D: Ein Präsident ohne Rolle

Völlig unerwartet ist heute Bundespräsident Horst Köhler von seinem Amt zurückgetreten. In einem Interview am 22. Mai anlässlich eines Truppenbesuches in Afghanistan hatte Köhler gesagt, dass es auch wirtschaftliche Interessen für solch einen Militäreinsatz gebe. Er sprach von freien Handelswegen und Außenhandelsinteressen. In seiner Rücktrittserklärung betonte er nun, dass daraus in der Berichterstattung die Unterstellung geworden sei, er unterstütze einen grundgesetzwidrigen Einsatz aus wirtschaftlichen Interessen. Dies zeige einen mangelnden Respekt vor dem Amt des Präsidenten.
Martina Fietz war lange beim Magazin Cicero parlamentarische Korrespondentin und arbeitet jetzt bei Focus-online. Wir haben Sie gefragt, ob Präsident Köhler Recht hatte. Wurde er völlig fehl interpretiert?
„Das Interview war sicherlich missverständlich und man hätte das mit der Erklärung, die er anschließend dazu abgegeben hat sicherlich bewenden lassen können. Aber es gehört nun einmal zum politischen Geschäft, dass diejenigen, die sich da als Opposition begreifen, natürlich so etwas begierig aufgreifen und dann auch kritisieren. Ich glaube aber, dass man als Staatsoberhaupt darüber hätte stehen können, wenn man sich seiner Sache grundsätzlich sicher gewesen wäre. Und ich glaube, da liegt das eigentliche Problem.“
Liegt Ihrer Einschätzung nach der Grund für den Rücktritt wirklich in dem Konflikt über seine Äußerungen zum Afghanistaneinsatz?
„Ich glaube, der Grund für den Rücktritt liegt in der geäußerten aber nicht so harsch geäußerten Kritik daran, dass der Präsident im Grunde genommen kein Thema für seine Amtszeit gefunden hat. Er ist angetreten mit der Ankündigung, er wolle ein unbequemer Präsident sein, und als es dann die große Koalition gab, ist Köhler mehr oder minder im Hintergrund verschwunden, und auch in der Finanzkrise, ist er nicht als derjenige aufgetreten, der der Bevölkerung Mutgemacht hätte oder sich als jemand dargestellt hätte, der darüber wacht, dass alles im Sinne des Volkes und ganz vernünftig läuft. Er hat einfach nicht zu seiner Rolle gefunden. Für meine Begriffe ist dieses Afghanistan-Interview jetzt eigentlich nur der Topfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.“
Ist sein Rücktritt ein Zeichen von politischer Kultur oder reagiert Köhler überempfindlich?
„Wenn es jetzt wirklich dabei bleibt, dass das der Grund für den Rücktritt ist, so wie sich die Lage jetzt im Moment darstellt, dann hätte ich es eigentlich besser gefunden und erwartet, dass das Staatsoberhaupt sich hinstellt und endlich einmal die Führungsrolle übernimmt und versucht, etwas mutiger voran zu gehen und nicht jetzt die Flinte ins Korn zu werfen.“ (rv)

Vatikan/Vietnam: Rücktritt Erzbischof von Hanoi

Papst Benedikt XVI. hat an diesem Mittwoch den Rücktritt des Erzbischofs von Hanoi, Joseph Ngô Quang Kiêt, angenommen. Der Erzbischof legte sein Amt wegen gesundheitlicher Probleme nieder. Nachfolger soll Erzbischof Peter Nguyen Van Nhon werden, den Benedikt XVI. zuletzt zum Koadjutor für das Hauptstadt-Bistum ernannt hatte. Der neue Erzbischof wird von Vietnams Regierung im Gegensatz zu Joseph Ngô Quang Kiêt unterstützt. Der Rücktritt des Erzbischofs werde von der Regierung derzeit sogar als „Sieg der Regierung“ dargestellt, berichtet die Nachrichtenagentur asianews an diesem Mittwoch. Damit wollten die Machthaber ihre Macht auch über Religionsfragen demonstrieren. Beobachtern zufolge setzt Benedikt XVI. in Erzbischof Peter Nguyen Van Nhon, den Nachfolger Kiêts, die Hoffnung, für größere Einheit in der Ortskirche zu sorgen. (rv)

Anmerkung von VH: Das Erzbistum HANOI steht traditionsgemäß in der Kardinalstradition. Man darf also davon ausgehen, dass Erzbischof Peter Nguyen Van Nhon mit dem Kardinalshut rechnen kann.

Zur Kardinalstradition siehe: >>Kardinalstradition<<

Deutschland: Neuanfang in Augsburg

Beschädigtes Vertrauen bei den Gläubigen wiedergewinnen: Das sieht der Augsburger Diözesanadministrator Weihbischof Josef Grünwald als seine wichtigste Aufgabe an. Das sei nach dem Rücktritt von Bischof Walter Mixa aber nicht einfach „machbar“, sondern gehe nur mit Selbstkritik, betonte Grünwald am Montag in Augsburg. Zugleich kündigte er offene und transparente Entscheidungen der Bistumsleitung an. Weihbischöfe und Domkapitel müssten auf die Gläubigen zugehen. Auch die Priesterschaft gelte es wieder zu einen. Dies gehe alles nur im Gespräch. Grünwald sagte, er habe mit „Bereitschaft und Bangen“ das Amt des Administrators angenommen. Es sei für ihn schon das zweite Mal nach 2004 bis 2005, dass er die Diözese in der Sedisvakanz führe. Mit dem zurückgetretenen Bischof Mixa habe er bereits telefoniert. Dieser habe ihm alles Gute für seine Aufgabe gewünscht. Mixa ist wegen Vorwürfen der Misshandlung von Kindern und der Veruntreuung von Geldern zurückgetreten; außerdem wird gegen ihn auch wegen sexuellen Missbrauchs ermittelt. – Das Domkapitel werde bald eine Dreierliste mit möglichen Kandidaten für den Bischofsstuhl beim Vatikan einreichen, sagte Grünwald. (rv)

Vatikan/Deutschland: Papst nimmt Mixas Rücktritt an

Papst Benedikt XVI. hat an diesem Samstag den Rücktritt Walter Mixas angenommen. Damit ist Mixa nicht mehr Bischof von Augsburg. Auch ist er nicht mehr Militärbischof der Bundeswehr. Der Papst habe Mixas Rücktrittsgesuch „gemäß Artikel 401, Paragraph 2 des kanonischen Rechts" angenommen, erklärte der vatikanische Pressesaal. Dieser Paragraph sieht den Ruhestand eines Geistlichen wegen Krankheit oder „anderer schwerwiegender Gründe" vor.

Zum Rücktritt Mixas erklärte der Generalvikar des Bistums Augsburg, Prälat Karlheinz Knebel:

„Das Augsburger Domkapitel wird sich an diesem Samstagnachmittag zur Wahl des Diözesanadministrators zusammenfinden, der dann umgehend die Bistumsleitung während der Sedisvakanz übernehmen wird. Das gilt, bis ein neuer Bischof vom Papst ernannt wird. Damit ist die Bistumsleitung bis zur Ernennung eines Nachfolgers für den Augsburger Bischofssitz gewährleistet."

Mittlerweile wurde der Diözesanadministrator des Bistums Augsburg gewählt: Es handelt sich um Weihbischof Josef Grünwald. Das Bistum Augsburg habe Vorwürfe, die gegen Bischof Mixa erhoben werden, bereits vergangene Woche der Generalstaatsanwaltschaft in München zur Kenntnis gebracht. Über die Zukunft von Bischof Mixa könne erst nach Prüfung und Klärung der gegen ihn in letzter Zeit erhobenen Anschuldigungen entschieden werden, so Knebel.

„Damit hat das Bistum, in Übereinstimmung mit den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz aus dem Jahre 2002, die Verantwortung übernommen, gehandelt und einen Verdachtsfall ohne Ansehen der Person zur Anzeige gebracht. Mit unserem Vorgehen folgen wir dem Anspruch der deutschen Bischöfe nach Transparenz und Wahrheit. Ich bitte die Gläubigen, den Klerus und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dieser schwierigen Zeit die Einheit der Kirche zu wahren. Wir sind an einem Neuanfang, den wir gemeinsam versuchen müssen."

Die Bistumsleitung werde generell vor Abschluss aller Untersuchungen und staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen keine weiteren Stellungnahmen zu Bischof Mixa abgeben. (rv)

Belgien: Bischof tritt wegen Missbrauchs zurück

Der Bischof von Brügge, Roger Joseph Vangheluwe, ist wegen Missbrauchs zurückgetreten. Papst Benedikt hat den Rücktritt umgehend angenommen. Vangheluwe gesteht, dass er als Priester und auch noch in seiner ersten Zeit als Bischof „einen Jungen sexuell missbraucht“ hat. Das Opfer sei „davon immer noch gezeichnet“. Er habe das Opfer und seine Familie „in den letzten Jahrzehnten mehrmals um Verzeihung gebeten“: „Aber das hat ihm keinen Frieden gegeben“, so der Bischof wörtlich. Und auch er sei „nicht im Frieden mit mir selbst“. Der „Mediensturm dieser letzten Wochen“ habe „das Trauma verstärkt“: So könne es „nicht mehr weitergehen“. Vangheluwe wörtlich: „Ich bedaure zutiefst, was ich getan habe, und bitte ehrlich um Entschuldigung beim Opfer, seiner Familie, bei der ganzen katholischen Gemeinschaft und der Gesellschaft allgemein.“ Die Familie des Opfers hatte sich am Dienstag schriftlich an die Bischöfe gewandt. Diese forderten Vangheluwe daraufhin zum Rücktritt auf. Erzbischof André-Joseph Léonard von Brüssel meinte am Freitag bei einer Pressekonferenz unter Tränen: „Bei Missbrauch gibt es keine Winkelzüge. Wir sind uns der Vertrauenskrise bewusst.“ Er hoffe, dass diese Deutlichkeit helfe, dem Opfer seine Würde zurückzugeben und dass sie zu seiner Genesung beitrage. Wenn der Bischof von Brügge nicht von sich aus seinen Rücktritt angeboten hätte, dann hätten die belgischen Bischöfe beim Vatikan ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn beantragt, so Léonard. – Vangheluwe wurde 1936 in Roeselare geboren. 1963 wurde er zum Priester geweiht. Er lehrte anschliessend Theologie am Priesterseminar in Brügge. In der Belgischen Bischofskonferenz war er unter anderem für die karitative Arbeit der katholischen Kirche zuständig. (rv)

Stichwort: Rücktritt eines Bischofs

Der Rücktritt eines Bischofs ist nicht vergleichbar mit dem eines Managers oder Politikers, das Kirchenrecht hat klare Regeln, sowohl für die Ernennung als auch für den Rücktritt eines Bischofs.
„Ein Diözesanbischof, der wegen seiner angegriffenen Gesundheit oder aus einem anderen schwerwiegenden Grund nicht mehr recht in der Lage ist, seine Amtsgeschäfte wahrzunehmen, ist nachdrücklich gebeten, den Amtsverzicht anzubieten." So lautet Kanon 401, Paragraph 2 des katholischen Kirchenrechtes (CIC). Kanon 187 fügt hinzu: „Jeder, der handlungsfähig ist, kann auf ein Kirchenamt aus gerechtem Grund verzichten." Ein schwerwiegender Grund oder ein gerechter Grund: wir werden noch erfahren, wie der Vatikan die Annahme des Rücktritts begründet und wie Bischof Mixa sein Rücktrittsgesuch genau benennt.
Von sich aus das Amt niederlegen kann ein Bischof nicht. Die Weihe ist ein Sakrament und die Ernennung zum Bischof eines Bistums erfolgt durch die Gesamtkirche, also durch Rom, und das kann man nicht einfach ablegen. Canon 377 des Kirchenrechts bestimmt: „Der Papst ernennt die Bischöfe frei oder bestätigt die rechtmäßig Gewählten." Verschiedene Konkordate – also Verträge zwischen den Staaten und der Kirche – bestimmen das genaue Prozedere aber es ist auch klar: das letzte Wort bei einer Ernennung und dementsprechend auch bei einem Rücktritt hat also der Papst. (rv)

D: Bischof Dr. Walter Mixa reicht Rücktritt ein

Nach Informationen der „Augsburger Zeitung“ vom 21. April hat Bischof Dr. Walter Mixa am Mittwochabend seinen Rücktritt beim Papst eingereicht.

Die Augsburger Zeitung (Markus Günther) berichtet hierzu am 21.04.2010, 18:57 Uhr:

„Der Augsburger Bischof Walter Mixa hat seinen Rücktritt eingereicht. Nach Informationen der „Augsburger Allgemeinen“ hat Mixa am Mittwochabend einen Brief an den Papst geschrieben und seinen Rücktritt vom Amt des Bischofs von Augsburg wie auch vom Amt des Militärbischofs der Bundeswehr angeboten. Die Annahme des Rücktrittsgesuchs gilt der Zeitung zufolge in Kirchenkreisen als sicher.Nach Informationen der „Augsburger Allgemeinen“ begründete Mixa seinen Rücktritt mit einer übergeordneten Verantwortung für sein Bistum. Die „anhaltenden öffentlichen Diskussionen“ um seine Person, hätten „Priester und Gläubige schwer belastet“. Er wolle nun den Weg für einen Neuanfang freimachen.„Alle, zu denen ich ungerecht gewesen sein mag, und alle, denen ich Kummer bereitet habe, bitte ich heute noch einmal um Verzeihung“, zitierte die Zeitung den Bischof. Mixa sicherte zu, auch nach dem Ausscheiden von seinem Amt an der Aufklärung aller gegen ihn erhobenen Vorwürfe mitwirken zu wollen.Zuletzt hatte sogar der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Robert Zollitsch, dem umstrittenen Augsburger Bischof Walter Mixa einen vorübergehenden Amtsverzicht nahegelegt. Auch in der Region war der Bischof in Predigten von Pfarrern kritisiert worden.“

 Zum Artikel in der   >>>“Augsburger Zeitung“    (vh)

Vatikan/Irland: Bischof Magee tritt ab

Bischof John Magee tritt zurück: Der Papst hat den Rücktritt des irischen Bischofs von Cloyne angenommen. Die Begründung aus dem Vatikan führt keine an und geht nicht auf den auch in Magees Bistum tobenden Missbrauchs-Skandal ein. Magee war in den siebziger Jahren päpstlicher Privatsekretär: Nach Vatikan-Darstellung war er derjenige, der im Herbst 1978 Johannes Paul I. nach nur 33 Tagen Amtszeit tot aufgefunden hat.
Magee war in der letzten Zeit stark kritisiert worden, in seinem Bistum sollen Informationen nur in sehr geringem Umfang an die Polizei weitergeleitet worden sein. Magee entschuldigte sich in einer am Mittwoch von der Irischen Bischofskonferenz veröffentlichten Stellungnahme bei Opfern sexuellen Missbrauchs. Er bitte diejenigen um Vergebung, die wegen Unterlassung oder Fehlern seinerseits gelitten hätten. Der Bischof bekräftigte, er übernehme die volle Verantwortung für das Missmanagement, das von einer unabhängigen Kinderschutzkommission kritisiert worden war. Zugleich bot er an, einer Untersuchungskommission der Regierung weiter zur Verfügung zu stehen. (rv)