Papst-Interview mit italienischer Zeitung

La RepubblicaMit Vorsicht zu genießen – und trotzdem interessant: Papst Franziskus hat der italienischen Tageszeitung La Repubblica wieder ein großes Interview gegeben. Es erschien in der Ausgabe von diesem Freitag. Allerdings hat sich herumgesprochen, dass der historische Repubblica-Herausgeber Eugenio Scalfari, ein Herr von mittlerweile 92 Jahren, bei solchen Interviews keine Aufnahmegeräte einsetzt – aus Prinzip nicht. Stattdessen rekonstruiert er sie hinterher aus seinem Kopf. Trotzdem: Interessant, was Scalfari Papst Franziskus diesmal sagen lässt.

Am letzten Montag habe er sich „über eine Stunde lang“ mit dem Papst unterhalten können, so Scalfari. Dabei habe ihm Franziskus anvertraut, er wolle über Donald Trump und generell über Politiker „kein Urteil abgeben“. „Ich will nur verstehen, welche Leiden ihr Vorgehen den Armen und Ausgeschlossenen bereiten kann.“ Wohlgemerkt: Zum Zeitpunkt des Interviews hatte Trump noch nicht die US-Präsidentenwahlen gewonnen.

Seine Hauptsorge gelte derzeit „den Flüchtlingen und Einwanderern“, so der Papst weiter. Leider gebe es gegen sie häufig „gesetzliche Maßnahmen“, weil „Bevölkerungen“ fürchteten, dass Migranten ihnen „ihren Arbeitsplatz wegnehmen und ihre Gehälter deswegen sinken“. „Das Geld ist gegen die Armen, und auch gegen die Einwanderer und Flüchtlinge, aber da sind auch die Armen in den reichen Ländern, denen die Aufnahme von Menschen in ähnlicher Lage aus armen Ländern Sorgen macht. Das ist ein perverser Kreislauf, der durchbrochen werden muss. Wir müssen die Mauern niederreißen, die spalten.“

Es seien „Ungleichheiten“, die dazu führten, dass „viele Völker von einem Land ins andere, von einem Kontinent zum anderen“ zögen. Diese Ungleichheiten gelte es zu bekämpfen, „das ist das größte Übel, das es auf der Welt gibt“. Und weiter: „Es ist das Geld, das sie herbeiführt.“ Einmal mehr wehrt sich Franziskus in dem Gespräch gegen den Vorwurf, im Grund seines Herzens Kommunist zu sein. Eher verhalte es sich so, „dass Kommunisten wie Christen denken“. „Christus hat von einer Gesellschaft gesprochen, in der die Armen, Schwachen und an den Rand Gedrängten die sind, die entscheiden. Nicht die Demagogen, sondern das Volk, die Armen… Ihnen müssen wir helfen, um Gleichheit und Freiheit zu erreichen.“

Der Papst bejaht die Frage Scalfaris, ob er wünsche, dass die Armen direkt „in die eigentliche Politik eintreten“ sollten: „Ja, so ist das. Nicht in die Machtkämpfe, den Egoismus, die Demagogie, das Geld, sondern in die hohe, kreative Politik, in die großen Visionen.“ Scalfari fragt nach: Ob Franziskus ein „wenn auch politischer Krieg“ vorschwebe, mit dem die Volksbewegungen die Macht ergreifen könnten? Antwort des Papstes: „Ich habe nie an Krieg und Waffen gedacht.“ Wenn Blut vergossen werde, dann seien das häufig „die Christen, die zu Märtyrern werden“ – ein Sprung zur katastrophalen Lage in Nahost.

Die Männer des „Islamischen Staates“ seien „furchtbare Schlächter“, und Christen seien ihre Opfer. Scalfari versetzt, dass viele Länder derzeit mit Waffengewalt gegen den IS vorgingen. Daraufhin Franziskus: „Nun, das ist nicht die Art von Konflikt, den christliche Volksbewegungen austragen. Wir Christen sind immer Märtyrer gewesen, und doch hat unser Glaube im Lauf der Jahrhunderte große Teile der Welt erobert.“ Leider sei es immer wieder zu Religionskriegen gekommen – „aber das geschah immer dann, wenn die einzelnen Religionen und auch unsere Religion die Macht über den Glauben und die Barmherzigkeit gestellt haben.“

Ohne Macht könne man nun aber nicht gewinnen, so Scalfari, ohne Macht könnten auch Arme und Ausgeschlossene ihre Stimme nicht in der Politik hörbar machen. Woraufhin Franziskus erklärt: „Jetzt vergessen Sie, dass es auch die Liebe gibt.“ Es lebten mittlerweile mehr als zweieinhalb Milliarden Christen auf der Welt – ob es dazu Waffen und Kriege gebraucht habe? Nein. Aber Märtyrer, „ja, und zwar viele“. „Wir haben den Glauben verbreitet, indem wir an Jesus Christus Mass genommen haben. Er war der Märtyrer der Märtyrer…“

Der Journalist schließt mit dem Eindruck, dass Papst Franziskus „viele Gegner“ in seiner eigenen Kirche habe. „Gegner würde ich nicht sagen“, antwortet der Papst: „Der Glaube eint uns alle. Natürlich sind wir Individuen und sehen dieselben Dinge jeder in einer anderen Weise…“

Ein etwas seltsames Gespräch: Schöne Papstzitate, gewiss, doch immer mit dem Verdacht des Fiktiven behaftet. (rv)

Trump oder Clinton? Warum Katholiken mit dem Gewissen entscheiden sollen

USAWASHINGTON, D.C. – Wen wählt die größte Religionsgemeinschaft der Vereinigten Staaten? Wem geben die Wahlberechtigten unter den rund 70 Millionen Katholiken im Land ihre Stimme?

Historisch betrachtet ist das alles andere als kar. Es hat noch nie eine „katholische Partei“ im Land gegeben. Und bei den letzten Wahlen stimmten die Katholiken zwar meistens für den oder die Wahlsieger, aber nicht immer für eine bestimmte Gruppe oder Person.

Und heute? Bei der Entscheidung zwischen Hillary Clinton und Donald Trump?

Wer einen Blick auf die letzten Umfragewerte wirft, bekommt auch keine klare Auskunft: Nur wenige US-Wahlforscher differenzieren nach religiöser Zugehörigkeit; und solche, die es tun, melden völlig unterschiedliche Ergebnisse.

„Erst die Hochrechnungen nach der Wahl werden uns Auskunft geben können“, so der Sozialwissenschaftler Dr. Mark Gray gegenüber CNA. Der Forscher arbeitet am „Center for Applied Research in the Apostolate“ der Georgetown University.

Was die Kirche in den USA den Wählern empfiehlt

Für Katholiken ist die Entscheidung auch und vor allem eine Gewissensfrage. Dabei spielen mehrere Faktoren eine Rolle.

Die US-Bischofskonferenz bietet dazu seit November 2015 eine Hilfstellung an: Forming Consciences for Faithful Citizenship, also in etwa „Gewissensbildung für eine gläubige Staatsbürgerschaft“.

„Wir hoffen, dass die Lektüre des Dokuments über die Lehre der Kirche informiert und dadurch bei der eigenen Gewissensbildung hilft, um moralische recht nach den Wahrheiten und Grundsätzen unseres Glaubens zu urteilen“, erklärte Norma Montenegro Fynn vom Presse-Amt der US-Bischofskonferenz.

Das Dokument sei keine „Anleitung zum Wählen“, betonte sie. Vielmehr versuche es zu erklären, welche Verantwortung katholische Wähler haben und in der Gewissensbildung behilflich zu sein.

Auch wenn die Kirche am politischen Prozess beteiligt sei und diesen mitgestalte, sei sie nicht parteiisch oder voreingenommen und dürfe keine Partei empfehlen, betonte Fynn.

Vielmehr gehe es um fundamentale moralische Wahrheiten. „Es gibt Dinge, die wir [als Katholiken] niemals tun dürfen, als Individuen wie als Gesellschaft, weil sie mit der Liebe Gottes und der Nächstenliebe unvereinbar sind“, steht in „Forming Consciences“ zu lesen.

Solche in sich sündhaften, moralisch schlechten Handlungen – so das Dokument der US-Bischöfe weiter – seien etwa Abtreibung, Euthanasie, Folter, Völkermord, unmenschliche Ausbeutung von Arbeitern, rassistische Handlungen, und vieles andere mehr; darunter auch „die Umdefinition von Ehe“.

Die Rolle für Katholiken nach der Wahl

Ganz egal, wer letztlich die Wahl gewinnt: Zurück bleibt eine tief gespaltene und uneinige Nation. Die USA – und ihr neuer Präsident – steht morgen vor der gewaltigen Aufgabe, eine bis zum Zerreissen gespannte Gesellschaft neu zusammen zu bringen, ja zu heilen. Dazu hat Carl Anderson nun die Katholiken Amerikas aufgerufen. Anderson steht der einflussreichen Laienorganisation der Kolumbusritter vor. Der Oberste Ritter der Knights of Columbus sagte wörtlich: „Die Frage, die wir uns stellen sollten, ist diese: Wie Katholiken in Amerika in Zukunft eine Quelle der Einheit und Versöhnung sein können, oder ob wir ein Grund für weitere Spaltung und Feindseligkeit sein werden“. (CNA Deutsch)

Kurienkardinal Koch und Roms Pastor erhalten Verdienstkreuz

Kardinal KochÖkumenische Feierstunde in Rom: Der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch und Roms lutherischer Pfarrer Jens-Martin Kruse haben an diesem Donnerstag das Bundesverdienstkreuz erhalten. Die Übergabe der Auszeichnung fand an der Deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl statt. Die beiden Geehrten „fördern die Einheit der Christen, und das bedeutet uns viel“, so Botschafterin Annette Schavan in ihrer Würdigung. Bundespräsident Joachim Gauck nannte Kardinal Koch in einer Grußbotschaft „einen der heutigen Architekten der Einheit der Christen“. Mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse werde Pfarrer Kruse für „das Wirken im Dienst der Ökumene“ gewürdigt, schreibt Gauck. „Zum kulturellen Gedächtnis der Deutschen gehört auch, im Land der Reformation zu leben“, sagte Botschafterin Schavan bei der Feierstunde in Rom und erinnerte auch an die bevorstehende Schwedenreise des Papstes, bei der es um das Gedenken der Reformation gehe. „Gleichsam auf dem Weg nach Lund ehren wir heute zwei Persönlichkeiten, die sich auf besondere Weise in den Dienst an der Einheit der Christen gestellt haben“, so Schavan laut Redemanuskript. (rv)

Vatikan/UNO: Abrüstung statt nur Embargo gegen Atomwaffen

UNO-FahneAtomwaffen geben einen „falschen Sinn für Sicherheit“, so ein Statement des Ständigen Beobachters des Heiligen Stuhls bei der UNO in New York, Erzbischof Bernadito Auza. Es sei falsch, so das Redemanuskript, gegen Staaten mit Boykott und Embargo vorzugehen, die angeblich Atomwaffen produzieren und gleichzeitig selber Nuklearbomben zu besitzen. Vielmehr müssten sich alle Staaten gleichermaßen für den Abbau und die Beseitigung von solchen Waffen einsetzen. Konkrete Staaten wurden nicht namentlich genannt. (rv)

Vatikan vor UNO: „Armut hat vor allem ein weibliches Gesicht“

UNO-FahneDie Internationale Gemeinschaft braucht effektive Maßnahmen, um Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Das betonte der ständige Beobachter des Heiligen Stuhls bei der UNO, Erzbischof Bernatido Auza, in einer Stellungnahme. Es sei alarmierend, dass einer Studie nach 35 Prozent aller Frauen weltweit physische Gewalt zu erleiden haben, überwiegend sexuell und im eigenen häuslichen Umfeld.

Papst Franziskus habe immer wieder betont, wie wichtig die gleichberechtigte Würde von Mann und Frau sei und dass jeder Abbau von Diskriminierung ein Grund zur Freude sei, so Auza. Es habe auf diesem Gebiet schon Fortschritt gegeben, es bleibe aber weiterhin viel zu tun.

Armut habe weltweit vor allem ein weibliches Gesicht, fuhr der Erzbischof fort. Eine inklusive und gleichberechtigte Wirtschaft hätte deswegen vor allem gute Konsequenzen für Frauen. Ungleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, ungleiche Rechtsstellungen und andere Diskriminierungen seien nicht hinnehmbar. Gleichberechtigung müsse auch gleichberechtigten Zugang zu Ressourcen, Kapital und Technologie bedeuten.

Ausdrücklich betonte Auza auch die Unterstützung des Heiligen Stuhls im Einsatz gegen die Genitalverstümmelung von Frauen. Der Schutz junger Frauen vor diesem „inakzeptablen Brauch“ bei gleichzeitigen Bildungsanstrengungen für diese Frauen bedeute einen notwendigen kulturellen Wandel, für den sich die internationale Gemeinschaft einsetzen müsse. (rv)

Frankreich: Immer mehr Katholiken wählen Front National

FrankreichImmer mehr Katholiken in Frankreich würden der rechtsextremen Partei Front National ihre Stimme abgeben. Das geht aus einer Umfrage der Zeitschrift „Pélerin“ hervor. So hätten die französischen Katholiken bei den letzten Regionalwahlen 2015 etwa zu 32 Prozent für die Partei von Marine Le Pen gestimmt. Früher überstieg ihre Quote nie die Neun-Prozent-Hürde. Die Präsidentin der „Semaines Sociales de France“ – eine Art Katholikentag – ruft dazu auf, die neuen Zahlen sehr „ernst zu nehmen“. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagt Dominique Quinio, dass es vor allem darum gehe, über die Gründe für die starke Zuwendung der Katholiken zum Front National nachzudenken.

„Wir müssen verstehen, weshalb die Katholiken diese Partei wählen würden. Es geht nicht darum, das einfach nur zu kritisieren. Verstehen bedeutet, die Verantwortung der Wähler ernst zu nehmen. Viele fühlen sich von den jetzigen gewählten Politikern im Stich gelassen, und deshalb müssen wir auf diese Protestwähler eingehen.“

Da sei auch die katholische Kirche gefordert, auch wenn diese nicht Parteipolitik betreibe und dies in Frankreich auch nicht tun werde. „Wir sollten regelmäßig die Wähler auf die Bedeutung der Wahlen hinweisen. Es geht nicht darum, die eine oder andere Partei schlecht zu reden. Es geht darum, die christliche Verantwortung für das Allgemeinwohl zu berücksichtigen. Ein Christ muss vor allem an das Wohl der Gemeinschaft denken, und das impliziert eine große Verantwortung bei der Wahl der entsprechenden Partei. Darauf hinzuweisen, ist also eine christliche Pflicht!“

Die nächsten Präsidentschaftswahlen in Frankreich finden in einem Jahr statt. Der Front National – und seine Spitzenkandidatin Marine Le Pen – stehen derzeit in den Umfragewerten weit oben. (rv)

Vatikan äußert Sorge über Flüchtlingskrise

UNO-FahneDer Vatikanvertreter beim UNO-Sitz in Genf, Erzbischof Ivan Jurkovič, sagte bei einem Treffen des Flüchtlingshochkommissariats UNHCR, dass der Heilige Stuhl besorgt sei über die „hohe Zahl“ an Flüchtlingen auf der Welt. Insgesamt 65,3 Millionen Menschen seien gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen, so der Diplomat. Viele davon seien Minderjährige. Jurkovič erinnerte auch an die schätzungsweise zehn Millionen Menschen weltweit, die staatenlos seien und keinen Zugang zu den grundlegendsten Rechten hätten. Der Heilige Stuhl werde auch weiterhin jegliche Initiativen und Projekte unterstützen, die dazu dienen, Flüchtlingen beizustehen. Derzeit findet in Genf das 67. Treffen des UNHCR statt. (rv)

Nach den Anschlägen: Bildung gegen Hass und Terror

Kardinal TauranHass. Das ist der Titel eines französischen Films von Mathieu Kassoviz, der in den Pariser Vorstädten spielt, dort, wo Jugendliche, zumeist Einwanderer aus Nordafrika, kaum eine Chance haben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, gefangen in einem Teufelskreis aus Arbeitslosigkeit, Dorgenkonsum und Gewalt – und neuerdings auch Islamismus. Der Film von 1995 sollte eine drastische Warnung sein vor der Eskalation, dem gesellschaftlichen Sprengstoff, der in der Vernachlässigung dieser Jugend steckt. „Jusqu’ici tout va bien“, „Bis jetzt ist alles gut“, der Leitsatz des Films, den einer der Jugendlichen immer wieder ausspricht. Aber irgendwann platzt die Bombe, so die Botschaft von „Hass“. Mit den Attentaten von Paris, Nizza, aber auch Würzburg, Ansbach und München ist der Film zu einer traurigen Realität geworden. Kardinal Tauran, Präsident des Päpstlichen Rates für Interreligiösen Dialog, sprach mit Radio Vatikan über einen Ausweg aus dem Hass, der insbesondere bei der Bildung von Jugendlichen ansetzen sollte.

„Das beginnt bei der Bildung, in der Familie“, so der Kardinal gegenüber Radio Vatikan. Er bezieht sich besonders auf die Anschläge von Nizza. „Die Kinder müssen Respekt lernen vor den alten Menschen, sie müssen die Geschichte kennenlernen, wir sind schließlich nicht die Ersten hier, sondern sind Teil einer Gemeinschaft, die eine Geschichte hat. Diese Geschichte müssen wir annehmen. Wir müssen auch eine neue Philosophie der Begegnung schaffen, denn wir werden nicht glücklich, wenn die einen die anderen ausschließen oder wir gegeneinander vorgehen.“

Dennoch hat Kardinal Tauran einen realistischen Blick auf die gesellschaftliche Situation: Denn die Attentäter hätten bereits viel Leid über Menschen gebracht, viele hätten bereits einen lieben Menschen bei einem Anschlag verloren: „Es gibt die Gefahr, dass, wenn wir einmal die Schwelle des Leidens und der Revolte überschritten haben, Hass in unsere Herzen dringt. Es werden Themen vermischt, die unsere Diskussionen und Haltungen nähren. Wir müssen uns gegenseitig helfen, die Stimme dessen zu hören, der uns sagt: ‚Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken‘.“

Die Stimme des Dialogs, die Stimme der Ruhe und Sachlichkeit sei in der angeheizten Stimmung entscheidend, so Kardinal Tauran. Auch und besonders im Gespräch mit den Muslimen: „Der Dialog geht weiter, es hat sehr bewegende Zeichen der Solidarität vonseiten der Muslime gegeben, ich denke da an Prinz Hassan bin Talal aus Jordanien. Der Dialog geht weiter und es gibt auch Fortschritte, wie man etwa an der Annäherung des Vatikan an die Al-Azhar-Universität in Kairo sieht. Wir müssen bedenken, dass die Mehrheit der Muslime die Terrorakte verurteilt.“

Durch die vielen Anschläge und Gewaltfälle insbesondere in Frankreich und Deutschland machten sich Angst und Unsicherheit breit, viele Menschen stellten plötzlich ihren persönlichen Lebenssinn, den Sinn ihrer Gemeinschaft infrage. Auch das Verhältnis zum Tod habe sich verändert. „Natürlich wissen wir Menschen, dass wir irgendwann sterben müssen, aber im Grunde glauben wir das immer nicht so richtig. Heute gehen wir aus dem Haus in dem Wissen, dass wir nicht mehr zurückkommen könnten.“

Alles zu spät, jetzt, wo die Bombe geplatzt ist? Nicht für Kardinal Tauran – er glaubt an den Menschen, sagt er: „Eine dringende Notwendigkeit ist die Bildung der jungen Generationen, ihnen zu zeigen: Einer, der eine andere Religion hat als ich, ist nicht unbedingt gleich ein Feind. Wir sind alle Geschöpfe Gottes, wir sind die Menschheit, wir alle haben besondere Gaben von Gott bekommen: Einen Verstand, um zu verstehen und ein Herz, um zu lieben. Diese Botschaft muss verbreitet werden, insbesondere unter den Jugendlichen, und sollte ihr alltägliches Leben inspirieren.“ (rv)

Kardinal Urosa: Regierung Venezuelas hört weder den Papst noch die Bischöfe

Uroso SavinoCARACAS – Der Erzbischof von Caracas und Primas von Venezuela, Kardinal Jorge Urosa, hat schwere Vorwürfe gegen die Regierung Nicolás Maduros erhoben. Das Staatsoberhaupt höre „weder den Papst noch den venezolanischen Episkopat an“ und sein Regime erlaube der Kirche nicht, Hilfslieferungen von Medikamenten und Lebensmitteln ins Land zu bringen, um der Not der Bevölkerung Abhilfe zu leisten.

Venezuela befindet sich in einer eskalierenden Krise, die vor allem die Armen und Mittelschicht betrifft. Selbst für Grundversorgung ist in vielen Bereichen nicht mehr ausreichend gesorgt.

Die Erklärung des Kardinals wurde am 19. Juli über Radio Vatikan verbreitet. Der kirchliche Würdenträger gab an, dass es „wahr sei“, dass Papst Franziskus und der Heilige Stuhl mit großer Aufmerksamkeit die Situation im lateinamerikanischen Land verfolgten.

Die Regierung jedoch „hört weder auf den Papst noch das venezolanische Episkopat. Wir haben seit langer Zeit – mit einer positiven Einstellung und respektvollen Haltung – die Probleme, Fehler und Lösungen dargestellt, aber die Regierung hört nicht. Das ist ein schwerwiegendes Problem und ein Elend, denn die Situation im Land ist nur immer schlimmer geworden.“

Der Erzbischof von Caracas erinnerte daran, dass die venezolanische Bischofskonferenz (CEV) am 12. Juli einen Appell veröffentlicht hatte, in der die „äußerst schwere Situation“ angemahnt wurde, die das Land durchlebt – mit einem großem Mangel an Nahrungsmitteln und „gleichzeitig enormen Kosten für dieselben aufgrund einer Inflation, die gegenüber dem Vorjahr bereits um 400 Prozent gestiegen ist“.

„In diesem Sinn haben wir die Landesregierung aufgefordert, dieses Problem zu lösen und dem venezolanischen Volk das Recht auf Nahrung zu garantieren.“

Bedauernswerterweise aber, fügt er hinzu, „hört die Regierung auch nicht auf die Bitte der venezolanischen Ärzte, die durch die Kirche und den Papst bereit im Juni gefordert hatten, die Erlaubnis zur Einführung grundlegende Arzneimittel zu geben.“

„Schon seit mehreren Monaten fordert die Kirche von der Regierung, dass sie erlaube, die Hilfsgüter ins Land bringen zu können – Lebensmittel sowie Medikamente –, die viele Personen von außen, Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen oder kirchlichen Organisationen, uns schicken wollen“. „Die Regierung verweigert jedoch beständig diese Erlaubnis. Das ist erbärmlich und wir verstehen natürlich nicht, welches die Gründe der Regierung sind“ sagte er.

Als Folge der Krise überquerten am Sonntag, den 17. Juli, mehr als 63.000 Venezolaner die Grenze zu Kolumbien – die nur von 6.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet wurde – um in Cúcuta Lebensmittel zu kaufen. Es war das zweite Mal, dass Maduro zeitweise die Grenze öffnete. Das erste Mal war am 10. Juli, als 35.000 Personen die Grenze überschritten.

Auslöser war der Schritt von ungefähr 500 Frauen gewesen, die am 5. Juli gewaltsam ins Nachbarland eingedrungen waren, um Lebensmittel zu kaufen, und die ankündigten, diese Aktion zu wiederholen.

In ihrem Schreiben betont die CEV, dass die Episode vom 10. Juli „ein offensichtlicher Beweis für die Krise sei“.

In seinem Interview mit Radio Vatikan sprach der Erzbischof auch die Gewalt an, die auf der Straße herrsche, die Plünderung von Lebensmittelgeschäften, sowie den Angriff auf eine Gruppe von Seminaristen am 1. Juli.

Er erklärte, dies sei „ein bedauernswerter Vorfall gewesen, verursacht durch eine Gruppe bewaffneter Personen, die in Merida versucht hatten, eine Demonstration der Opposition zu verhindern. Leider wurden die dort vorbeigehenden Seminaristen – nicht als solche erkennbar, da sie zivil gekleidet waren – angegriffen“.

„Wirklich ärgerlich ist, dass die Regierung, statt sich der Dinge anzunehmen, statt zuzuhören und die Vorschläge, die wir venezolanische Bischöfe machen, in Betracht zu ziehen oder zu prüfen, die Bischöfe einfach mit absurden Argumenten angreift und „als Putschisten bezeichnet“. Das sei „völlig falsch. Wir haben uns in keinster Weise an Konspirationen gegen die Landesregierung beteiligt.“

Der Erzbischof betonte, dass die Haltung der Bischöfe immer gewesen sei, zum Dialog aufzufordern. „In diesem Moment haben wir die Regierung gebeten, nicht nur den Aufruf der Bischöfe zu berücksichtigen, sondern auch um die große Anzahl von Personen, die in dieser Krise der Politik und des Lebensmittel- und Medikamentenmangels demokratische Lösungen fordern.“

„Wir haben immer eine positive Haltung an den Tag gelegt und die Hand ausgestreckt, um dabei zu helfen, die Probleme des venezolanischen Volkes zu lösen“ hebt er hervor.

Im Mai war eine Reise des Sekretärs für die Beziehungen des Vatikan zu den Staaten, Monsignore Paul Richard Gallagher, nach Venezuela geplant, um an der Bischofsweihe des Priesters Francisco Escalante teilzunehmen, der zum Apostolischen Nuntius für die Republik Kongo ernannt wurde.

Gallagher musste die Reise – auch wenn es keine diplomatische Mission gewesen wäre – jedoch wegen „Gründen, die vom Heiligen Stuhl abhängen“ absagen.

Am 19. Mai erklärte der Parlamentspräsident der venezolanischen Nationalversammlung und Abgeordnete der Opposition, Henry Ramos Allup, auf Twitter, dass diese Absage „vom Regime Maduros gefordter worden war. Tragische Angst.“

Das gesellt sich zur Entscheidung Maduros vom 7. Juni 2015, die geplante Audienz mit dem Papst abzusagen.

Der Regierende gab dabei gesundheitliche Probleme an und erklärte, nach einem neuen Termin für ein Treffen mit Franziskus zu suchen. Bis heute ist aber nichts bekannt, dass der venezolanische Präsident um eine weitere Audienz mit dem Papst ersucht hätte. (CNA Deutsch)

Vatikan zu Türkei: „Das sind keine guten Entwicklungen“

Kardinal Parolin„Das sind keine guten Entwicklungen, sondern Grund zur Sorge für jeden”: Mit diesen Worten kommentierte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin die aktuelle Situation in der Türkei. „Die Spannungen in der Welt nehmen zu und solche Spannungen sind kein guter Ausgangspunkt für die Lösung von Problemen“, so Parolin weiter. Er antwortete auf Fragen von Journalisten am Rande einer Feierstunde im Vatikan. „Wir hoffen, dass die Klugheit und die Menschlichkeit siegen werden und den Menschen helfen, die richtigen Lösungen zu suchen und zu finden.“

Bereits vor zwei Tagen hatte Parolin betont, dass eine Lösung für die aktuelle Krise beim Respekt vor dem Menschen und seiner Würde beginnen müsse, „sonst erleben wir immer wieder solche Situationen des Hasses, der Gewalt und der Entzweiung, die zunehmen“, so Parolin vor zwei Tagen. Als Kardinalsstaatssekretär ist Parolin der zweite Mann im Vatikan und Leiter der Diplomatie des Heiligen Stuhls. (rv)