Vatikan: Ein bisschen Statistik

Allein in Rom und Castelgandolfo haben im Lauf des Jahres 2010 über zwei Millionen Menschen an den regulären öffentlichen Auftritten des Papstes teilgenommen. Das wurde am Freitag im Vatikan bekannt. Die genaue Zahl liegt bei 2.300.000 Menschen; das ist ein Anstieg von ca. 30.000 gegenüber dem Jahr 2009. Der Vatikan stützt sich bei seinen Angaben auf die ausgegebenen Teilnahme-Karten für Papstveranstaltungen wie etwa die Generalaudienzen. Was die Teilnehmer bei Angelus-Gebeten auf dem Petersplatz betrifft, ist der Vatikan allerdings auf Schätzungen angewiesen. Im einzelnen spricht der Vatikan von ca. 493.000 Teilnehmern an Generalaudienzen, von 381.000 Besuchern liturgischer Feiern des Papstes und von 1.200.000 Teilnehmern am sonntäglichen Mittagsgebet Benedikts XVI.`. Nicht berechnet wurde die Zahl der Menschen, die den Papst 2010 auf seinen Auslandsreisen bzw. seinen inneritalienischen Reisen gesehen haben. (rv)

Das war 2010 für Benedikt XVI.

Mit einem feierlichen „Te Deum" im Petersdom wird Papst Benedikt an diesem Freitag Abend einen Schlußpunkt hinter das Jahr 2010 setzen. Die traditionelle Feier ab 18 Uhr ist gleichzeitig die Vesper zum Gottesmutter-Fest, das die Kirche am 1. Januar begeht. Nicht genug damit: Der 1. Januar ist außerdem kirchlicher Weltfriedenstag, und dazu zelebriert der Heilige Vater ab 9.50 Uhr eine Messe in St. Peter. Wir übertragen sie live mit deutschem Kommentar auf KW 7.225 kHz sowie im Sendebereich Rom auf MW 1.611 kHz. Letzter öffentlicher Auftritt Benedikts im zu Ende gehenden Jahr ist an diesem Freitag Abend sein Besuch bei der Krippe auf dem Petersplatz.
 2010 – das war für den Papst ein intensives Jahr mit einigem Gegenwind und Turbulenzen. Vor allem wegen der Missbrauchsskandale im kirchlichen Raum, die im Frühjahr aufbrachen, in Irland etwa und auch in Deutschland. Benedikt nennt Missbrauch Ende März in einem Brief an die irischen Katholiken „ein abscheuliches Verbrechen" und „eine schwere Sünde".
„Es stand zu erwarten, dass dem Feind der neue Glanz des Priestertums im Jahr der Priester nicht gefallen würde", meint der Papst Ende Juni beim feierlichen Abschluss des Priesterjahres auf dem Petersplatz. „Er hätte es lieber untergehen sehen, damit letzten Endes auch Gott aus der Welt verschwinden würde. Und so kamen gerade in diesem Jahr der Freude über das Sakrament des Priestertums die Sünden der Priester ans Licht, vor allem der Missbrauch der Kleinsten, durch den das Priesteramt als Dienst Gottes am Menschen in sein Gegenteil verkehrt wird. Wir bitten Gott und alle Betroffenen inständig um Vergebung, und wir versprechen, alles zu tun, was in unserer Kraft steht, damit ein solcher Missbrauch sich niemals wiederholen kann!"
Auf seinen Reisen nach Malta und London trifft sich Benedikt mit Missbrauchsopfern – und er verschärft die kirchlichen Normen in diesem Bereich. Im Zeichen der Aufklärung und Reinigung steht auch die Apostolische Visitation der „Legionäre Christi" und die klare Verurteilung des „skrupellosen" Doppellebens, das der Gründer dieser Gemeinschaft führte; Anti-Geldwäsche-Normen für die sogenannte Vatikanbank; und eine Untersuchungskommission zu den angeblichen Marienerscheinungen von Medjugorje.
2010 ist aber auch das Jahr, in dem das Bewußtsein einer Christenverfolgung in vielen Teilen der Welt wächst. Für das Überleben der Christen in Nahost sucht eine Bischofs-Sondersynode im Vatikan nach einer Strategie, und dem Thema Religionsfreiheit gilt die Neujahrsbotschaft von Papst Benedikt.
„Ich bete für die Opfer dieser absurden Gewalt", sagt er mit Blick auf das Massaker in einer Bagdader Kathedrale, dem Ende Oktober fast sechzig Katholiken barbarisch zum Opfer fallen. „Da wurden unschuldige Personen im Haus Gottes getötet, das doch ein Haus der Liebe und Versöhnung sein will. Ich bin allen verfolgten Christen nahe und ermutige Hirten und Gläubige, trotz allem stark in der Hoffnung zu sein."
2010 ist aus Vatikansicht das Jahr, in dem die Bemühungen, mit dem chinesischen Regime zu einem Auskommen zu finden, schwere Rückschläge erleiden. Die Gefahr, dass sich in China ein Schisma verfestigt, ist wieder größer geworden. Mit Blick auf die Säkularisierung im Westen richtet der Papst einen Päpstlichen Rat für die Neuevangelisierung ein. Und er spricht in Großbritannien John Henry Newman selig, um ein Signal für das Miteinander von Glaube und Vernunft zu geben. Denkwürdig ist die Rede Benedikts in einem historischen Saal des britischen Parlamentsviertels:
„Dort habe ich betont, dass Religion für Gesetzgeber nicht ein Problem darstellt, das es zu lösen gelte, sondern einen Faktor, der vital zum geschichtlichen Weg und zur öffentlichen Debatte der Nastion beiträgt – vor allem, indem er auf das ethische Fundament verweist, auf dem in verschiedenen Teilen des sozialen Lebens Entscheidungen zu treffen sind."
Außer nach Großbritannien reist Benedikt 2010 noch nach Malta, Portugal, Spanien und Zypern. Dort auf der geteilten Insel ist er sogar als erster Pontifex zu Besuch. Innerhalb Italiens bleibt von 2010 wohl vor allem sein Gebet vor dem berühmten Turiner Grabtuch im Gedächtnis. Für Deutsche interessant ist die Visite des deutschen Papstes bei der evangelischen Gemeinde von Rom. Und der Heilige Vater sucht auch die römische Synagoge am Tiberufer auf:
„Die Kirche beklagt die Sünden und Unterlassungen ihrer Anhänger und bittet um alles um Verzeihung, was in irgendeiner Weise dem Antisemitismus und dem Antijudaismus Vorschub geleistet hat. Mögen diese Wunden für immer geheilt werden!"
Die großen Dokumente des Jahres sind ein Synoden-Abschlußpapier zur Bibel namens „Verbum Domini" und das Gesprächsbuch „Licht der Welt". Die Bilanz des Jahres 2010 ist für den Papst trotz allem positiv:
„Wir haben gesehen, dass die Kirche heutzutage zwar viel erleidet, aber dass sie doch eine freudige Kirche ist, keine altgewordene. Wir haben gesehen, dass die Kirche jung ist und dass der Glaube Freude weckt!"
Und noch ein paar Zahlen: Im Jahr 2010 hat der Papst Bischöfe aus etwa fünfzehn Ländern zum ad-limina-Besuch empfangen. In seinem dritten Konsistorium hat er 24 neue Kardinäle „geschaffen". Die neuen Heiligen sind sechs an der Zahl, darunter die erste heilige Australierin. (rv)

Lombardi: „In Zukunft wird man Fehler vermeiden können“

Transparenter und glaubwürdiger: Das wird der Heilige Stuhl mit den neuen Gesetzen, die Papst Benedikt für vatikanische Finanz- und Wirtschaftsaktivitäten erlassen hat. Mit diesen Worten begleitet Vatikansprecher P. Federico Lombardi das päpstliche Motu Proprio in die Öffentlichkeit. Für die Kirche könne nur Gutes aus den neuen Normen erwachsen.
 „Die vatikanischen Organismen werden weniger anfällig für Risiken, die sich beim Umgang mit Geld unvermeidlich ergeben. In Zukunft wird man die Fehler vermeiden können, die so leicht Anlass zum Skandal für die öffentliche Meinung und die Gläubigen werden. Die Kirche wird glaubwürdiger vor der internationalen Gemeinschaft und vor ihren Angehörigen."
Immer schon hätten illegale Aktivitäten eine „außerordentliche Fähigkeit" an den Tag gelegt, sich in die Wirtschafts- und Finanzwelt einzuschleichen und sie zu vergiften, so Lombardi. Die neuen Technologien hätten ihnen zudem geholfen, sich immer besser zu verschleiern.
„So ist es verständlich und richtig, dass nationale und internationale Aufsichtsbehörden solche Staaten und Einrichtungen bevorzugen, die die erforderlichen Garantien bieten, während sie den anderen, die solche Verpflichtungen nicht eingehen, mehr Belastungen auferlegen. Das gilt natürlich auch für den Vatikanstaat und die Einrichtungen der Kirche, die Wirtschafts- und Finanzgeschäfte betreiben."
Damit deutet Lombardi an, dass der Vatikanstaat mit den neuen Gesetzen versucht, auf die „Weiße Liste" der Staaten zu kommen, die mit Gesetzen gegen Geldwäsche und Finanzierung von Terrorismus vorgehen. Die neue Regelung erlaube es den vatikanischen Finanz- und Wirtschaftseinrichtungen, für die Sendung der katholischen Kirche in der Welt wirksam zu agieren, aber vor allen Dingen gehorche sie auch der „moralischen Anforderung nach Transparenz, Ehrlichkeit und Verantwortung", von der Papst Benedikts Antritts-Enzyklika „Caritas in Veritate" spricht. (rv)

Neue Richtlinien für vatikanische Finanzgeschäfte

Papst Benedikt XVI. hat internationale Standards für mehr Transparenz in den Finanzgeschäften des Vatikans festgelegt, um Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus auszuschließen. In einem so genannten Motu proprio, das heißt einem Schreiben aus eigenem Antrieb, erlässt der Papst an diesem Donnerstag vier entsprechende Gesetze. Sie gelten nicht nur für den Vatikanstaat, sondern auch für alle Organismen des Heiligen Stuhles, soweit sie mit Finanz- und Wirtschaftsgeschäften zu tun haben. Über die Einhaltung der Gesetze wacht eine neue vatikanische Aufsichtsbehörde, die „Autorität für Finanzinformation" (AIF), deren Einrichtung Benedikt XVI. gleichzeitig verfügte.
Ausdrücklich begrüßte der Papst in seinem Schreiben die Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft im Kampf gegen Geldwäsche und Finanzierung des Terrorismus. Mit den vorliegenden neuen Gesetzen mache sich der Heilige Stuhl diese Regeln zu Eigen. Benedikt weist überdies darauf hin, dass er die neuen Gesetze in Erfüllung des monetarischen Abkommens zwischen Vatikanstaat und Europäischer Union vom 17. Dezember 2009 erlässt.
Mit dem Maßnahmenpaket reagiert der Papst auf Vorwürfe gegen das vatikanische Geldinstitut IOR („Istituto delle Opere di Religione") wegen Geldwäsche. Vor drei Monaten hatte die italienische Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen IOR-Chef Ettore Gotti Tedeschi und einen weiteren Bankmanager eingeleitet sowie 22 Millionen Euro von einem IOR-Konto bei einer italienischen Bank beschlagnahmt. Gotti Tedeschi und der Manager sollen bei Finanztransaktionen die Namen der wahren Auftraggeber verschwiegen und somit der Geldwäsche Vorschub geleistet haben, so der Vorwurf. Der Vatikan sicherte in der Folge seine Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden zu.
Das neue Dekret soll es dem Vatikan ermöglichen, auf die „Weiße Liste" der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu gelangen. Diese Liste vereint die Staaten mit scharfen Kontrollen gegen illegale Finanzgeschäfte.
Das als „Vatikanbank" bekannte IOR verwaltet Gelder katholischer Orden und Verbände. Außerdem agiert das Institut als Sparkasse und als Investmentbank für die Anlagegeschäfte der Kurie. Es ist nicht dazu verpflichtet, seine Bilanzen zu veröffentlichen. Schätzungen zufolge beläuft sich sein Anlagevolumen auf fünf Milliarden Euro. Der Aufsichtsrat und die Direktion des IOR setzen sich heutzutage aus professionellen Bankmanagern zusammen, in der Regel katholische Laien. Ettore Gotti Tedeschi beispielsweise gehört dem Opus Dei an.
Das IOR ist eine Einrichtung des Vatikanstaats und untersteht somit nicht den Vorgaben, die für italienische Banken gelten. Dennoch kann das vatikanische Geldinstitut Ziel von Ermittlungen der römischen Staatsanwaltschaft werden. Als die Leitung des IOR noch Klerikern und nicht Bankmanagern anvertraut war, fand sich das Institut gelegentlich in handfeste Finanz-Skandale verwickelt. So wurde die Vatikanbank in den 80er Jahren unter der Leitung des US-amerikanischen Erzbischof Paul Marcinkus Haupteigner der Privatbank Banco Ambrosiano, die Geldwäsche für die Mafia betrieb und offenbar Kontakte zur Geheimloge P2 unterhielt. (rv)