Kommunionstreit: Was ausländische Bischöfe über den deutschen Vorschlag sagen

PHILADELPHIA – Mit Verweis auf die Folgen für ihre eigenen Ortskirchen haben mehrere Bischöfe im Ausland den Vorschlag kritisiert, in deutschen Diözesen protestantischen Ehepartnern von Katholiken unter „bestimmten Umständen“ den Empfang der Kommunion zu ermöglichen.

Kardinal Reinhard Marx hatte am 22. Februar bekanntgegeben, die Deutsche Bischofskonferenz werde eine „pastorale Handreichung“ herausbringen, die evangelischen Christen, die mit Katholiken verheiratet sind, „unter bestimmten Umständen“ und „in Einzelfällen“ ermögliche, die heilige Kommunion zu empfangen, sofern sie auch „den katholischen Eucharistieglauben“ bejahten.

Auch wenn die Mehrheit der deutschen Bischöfe bei ihrer Vollversammlung dem Vorstoß – dessen endgültige Form sie noch nicht gesehen hatten – zustimmte: Das Thema hatte bereits im Vorfeld zu Spannungen unter den deutschen Bischöfen geführt.

Der Streit trat offen zutage, nachdem bekannt wurde, dass sich sieben deutsche Hirten – darunter Kardinal Rainer Maria Woelki sowie fünf bayerische Bischöfe – mit einem direkten Brief an Rom wandten. Der Brief ging an Kardinal Kurt Koch, Präsident des Rates der Einheit der Christen, und an Kurienerzbischof Luis Ladaria, Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre.

Es gehe um eine Klarstellung, ob die Frage des Kommunionempfangs konfessionsverschiedener Ehepartner im Rahmen einer nationalen Bischofskonferenz entschieden werden kann, oder ob eine Entscheidung der Universalkirche notwendig ist, so das Erzbistum Köln gegenüber CNA Deutsch in einer Stellungnahme.

Jedoch auch das Treffen im Vatikan, das am 3. Mai stattfand, brachte keine Klarheit. Stattdessen teilte der Präfekt der Glaubenskongregation mit, Papst Franziskus würdige „das ökumenische Engagement der deutschen Bischöfe“ und ersuche sie, „im Geist kirchlicher Gemeinschaft eine möglichst einmütige Regelung zu finden“.

Ein „Kommunion-Brexit“ aus der Weltkirche?

Seitdem haben mehrere Kardinäle Klarheit in der Kommunionsfrage gefordert, darunter der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Weitere Stimmen warnen vor einem deutschen Sonderweg, und vor den Folgen eines „Kommunion-Brexit“ aus der Weltkirche.

Nun hat Erzbischof Charles Chaput von Philadelphia in einem Essay für das Magazin „First Things“, der am 23. Mai veröffentlicht wurde, schwere doktrinäre Bedenken über den Vorschlag angemeldet.

Chaput erklärt in seinem Aufsatz, dass Bischöfe zwar überall einmal Meinungsverschiedenheiten hätten – seines Erachtens sei jedoch die Situation in Deutschland wegen der „globalen Bedeutung der Kontroverse“ und der Lehrfragen eine andere. Er schreibt weiter: „Was in Deutschland passiert, wird nicht in Deutschland bleiben. Die Geschichte hat uns diese Lektion schon einmal gelehrt“, und verweist auf die Auswirkungen des Schismas durch Martin Luther.

Im Kern sage der deutsche Vorschlag, so Chaput, „dass es eine Teilnahme an der heiligen Kommunion geben kann, selbst wenn es keine wahre kirchliche Einheit gibt“. Der Erzbischof erinnert in diesem Zusammenhang an gravierende Unterschiede zwischen protestantischer und katholischer Theologie.

Chaput erklärt weiter, er sei mit dem Vorschlag nicht einverstanden, da er grundlegend neu definieren würde, „was die Kirche ist und wer sie ist“, da die Eucharistie „das Zeichen und Instrument der kirchlichen Einheit ist“.

Der deutsche Vorschlag würde – „ob nun absichtlich oder nicht“ – somit „der erste Schritt hin zu einer Öffnung der Kommunion für alle Protestanten oder alle Getauften“ sein, warnt Erzbischof Chaput, auch weil eine Ehe an sich keine besondere Begründung dafür leiste, Nichtkatholiken zur Kommunion zuzulassen.

Protestantischen Ehepartnern von Katholiken den Empfang der heiligen Kommunion auf diese Weise zu gewähren hätte zur Folge, dass die katholische Kirche sich „eine protestantische Vorstellung von kirchlicher Identität“ zu eigen machen würde, in der für den Empfang allein schon die Taufe und ein Glaube an Christus ausreichten, warnt der Oberhirte von Philadelphia.

„Protestantisierung der Sakramententheologie“

Chaput fragt weiter: Würde ein evangelischer Ehepartner sich auch zu den anderen Sakramenten bekennen müssen – etwa zur Priesterweihe? Wenn nicht, dann werfe das die Frage auf, ob die deutschen Bischöfe vielleicht nicht daran glauben, dass dieses Sakrament der Apostolischen Sukzession bedarf – was ein „weitaus gravierenderer Irrtum“ wäre, warnt Chaput.

Zudem kappe der deutsche Vorschlag auch „den entscheidenden Zusammenhang von Kommunion und sakramentaler Beichte“, so der Erzbischof in seinem Essay.

Vermutlich werde nicht erwartet, dass evangelische Eheleute vor dem Empfang der Kommunion auch ihre schweren Sünden beichteten.

„Dies steht jedoch im Widerspruch zu der immerwährenden Praxis und der ausdrücklichen dogmatischen Lehre der katholischen Kirche, des Konzils von Trient und des modernen Katechismus der katholischen Kirche sowie des gewöhnlichen Lehramtes. Es bedeutet, in seiner Auswirkung, eine Protestantisierung der katholischen Sakramententheologie.“

In der Praxis, kritisiert Erzbischof Chaput, würde so eine Lüge eingeführt – ausgerechnet dort, wo es um eine tiefgreifende Begegnung mit Christus gehe.

„Eine Lüge in den feierlichsten Moment der Begegnung mit Jesus in der Eucharistie einzuführen, und durch seine Handlungen zu sagen: ‚Ich bin in Kommunion mit dieser Gemeinschaft‘, wenn man nachweislich nicht in Kommunion mit dieser Gemeinschaft ist – stellt eine Lüge dar, und somit ein schweres Vergehen vor Gott.“

Mangelndes Verständnis des Sakraments

Mit deutlichem Unverständnis und einer scharfen Warnung hat Kardinal Willem Jacobus Eijk auf die Entscheidung des Papstes reagiert, die deutschen Bischöfe anzuweisen, eine Regelung zu finden.

In einem Kommentar für den „National Catholic Register“ schrieb der Erzbischof von Utrecht am 7. Mai, die auf ihrem Glauben basierende Praxis der Katholischen Kirche werde nicht dadurch bestimmt, und ändere sich auch nicht statistisch, wenn die Mehrheit einer Bischofskonferenz für so etwas stimme, selbst wenn dies einstimmig geschehe.

Aus seiner Sicht hätte Papst Franziskus deshalb direkter auf die Deutsche Bischofskonferenz reagieren müssen, und „klare Anweisungen geben, die auf der klaren Lehre und Praxis der Kirche basieren“.

Ähnlich wie der niederländische Kardinal äußerte sich Erzbischof Terrence Prendergast aus Ottawa, der am 23. Mai im kanadischen „Catholic Register“ sagte, es sei „rätselhaft“, dass Papst Franziskus die deutschen Bischöfe anwies, zu einer einstimmigen Entscheidung in dieser Angelegenheit zu kommen.

„Diese Art offener Kommunion verstößt gegen die katholische Lehre und nach all dem, was ich in nichtkatholischen Gemeinden so sehe, die einer Disziplin der ‚offenen Gemeinschaft‘ folgen, ist es auch spirituell und pastoral unfruchtbar“, so der kanadische Erzbischof.

Prendergast weist darauf hin, dass Gläubige in seiner eigenen Ortskirche sich bereits nach dem deutschen Vorschlag erkundigt haben. Der Erzbischof von Ottawa betont, es sei wichtig, den Menschen besser zu erklären, dass ein Besuch der heiligen Messe ohne Kommunion-Empfang gut ist – was auch der Regensburger Bischof Voderholzer betont hatte.

Der kanadische Würdenträger warnt, dass auch viele Katholiken nicht mehr gelernt hätten, was die Voraussetzungen für den rechten Empfang der Kommunion sind, einschließlich des Standes der Gnade.

„Wir müssen uns viel mehr darum bemühen, die Sakramente würdig und fruchtbar zu empfangen. Das gilt für die Eucharistie, aber auch für Taufe und Firmung“, fügte Prendergast hinzu.

„In der heiligen Kommunion empfangen wir den Herrn, und deshalb müssen wir, um ihn würdig zu empfangen, ganz offen für Ihn sein und mit Seiner Kirche sichtbar und unsichtbar, institutionell und innerlich verbunden sein. Das – und nichts anderes – ist katholische Lehre.“

Als Ordensbruder von Papst Franziskus – Prendergast ist Jesuitenpater – wendet sich der kanadische Erzbischof auch an den Pontifex und dankt ihm dafür, „dass er uns daran erinnert, dass die Begleitung von Menschen durch ihr Leben, besonders in dunklen Zeiten, wesentlich ist, um Priester zu sein“.

„Wir Jesuiten müssen immer daran denken, dass die meisten Katholiken keine Jesuiten sind – eine Tatsache, die wir manchmal übersehen“, fügt er hinzu.

„Unsere Spiritualität ist nicht jedermanns Sache. Für mich war es eine echte Veränderung, Bischof zu werden, denn dann musste ich das ganze Spektrum der Theologien, Spiritualität, Dienste und Charismen in der mir anvertrauten Diözese anerkennen. Dadurch wurde mir klar, was für ein großartiges Geschenk die Glaubenslehre für die Kirche ist, damit sie eins ist, heilig und katholisch.“

Ausnahme im Kirchenrecht

Generell ist aus katholischer Sicht nur Katholiken, die im Stand der Gnade sind, der Empfang der heiligen Kommunion erlaubt. Allerdings kennt das Kirchenrecht bereits eine Ausnahme:

„Wenn Todesgefahr besteht oder wenn nach dem Urteil des Diözesanbischofs bzw. der Bischofskonferenz eine andere schwere Notlage dazu drängt, spenden katholische Spender diese Sakramente erlaubt auch den übrigen nicht in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehenden Christen, die einen Spender der eigenen Gemeinschaft nicht aufsuchen können und von sich aus darum bitten, sofern sie bezüglich dieser Sakramente den katholischen Glauben bekunden und in rechter Weise disponiert sind“ (c. 844, § 4 CIC).

Richtig „disponiert“ sei ein nichtkatholischer Christ aber nur, so das Bistum Augsburg auf seiner Webseite weiter, „wenn er die katholischen Glaubenslehren über diese Sakramente annimmt, also z.B. dass ausschließlich ein gültig geweihter Priester Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandeln kann. Darauf hat der Papst eigens in seiner Enzyklika Ecclesia de Eucharistia aufmerksam gemacht: ‚Die Ablehnung einer oder mehrerer Glaubenswahrheiten über diese Sakramente, etwa die Leugnung der Wahrheit bezüglich der Notwendigkeit des Weihepriestertums zur gültigen Spendung dieser Sakramente, hat zur Folge, dass der Bittsteller nicht für ihren rechtmäßigen Empfang disponiert ist.‘ (Nr. 46).“

Übersetzt und redigiert aus dem englischen Original. (CNA Deutsch)

Kardinal Eijk: Die Quelle der Verwirrung ist „Amoris Laetitia „

Der niederländische Kardinal Willem Jacobus Eijk (64) stellt sich offen auf die Seite der „Dubia-Kardinäle“.

Kardinal Eijk ist Arzt und Theologe mit Erfahrungen in der Bioethik. Als Erzbischof von Utrecht (seit 2008) und Präsident der Bischofskonferenz der Niederlande ist er bekannt, für klare Worte. So hat er die Thesen der Gemeinschaft für die Geschiedenen und Wiederverheirateten vor, während und nach den beiden Bischofssynoden über die Familie (2014, 2015) abgelehnt.

Zu Beginn der zweiten Sitzung der Synode war er einer von dreizehn Kardinälen, die Papst Franziskus einen Brief schrieben und ihn aufforderten, die Freiheit und Korrektheit der synodalen Diskussion zu gewährleisten. Franziskus war wütend darüber.

Eijk ist ein entschiedener Kritiker der Verwirrung „Amoris Laetitia“. Das wird deutlich in einem Interview, dass er Lorenzo Berrocchi in der März-Ausgabe des italienischen Magazins „il timone“ gegeben hat.

Der folgende Auszug des Interviews erschien in „L Espresso“ (von Sandro Magister):

„Frage: Eminenz, was denken Sie über die kontroverse Frage des Zugangs zu den Sakramenten für geschiedene und wiederverheiratete Paare?

Antwort: Die Frage, ob die sogenannten Geschiedenen und Wiederverheirateten die sakramentale Absolution empfangen dürfen und damit die Eucharistie, bricht die Kirche auseinander. Auf allen Ebenen, unter Kardinälen, Bischöfen, Priestern und Laien, begegnet man einer manchmal heftigen Debatte. Die Quelle der Verwirrung ist die postsynodale Ermahnung „Amoris Laetitia“, geschrieben von Papst Franziskus am Ende der Synoden der Familie von 2014 und 2105.
Diese Verwirrung betrifft vor allem Nummer 305 der Ermahnung. Man stellt fest, dass einige Bischofskonferenzen pastorale Regeln eingeführt haben, die beinhalten, dass die geschiedenen und wiederverheirateten Personen unter einer Reihe von Bedingungen und nach einer pastoralen Prüfung durch den Priester, der sie begleitet, zur Gemeinschaft zugelassen werden können. Andere bischöfliche Konferenzen schließen dies jedoch aus. Aber was an Ort A wahr ist, kann an Ort B nicht falsch sein. Diese verschiedenen Interpretationen der Ermahnung, die sich auf Fragen der Lehre beziehen, führen bei den Gläubigen zur Verwirrung. Ich würde mich also freuen, wenn der Papst in dieser Hinsicht Klarheit schaffen würde, vorzugsweise in Form eines magistratischen Dokuments.
Ich selbst habe an beiden Synoden über die Familie teilgenommen und argumentiere, dass man Geschiedenen, die standesamtlich wieder geheiratet haben, nicht den Empfang der Kommunion erlauben kann. Ich habe das auch in einem Aufsatz für das Buch getan, das Beiträge von elf Kardinälen enthält und zwischen den beiden Synoden veröffentlicht wurde.

 Frage: Können sie kurz erklären, was ihre Position ist?

Antwort: Jesus selbst sagt, dass die Ehe unauflöslich ist. Im Matthäusevangelium (19,9; vgl. 5,32) scheint er eine Ausnahme zuzulassen, was bedeutet, dass man seine Frau „im Falle der unehelichen Vereinigung“ zurückweisen kann. Nichtsdestoweniger ist die Bedeutung des griechischen Wortes „porneia „Unverhohlene Einheit“, „hier übersetzt als“ uneheliche Vereinigung „, ist ungewiss: Es bedeutet höchstwahrscheinlich eine Vereinigung, die wegen einer Ehe zwischen verbotenen Verwandtschaftsgraden inzestuös ist (vgl. Lev 18: 6-18; Apg 15: 18-28).
Das tiefere Argument ist, dass man den Geschiedenen und Verheirateten die Kommunion nicht auf der Grundlage einer Analogie zwischen der Beziehung zwischen Ehemann und Ehefrau und zwischen Christus und der Kirche erlauben darf (Eph 5: 23-32). Die Beziehung zwischen Christus und der Kirche ist eine totale gegenseitige Selbstspende. Die totale Spende Christi an die Kirche geschieht in der Spende seines Lebens am Kreuz. Diese Gesamtspende wird im Sakrament der Eucharistie präsent sein.

Deshalb muss derjenige, der an der Eucharistie teilnimmt, bereit sein, sich selbst ganz zu schenken, was Teil der totalen Hingabe der Kirche an Christus ist. Wer sich nach einer standesamtlichen Trauung scheiden lässt und wieder heiratet, während die erste Ehe nicht für null erklärt wird, verstößt gegen das gegenseitige Gesamtgeschenk, das diese erste Ehe mit sich bringt. Die Verletzung des Gesamtgeschenks der ersten Ehe, das noch als gültig anzusehen ist, und das Fehlen des Willens, dieses Gesamtgeschenk zu halten, macht die betreffende Person unwürdig, an der Eucharistie teilzunehmen. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die Geschiedenen und Wiederverheirateten an den liturgischen Feiern einschließlich der Eucharistie teilnehmen können, ohne die Kommunion zu empfangen, und dass die Priester sie pastoral begleiten kann.

In dem Fall, in dem sich die Geschiedenen und Wiederverheirateten nicht trennen können, zum Beispiel wegen ihrer Verpflichtungen gegenüber den Kindern, die beiden angehören, können sie nur unter Erfüllung der genannten Bedingungen zur Kommunion oder zum Bußsakrament zugelassen werden, in Nummer 84 von „Familaris Consortio“ und in Nr. 29 von „Sacramentum Caritatis“. Eine dieser Bedingungen ist, dass beide entschließen müssen, als Bruder und Schwester zu leben, was bedeutet, sexuelle Beziehungen zu beenden.“

Kardinal Eijks Äußerungen klingen wie ein Hilfeschrei an das Welt-Episkopat. Nachdem er Anfang Januar in der niederländischen Presse seine Bedenken gegen „Amoris Laetitia geäußert hatte, meldet er sich nun auch in der italienischen Presse mit der Ermahnung:

„Was an Ort A wahr ist, kann an Ort B nicht falsch sein“!

(vh)