Drama in der Wüste: „Warum wissen das alle und keiner tut was?“

EritreaSie sind derzeit mindestens 750, die meisten kommen aus Eritrea. Eigentlich wollten sie sich in Richtung Israel durchschlagen, doch dann fielen sie in die Hände krimineller Beduinen. Die ketten ihre Opfer an, foltern sie, entnehmen ihnen Organe – ein Drama in der Sinai-Wüste, seit Jahren. Alganesh Fesseha leitet die NGO „Ghandi“, die versucht, Flüchtlinge freizubekommen.

„Das ist eine ganz vergessene Geschichte, und dieses Vergesssen ist gefährlich, denn die Leute sterben, ohne dass das irgendjemanden kümmert. Diese Eritreer kommen auf Arbeitssuche in den Sudan, dort werden sie – oft in einem der Flüchtlingslager von Shagarab bei Khartum – vom Beduinenstamm Rashaida gekidnappt und an ägyptische Beduinen verkauft, für etwa 3.000 Dollar. Die Ägpyter verkaufen sie für einen noch höheren Preis an andere Beduinen an der Grenze zu Israel weiter, und die halten sie dann als Geiseln und verlangen von ihnen bzw. ihren Angehörigen ein Lösegeld zwischen 30- und 50.000 Dollar. Wer das Geld nicht aufbringen kann, wird getötet. Aber auch, wer zahlt, wird gefoltert und womöglich getötet, die Leichen werden einfach auf die Straße geworfen. Ich bin gerade aus dem Sinai zurückgekommen und habe fünf Leichen dort auf der Straße gesehen.“

Von dem Lösegeld kaufen die Beduinen im Sinai nach Fessehas Informationen Waffen und Drogen. Sie frage sich, wie es nur möglich sei, „dass alle davon wissen und keiner etwas tut“? Die Qualen der Geiseln seien „unmenschlich“: Tausenden Frauen seien etwa die Brüste abgeschnitten worden, vielen Geiseln habe man die Beine amputiert.

„Die Gefangenen rufen uns an: Die Beduinen geben ihnen ein Handy, damit sie darüber Lösegeld erbitten. Die rufen mich an und beschreiben mir ihre Lage. Über Mittelsmänner konnten wir schon 150 von ihnen befreien; wir geben ihnen dann eine sogenannte „Yellow Card“ der UNO und bringen sie nach Kairo. Aber für die meisten Gefangenen können wir leider nichts tun. Dabei spielt sich da ein richtiggehendes Massaker von Unschuldigen ab. Am meisten geschockt hat mich die Tötung eines dreijährigen Kindes – ich habe es tot im Abfall gesehen. Das ist doch etwas Inakzeptables und Dramatisches! Welche Schuld hat denn ein dreijähriges Kind?“ (rv)

Eritrea: Regime will Priester mit Waffen ausstatten

Während die internationale Staatengemeinschaft mit Sorge auf Ägypten blickt, befindet sich ein weiteres afrikanisches Land in einer schlimmen Krise. Im westafrikanischen Eritrea leidet besonders die katholische Kirche an den politischen Wirren in dem Land. Stimmen aus der Kirche, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben müssen, haben gegenüber dem internationalen katholischen Hilfswerk „Kirche in Not" beklagt, die Kirche in Eritrea blute durch den erzwungenen Militärdienst personell aus. Das bestätigt gegenüber Radio Vatikan John Newton von dem katholischen Hilfswerk.

„Alle Einwohner Eritreas – auch Frauen – sind gezwungen, mindestens eine Waffe zu besitzen. Die Regierung schafft aber damit eine Atmosphäre der permanenten Kriegsbedrohung, um die Menschen gefügig zu halten. Auch Seminaristen sowohl von katholischen als auch von orthodoxen Einrichtungen mussten vor Kurzem gezwungenermaßen den Militärdienst absolvieren."

Kritik wird in kirchlichen Kreisen daran geäußert, dass die kommunistische Regierung sogar Priester mit Waffen ausstatten will, so Newton. Der Kirche sei zudem die karitative Tätigkeit verboten.

„Die Regierung will, dass sich Seelsorger zwar auf die Kirche und die Sakristei beschränken, aber gleichzeitig auch in ihrem Dienst stehen. Das hat nun dazu geführt, dass in vielen Pfarreien niemand mehr für die Gläubigen da ist. Es fehlen Katecheten oder Messdiener. Alle haben Angst. Und mit dem Militärzwang für Seminaristen wird auch die Ausbildung der künftigen Priester prekär."

Die Zeit des Militärdienstes sei nicht zeitlich begrenzt, so dass er oft viele Jahre dauere. Die Kriegsgefahr werde seitens der Regierung übertrieben, was als Vorwand dazu diene, Militärdienstleistende nicht gehen zu lassen. Manche von ihnen seien bereits seit 16 Jahren in der Armee.

„Generell führt der Militärdienst dazu, dass es in dem Land einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften gibt. Davon ist natürlich auch die katholische Kirche sehr betroffen. Dazu kommt, dass viele Eritreer das Land verlassen. Somit geht dem Land wertvolles Potential verloren. Auch Jugendliche, die in Eritrea bleiben, sind im Geiste schon im Ausland. Es gilt hier ein weit verbreiteter Grundsatz: Wer bleibt, ist dumm. Bereits eine Million Eritreer leben im Ausland. Zurzeit leben in dem nordostafrikanischen Land 5,2 Millionen Menschen."