Anglikanischer Primas spricht auf Synode

Es war der ökumenische Höhepunkt der Bischofssynode im Vatikan: Am Mittwochabend wandte sich der Primas der anglikanischen Weltgemeinschaft, Erzbischof Rowan Williams von Canterbury, an den Papst und die Bischöfe. In seinem Vortrag lobte er das Zweite Vatikanische Konzil vor allem dafür, dass es „das christliche Menschenbild erneuert" habe. Gläubige müssten der Welt heute das „Gesicht einer Menschlichkeit in endlos wachsender Liebe" zeigen. Christen könnten der „unwirklichen und irrsinnigen Welt" entgegentreten, zu der die Finanzsysteme und die Werbung die Menschen anstifteten. Frei von reiner Selbstorientierung bilde die „von Gottes Weisheit" geprägte christliche Kontemplation eine Antwort.

Um den christlichen Glauben in der westlichen Gesellschaft wieder zu beleben, verwies Williams auf geistliche Gemeinschaften, die über konfessionelle Grenzen hinaus Begeisterung ausstrahlten. Je mehr die christlichen Konfessionen einander fernblieben oder sich den anderen gegenüber für überlegen hielten, umso unglaubwürdiger werde ihre Botschaft. Der Erzbischof trat für eine „spirituelle Ökumene" und Netzwerke wie die benediktinisch inspirierte „World Community for Christian Meditation" ein.

Im Gespräch mit Radio Vatikan bekräftigte der anglikanische Primas, wie bedeutsam das Konzil weit über die Grenzen der katholischen Kirche hinaus gewesen sei.

„Es war ungeheuer wichtig! Ich war ein Teenager, als das Konzil begann, und ein praktizierender Anglikaner, und was zunächst als interessante, aber irgendwie exotische und weit entfernte Veranstaltung erschien, öffnete sich auf einmal und wirkte nicht mehr auf sich selbst bezogen. Das beeindruckte mich und andere. Wir entdeckten in den Verfahrensweisen beim Konzil eine ungeahnte Transparenz der katholischen Kirche, wir erlebten Papst Johannes XXIII. als ein Geschenk an die ganze Christenheit. Und wir stellten fest, dass auf einmal auch andere christliche Kirchen überlegten, wie sie bestimmte Dinge besser machen könnten. Die katholische Liturgiereform stieß z.B. eine ganze Reihe von Liturgiereformen auch in anderen Kirchen an! Ja, das Konzil war auch für uns ausgesprochen wichtig."

Die Erwartungen, die das Konzil vor fünfzig Jahren weckte, waren sehr hoch – doch der damalige Schwung scheint im Lauf der Jahre verlorengegangen zu sein. Der Weg der christlichen Kirchen zur Einheit und zu einem gemeinsamen kraftvollen Zeugnis sei steiniger, als man sich das damals gedacht habe, so Williams.

„Ja doch, manchmal bin ich da enttäuscht. Aber wenn ich dann auf die sechziger Jahre zurückschaue, erinnere ich mich daran, wie wir damals in der Kirche wie in der Politik schlechthin alles für möglich gehalten haben! Da war schon eine Menge Übereilung und Naivität mit im Spiel. Wohinter wir nicht mehr zurückgehen werden, das ist, dass wir mittlerweile auf eine ganz andere Art zusammen beten. In den fünfziger Jahren, als ich ein Kind war, wäre es ziemlich undenkbar gewesen, mit römischen Katholiken zusammen zu beten. Noch nicht einmal das Vaterunser betete man gemeinsam! Die Haupterrungenschaft ist, dass wir uns näher kennengelernt und jetzt das Gefühl haben, dass wir zusammengehören. Das ist irreversibel!" (rv)