Antikorruptionsforum im Vatikan: Mentalitätswechsel nötig

Von Papst Franziskus gewollt, von seinen Kurienmitarbeitern unterstützt und von vielen Experten und Politikern mitgetragen: in den Vatikanischen Gärten ist am Donnerstagnachmittag eine Konferenz zum Thema Antikorruption zu Ende gegangen. Wir haben dazu mit einem der Mitorganisatoren gesprochen: Erzbischof Silvano Maria Tomasi war jahrelang Vatikanvertreter bei der UNO in Genf, seit einigen Wochen ist er Sekretär im neugeschaffenen päpstlichen Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen.

„Uns ging es darum, die Öffentliche Meinung für das Thema zu sensibilisieren. Es geht in erster Linie darum, konkrete Schritte zu suchen, die dazu dienen, politische und gesetzliche Rahmen zu erstellen, um Korruption zu unterbinden. Wir dürfen nicht übersehen, dass die Korruption wie ein Holzwurm ist, der sich durchfrisst und die Entwicklung einer ganzen Gesellschaft zerstören kann. Davon betroffen sind sowohl arme als auch reiche Länder.“

Dass Korruption wie eine Krankheit sei, müsse man ebenfalls berücksichtigen, so Erzbischof Tomasi weiter.

„Die Korruption zerstört das Verhältnis zwischen Institutionen und zwischen Menschen. Auf was wir setzen ist deshalb ein Mentalitätswechsel, also die Schaffung einer Kultur, die Korruption bekämpft und sich um das Allgemeinwohl kümmert.“ (rv)

Panama: Bischöfe für Kinderschutz und gegen Korruption

Kinderschutz und der Kampf gegen Korruption waren die Hauptthemen der Vollversammlung der Bischöfe Panamas. In dem Abschlussdokument bekräftigen die Bischöfe an erster Stelle die Notwendigkeit, die Minderjährigen zu schützen. „Kinderarbeit, Sklaverei, Prostitution, Ausbeutung, Zwangsmigration, die Mafias und die Märkte des Todes“ seien Übel, die die Kinder besonders bedrückten. In Bezug auf den Missbrauch durch Priester sprachen die Bischöfe von einer „Null-Toleranz-Grenze“ und von „einer Sünde, für die die Kirche um Vergebung bittet“.

Die Korruption sei, so die Bischöfe, „eine Wunde, die durch das Fehlen von Ethik und Moral verursacht und auf allen Ebenen der Gesellschaft spürbar“ sei. Weitere Themen waren die Ausbildung junger Menschen, die Frage nach einem Gesetz über Sexualkunde, die Aufnahme von Migranten, die Entartung des Wohlfahrtsstaates, sowie Vorbereitungen für den nächsten Weltjugendtag, der im Frühjahr 2019 in Panama stattfinden soll. (rv)

Hoch emotional: Franziskus und die Philippinos

Philippinen2015Die Tage für Papst Franziskus auf den Philippinen neigen sich dem Ende zu. Wie läuft die Reise, von Manila aus gesehen? Das fragen wir unseren Korrespondenten Stefan Kempis. Hält der Papst-Hype immer noch an?

„Ja, das tut er. Wobei jetzt in der Presse allmählich auch inhaltliche Botschaften durchdringen und nicht mehr nur dieses ständige ‚Wahnsinn, der Papst ist da‘. Vor allem Franziskus` Nein zur Korruption scheint in Manila angekommen zu sein, denn zwei der drei großen Tageszeitungen haben das als Schlagzeile auf die Seite eins gehoben. Das Titelbild der dritten Tageszeitung, des ‚Philippine Daily Inquirer‘, gefällt mir allerdings noch besser: Da prangt in großen Buchstaben, neben einem herzlich lachenden Papst, sein Zitat aus der Ansprache bei der Begegnung mit Familien am Freitag: ‚Verliert nicht die Fähigkeit zu träumen‘. Dieses Zitat transportiert viel von der Art dieses Papstes, finde ich.“

Wie kommen denn die Worte des Papstes gegen Korruption an?

„Die Menschen hier haben darauf gewartet, viele sagen, sie seien erleichtert, dass das von Anfang an angesprochen worden sei. Mit Ärger vermerken die Filipinos und auch die Medien übrigens, dass viele wichtige Politiker Franziskus gleich zweimal getroffen und gesprochen haben, nämlich beim Empfang am Flughafen am Donnerstagabend und dann gleich noch einmal im Präsidentenpalast am darauffolgenden Morgen. Man muss sich einmal vorstellen, wie das auf Menschen wirkt, die stundenlang bei Sturm und Regen ausharren, um Franziskus einmal von weitem, in einem Pulk von Polizisten, vorüberrasen zu sehen.“

Was ist das beeindruckendste Bild, der beeindruckendste Moment von diesem Samstag?

„Ganz eindeutig: Franziskus, wie er bei der Messe in Tacloban wie alle anderen auch ein gelbes Regencape über dem Messgewand trägt, an dem der Sturm zerrt. Da fühlte sich auch der Papstsprecher, Pater Lombardi, an Johannes Paul II. erinnert, speziell an einen Schneesturm während eines Gottesdienstes des ‚Eiligen Vaters‘ im zerstörten Sarajewo in Bosnien. Vielen Messteilnehmern in Tacloban liefen die Tränen über das Gesicht, als Franziskus in seinem Regencape mit einfachen, spontanen Worten predigte, ohne vorbereiteten Text.“

Hinterher hat der Papst ja, wenigstens kurz, mit Überlebenden des Taifuns von 2013 zu Mittag gegessen. Wissen Sie darüber ein paar Einzelheiten?

„Kardinal Tagle von Manila hat hinterher uns Journalisten ein wenig davon erzählt, es war nach seiner Darstellung zwar kurz, aber offenbar tief bewegend. Tagle selbst kämpfte mit den Tränen, als er davon berichtete, er sagte, er sei ‚emotional erschöpft‘. Die Überlebenden hätten Franziskus gebeten: ‚Können Sie bitte für die Seelen unserer Verwandten beten, die bei dem Taifun getötet wurden?‘ Denn jeder von ihnen hatte einen Bruder, seine Kinder, die Eltern, Angehörige bei dem Desaster verloren. Und der Papst habe entgegnet: ‚Ich habe gleich, als ich vom Taifun erfuhr, damals die Messe für alle Todesopfer gefeiert. Und die Messe morgen im Rizal-Park werde ich ebenfalls in diesem Anliegen feiern.‘ Da seien, so Tagle, die Überlebenden in Beifall ausgebrochen. Ansonsten hätten sie immer wieder auf den Papst gestarrt, und der habe gesagt: ‚Esst doch etwas!‘ Übrigens – das geht jetzt ins Anekdotische – hat Kardinal Tagle offenbar zum Papst gesagt: ‚Ihre Suppe ist ja schon kalt.‘ Und der Papst antwortete: ‚Nein, hier ist es warm‘, und zeigte dabei in den Raum. Was sich natürlich nicht auf die Suppe bezog, sondern auf die anrührende Atmosphäre.“

Das war also offenbar anrührend auch für den Papst selbst…

„Ja, genau. Beim Abflug von Tacloban, der wirklich stürmisch verlief (das nachfolgende Flugzeug konnte ja, wie wir wissen, wegen des Windes schon nicht mehr abheben) hat Franziskus zu Kardinal Tagle gesagt: ‚Diese Reise ist wirklich etwas für mich. Eine Erfahrung. Ich lerne hier etwas.‘ Franziskus ist hier in seinem Seelsorger-Element.“

Gab es auch Momente und Bilder auf dieser Reise, die weniger geglückt waren?

„Ja, leider, das gab es auch. Als Franziskus am Freitag in der ‚Mall of Asia‘ Familien traf, da wurde ihm zu Beginn die Familie des Besitzers vorgestellt, der zu den reichsten Männern Südostasiens gehört und dem Vernehmen nach seinen Arbeitern ungerechte Verträge aufzwingt. Dieser superreiche Geschäftsmann konnte also zusammen mit seinen Angehörigen dem ‚Papst der Armen‘ eine Blumengirlande umhängen – der Preis dafür, dass er der Kirche dieses hypermoderne Shopping-Center überließ. Für mich war das ein ausgesprochen peinlicher Moment. Seltsamerweise habe ich aber in der philippinischen Presse kein Foto davon gesehen. Übrigens: Auch von Franziskus` spontanem Besuch bei Straßenkindern am Freitag in Manila habe ich in der Presse nur ein einziges Foto entdeckt.“

Woran könnte das liegen?

„Gute Frage. Es ist nicht so, als ob man das Thema Straßenkinder oder Armut absichtlich, massiv verstecken würde, jedenfalls meinem Eindruck nach; aber es scheint den Leuten, auch den einheimischen Journalisten, einfach nicht so wichtig zu sein wie uns Beobachtern von draußen. Mein Verdacht: Vielleicht haben sich die Filipinos einfach an die täglichen Szenen der Armut gewöhnt?

Denn ansonsten kommen Kinder und junge Leute in Wort und Bild durchaus häufig vor in der Presse. Zum Beispiel eine Gruppe von kleinen Jungen, die als Schweizergardisten verkleidet rechts und links vom Eingang der Kathedrale stehen durften, als Franziskus dort einzog. Das war sehr malerisch – diese Kinder durften dann hinterher in einer Zeitung ausführlich und mit Fotos erzählen, wie dieses Erlebnis für sie war. Ein Interview mit den Mädchen aus dem Straßenkinder-Heim habe ich dagegen in der Presse nirgendwo gesehen.“ (rv)

Indien: Kooperation statt Korruption

Die indische Bischofskonferenz will mithelfen, die grassierende Korruption im Subkontinent zu bekämpfen. Das haben die Bischöfe bei ihrer Vollversammlung diese Woche beschlossen, wie der indische Kardinal Oswald Gracias im Gespräch mit Radio Vatikan sagt. Der Erzbischof von Bombay erinnert daran, dass die Korruption in seinem Land die Mitschuld trage an Armut und Ineffizienz.

„Im Augenblick braucht unser Land eine gute Regierungsführung auf allen Ebenen. Dazu können wir als katholische Kirche Einiges beitragen. Durch unsere Schulen beispielsweise können wir bei der Ausbildung mithelfen, den Sinn für die Gemeinschaft zu fördern. Es geht also darum, dass die Inder lernen, gute Bürger zu sein. Dazu braucht es ethische und moralische Standards, die von allen geteilt werden. Übrigens: das gute Beispiel möchten wir selber machen und unsere eigenen Führungskräfte in Institutionen überprüfen."

Mit mehr Transparenz wolle die Bischofskonferenz zeigen, dass es sich lohne „ehrlich für alle" zu arbeiten, fügt Kardinal Gracias an. Indien sei zusammen mit China im Augenblick das Land mit den höchsten Wirtschafwachstumszahlen.

„Doch Fakt ist, dass die Schere zwischen armen und reichen Menschen mehr und mehr auseinander geht. Es gibt zwar immer mehr Inder, die von dem Wachstum profitieren, doch das betrifft Bürger, die bisher schon besser gestellt waren. Die wahren Armen bleiben weiterhin arm oder werden sogar noch ärmer. Und da müssen wir unbedingt etwas dagegen unternehmen."

Ihm sei bewusst, dass die katholische Kirche in Indien nicht überall gut angesehen sei. Angriffe auf Kirche und christliche Gemeinschaften sind noch in vielen Regionen Indiens aktuell.

„Es gibt zwar weiterhin Angriffe gegen Katholiken. Das gilt insbesondere noch im Süden in Karnataka. Auch im Bundesstaat Kaschmir hatten wir jüngst solche Fälle. Doch diese Angriffe können uns nicht davon abhalten, unseren Dienst für die gesamte indische Gesellschaft anzubieten und mitzuhelfen aus Indien ein besseres Land zu machen."

Als Zeichen der Solidarität fand die Vollversammlung der Bischofskonferenz gerade in Bangalore im Bundesstaat Karnataka statt, wo die Christenverfolgung derzeit am stärksten verbreitet ist. Die Versammlung stand unter dem Leitwort: ,,Ein besseres Indien: Die Rolle der Kirche". Insgesamt haben über 160 katholische Bischöfe der drei verschiedenen katholischen Riten (lateinisch, syro-malabrisch und syro-malankarisch) teilgenommen. Unter den Gästen waren der Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, Kardinal Peter Turkson, sowie verschiedene indische Wissenschaftler. (rv)