„Kirche von England“ stimmt über Bischöfinnen ab

Großbritannien Seit Freitag tagt in York die Synode der anglikanischen ‚Kirche von England’. Sie dürfte Geschichte schreiben, denn an diesem Montag soll sie über die Bischofsweihe für Frauen abstimmen. Und alle rechnen mit einem Ja zu Bischöfinnen, schießlich ist auch der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, dafür. 2012 war die Öffnung des Bischofsamtes für Frauen noch auf einer Generalsynode zurückgewiesen worden – mit nur zwölf Stimmen Mehrheit.

Rémy Bethmont ist Experte für britische Geschichte und Zivilisation, er lehrt in Paris und erklärt für Radio Vatikan, dass England mit dieser Entscheidung keineswegs die Vorreiterrolle innerhalb der Anglikaner hätte.

„Man muss die Sache in einem internationalen Kontext sehen. Frauen als Bischöfe gibt es in der anglikanischen Kirche schon seit langer Zeit. Die Kirche von England ist ja nicht die einzige anglikanische Kirche auf der Welt! Die US-Episkopalkirche hat schon in den achtziger Jahren damit begonnen, Frauen zu Bischöfen zu weihen. Auch in den anglikanischen Kirchen Australiens, Neuseelands und Kanadas gibt es längst Bischöfinnen – das ist also alles andere als eine Premiere in der anglikanischen Welt. Die Kirche von England tut nichts anderes, als sich einer wachsenden Zahl anglikanischer Kirchen anzuschließen, die das Bischofsamt für Frauen geöffnet haben.“

Und schon seit zwei Jahrzehnten gebe es auch in der Kirche von England schon Priesterinnen – da sei die Bischöfin gewissermaßen der nächste logische Schritt. Man habe das Thema lange genug hin und her gedreht; eine Austrittswelle sieht der Experte jetzt nicht losrollen.

„Die, die die Kirche wegen der Bischofsweihe für Frauen verlassen wollten, haben sie längst verlassen, glaube ich. Die, die noch da sind, haben sich allmählich an den Gedanken gewöhnt, dass eine Mehrheit in ihrer Kirche Bischöfinnen will. Sie sind außerdem zufrieden mit den Massnahmen, die ihr Gewissen schützen sollen.“

Diese Massnahmen sind von den Bischöfen nach langem Ringen in allen Details festgezurrt worden. Ausgangspunkt: Jeder Bischof ist vollgültig Bischof, egal ob er ein Mann ist oder eine Frau. Aber wenn eine Bischöfin in einer Pfarrei auf schwere Gewissensvorbehalte gegen sie stößt, dann überträgt sie ihre pastorale Zuständigkeit für diese Pfarrei auf einen anderen (männlichen) Bischof. Die Voraussetzung ist, dass der entsprechende Pfarrgemeinderat das mit Zweidrittel-Mehrheit beantragt hat. Bethmont glaubt, dass dieses System funktionieren wird. Und er glaubt auch nicht an eine Verschlechterung in den Beziehungen zwischen anglikanischer und katholischer Kirche nach dem Votum von York.

„Auch hier gilt: Die Beziehung zwischen Anglikanern und Katholiken lässt sich nicht allein auf die Beziehung zwischen der Kirche von England und der Kirche von Rom reduzieren. In diesen Beziehungen wird längst der Tatsache Rechnung getragen, dass es in der anglikanischen Gemeinschaft Bischöfinnen gibt. Es stimmt, dass sich unter dem neuen Papst Franziskus und dem anglikanischen Primas Justin Welby der Ton in den Beziehungen verbessert hat – aber ich wüßte nicht, warum sich das jetzt ändern sollte.“ (rv)

Großbritannien: Nein zu Bischöfinnen

Die Abstimmung der Generalsynode der „Church of England" ist denkbar knapp ausgegangen, und das trotz des beachtlichen Einsatzes, den der bisherige und der neue Primas – vergeblich – gezeigt hatten: Die anglikanische Generalsynode in London hat am Dienstagabend die Zulassung von Frauen zum Bischofsamt abgelehnt, im dritten von drei Gremien fehlten letztlich ganze sechs Stimmen. Damit bleibt der von Spaltungstendenzen geplagten Kirchengemeinschaft eine ihrer wichtigsten Streitfragen auf Jahre erhalten. Und der designierte neue Primas und Hoffnungsträger Justin Welby ist in seiner Autorität beschädigt, noch bevor er sein Amt angetreten hat.

Es war die erwartete kraftvolle Rede, mit der Welby, über Jahre erfolgreicher Finanzmanager im Ölgeschäft, vor der Synode für die Zulassung von Bischöfinnen warb. Es sei Zeit, diese Aufgabe zu vollenden, forderte der Bischof von Durham die Delegierten auf. Seit ihrer Zulassung zum Priesteramt vor 20 Jahren hätten Frauen in allen Bereichen der Kirche mit viel Energie gewirkt. Die anglikanische Kirche müsse nun zeigen, dass sie Vielfalt ohne Spaltung verwirklichen könne.

Und der scheidende Amtsinhaber Rowan Williams, der wohl mehr als jeder andere unter dem Dauerstreit gelitten hatte, sprang ihm in einem seiner letzten großen Auftritte als Primas zur Seite: Es sei „Zeit, die Seite umzublättern" und nach vorne zu blicken. Ein Nein, so Williams, würde zudem ein negatives Signal an die Gesellschaft senden. Das ist nun geschehen – obwohl die Mehrheit für Bischöfinnen eigentlich erdrückend ausfiel: 44 zu 3 bei den Bischöfen, 148 zu 45 bei den Geistlichen – aber eben nur 132 zu 74 bei den Laien, womit die Zweidrittelmehrheit knapp verfehlt worden ist. Der Bischof von Norwich, Right Reverend Graham Jones ist einer der Befürworter des Bischofsamtes für Frauen. Im BBC-Interview verlieh er seiner Enttäuschung über das Abstimmungsergebnis Ausdruck:

„Es ist natürlich sehr enttäuschend, dass die Wahl so knapp verloren gegangen ist, aber es ist zu bedenken, dass die Generalsynode an sich mit überwältigender Mehrheit für die Bischofsweihe von Frauen gestimmt hat. Allerdings hat die Church of England in der Tat eine sehr hohe Hürde gesetzt, denn man braucht, um eine Abstimmung zu gewinnen, die Zweidrittelmehrheit in allen drei Häusern. Natürlich ist das ein Zeichen dafür, dass wir so viele Menschen wie möglich mit uns bringen wollen und das ist auch eine große Herausforderung für alle, die dagegen gestimmt haben aber sich gleichzeitig mit dem Gedanken tragen, in welcher Weise man vorgehen könnte, um Frauen doch zu Bischöfen zu machen. Es ist eine große Verantwortung für sie und alle Bischöfe in Führungspositionen, das so bald als möglich wahr werden zu lassen."

Schon als man sich Anfang der 90er Jahre in der englischen Mutterkirche sowie in mehreren Nationalkirchen zur Freigabe des Frauenpriestertums entschloss, führte das die anglikanische Gemeinschaft an den Rand der Spaltung. Auch damals hatte der Beschluss in der englischen Generalsynode eine hauchdünne Mehrheit: Hätten nur drei Delegierte der Laien anders votiert, wäre er gescheitert. Bischof Jones gibt sich aber nicht geschlagen:

„Ich erkenne an, dass viele Frauen sehr enttäuscht sein müssen, aber was ich betonen möchte, ist, dass die Bischöfe selbst mit überwältigender Mehrheit für die Weihe von Frauen zu Bischöfen gestimmt haben, auch der Klerus wählte mit einer großen Mehrheit dafür, nur im Haus der Laien ist die Wahl sehr knapp dagegen entschieden worden. Ich denke, das ist ein Zeichen dafür, dass es einen Willen von vielen Teilnehmern der Generalsynode gibt, eine Formulierung zu finden, mit der man sich einigen kann, und ich hoffe, es wird nicht allzu viele Jahre dauern, bevor das passiert."

Auch diesmal, 20 Jahre später, war das „Haus der Laien" also das Zünglein an der Waage. Nur sind die Verästelungen all der Bedingungen, Kompromisse, Zusatzvereinbarungen und Hintertüren, die die Weihe von Bischöfinnen möglich machen sollten, noch unübersichtlicher geworden. Traditionalistische Pfarreien, die eine Pfarrerin oder Bischöfin ablehnen, sollten Anspruch auf Seelsorge durch einen männlichen Pfarrer oder Bischof haben. Frauen hätten damit nur eine „Weihe zweiter Klasse" erhalten, meinten Kritiker. Zoe Ham von der Traditionalisten-Vereinigung Church Society sieht das Ergebnis hingegen positiv::

„Ich bin froh, dass der Vorschlag in seiner heutigen Form abgelehnt worden ist denn ich denke, dass es nicht in ausreichender Weise die Vorstellungen derjenigen einbezogen hat, die nach dem biblischen Vorbild davon ausgehen, dass Mann und Frau unterschiedliche Rollen in der Kirche spielen sollten. Ich hätte mir eine größere Klarheit für diejenigen erwartet, die eine andere Meinung vertreten und denen es nicht möglich wäre, eine Frau als Bischöfin zu akzeptieren. Es wäre eine klare Alternative für diese Leute nötig gewesen."

Schon im Vorfeld der Abstimmung gingen die Wogen hoch; Gegner wie Befürworter unterzeichneten Memoranden, gaben Interviews, beschworen die Kircheneinheit oder die Gefahr innerer Spaltung. Das Scheitern des Projekts am Dienstagabend dürfte der Startschuss für eine neue Welle der Diskussionen sein. Währenddessen durfte sich, sehr weit weg, Ellinah Wamukoya über einen großen Tag freuen: Die 61-Jährige wurde zur ersten anglikanischen Bischöfin Afrikas geweiht. Sie leitet künftig eine Diözese im konservativen Königreich Swasiland. (rv)