den katholischen, orthodoxen und jakobitischen, sowie Indiens großen Religionen wie dem Hinduismus und dem Islam herrschen Kooperation, gutes Zusammenleben und gegenseitiger Respekt. Es gibt hier nicht solche Gewalteskapaden, Verfolgungen und Unsicherheiten, wie es sie in anderen Regionen des Landes gab und welche die Kirche als solche leider in die schmerzvolle Lage bringen, sehen zu müssen, dass es nicht in allen Teilen Indiens Respekt vor der Menschenwürde, der Religionsfreiheit und den verschiedenen Kirchen und Konfessionen gibt."

Keralas Christen haben ein lange Tradition; sie führen ihren Ursprung bis auf den Apostel Thomas zurück und werden deshalb auch Thomas-Christen genannt. Ihre soziale Stellung ist stark; so gehören sie den oberen Kasten im Land an. Die katholischen Konfessionen stellen in Kerala die Mehrheit des christlichen Bevölkerungsteils: Es sind neben den Syro-Malabaren die Syro-Malankaren und die Lateinische Kirche, dazu außerdem noch die Orthodoxen. Besonders beeindruckt zeigt sich Kardinal Sandri von der Glaubensstärke der mit Rom unierten syro-malabarischen Kirche:

„Die syro-malabarische Kirche ist eine der wichtigsten der katholischen Ostkirchen – wir sprechen da von ungefähr fünf Millionen Gläubige. Diese Kirche hat eine Vitalität und einen apostolischen Geist der Evangelisierung, der einen wirklich mit Freude erfüllt! Außergewöhnlich bewegend war das Treffen mit den Christen, die sehr mit dem Heiligen Stuhl verbunden sind und denen ich den ausgiebigsten und zuneigungsvollsten apostolischen Segen des Papstes überbracht habe. Sie haben ihn alle mit erbaulicher Hingabe für den Nachfolger Petri aufgenommen!"

Doch auch in Kontakt mit den anderen indischen Religionen ist der Vatikanvertreter gekommen. Dabei wurde der Kardinal regelrecht in die Willkommenszeremonien mit hineingezogen, das lässt sich aus seinem enthusiastischen Bericht heraushören:

„Ich wurde zum Beispiel in allen Zeremonien, an denen ich teilgenommen habe, von den Hindus herzlich empfangen. Sie kamen sogar einmal mit einem Elefanten, dem ich mich nähern durfte. Oder bei einer anderen Gelegenheit sind sie mit ihren Cembali und ihren Musikern gekommen und haben inmitten all der Katholiken aufgespielt: das ist ein friedliches Zusammenleben!" (rv)

Indonesien: Christenverfolgung nimmt zu

 Die Christenverfolgung in dem Land hat stark zugenommen. Das berichtet die Göttinger Gesellschaft für bedrohte Völker in einer Pressemeldung von diesem Mittwoch. Demnach habe sich die Zahl der Übergriffe auf Christen in 2010 vervierfacht: Von 75 christenfeindliche Aktionen seien 43 Anschläge auf Kirchen oder willkürliche Schließungen von Gotteshäusern gewesen, so der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Der Trend setze sich offenbar fort, so Delius weiter mit Verweis auf jüngere Vorfälle: Im Februar 2011 seien allein auf der Insel Java drei Kirchen niedergebrannt worden, nachdem ein Christ wegen angeblicher Blasphemie zu fünf Jahren Haft verurteilt worden war. Auch am Päpstlichen Rat für den interreligiösen Dialog hatte man zuletzt eine Radikalisierung der indonesischen Gesellschaft befürchtet. Die Einführung eines Blasphemiegesetzes auch in Indonesien schloss Pater Markus Solo vom Päpstlichen Dialograt im Gespräch mit Radio Vatikan nicht aus.
Noch dramatischer als die Lage der Christen in Indonesien sei die Lage der Ahmadiyya-Muslime, berichtet die Gesellschaft für bedrohte Völker weiter. Ihnen sei Glaubensausübung komplett untersagt, ihre Moscheen würden geschlossen, Gläubige bedroht, vertrieben oder zur Konversion zum sunnitischen Islam gezwungen. (rv)

Sudan: Exodus der Christen

Vor dem Referendum fliehen tausende Christen aus dem Norden des Landes in ihre südsudanesische Heimat. Das geht aus kirchlichen Quellen hervor. Im Interview mit der Katholischen Nachrichtenagentur spricht der Bischof von Rumbek, Cesare Mazzolari, wörtlich von einem „Exodus". Die Menschen fürchteten eine striktere Einführung des islamischen Rechts der Scharia im Falle einer Abspaltung des Südens vom Norden. Der sudanesische Präsident, Omar Hassan al-Bashir, will die Scharia im Falle einer Unabhängigkeit des Südens zur Grundlage der reformierten Verfassung machen. Das hatte al-Bashir im Vorfeld des Referendums angekündigt. Die Zentralregierung in Khartoum habe im Falle einer Abspaltung des Südens Bereitschaft zur Zusammenarbeit erklärt, so Bischof Mazzolari weiter. „Aber wir erwarten, dass sie den ordnungsgemäßen Ablauf des Referendums stören will", fügte der Bischof an. – Die Volksabstimmung über die Unabhängigkeit des Südsudan beginnt am kommenden Sonntag. Sie gilt als Abschluss des stufenweise umgesetzten Friedenabkommens. (rv) 

Übersicht: Reaktionen auf Anschlag von Ägypten

Politiker und Islam-Vertreter in der arabischen und islamischen Welt haben das Attentat von Alexandria einhellig und mit scharfen Worten verurteilt. Auch die Kommentare in ägyptischen Zeitungen äußern große Sorge. Die regierungsnahe „Ruz al Yusuf" vermutet, die Extremisten wollten das Land in einen Bürgerkrieg treiben. Die fundamentalistisch orientieren Muslimbrüder, die den Anschlag schon am Samstag klar verurteilt hatten, wollen nun für mehr Rechte für Kopten eintreten. Sie kündigten an, dass sie künftig wohl einen Kopten im Amt des Staatspräsidenten akzeptieren würden. Das ist bislang von der ägyptischen Verfassung nicht erlaubt.
US-Präsident Barack Obama hat den Anschlag als „barbarische Tat" gebrandmarkt. Nach der Analyse eines US-Korrespondenten fürchtet man im Weißen Haus, dass es zu weiteren Massakern an Christen im Nahen Osten kommen könnte – konkret an Christen in Nord- und Südsudan nach der Volksabstimmung über eine mögliche Unabhängigkeit des Südsudan. Das Referendum ist auf den 9. Januar angesetzt.
Die jüdische Gemeinde von Rom zeigt sich in einem Statement beunruhigt über „das Vorgehen gegen Christen in Ländern wie Sudan, Nigeria, Irak bis hin zu Gaza". Sie stellen sich hinter eine Initiative des römischen Bürgermeisters Gianni Alemanno. Dieser bietet die Schirmherrschaft der Stadt Rom für alle Initiativen an, die sich von Rom aus für Religionsfreiheit einsetzen. Italiens Außenminister Franco Frattini fordert von der EU, ihre Hilfen für Länder, die die Sicherheit von Christen nicht genügend gewährleisten, zurückzufahren.
Die deutsche Bundesregierung sprach von einem Akt der Brutalität. „Das zynische Vorgehen der Attentäter zeigt, wie notwendig es ist, entschlossen gegen Terrorismus und religiöse Intoleranz vorzugehen", betonte Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Zugleich forderten Vertreter aus Politik und Kirche, christliche Minderheiten in islamischen Ländern besser zu schützen. CDU-Politiker riefen muslimische Würdenträger in aller Welt auf, sich von Gewalt gegen andere Religionen zu distanzieren. „Muslimische Autoritäten in Kairo und anderswo müssen eindeutig Stellung beziehen gegen jede Form von Gewalt im Namen ihrer Religion", sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan dem „Hamburger Abendblatt". Es könne keinen Frieden der Völker ohne einen Frieden der Religionen geben. Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), beklagte gegenüber der Zeitung eine zunehmende Gewalt gegen Christen. Diese würden vor allem in Ländern verfolgt, „in denen Muslime die Mehrheit haben".
Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, forderte die ägyptische Regierung auf, aktiv für die Religionsfreiheit Partei zu ergreifen und Anfeindungen religiöser Minderheiten im Namen des Islam zurückzuweisen. Das gelte für Christen ebenso wie für Bahai oder auch ehemalige Muslime.
Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn bekundete seine tiefe Betroffenheit über den Bombenanschlag. „Die katholische Kirche in Österreich ist solidarisch mit dem Schmerz und der Trauer der koptischen Kirche. Dies um so mehr, als es zwischen unseren Kirchen seit mehreren Jahrzehnten dank der Stiftung ‚Pro Oriente‘ eine tiefe innere Verbundenheit gibt", so der Kardinal wörtlich. Der Wiener Erzbischof betonte zugleich, dass ihn nicht nur der Schmerz über das Schicksal der neuen Märtyrer von Alexandrien bewege, er sei auch in tiefer Sorge über die Situation der Christen im ganzen nahöstlichen Raum. Christen dürften nicht als Bürger zweiter Klasse behandelt werden, so Kardinal Schönborn: „Niemand soll irgendwo als Bürger zweiter Klasse angesehen werden".
Auch der Weltrat der Kirchen verurteilt das Attentat von Alexandria. Sein Generalsekretär Olav Fykse Tveit fordert die ägyptische Regierung auf, für die Achtung der religiösen Rechte der Angehörigen aller Glaubensrichtungen zu sorgen. Der Leiter der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Kairo, Pfarrer Joachim Schroedel, ruft zu stärkerer Solidarität der Kirchen in Europa mit den christlichen Gemeinden in Ägypten auf. So sollten auch deutsche Bischöfe nicht nur zu Christen in Israel oder Palästina reisen, sondern auch einmal Gemeinden in Ägypten besuchen, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur in Kairo. Bei einem solchen Besuch könnten die Bischöfe zudem in offiziellen Gesprächen die Problematik der christlichen Minderheit im Land thematisieren. Die ägyptische Regierung müsse mehr zu deren Schutz tun. Der Seelsorger berichtete, seit dem Anschlag hätten sich einige Muslime bei ihm gemeldet und ihre Betroffenheit und Trauer über die Tat bekundet. Die Mitglieder der deutschsprachigen Gemeinde seien nicht stärker verängstigt als bislang.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker fordert den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak auf, sich für ein Ende der Diskriminierung der Kopten im öffentlichen Leben einzusetzen. Mubarak könne so ein deutliches Zeichen gegen die zunehmende Gewalt setzen, unter der die religiöse Minderheit leidet. „Mit leeren Worten der Anteilnahme werden die Kopten sich nicht beruhigen lassen", meint ein Experte des von Göttingen aus operierenden Verbandes. „Nach Jahren staatlicher Schikanierung und stillschweigender Duldung von Übergriffen wollen die Christen nun endlich konkrete Taten zur Verbesserung ihrer schwierigen Lage in Ägypten sehen." So sollten nicht nur der Bau und die Modernisierung von Kirchen erleichtert werden, auch die Religionszugehörigkeit sollte nicht länger in amtlichen Papieren ausgewiesen werden. Außerdem sollten anti-christliche Kampagnen in Schulen sowie Medien unterbunden werden, und die Kopten müssten angemessen im Parlament vertreten sein.
Bislang ist die christliche Minderheit im Abgeordnetenhaus durch Vertreter repräsentiert, die von der Regierung handverlesen sind. Präsident Mubarak hatte nach den Wahlen vom Herbst 2010 sieben Kopten als Parlamentarier ausgewählt. Ihre Ernennung wurde jedoch von führenden Vertretern der Kopten kritisiert, da sie sich nicht engagiert für die Rechte der Minderheit einsetzten.
(rv)

Papst: „Attentate gegen Christen beleidigen Gott und ganze Menschheit“

Papst Benedikt XVI. hat das verheerende Attentat auf Christen in Alexandria, bei dem am Samstag mehr als 20 Menschen umkamen, als „niederträchtige Geste des Todes" bezeichnet. Gleichzeitig rief er die Christen zum Gewaltverzicht auf. Er habe mit Schmerz die Nachricht von der Attacke auf die koptische Gemeinde in Ägypten gehört, sagte der Papst nach dem Angelusgebet an diesem Sonntag Mittag vor Tausenden Gläubigen und Besuchern auf dem Petersplatz:
 „Diese niederträchtige Geste des Todes – ebenso wie jene, Bomben vor die Häuser von Christen im Irak zu legen, um sie zum Auswandern zu zwingen – beleidigt Gott und die gesamte Menschheit, die eben gestern für den Frieden betete und mit Hoffnung in ein neues Jahr ging. Vor dieser Strategie der Gewalt, die auf Christen abzielt, und die Folgen für die gesamte Bevölkerung hat, bete ich für die Opfer und ihre Angehörigen und ermutige die kirchlichen Gemeinden, im Glauben zu bleiben und weiterhin die Gewaltfreiheit zu bezeugen, die aus dem Evangelium kommt."
Vor dem Gebet richtete der Papst eine Botschaft an Spanien. In Madrid waren gleichzeitig zum Angelus Katholische Gläubige zu einer Kundgebung für eine gerechtere Familienpolitik versammelt. „Macht die christlichen Familien zu Heiligtümern der Treue, des Respekts und des Verständnisses", rief der Papst den christlichen Familien Spaniens zu. Er ermutigte sie dazu, „Diener der Liebe" zu sein, die das Leben verteidigt. In den verschiedenen Sprachen ging Papst Benedikt auf das Tagesevangelium ein, nämlich den Prolog des Johannesevangeliums.
„Mit Freude grüße ich alle Brüder und Schwestern aus den Ländern deutscher Sprache. Gottes Wort steht am Anfang von allem, es ist Licht und Leben für die Welt, für uns Menschen. Dies rufen uns die Lesungen am heutigen zweiten Sonntag nach Weihnachten in Erinnerung. Das göttliche Wort hat in Jesus Christus menschliche Gestalt angenommen, es macht sich sozusagen auf den Weg und sucht nach unserer Liebe. Maria hat ihm ihr mütterliches Herz, ihr ganzes Leben geschenkt. Und auch wir sind eingeladen, Gottes Wort in uns lebendig werden zu lassen, ihm Raum zu geben, damit es uns von innen her umwandeln kann. Denn es gibt uns die Macht, wie Johannes sagt, Kinder Gottes zu werden, wirklich Menschen nach dem Abbild Gottes. Der Herr segne euch alle und behüte euch." (rv)

Ägypten: Verheerender Anschlag auf Christen

Bei einem Bombenattentat auf koptische Christen in Alexandria sind in der Silvesternacht 17 Menschen getötet worden; 43 weitere wurden nach Medienangaben zum Teil schwer verletzt. Ein Sprengsatz explodierte am Samstag kurz nach Mitternacht, als die Besucher einer Neujahrsmesse in Alexandria aus der Kirche kamen. Nach der Tat lieferten sich wütende Christen nach Angaben der Polizei und von Augenzeugen Strassenkämpfe mit den Sicherheitskräften und stürmten eine nahe gelegene Moschee. An der Messe hätten fast 1.000 Menschen teilgenommen, sagte der koptische Priester Mena Adel. Nach dem Gottesdienst seien die Besucher auf die Strasse geströmt. „Ich war drinnen und habe eine starke Explosion gehört", so der Geistliche. „Menschen standen in Flammen." Augenzeugen berichteten, vor der Kirche habe die zerstörte Karosserie eines Autos gestanden, im Umkreis hätten Leichen gelegen, zahlreiche Menschen seien verletzt worden. Die Polizei ging zunächst von einem mit Sprengstoff beladenen Auto aus; mittlerweile sprechen die Behörden aber von einem Selbstmordattentäter.
 Das christliche Gotteshaus und die nahegelegene Moschee wurden durch die Explosion beschädigt. Wie das Innenministerium mitteilt, sind unter den Verletzten auch Muslime. Medien hatten zunächst von 21 Toten gesprochen; mittlerweile gehen die Behörden von 17 Todesopfern aus. Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag. Der Gouverneur von Alexandria, Adel Labib, gab umgehend dem Terrornetzwerk Al-Kaida die Schuld an der Tat. Das Innenministerium sprach am Samstag von „ausländischen Elementen", die für das Attentat verantwortlich seien. Präsident Hosni Mubarak rief wenige Stunden nach der Bluttat zur Einheit auf: „Die Söhne Ägyptens, ob Kopten oder Moslems, sollten jetzt gegen den Terrorismus zusammenstehen." Ein Sprecher der Kairoer Universität Al-Azhar, der wichtigsten Autorität im sunnitischen Islam, nannte den Anschlag von Alexandria einen „Angriff auf die nationale Einheit Ägyptens". Eine Verurteilung des Massakers kommt auch von den fundamentalistisch orientierten „Muslimbrüdern". Auf ihrer Homepage sprechen sie von einem „gefährlichen Verbrechen" und schreiben wörtlich: „Keine Religion kann so ein Verbrechen gutheißen, erst recht nicht der Islam, der den Schutz des Lebens, der Ehre und der Güter auch von Nicht-Muslimen fordert."
Die Kopten sind die grösste christliche Glaubensgemeinschaft im Nahen Osten. Sie machen ungefähr zehn Prozent der 80 Millionen Einwohner im überwiegend muslimischen Ägypten aus und sehen sich im Alltag Diskriminierungen und Benachteiligungen ausgesetzt. In den vergangenen Jahren gab es in verschiedenen Teilen Ägyptens immer wieder tödliche Auseinandersetzungen zwischen Kopten und Muslimen. Die gleiche Kirche in Alexandria geriet bereits 2006 in die Schlagzeilen, nachdem ein Messerstecher Gottesdienstbesucher angegriffen hatte. Syrien hat am Samstag das Attentat von Alexandria heftig verurteilt. Schon die Parlamentswahlen vor wenigen Wochen waren in Ägypten von starken, auch religiösen, Spannungen begleitet gewesen; im September 2011 stehen nun Präsidentenwahlen an.
Ein Regierungs-Statement aus Damaskus spricht von einer Attacke „auf den religiösen Pluralismus in Ägypten und in anderen arabischen Staaten". Syrien stehe an der Seite Ägyptens, „um gemeinsam Front gegen den Terrorismus zu machen". Bestürzung über die Nachricht aus Alexandria kommt auch vom französischen Außenministerium und vom Primas der anglikanischen Weltkirche, Erzbischof Rowan Williams von Canterbury. (rv)

Philippinen: „Ihr Ziel ist die Christenvertreibung“

Der letzte Anschlag im Süden der Philippinen hatte zum Ziel, die Christen aus der Region zu vertreiben. Das vermutet der Missionar Pater Gianni Re im Gespräch mit Radio Vatikan. Bei dem Bombenanschlag am ersten Weihnachtstag in Jolo waren elf Menschen verletzt worden. Die Insel im Süden der Philippinen ist eine Hochburg der Terrororganisation Abu Sayyaf, die nach Ansicht von Terrorismusexperten enge Verbindungen mit dem Netzwerk El Kaida unterhält. Pater Re erklärt die mögliche Vorgeschichte des Anschlags:
„Die Gruppen, die mit El Kaida verbunden sind, wollen alle Christen aus diesem Gebiet vertreiben. Vor kurzer Zeit sind einige christliche Lehrer gekidnappt worden. Als sie wieder frei gelassen wurden, sagte man ihnen: Es ist besser, wenn ihr abhaut, denn wir wollen hier keine christlichen Lehrer! In anderen Gegenden hat die Gewalt keinen islamistischen Hintergrund: Da treiben einfach nur Kriminelle mit dem Ziel, an Geld zu kommen, ihr Unwesen. Das Attentat in Jolo ereignete sich in einer Kapelle in einer kleinen Kirchengemeinde innerhalb eines Militärgebietes. Nach den aktuellen Nachrichten könnten es die Al Kaida-nahen Terrorgruppen Jemaa Islamya oder Abu Sayyaf gewesen sein."
Nach Medienberichten läuft der Verdacht auf die Terrorgruppe Abu Sayyaf hinaus. Die Polizei soll zudem von den in der Weihnachtszeit geplanten Anschlägen gewusst haben. Papst Benedikt XVI. hatte die letzten anti-christlichen Anschläge auf den Philippinen und in Nigeria am Sonntag als „absurde Gewalt" verurteilt. Zu dem Anschlag im nigerianischen Jos hat sich unterdessen eine islamistische Sekte bekannt. Weiter drückte der Papst am Sonntag seine Solidarität mit den Verfolgten aus. Die katholische Kirche der Philippinen hat die Anteilnahme des Papstes dankbar aufgenommen; auch sie plädiert für Dialog und Versöhnung:
„Wie der Papst betonen die Priester und Bischöfe hier die Notwendigkeit des Dialoges, der angesichts der Konflikte am wichtigsten ist. Wir müssen da weiter machen, wo wir schon begonnen haben. Und wir müssen echte Versöhnung suchen, um wirklichen Frieden zu stiften – zum Wohl aller Bewohner der Philippinen."
Die katholische Kathedrale in Jolo-Stadt war bisher fünf Mal Ziel von Bombenanschlägen. Mindestens fünf katholische Missionare wurden seit Beginn der 90er Jahre in Jolo und der Provinz Sulu ermordet, mehrere weitere entführt. Die Kirche engagiert sich in der Region vor allem im Bildungswesen, in der Gesundheitsfürsorge und im Wohnungsbau für arme muslimische Familien. (rv)

Nigeria: Gewalt gegen Christen

Religionsfreiheit muss als grundlegendes Menschenrecht geachtet werden – dazu hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, anlässlich der letzten Gewaltwelle in Nigeria erinnert. In einem Brief an den Erzbischof von Jos, Ignatius Kaigama, drückt Zollitsch seine tiefe Erschütterung über die letzten Gewalttaten aus. Gegenseitiger Respekt müsse allen gelten, ganz gleich, welcher Religion sie angehörten, so der Erzbischof mit Bezug auf die Botschaft des Papstes zum Welttag des Friedens 2011. Erst im Januar und März diesen Jahres wurden in Jos, dem Zentrum der Unruhen, mehrere hundert Menschen ermordet. Um religiöse Zugehörigkeit geht es bei den Konflikten jedoch nur bedingt, erinnert Pater Giulio Albanese von den Päpstlichen Missionswerken im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Wir dürfen nicht vergessen, dass Nigeria in diesem Moment politisch gesehen eine schwache Führung hat – mit der föderalen Regierung in der Hauptstadt Abuja. Die wirtschaftliche Krise trifft vor allem die ärmeren Schichten der Gesellschaft. Darüber hinaus gibt es eine Rivalität der Christen und Muslime. Wenn wir von der christlichen Gemeinschaft sprechen, müssen wir präzisieren, dass Nigeria eines der Länder Afrikas mit der höchsten Zahl ‚unabhängiger Kirchen‛ ist, sieben von ihnen sind ziemlich integralistisch. In der Hinsicht ist es wichtig, nicht von zwei klaren Fronten zu sprechen – die Situation ist sehr komplex." (rv)

Benedikt XVI.: „Tätiger Glauben“ mit verfolgten Christen weltweit

Mit tausenden Gläubigen hat Papst Benedikt XVI. am ersten Weihnachtstag an Gottes Menschwerdung erinnert: „Gott ist mit uns; er ist kein Unbekannter, er hat ein Gesicht: das Gesicht Jesu", so der Papst von der Loggia des Petersdoms zu seinen Zuhörern in aller Welt. In seiner Weihnachtsbotschaft rief der Papst zu Solidarität mit den Christen im Nahen Osten auf, auch der Irak und die Volksrepublik China standen im Mittelpunkt seiner Gedanken. Nach der Ansprache spendete er den traditionellen Segen „Urbi et orbi" – in über 60 Sprachen wünschte er danach frohe Weinachten.
„Tätige Solidarität"
In seiner Weihnachtsbotschaft rief Benedikt XVI. zu Frieden im Heiligen Land auf. Die Nähe Christi möge Israelis und Palästinenser bei der „Suche nach einem gerechten und friedlichen Zusammenleben" leiten, so der Papst, und die Christen im ganzen Nahen Osten „in ihren Prüfungen" stärken. Hier nannte der Papst explizit die Christen im Irak:
„Die Trost bringende Verkündigung des Kommens des Immanuels lindere den Schmerz der geliebten christlichen Gemeinden im Irak und im ganzen Nahen Osten und stärke sie in ihren Prüfungen; sie schenke ihnen Kraft und Hoffnung für die Zukunft und beseele die Verantwortlichen der Nationen zu einer tätigen Solidarität ihnen gegenüber."
Unterstützung und „tätige Solidarität" – sie forderte der Papst weiter für die Opfer der letzten Naturkatastrophen auf Haiti, in Kolumbien, Venezuela, Guatemala und Costa Rica ein. Zur Achtung der Menschenrechte rief er mit Blick auf Afghanistan und Pakistan auf; „beständigen Frieden" und „echten Fortschritt" wünschte er den Menschen in der Elfenbeinküste sowie in Somalia, Darfur und Madagaskar. Dialog und Versöhnung wünschte er dem geteilten Korea sowie Nicaragua und Costa Rica.
„Volle Achtung der Religionsfreiheit"
Die Religionsfreiheit – sie ist dieses Weihnachten ein besonderes Anliegen des Papstes, sie ist auch Thema der päpstlichen Friedensbotschaft für den 1. Januar 2011. Besondere Aufmerksamkeit schenkte der Papst in seiner Weihnachtsbotschaft den Christen in China: Angesichts des Drucks, unter dem Gläubige in der Volksrepublik und auch in anderen Ländern der Welt stehen, wünschte der Papst diesen Menschen besondere Kraft und Glaubensstärke:
„Die Feier der Geburt des Erlösers stärke die Gläubigen der Kirche in Kontinental-China im Geist des Glaubens, der Geduld und des Mutes, dass sie wegen der Einschränkungen ihrer Religions- und Gewissensfreiheit nicht verzagen, sondern in der Treue zu Christus und seiner Kirche ausharren und die Flamme der Hoffnung am Leben erhalten. Die Liebe des ‚Gottes mit uns‛ verleihe Beharrlichkeit allen christlichen Gemeinden, die Diskriminierung und Verfolgung erleiden, und leite die politischen und religiösen Führungskräfte dazu an, sich für die volle Achtung der Religionsfreiheit aller einzusetzen."
„Botschaft der Liebe gibt auch heute Hoffnung"Die Botschaft Christi sei immer „neu" und „überraschend", sie übersteige unsere „kühnsten Hoffnungen", so der Papst. Das gelte auch in einer Zeit voller Widersprüche, erinnerte er. Denn die Wahrheit Christi zeige sich dem Gläubigen als „Geheimnis der Liebe":
„Nur wer sich der Liebe öffnet, wird vom Licht der Weihnacht umfangen. So war es in der Nacht von Bethlehem, und so ist es auch heute. Die Menschwerdung des Sohnes Gottes ist ein Ereignis, das in der Geschichte geschehen ist, über diese aber zugleich hinausgeht. (…) An Gott glauben, der unsere Geschichte teilen wollte, ist eine ständige Ermutigung, sich für diese Geschichte, auch inmitten ihrer Widersprüchlichkeiten, einzusetzen. Es ist Grund zur Hoffnung für all jene, deren Würde beleidigt oder verletzt wurde, da ER, der zu Bethlehem geboren wurde, gekommen ist, den Menschen von der Wurzel jeder Knechtschaft zu befreien." (rv)

Jahresrückblick: Papst erinnert an Missbrauch und Christenverfolgung

Die Missbrauchsskandale der vergangenen Monate standen im Mittelpunkt des Jahresrückblicks von Papst Benedikt XVI. Bei dem traditionellen Weihnachtsempfang für die vatikanische Kurie machte er den zunehmenden moralischen Relativismus für die Missbrauchsskandale in der Kirche mitverantwortlich. Insgesamt seien politische wie auch moralische Instanzen vom sinkenden moralischen Konsens bedroht.
 In seiner Jahrsbilanz beklagte der Papst erneut das ungeahnte Ausmaß sexuellen Missbrauchs von Priestern an Kindern und Jugendlichen in der Kirche.
Wir waren erschüttert, ausgerechnet während des Priesterjahrs von Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche in einem unvorstellbaren Ausmaß zu erfahren, die das Sakrament in sein Gegenteil verkehren. Unter dem Mantel des Heiligen verletzen sie zutiefst einen Menschen in seiner Kindheit und fügen ihm damit für sein Leben lang Schaden zu."
In seiner Ansprache an die Kurienmitglieder zeigte der Papst Strategien für den weiteren Umgang mit den Missbrauchsfällen auf:
Wir müssen diese Erniedrigung als Aufforderung zur Erneuerung auffassen. Allein die Wahrheit kann uns erlösen. Wir müssen uns fragen, was an unserer Verkündigung falsch war, was an unserem Christsein, dass so etwas geschehen konnte. Wir müssen zu Buße bereit sein und bei der Vorbereitung auf das Priestertum dafür sorgen, das es sich nicht wiederholen kann."
Der Papst dankte in diesem Zusammenhang ausdrücklich vor allem denjenigen, die Missbrauchsopfer betreuen. Gleichzeitig sah er sexuelle Übergriffe von Geistlichen nicht als isoliertes Phänomen sondern erklärte es mit gesellschaftlichen Grundbedingungen:
Wir dürfen den Kontext nicht übersehen, in dem diese Vorfälle sich ereignen konnten. Der Markt der Kinderpornographie wird von der Gesellschaft zunehmend als normal angesehen. Die psychologische Zerstörung von Kindern, die auf eine Ware reduziert werden ist ein erschreckendes Zeichen unserer Zeit."
Bischöfe aus Entwicklungsländern erinnerten immer wieder an Sextourismus, der eine ganze Generation schädige und in ihrer Freiheit einschränke, mahnte der Papst beim Weihnachtsempfang für die Kurie. In diesem Zusammenhang sah er auch das Problem des Drogenhandels:
Der Drogenhandel streckt mit wachsender Kraft seine Tentakel nach dem gesamten Globus aus. Er ist ein Zeichen für die Diktatur des Mammon, die den Menschen pervertiert."
Moralischer Relativismus ist nach Auffassung des Papstes mit verantwortlich auch für kirchliche Missbrauchsskandale:
„Um uns diesen Phänomenen zu widersetzen, müssen wir einen Blick auf die ideologischen Grundlagen werfen. In den siebziger Jahren wurde Pädophilie als konform mit dem Wesen des Menschen und des Kindes betrachtet. Dies war Teil einer Perversion des Begriffs von Ethos. Selbst in der katholischen Theologie hieß es, dass es kein Gutes oder Böses in sich gebe. Alles hing demnach von den Umständen und vom beabsichtigten Zweck ab."
Bei einem Rückblick auf die jüngste Nahost-Synode im Vatikan beklagte der Papst vor den Kurienmitgliedern überdies erneut wachsende Christenverfolgung und neue Spaltungen in der Region.
„Christen sind derzeit die am stärkten unterdrückte und gequälte Minderheit. Über Jahrhunderte lebte sie friedlich mit ihren jüdischen und muslimischen Nachbarn zusammen. Aus der Synode sollte ein starker Impuls an die politisch und religiös Verantwortlichen ergehen, damit sie die Christianophobie stoppen."
Islamische Stimmen, die Gewalt gegen Christen anprangern, wie
dies ein libanesischer Gast bei der Synode getan hatte, bezeichnete der Papst als „zu schwach". (rv)