Vatikan-Diplomat zur Lage in Palästina: „Sich nicht an das Morden gewöhnen“

UNO-Fahne„Gewalt führt nirgendwohin, weder jetzt noch in Zukunft.“ Das sagte der Vatikan-Vertreter bei der UNO in Genf an diesem Mittwoch mit Blick auf die Lage in Palästina. Erzbischof Silvano Tomasi äußerte sich bei der Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrates zur Situation in den besetzten Palästinensergebieten einschließlich Ostjerusalems. Auf lange Sicht „kann es keine Gewinner der derzeitigen Tragödie geben, bloß neues Leid“, heißt es in der Rede des Diplomaten, die der vatikanische Pressesaal veröffentlichte. Der Vatikan-Diplomat beanstandete, dass geschätzte 70 Prozent der Opfer in Palästina Zivilisten seien, die laut den internationalen Konventionen eigentlich geschützt werden müssten. Das sei „genauso inakzeptabel wie die Raketen“ der Palästinenser auf zivile Ziele in Israel.

Tomasi griff in seiner Rede zu teils drastischen Formulierungen. „Die Gewissen sind gelähmt von einem Klima unausgesetzter Gewalt, die versucht, Lösungen auf dem Weg der Vernichtung des anderen herbeizuführen“, sagte der Vatikan-Diplomat in Genf. „Die anderen zu dämonisieren schaltet aber ihre Rechte nicht aus.“ Der Weg zur Zukunft liege darin, „unsere gemeinsame Menschlichkeit“ anzuerkennen.

Erzbischof Tomasi erinnerte an die Reise von Papst Franziskus ins Heilige Land vom vergangenen Mai, bei der dieser ein Ende des Konflikts zwischen Israel und Palästina gefordert habe. Die sich verschlechternde Lage in Gaza erinnere permanent an die Notwendigkeit, zu einem sofortigen Waffenstillstand zu gelangen und Friedensverhandlungen aufzunehmen. Franziskus habe darauf hingewiesen, dass dies nur unter Verzichten auf beiden Seiten zu machen sei.

Tomasi rief die internationale Gemeinschaft zur Verantwortung. Sie müsse „den Parteien in diesem entsetzlichen Konflikt helfen, zu einer Vereinbarung zu gelangen“, um die Gewalt zu stoppen. Ebenso nahm der Vatikan-Diplomat die Medien in die Pflicht. Sie müssten über die Tragödie in Palästina – Tomasi vermied das Wort „Krieg“ – fair und unvoreingenommen berichten. Die Strategie der Gewalt könne „ansteckend sein und unkontrollierbar werden“, warnte der päpstliche Diplomat. In einer Zeit allgegenwärtiger Menschenrechtsverletzungen müsse man vermeiden, „sich an das Morden zu gewöhnen“. Vielmehr gelte es, positiv zu reagieren, um den Konflikt zu mildern, „der uns alle betrifft“. (rv)

Der Vatikan vor neuen Anhörungen in Genf

UNO-Fahne„Eine normale Prozedur mit einem offenen Gespräch“: So beschreibt Vatikansprecher Federico Lombardi den Auftritt von Vatikan-Vertretern vor dem Anti-Folter-Komitee der UNO in Genf. In einem Statement erläutert Lombardi die Absichten des Vatikans bei der Anhörung vom Montag und Dienstag kommender Woche. Der Heilige Stuhl sei 2002 „für den Vatikanstaat“ der Anti-Folter-Konvention von 1984 beigetreten; 2012 habe er seinen Bericht vorgelegt und auch veröffentlicht. Lombardi betont, dass das Engagement des Vatikans gegen Folter weit über eine bloße Umsetzung der Konvention auf seinem kleinen Territorium hinausgehe; der Heilige Stuhl trete auch international immer wieder deutlich für eine menschenwürdige Behandlung aller ein. Das Strafrecht des Vatikanstaats sei im letzten Jahr an die Anti-Folter-Konvention angepasst worden, so der Vatikansprecher.

Bei Anhörungen vor UNO-Komitees ist es nach Darstellung des Jesuitenpaters Lombardi „nicht selten, dass auch Fragen gestellt werden, die nicht direkt mit dem Text der Konvention zu tun haben“; so sei das etwa im letzten Januar bei der Anhörung des Vatikans im UNO-Kinderschutzkomitee gewesen. „Dazu kommt dann auch oft Druck, den ideologisch ausgerichtete NGOs von außen auf die Komitees ausüben“, erklärt Lombardi. Der Vatikan-Auftritt vor dem Kinderschutz-Komitee war zu einem Kreuzverhör geraten und hatte dem Heiligen Stuhl Negativ-Schlagzeilen beschert, die an die Missbrauchsskandale erinnerten. Lombardi hofft für die kommenden Anhörungen von Genf auf eine „konstruktive Debatte, die dazu beiträgt, dass der Konsens in der internationalen Gemeinschaft über den Schutz der Menschenwürde weiter wachsen kann“. Ohne einen konstruktiven Debattengeist könnten die UNO-Einrichtungen „an Autorität einbüßen und zu Werkzeugen ideologischen Drucks werden“. (rv)

Vatikan/UNO: Anhörung vor Kinderschutz-Komitee

UNO-FahneDer Vatikan hat eine Delegation zum UNO-Komitee für die Rechte des Kindes nach Genf geschickt. Sie informierte an diesem Donnerstag darüber, was die Kirchenspitze angesichts der Pädophilie-Skandale im kirchlichen Raum in den letzten Jahren getan hat. Es war das erste Mal, dass Spitzenvertreter des Vatikans zu diesem Thema vor einer internationalen Organisation aussagen und sich befragen lassen. Auch Vertreter anderer Staaten treten an diesem Donnerstag vor dem Komitee auf.

Das UNO-Komitee ist für die Umsetzung einer Konvention der Vereinten Nationen über Kinderrechte zuständig. Diese Konvention wurde 1989 beschlossen, 1990 trat der Heilige Stuhl ihr (unter Angabe von drei Vorbehalten) bei. Beobachter des Heiligen Stuhles bei den Genfer UNO-Einrichtungen ist Erzbischof Silvano Maria Tomasi, der die Vatikan-Delegation anführt. Er berichtete vorab im Interview mit Radio Vatikan:

„Das ist die 65. Sitzung dieses Komitees, und auf ihr werden die Berichte von Russland, Deutschland, dem Heiligen Stuhl, Portugal, Kongo und dem Jemen untersucht. Sie alle haben einen Bericht über die Anwendung der Kinderrechte-Konvention auf ihrem Staatsgebiet eingereicht. Die entsprechende Aufforderung war an alle Länder gegangen, die die Konvention unterzeichnet haben, also auch an den Heiligen Stuhl. Das Komitee will Anmerkungen zum Bericht machen und einen Dialog zwischen jedem Staat und den Experten des Komitees in Gang bringen. Der Heilige Stuhl nimmt daran wie die anderen Staaten teil; er hält das für eine gute Gelegenheit, um die Werte und das Prozedere dieser Konvention zu würdigen – für einen guten Moment, um den Schutz von Kindern in der Welt voranzubringen.“

Schon vorab hatte die UNO-Behörde dem Vatikan einen Fragebogen zum Umgang mit Pädophilie-Fällen im kirchlichen Raum zugeschickt. Diesen füllte der Vatikan allerdings nicht aus, weil er aus seiner Sicht nicht juristisch zuständig ist für Delikte und Verbrechen, die außerhalb seines eigenen Gebietes begangen werden. Die 24-seitige Erklärung des Vatikans ist dem Genfer Kinderschutz-Büro im Dezember zugegangen. Erzbischof Tomasi wußte, dass er sich durchaus auf Kritik am kirchlichen Umgang mit dem Thema Kinderschutz gefasst machen musste. Tatsächlich stellte eine der Expertinnen, Sara Oviedo, am Donnerstag in Genf eine Reihe bohrender Fragen an den Kurienmann. Im Vorab-Interview mit uns meinte Tomasi dazu:

„Kritik ist wohlfeil, manchmal hat sie ja auch ein reales Fundament; Verbrechen sind immer schlecht, aber wenn sie sich gegen Kinder richten, dann verschärft das die Sache noch. Der Vorwurf an den Heiligen Stuhl, er habe in der Vergangenheit den Gang der Gerechtigkeit behindert, scheint mir etwas aus der Luft gegriffen. Den Gang der Gerechtigkeit in irgendeinem Land aufzuhalten, trotz seiner legitimen Jurisdiktion, wäre eine ungehörige und ungerechte Einmischung, von wessen Seite auch immer. Der Heilige Stuhl unterstreicht das Recht und die Pflicht jedes Landes, jedwedes Verbrechen gegen Minderjährige strafrechtlich zu verfolgen! Die Kritik, dass man den Gang der Gerechtigkeit da behindern wolle, steht also auf tönernen Füßen, im Gegenteil: Wir wollen, und auch Papst Franziskus insistiert darauf, dass Transparenz herrscht und die Gerechtigkeit zum Zug kommt.“
Franziskus hat am 6. Dezember eine eigene Kinderschutz-Kommission des Heiligen Stuhls eingerichtet. Darauf wies Vatikanvertreter Tomasi in seinem fünfseitigen Bericht, der vom Vatikan an diesem Donnerstag veröffentlicht wurde, eigens hin. Der Bericht, den Tomasi im Genfer „Palais Wilson“ vorstellte, führt auch die Anstrengungen des früheren Papstes Benedikt XVI. auf, Kontrolle und Prävention im Bereich Kinderschutz zu verstärken.

„Der Heilige Stuhl erfüllt seine internationalen Verpflichtungen, auch die, die sich aus der Ratifizierung der Kinderrechte-Konvention ergeben. Er wird alle Bemerkungen, Kommentare und Vorschläge der Expertenkommission in Erwägung ziehen. Die neue, von Papst Franziskus eingerichtete Kinderschutz-Kommission wird sich mit den Hinweisen des UNO-Komitees aufmerksam auseinandersetzen.“

Außer Erzbischof Tomasi gehörte auch Weihbischof Charles J. Scicluna zu der Vatikan-Delegation in Genf. Scicluna war lange Jahre Verantwortlicher an der vatikanischen Glaubenskongregation für den Umgang mit Pädophilie-Fällen. Insgesamt ist die Kinderrechte-Konvention von 193 Staaten weltweit unterzeichnet worden; eigentlich sollen sie alle fünf Jahre einen Bericht vorlegen, doch daran hält sich ein Großteil der Staaten nicht. Vatikansprecher Federico Lombardi weist in einer Erklärung an diesem Donnerstag darauf hin, das UN-Kinderschutz-Komitee sei „kein Gericht, das irgendwelche Jurisdiktion hätte, Staaten zu verurteilen, sondern ein von den Staaten selbst eingerichtetes Werkzeug“.  (rv)

UNO-Chef lädt Papst nach New York ein

UNO-FahnePpaon ist am Dienstag im Vatikan zu einem Gespräch mit Papst Franziskus zusammengetroffen. Es sei „eine große Ehre" für ihn, den „spirituellen Führer der Welt" zu Beginn seines Pontifikats zu treffen, so der aus Südkorea stammende Ban zum Papst. Die Vereinten Nationen und der Heilige Stuhl hätten „gemeinsame Vorstellungen und Ziele". Er lud Franziskus zu einer Rede vor der UNO in New York ein.

Ban ist der siebte UNO-Generalsekretär, der im Vatikan zu Besuch kommt, Schweizergardisten und der Präfekt des Päpstlichen Hauses, Erzbischof Georg Gänswein, begleiteten ihn in die Amtsräume des Apostolischen Palastes, wo die Audienz stattfand. Der UNO-Chef schenkte dem Papst eine Ausgabe der Charta der Vereinten Nationen, der zwischen Englisch und Italienisch hin- und herwechselnde Franziskus revanchierte sich mit einem Mosaik. „Ich habe dem Papst gesagt, dass seine Entscheidung, sich nach dem heiligen Franz von Assisi zu nennen, eine kraftvolle Botschaft im Sinne der Vereinten Nationen war", so Ban hinterher vor der Presse. „Es bezeugt seinen Einsatz für die Armen und seine Demut, seine Leidenschaft für eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen. Wir haben über die Notwendigkeit gesprochen, mehr für soziale Gerechtigkeit und das Erreichen der Millenniumsziele zu tun. Papst Franziskus hat mir gegenüber versichert, er wolle auch Brücken zwischen verschiedenen Religionsgemeinschaften schlagen."

Laut Vatikan drehte sich das Gespräch auch um den Syrien-Konflikt, um die Nordkorea-Krise und um Afrika. Franziskus und nach ihm Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone hätten ihre Wertschätzung für die Friedensarbeit der UNO gezeigt. Der Papst äußerte seine Sorge über Menschenhandel und die unmenschliche Behandlung von Migranten. Ban machte deutlich, dass er große Erwartungen in den neuen Papst setzt. „Papst Franziskus ist eine Stimme derer, die keine Stimme haben. Ich hatte die Ehre, ihn zu einem baldmöglichen Besuch bei den Vereinten Nationen einzuladen." Der frühere Papst Benedikt XVI. hatte den Sitz der Vereinten Nationen in New York im April 2008 besucht und vor der UNO-Vollversammlung eine Rede gehalten. Der Heilige Stuhl als Leitungsorgan der katholischen Kirche hat bei den Vereinten Nationen einen Beobachterstatus, er ist aber kein Mitglied. Er entsendet daher keine Botschafter an die Hauptsitze der UNO in New York und Genf, sondern ständige Beobachter im Rang eines Titularerzbischofs. Diese dürfen an Abstimmungen nicht teilnehmen, haben jedoch Rederecht und können in Ausschüssen mitwirken. Außer dem Heiligen Stuhl hat gegenwärtig nur Palästina einen Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen. (rv)

UNO: Grenzen für den Waffenhandel

UNO-FahneNach zehn Jahren Verhandlungen zur gemeinsamen Eindämmung von Waffenhandel ist eine wichtige Hürde genommen worden. In der UNO-Vollversammlung erhielt der ausgehandelte Vertragstext am Dienstagabend eine überzeugende Mehrheit von 154 Ja-Stimmen. Damit zeichnet sich erstmals die Möglichkeit ab, dass ein internationales Abkommen den Handel mit sogenannten konventionellen Waffen einschränken könnte. Für ein solches Abkommen hat sich auch der Vatikan mehrfach eingesetzt. Der Waffenhandel, auf den die Vereinbarung abzielt, ist ein Geschäft von geschätzten siebzig Milliarden US-Dollar pro Jahr. Jeden Tag kommen, ob in Kriegs- oder Friedenssituationen, Tausende von Menschen durch konventionelle Waffen ums Leben. Die USA haben in der Vollversammlung für das Abkommen gestimmt, Russland und China haben sich enthalten. Die neuen Normen, die noch von den einzelnen UNO-Mitgliedsländern ratifiziert werden müssen, sehen vor, dass keine konventionellen Waffen mehr in Staaten ausgeführt werden dürfen, in denen sie Kriminellen oder Terrorgruppen in die Hände fallen könnten. Staaten, die Waffen ausführen, sind also gehalten, strengere Regeln aufzustellen. Kritiker bemängeln, dass sich das Abkommen nur auf die wichtigsten Waffensysteme bezieht; das Liefern von Munition oder von einzelnen Waffenteilen sei weiterhin möglich. (rv)

Drama in der Wüste: „Warum wissen das alle und keiner tut was?“

EritreaSie sind derzeit mindestens 750, die meisten kommen aus Eritrea. Eigentlich wollten sie sich in Richtung Israel durchschlagen, doch dann fielen sie in die Hände krimineller Beduinen. Die ketten ihre Opfer an, foltern sie, entnehmen ihnen Organe – ein Drama in der Sinai-Wüste, seit Jahren. Alganesh Fesseha leitet die NGO „Ghandi“, die versucht, Flüchtlinge freizubekommen.

„Das ist eine ganz vergessene Geschichte, und dieses Vergesssen ist gefährlich, denn die Leute sterben, ohne dass das irgendjemanden kümmert. Diese Eritreer kommen auf Arbeitssuche in den Sudan, dort werden sie – oft in einem der Flüchtlingslager von Shagarab bei Khartum – vom Beduinenstamm Rashaida gekidnappt und an ägyptische Beduinen verkauft, für etwa 3.000 Dollar. Die Ägpyter verkaufen sie für einen noch höheren Preis an andere Beduinen an der Grenze zu Israel weiter, und die halten sie dann als Geiseln und verlangen von ihnen bzw. ihren Angehörigen ein Lösegeld zwischen 30- und 50.000 Dollar. Wer das Geld nicht aufbringen kann, wird getötet. Aber auch, wer zahlt, wird gefoltert und womöglich getötet, die Leichen werden einfach auf die Straße geworfen. Ich bin gerade aus dem Sinai zurückgekommen und habe fünf Leichen dort auf der Straße gesehen.“

Von dem Lösegeld kaufen die Beduinen im Sinai nach Fessehas Informationen Waffen und Drogen. Sie frage sich, wie es nur möglich sei, „dass alle davon wissen und keiner etwas tut“? Die Qualen der Geiseln seien „unmenschlich“: Tausenden Frauen seien etwa die Brüste abgeschnitten worden, vielen Geiseln habe man die Beine amputiert.

„Die Gefangenen rufen uns an: Die Beduinen geben ihnen ein Handy, damit sie darüber Lösegeld erbitten. Die rufen mich an und beschreiben mir ihre Lage. Über Mittelsmänner konnten wir schon 150 von ihnen befreien; wir geben ihnen dann eine sogenannte „Yellow Card“ der UNO und bringen sie nach Kairo. Aber für die meisten Gefangenen können wir leider nichts tun. Dabei spielt sich da ein richtiggehendes Massaker von Unschuldigen ab. Am meisten geschockt hat mich die Tötung eines dreijährigen Kindes – ich habe es tot im Abfall gesehen. Das ist doch etwas Inakzeptables und Dramatisches! Welche Schuld hat denn ein dreijähriges Kind?“ (rv)

Vatikan begrüsst UNO-Entscheidung zu Palästina

Der Vatikan begrüßt die Entscheidung der UNO-Vollversammlung in New York, Palästina einen Beobachterstatus als Nicht-Mitgliedsstaat zuzuerkennen. Nur kurz nach dem Votum in der Nacht auf Freitag veröffentlichte das vatikanische Staatssekretariat eine Erklärung. Sie verweist darauf, dass sich der vatikanische „Außenminister", Erzbischof Dominique Mamberti, schon letztes Jahr vor der UNO für eine Anerkennung der Staatlichkeit Palästinas eingesetzt habe. Wörtlich heißt es aus dem Vatikan: „Das Votum vom 29. November drückt die Gefühle einer Mehrheit der Mitglieder der internationalen Gemeinschaft aus." Auch der Heilige Stuhl hat einen Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen.

Es war eine Genugtuung für Palästinenserpräsident Mahmud Abbas: 138 der 193 Staaten in der UNO-Vollversammlung stimmten für eine diplomatische Aufwertung der Palästinenser. Abbas hatte die Vollversammlung dazu aufgerufen, eine „Geburtsurkunde für Palästina" auszustellen. Die USA und Israel werteten die Abstimmung als Rückschlag für die Friedensbemühungen im Nahen Osten, insgesamt neun Staaten stimmten mit Nein. In seinem Kommuniqué erinnert der Heilige Stuhl daran, dass der palästinensische Sieg „für sich allein noch keine hinreichende Lösung für die Probleme in der Region darstellt": Es brauche neue Anstrengungen für Frieden, Stabilität und Gerechtigkeit. Dabei müssten „die legitimen Erwartungen sowohl Israels als auch Palästinas respektiert" werden.

Eine definitive Lösung des Nahostkonflikts kann aus Vatikansicht – das wird in dem nächtlichen Statement erneut klar – nur auf Grundlage der UNO-Entscheidungen von 1947 gefunden werden. Diese sahen die Existenz zweier Staaten vor. Der Heilige Stuhl appelliert an beide Völker, die Verhandlungen „in gutem Glauben wiederaufzunehmen" und alles zu vermeiden, was der ernsthaften Suche nach einer dauerhaften Friedenslösung entgegensteht, heißt es weiter.

Ausdrücklich erinnert der Vatikan an seinen Grundlagenvertrag mit der PLO vom 15. Februar 2000. Dieser verlangt ein international überwachtes Statut für Jerusalem, das Religions- und Gewissensfreiheit garantiert, dem besonderen Charakter Jerusalems als Heiliger Stadt Rechnung trägt und den Zugang zu den Heiligen Stätten sichert. Der Vatikan habe sich wiederholt für eine Zwei-Staaten-Lösung in der Region ausgesprochen, betont das Staatssekretariat. Dabei habe er aber auch immer das Recht des Staates Israels auf ein Leben in Sicherheit innerhalb international anerkannter Grenzen bekräftigt. Zugleich habe er das Recht des palästinensischen Volkes auf ein unabhängiges und souveränes Heimatland und auf ein Leben in Würde und mit freien Reisemöglichkeiten verlangt.

Das Communiqué zitiert aus der Rede von Papst Benedikt XVI. zum Abschluss seiner Heilig-Land-Reise vom 15. Mai 2009 auf dem Flughafen von Tel Aviv: „Kein Blutvergießen mehr! Keine Kämpfe mehr! Kein Terrorismus mehr! Kein Krieg mehr! Lasst uns stattdessen den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen! Lasst bleibenden Frieden herrschen, der auf Gerechtigkeit gründet, lasst echte Versöhnung und Heilung walten. Es möge allgemein anerkannt werden, dass der Staat Israel das Recht hat, zu existieren und Frieden und Sicherheit innerhalb international vereinbarter Grenzen zu genießen. Ebenso möge anerkannt werden, dass das palästinensische Volk ein Recht auf eine souveräne, unabhängige Heimat, auf ein Leben in Würde und auf Reisefreiheit hat. Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben!" (rv)

Italien: Konferenz gegen die Todesstrafe

Mehrere Justizminister aus der ganzen Welt sind an diesem Dienstag einem Aufruf der Gemeinschaft von Sant´Egidio gefolgt und haben an einem Kongress zur Abschaffung der Todesstrafe teilgenommen. Neben den hochkarätigen Politikern aus Ländern, die die Todesstrafe bereits abgeschafft haben, waren auch direkte Zeugen und ehemalige Häftlinge, die dem Todestrakt entronnen sind, bei der Konferenz mit dem Titel „Für eine Welt ohne Todesstrafe" dabei. Bereits 150 Länder haben die Todesstrafe abgeschafft, zuletzt die Mongolei und die US-amerikanischen Bundesstaaten Illinois und Connecticut. Erst vor wenigen Tagen hatte die UNO eine Resolution verabschiedet, die eine Einstellung der Todesstrafe fordert. Alles Zeichen, die auf eine endgültige weltweite Abschaffung der Todesstrafe hoffen lassen. Marco Impagliazzo ist Präsident der katholischen Basisgemeinschaft Sant´Egidio, im Radio Vatikan-Interview erklärte er, was seine Gemeinschaft sich im Kampf gegen die Todesstrafe erhofft:

„Die Abschaffung der Todesstrafe weltweit macht Fortschritte. Dieses Jahr sind zum Glück 1.000 Urteile weniger vollstreckt worden. Auch wenn die Anzahl der getöteten Personen – 5.000 den Daten nach, die wir zur Verfügung haben – nach wie vor schrecklich ist und uns darüber nachdenken lässt, dass wir es mit einem langen Kampf zu tun haben. Aber die Gemeinschaft Sant´Egidio kämpft mit seinen Mitgliedern in allen 73 Staaten, in denen sie präsent ist, um diesen Kampf auf allen Ebenen zu gewinnen, auf der Ebene der Zivilgesellschaft und auf der Ebene der Politik, der Staaten."

Es gebe in diesem Kampf aber auch Rückschläge zu verbuchen, so beispielsweise die Wiederaufnahme von Hinrichtungen in Indien. Am vergangenen 21. November wurde dort seit 2004 erstmals wieder eine Hinrichtung vollstreckt, es handelte sich um einen der Attentäter von Mumbai.

„Diese Tatsache ist dahin gehend zu interpretieren, dass es immer wieder Rückfälle in diese Art des Strafvollzuges, der anachronistisch und grausam ist, gibt. Deswegen müssen wir die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wach halten. Deshalb haben wir diesen Kongress in Rom organisiert. Wir dürfen in unserer Wachsamkeit nicht nachlassen, denn es gibt zu viel Gewalt auf der Welt und allzu oft wird die Todesstrafe vom Staat als eine Art Rache verstanden. Wir müssen unser ,ja´ zum Leben wiederholen, nicht das Motto der Todesstrafe: ,es lebe der Tod´."

Auffällig sei es auch, dass die Todesstrafe oft rassistischen Charakter habe, so der Präsident. So sei es offensichtlich, dass beispielsweise in den Vereinigten Staaten vor allem schwarze und arme Personen hingerichtet würden. Der christliche Glaube müsse eine zentrale Rolle spielen:

„Wir sind Christen und wir haben Glauben. Wir vertrauen darauf, dass diese allgemeine Mobilisation weiter geht, die mittlerweile Millionen von Personen erreicht hat. Ich denke, wenn sich die Bürger, die Vereinigungen und die Gemeinschaften zusammen bewegen, dann kommt es zu historischen Bewegungen, die schöne Überraschungen mit sich bringen."

Am 30. November 2012 findet auf Initiative der Gemeinschaft Sant’Egidio zum zehnten Mal der internationale Aktionstag „Cities for Life" gegen die Todesstrafe statt. Der 30. November wurde für die Kampagne gewählt, weil an diesem Tag im Jahr 1786 das Großherzogtum Toskana als erster Staat der Welt Folter und Todesstrafe für abgeschafft erklärte, etwa 1500 Städte in 87 Ländern nehmen an der Aktion teil. In vielen Städten wird an diesem Tag ein charakteristisches Gebäude besonders angestrahlt: in Rom das Kolosseum, in Paris das Haus von Victor Hugo, in Berlin der Rathausturm, in Nürnberg die Straße der Menschenrechte. (rv)

Vatikan/UNO: Hoffnungszeichen für Frauenrechte

Der Heilige Stuhl würdigt das Engagement der Vereinten Nationen, um die Rechte der Frauen weltweit zu fördern. Das sagte der Ständige Beobachter bei der UNO in Genf, Erzbischof Silvano Tomasi, am Montag bei der 21. Vollversammlung des UNO-Menschenrechtsrats in der Schweizer Metropole. Unter anderem ging Erzbischof Tomasi auf den Einsatz der UNO gegen Müttersterblichkeit bei Entbindungen ein.

„Dank guter und konkreter Hilfseinsätze ist die Zahl von Müttern, die bei Geburten sterben, zwischen 1990 und 2010 drastisch gesunken. Dennoch muss man sagen, dass weiterhin das Leben von Millionen von Frauen bei Entbindungen bedroht ist. Dass es immer noch Frauen gibt, die bei einer Geburt ihres Kindes sterben, ist ein Zeichen dafür, dass die Rechte der Frauen noch nicht überall und in vollem Umfang gesichert sind. Das muss geändert werden."

Kritik äußerte Erzbischof Tomasi gegenüber der Politik der UNO-Weltgesundheitsorganisation, die Abtreibung als Form der Geburtenkontrolle unterstützt.

„Der Heilige Stuhl ist in dieser Hinsicht absolut dagegen. Gesetze, die Abtreibung fördern, sind genau das Gegenteil dessen, was Menschrechte überhaupt sind, nämlich die Sicherung des Lebens. Wir unterstützen hingegen Projekte, die die sexuelle Erziehung beinhalten. Die Förderung der Menschenrechte und des Lebens kann nur durch eine korrekte Bildung erreicht werden." (rv)

Vatikanvertreter bei UNO warnt vor Lebensmittelkrise

Der Ständige UNO-Beobachter des Vatikasn, Erzbischof Silvano Maria Tomasi, warnt vor einer neuen weltweiten Lebensmittelkrise. Angesichts steigender Lebensmittelpreise infolge der aktuellen Dürre in den USA, in Australien und in Russland sieht der Erzbischof die Lebensmittelversorgung in vielen Ländern in Gefahr und befürchtet „Hungerrevolten" vor allem in den armen Ländern der Welt. Tomasi nennt im Interview mit Radio Vatikan die Dürre in den USA als Beispiel:

„Die Dürre in den USA ist die schlimmste seit 60 Jahren! Die Soja- und Maisproduktion reduziert sich, der Preis dieser beiden Getreide ist im Juli im Vergleich zum Vormonat rapide gestiegen. Wir sind wirklich ratlos, was die Planung betrifft. Dieser Preisanstieg kann auch soziale Auswirkungen haben, wenn wir an die Krise von 2007-2008 wegen der Essenspreise denken, die – von Bangladesch bis Haiti – zu Krawallen und Protesten in 30 Ländern der Welt geführt hat."

Mit dem so genannten „Rapid Response Forum" hatten die G20 nach der globalen Lebensmittelkrise von 2008 und 2010 im Jahr 2011 ein Krisenforum geschaffen, um schneller auf steigende Lebensmittelpreise reagieren zu können. Mit konkreten Vorschlägen des Forums dürfte jedoch wohl frühestens im September zu rechnen sein – das ist nach Ansicht von Entwicklungshilfeorganisationen wie Oxfam viel zu spät. Das Thema steht zumindest schon einmal auf der Tagesordnung einer Telefonkonferenz einiger Vertreter der G20-Staaten Ende August.

Neben der Dürre sei eine weitere Ursache von Lebensmittelknappheit der Anbau von Rohstoffen zur Produktion von Agro-Treibstoffen, erinnert Tomasi:

„Eine große Menge Essen und landwirtschaftlicher Produkte – vom Mais über Rüben bis hin zu Zucker – werden benutzt, um Biotreibstoff zu produzieren, besonders Ethanol. In diesen Tagen hat deshalb neu eine Diskussion darüber begonnen, wie man zu einer angemessenen Politik finden kann, die einerseits die Umweltbedingungen berücksichtigt – also den Ausstoß von Kohlendioxid verringert – und die andererseits dem Essen den Vorrang gibt, das ja eine Lebensnotwendigkeit darstellt."

Nichts zuletzt angesichts der gängigen Spekulation mit Lebensmitteln brauche es eine verantwortungsvolle globale Politik und weltweit gültige Regeln, um Ausbeutung, Lebensmittelknappheit und Lebensmittelüberteuerung zu verhindern, appelliert der Vatikanvertreter. Auf den Zusammenhang zwischen Nahrungsmittelspekulation und Hungersnöten haben verschiedene Entwicklungshilfeorganisationen hingewiesen. (rv)