Papst Franziskus kündigt Veränderungen und Transparenz im Vatikan an

In einem Interview mit Philip Pullella von Reuters kündigt der Papst Veränderungen und mehr Transparenz in der Kurie an.

Vaticanhistory – Martin Marker

Laut Reuters will Papst Franziskus in den nächsten Wochen und Monaten bedeutende Änderungen in der Kurie in Rom vornehmen. Neue Gesichter und Ideen sollen den Reformwillen besser fördern. Hier sind die wichtigsten Aussagen des Papstes aus dem zweistündigen Sit-Down-Interview vom Sonntagabend des Journalisten Philip Pullella von Reuters.

Künftig ein Kardinal als Päpstlicher Almosenmeister

„Franziskus habe beschlossen, dass das Amt des päpstlichen Wohltäters, der auch als Almosenier des Papstes bekannt ist, künftig von einem Kardinal geleitet wird, der höchsten Position in der Kirche nach dem Papst selbst. Der derzeitige Leiter dieses Amtes wird befördert, und seine Nachfolger werden den gleichen Rang haben. Dies wird ein höheres Profil für die Abteilung institutionalisieren, die die Hilfe für die Armen überwacht“.

„Zwei lange Arme des Papstes“ – Glaube und Nächstenliebe

Franziskus glaubt, dass es zwei lange Arme des Papstes gibt – nämlich, dass er der Hüter des Glaubens ist, und dort wird die Arbeit von der Kongregation für die Glaubenslehre geleistet, und der Präfekt muss ein Kardinal sein, sagte Franziskus. Und der andere lange Arm des Papstes ist der Almosenier, und dort muss ein Kardinal sein. Das sind die zwei langen Arme des Papstes – Glaube und Nächstenliebe.

Franziskus hatte am 20. Mai 14 neue Kardinäle angekündigt. Unter diesen ist der aus dem polnischen £ódŸ stammende Päpstliche Almosenmeister, Erzbischof Konrad Krajewski. Das Amt geht zurück auf Papst Gregor X. (1271-1276). Dieser errichtete es als ständige Institution unter dem Namen „Apostolisches Almosenamt“. Seither bekleidet dieses Amt ein Kirchenmann im Titel eines Erzbischofs. Im Pontifikat von Franziskus steht die Führsorge um die „Armen“ in der Welt an hoher Stelle. Diese Führsorge drückt der Papst nun mit der Erhebung des Amtes in die Kardinalstradition aus.

Die Kardinalswürde für Erzbischof Luis Francisco Ladaria Ferrer S.J., als Präfekt der Glaubenskongregation, war die einzigste Ernennung, die man bei Franziskus erwarten konnte. Somit war diese Bekanntgabe keine Überraschung.

Traditionsbrüche

Obgleich der Papst eher für Traditionsbrüche in seiner Amtszeit bekannt ist, erhebt er hier erstmals ein päpstliches Amt zur Tradition. Ganz anders hält er es jedoch mit den Diözesen, die zum Teil seit vielen Jahren in der Kardinalstradition stehen und auf die Erhebung ihres Oberhauptes zum Kardinal warten. In Deutschland wartet der Erzbischof von Berlin, Dr. Heiner Koch, seit zweieinhalb Jahren auf seine Kardinalswürde, in Italien und den USA warten jeweils fünf Diözesanbischöfe auf den Purpur.

Kardinalsrat K9 im Umbruch

Nach Reuters beabsichtigt Franziskus das Beratergremium, den Kardinalsrat K9, vor Jahresende zu verändern.

„Um ihn ein wenig zu erneuern“, aber es würde nicht heißen, „Köpfe zu schneiden“ sagt der Papst.

Die Ankündigung zum K9 ist allerdings keine wirkliche Neuheit. Kardinal George Pell (77), eines der Mitglieder, muss sich seit einem Jahr in Australien wegen sexuellem Missbrauch vor Gericht verantworten. Ein weiteres Mitglied, der chilenische Kardinal Francisco Javier Errázuriz Ossa (84), steht in seinem Heimatbistum unter dem Verdacht, sexuellen Missbrauch über Jahre vertuscht zu haben. Derzeit vollkommen ungeklärt ist der Finanzskandal um das Mitglied, Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga (75) aus Honduras. Dieser ist sogar Koordinator des Kardinalsrates.

APSA

Der Papst will offenbar auch die APSA, die Verwaltung der Güter des Apostolischen Stuhls, modifizieren. Der momentane Präsident der APSA, Kardinal Domenico Calcagno (75), hat im Februar seinen altersgemäßen Amtsverzicht beim Papst eingereicht und wartet nur noch auf die Annahme des Rücktritts. Franziskus betonte:

„Es gibt keine Transparenz“ in den Immobilien des Vatikans, die hauptsächlich in Italien sind und von denen viele im Laufe der Jahre gespendet wurden. „Wir müssen Transparenz schaffen, und das hängt von APSA ab“.

IOR

Zur Vatikanbank IOR sagte Franziskus:

„Ich bin größtenteils glücklich über die Reformen, die erlassen wurden, um die skandalösen vatikanischen Finanzen transparenter zu machen. Die vatikanische Bank, die Hunderte von verdächtigen oder ruhenden Konten geschlossen habe, „funktioniert jetzt gut“.


(vh – mm)

Der Vatikan und das Geld: Fortschritte bei der Transparenz

Der Vatikan hat im Einsatz gegen Geldwäsche und Terror-Finanzierung große Fortschritte gemacht. Das belegt ein Experten-Bericht, der an diesem Donnerstag veröffentlicht wurde. Unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord sprach darüber mit René Brülhart, dem Direktor der vatikanischen Finanzaufsichtsbehörde AIF.

Herr Brülhart, Sie kommen gerade von den Beratungen über Moneyval zurück – sind Sie zufrieden mit den Ergebnissen?

„Der Bericht des Vatikans wurde von der Plenarversammlung in vollem Umfang abgenommen, also gutgeheißen, von daher kann ich sicher zufrieden sein."

Ist Moneyval auch zufrieden?

„Die Diskussionen in Moneyval sind sehr konstruktiv und eigentlich auch sehr kurz verlaufen; es gab keine großen Diskussionen darüber, ob man jetzt eine Abnahme vornehmen sollte oder nicht. Ich kann nicht für Moneyval sprechen, aber ich gehe davon aus, dass – gestützt darauf – auch Moneyval zufrieden ist."

Machen wir einen Schritt zurück: Sie haben ja einen Fortschrittsbericht vorgelegt, der sich auf einen Bericht aus dem Jahr 2012 bezieht. Damals hatte es eine Art Rating gegeben, bei dem 16 Punkte genannt wurden, und neun davon waren positiv, sozusagen mit einem Pluszeichen versehen. Wie sieht das Ergebnis jetzt aus, haben wir da wieder eine Art Rating vorliegen?

„Gestützt auf das ordentliche Verfahren von Moneyval gibt es bei einem Bericht, der sich sozusagen mit der Umsetzung der entsprechenden Empfehlungen, welche damals ausgesprochen wurden, auseinandersetzt, keine neuen Ratings. In anderen Worten: Es wurde geprüft, ob die Empfehlungen, die abgegeben worden waren, vom Heiligen Stuhl bzw. vom Vatikan entsprechend umgesetzt wurden, bzw. ob die Umsetzung in die Wege geleitet worden ist."

Was waren denn das für Fortschritte, die Sie jetzt vorgelegt haben?

„Es gibt verschiedene Ebenen, über die wir hier sprechen. Das eine sind rechtliche Anpassungen – eine Verstärkung des rechtlichen Rahmens. Eine zweite Ebene sind institutionelle Anpassungen, und das Dritte ist sozusagen die operative Tätigkeit, also wie das Ganze konkret umgesetzt wird."

Was heißt denn das konkret? Wofür steht zum Beispiel „operative Tätigkeit" – für Ressourcen?

„Nein, das bedeutet, dass man aktiv Geldwäsche bekämpft, wenn sie denn aufgedeckt wird bzw. gesehen wird. Und das können wir klar bejahen."

„Es wurde extensiv gearbeitet"

Sie haben auch die juristische Ebene benannt, und da sagt die Pressemeldung von Moneyval an diesem Donnerstag, es gebe jetzt den juristischen Rahmen, die Bekämpfung von Geldwäsche funktioniere. Gibt es da also nichts mehr zu tun?

„Also, wenn Sie den doch sehr umfassenden Bericht, der heute morgen veröffentlicht worden ist, zur Hand nehmen, dann sehen Sie, dass auf diesen drei Ebenen in den letzten Monaten sehr extensiv gearbeitet worden ist. Sprechen wir über den rechtlichen Rahmen, der angepasst worden ist: Es gibt seit dem 8. Oktober dieses Jahres ein völlig neues Anti-Geldwäsche-Gesetz, das auch schon angewandt wird, es gibt auf der institutionellen Ebene ein neues Statut meiner Behörde AIF, im Bereich der internationalen Zusammenarbeit sind wir Mitglied geworden in der sogenannten Egmont-Gruppe, also dem Zusammenschluss von weltweiten Geldwäsche-Meldestellen. Dort sind 139 Länder vertreten. Wir haben verschiedene Vereinbarungen über Zusammenarbeit mit anderen Geldwäsche-Meldestellen, darunter mit Italien, mit den USA oder vor ein paar Tagen mit Deutschland unterzeichnet. Das sind alles Elemente, die dazu geführt haben, dass Moneyval zum Schluss gekommen ist, dass man die Hausaufgaben im Vatikan gemacht hat."

Sie sind Chef der Aufsichtsbehörde AIF; Sie kommen nun nach den Debatten nach Hause. Was tun Sie als nächstes? Es ist ja ein Fortschrittsbericht, wir sind ja noch nicht am Ende…

„Als nächstes nehmen wir die Aufarbeitung im IOR unter die Lupe"

„Arbeiten." (Lacht) „Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg. Als nächstes werden in erster Linie sogenannte Vor-Ort-Kontrollen durchgeführt werden, die sind momentan in Planung. Das dürfte in Kürze über die Bühne gehen. Ein Hauptpunkt dabei wird sein, dass wir insbesondere den Aufarbeitungsprozess innerhalb des IOR unter die Lupe nehmen werden, dass wir dort also verifizieren, wie das abgelaufen ist. Dieser Prozess findet unter unserer Aufsicht statt; nichtsdestotrotz wird es wichtig sein, dass wir dort in eine entsprechende Verifizierung hineingehen."

Wenn Sie sagen „Aufarbeitungsprozess", meinen Sie damit die Kontenkontrolle und all die Dinge, die das IOR im Augenblick durchführt?

„Genau. Also, dass man dort sozusagen die einzelne Konten-Überprüfung, die momentan innerhalb des IOR durchgeführt wird, dass man diesen Prozess – der, wie gesagt, unter unserer Begleitung stattfindet – noch ganz genau verifizieren werden und uns das dort dann anschauen."

Was in der Vergangenheit immer wieder genannt wurde, waren die Verdachtsfälle. Am Anfang waren es relativ wenig, dann auf einmal waren es über hundert, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Ist das ein gutes Zeichen für Sie? Wie gehen Sie mit den Meldungen von verdächtigen Finanztransaktionen um?

„Wir hatten 2012 sechs sogenannte Verdachts-Mitteilungen, jetzt bis Ende Oktober 2013 waren es 105 Verdachts-Mitteilungen. Ein klares Zeichen dafür, dass das Meldesystem in diesem Bereich funktioniert, dass man dort auch entsprechende Vorsicht walten lässt. Ein weiterer Grund dafür ist aber auch der ganze Aufarbeitungsprozess, der momentan stattfindet, vor allem innerhalb des IOR. Ein Zeichen, dass dort die Arbeit sehr gut durchgeführt wird. Aber glauben Sie mir: Die Arbeit wird nicht ausgehen!"

„Sehr konstruktiver Dialog mit Moneyval"

Wenn wir über Vatikan und Finanzen sprechen, sprechen wir in den Medien ja vor allem von der Vatikan-„Bank". Was genau hat Moneyval eigentlich geprüft?

„Moneyval als solches prüft, ob ein Staat, eine Jurisdiktion, über ein funktionierendes Geldwäsche- und Terrorismus-Bekämpfungssystem verfügt. Dort spricht man in erster Linie darüber, ob der rechtliche Rahmen gegeben ist, ob die entsprechenden Behörden existieren, und vor allem: ob diese Behörden ihre Arbeit tun."

Und sie tun ihre Arbeit?

„Moneyval bestätigt das, es ist soweit zufrieden, weist auch auf gewisse Elemente hin. Wir sind in einem sehr konstruktiven Dialog mit Moneyval und werden diesen auch weiterführen."

Noch einmal kurz zum Hintergrund: Moneyval ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Staaten, die sich um den Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung kümmern. Wie kommt der Vatikan dazu, sich genau daran zu orientieren?

„Moneyval prüft sozusagen die Umsetzung der internationalen Standards im Bereich der Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungs-Bekämpfung, und der Vatikan hat vor gut drei Jahren auch ein formell sehr starkes Commitment abgegeben im Sinn auch einer moralischen Verpflichtung, diese Arbeiten sehr rasch und sehr gezielt in die Hand zu nehmen. Das Resultat, das wir heute sehen, ist doch sehr positiv."

Es gibt in der offiziellen Pressemeldung von Moneyval auch noch die Perspektive nach vorne. Was kann in Ihren Augen noch verbessert werden?

„Wir werden auf jeden Fall von unserer Seite her Vor-Ort-Inspektionen bei den Finanzinstituten vornehmen; dort sind wir momentan in der Planungsphase…"

Finanzinstitute – also Vatikanbank und anderes im Vatikan?

„Ja, insbesondere im Zusammenhang mit dem IOR… wo wir in erster Linie schauen werden, ob sozusagen der ganze Bereinigungsprozess, der eingeleitet worden ist und über den wir eine entsprechende Aufsicht ausüben – wie das mit der konkreten Umsetzung abgelaufen ist. Das werden wir verifizieren."

Der Vatikan ist Moneyval 2011 beigetreten, würden Sie sagen: Das war eine Erfolgsgeschichte?

„Es geht nicht so sehr darum, ob es eine Erfolgsgeschichte ist oder nicht. Es geht darum, dass wir die Maßnahmen, die notwendig sind, um uns auch als glaubwürdiger Partner gegenüber anderen Ländern und anderen Jurisdiktionen zu etablieren, an die Hand genommen und umgesetzt haben – und weiter umsetzen. Und dass wir dort sozusagen unseren aktiven Beitrag zur Bekämpfung von Geldwäsche und der Finanzierung von Terrorismus leisten können. In dem Zusammenhang, ja, ist das eine Erfolgsgeschichte." (rv)

Lombardi: „In Zukunft wird man Fehler vermeiden können“

Transparenter und glaubwürdiger: Das wird der Heilige Stuhl mit den neuen Gesetzen, die Papst Benedikt für vatikanische Finanz- und Wirtschaftsaktivitäten erlassen hat. Mit diesen Worten begleitet Vatikansprecher P. Federico Lombardi das päpstliche Motu Proprio in die Öffentlichkeit. Für die Kirche könne nur Gutes aus den neuen Normen erwachsen.
 „Die vatikanischen Organismen werden weniger anfällig für Risiken, die sich beim Umgang mit Geld unvermeidlich ergeben. In Zukunft wird man die Fehler vermeiden können, die so leicht Anlass zum Skandal für die öffentliche Meinung und die Gläubigen werden. Die Kirche wird glaubwürdiger vor der internationalen Gemeinschaft und vor ihren Angehörigen."
Immer schon hätten illegale Aktivitäten eine „außerordentliche Fähigkeit" an den Tag gelegt, sich in die Wirtschafts- und Finanzwelt einzuschleichen und sie zu vergiften, so Lombardi. Die neuen Technologien hätten ihnen zudem geholfen, sich immer besser zu verschleiern.
„So ist es verständlich und richtig, dass nationale und internationale Aufsichtsbehörden solche Staaten und Einrichtungen bevorzugen, die die erforderlichen Garantien bieten, während sie den anderen, die solche Verpflichtungen nicht eingehen, mehr Belastungen auferlegen. Das gilt natürlich auch für den Vatikanstaat und die Einrichtungen der Kirche, die Wirtschafts- und Finanzgeschäfte betreiben."
Damit deutet Lombardi an, dass der Vatikanstaat mit den neuen Gesetzen versucht, auf die „Weiße Liste" der Staaten zu kommen, die mit Gesetzen gegen Geldwäsche und Finanzierung von Terrorismus vorgehen. Die neue Regelung erlaube es den vatikanischen Finanz- und Wirtschaftseinrichtungen, für die Sendung der katholischen Kirche in der Welt wirksam zu agieren, aber vor allen Dingen gehorche sie auch der „moralischen Anforderung nach Transparenz, Ehrlichkeit und Verantwortung", von der Papst Benedikts Antritts-Enzyklika „Caritas in Veritate" spricht. (rv)

Vatikan: IOR-Bank transparenter machen

Der Vatikan will die Geldgeschäfte seiner Bank IOR durch strengere Bestimmungen transparenter machen. Nach Angaben des Heiligen Stuhls soll dazu am Donnerstag ein vatikanisches Dokument veröffentlicht werden, das die Anwendung der EU-Bestimmungen zum Kampf gegen Geldwäsche durch das „Institut für die religiösen Werke" (IOR) festschreibt. Wegen des Verdachts auf eine Verletzung dieser Normen hatte die italienische Staatsanwaltschaft im September 23 Millionen Euro auf einem Konto des IOR bei einer italienischen Bank gesperrt. Der Einspruch des IOR war zuletzt kurz vor Weihnachten von einem römischen Gericht mit dem Hinweis auf fehlende Transparenz abgelehnt worden. Der Vatikan hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Zudem sei die Einrichtung eines Kontrollgremiums vorgesehen, das die Einhaltung der neuen Normen überwache, schreibt der Vatikan-Korrespondent der Zeitung, Andrea Tornielli. Grundlage für die Reform ist demnach das Finanzabkommen, das im Dezember 2009 zwischen der Europäischen Union und dem Vatikanstaat getroffen worden sei. (rv)