Am 21. November feiert der Vatikan das 50jährige Bestehen des Ökumenismus-Dekrets des Zweiten Vatikanischen Konzils: Damals hatten die Konzilsväter mit überwältigender Mehrheit den Wunsch nach Gesprächen mit anderen christlichen Kirchen bekräftigt. Es ist natürlich kein Zufall, dass der Päpstliche Einheitsrat, der unter Kardinal Augustin Bea die Vorarbeit für das Dokument geleistet hatte, seine jährliche Vollversammlung ausgerechnet jetzt durchführt. Der heutige vatikanische Ökumene-Verantwortliche ist der Schweizer Kardinal Kurt Koch. Er sagt im Interview mit Radio Vatikan:
„Das ist ein willkommener Anlass, auf diesen Konzilstext zurückzublicken und ihn neu zu lesen und zu vergegenwärtigen. Wir müssen uns fragen, was das Ziel der ökumenischen Bewegung ist und wo die Prinzipien, die Herausforderungen und die positiven Entwicklungen liegen.“
Heute gebe es in der Ökumene aus katholischer Sicht vor allem zwei Dialogfelder, so Kardinal Koch: Auf der einen Seite gehe es um die Gespräche mit den Ostkirchen, auf der anderen Seite um den Kontakt zu den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften der Reformation. Was die Ostkirchen betrifft, hat der vatikanische Ökumene-Rat es einerseits mit den sogenannten Altorientalen und andererseits mit allen orthodoxen Kirchen zu tun. Bis 1989 waren diese Gespräche sehr fruchtbar, so der Schweizer Kurienkardinal. Aber dann:
Die Wende von 1989 – kein Vorteil für die Ökumene
„Danach kam die große Krise. Die Wende in Europa 1989 war kein Vorteil für die Ökumene, denn dann kamen die orientalisch-katholischen Kirchen wieder zum Vorschein, die durch Stalin verboten worden waren. Dies war vor allem in der Ukraine und in Rumänien der Fall. Und von orthodoxer Seite kam daraufhin wieder der alte Vorwurf von Uniatismus und Proselytismus. 2000 wurden die Gespräche gestoppt und erst 2006 in Belgrad und dann in 2007 in Ravenna wieder aufgenommen. Seither arbeiten wir an der Frage des Primates des Bischofs von Rom. Das ist keine leichte Frage! Es gibt immer wieder Rückschläge; dennoch bin ich davon überzeugt, dass wir weitere Fortschritte erzielen können.“
Bei der Vollversammlung werden auch die Probleme im Nahen Osten und in der Ukraine angesprochen.
Immer wieder große Anklagen von russisch-orthodoxer Seite
„Nur muss man hier unterscheiden: im Nahen Orient ist die Situation so, dass alle Christen gleichermaßen verfolgt werden und dass das sie alle zusammenführt. Bereits Johannes Paul II. hat in diesem Zusammenhang von einer ,Ökumene der Märtyrer´ gesprochen. Das hat ein neues Bewusstsein geschärft, dass wir zusammengehören. Anders ist die Situation in der Ukraine, wo leider diese politischen Auseinandersetzungen auch zu vielen ökumenischen Irritationen geführt haben. Wir haben immer wieder große Anklagen von russisch-orthodoxer Seite gehört. Dass es deswegen zu ökumenischen Spannungen kommt, finde ich sehr schade, weil die Kirchen in der Ukraine einen Faktor der Einheit und Versöhnung bilden sollten. Ich hoffe, dass hier ein Weg gefunden wird!“ (rv)
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