Vertuschungskrise: Staatsanwälte ermitteln nun auch in New York, New Jersey, Nebraska

 

NEW YORK / LINCOLN (NEBRASKA) – Die juristische Aufarbeitung der Vertuschung von Missbrauch in den USA weitet sich aus: Die Staatsanwaltschaften in New York und New Jersey haben am Donnerstag (Ortszeit) angekündigt, den Umgang mit Vorwürfen sexuellen Missbrauchs durch die katholischen Diözesen und kirchlichen Einrichtungen in beiden Staaten zu untersuchen.

Auch die staatlichen Behörden in Illinois, Missouri, Nebraska und New Mexico ermitteln: So hat der Generalstaatsanwalt von Nebraska hat die drei römisch-katholischen Diözesen des Staates um Informationen über sexuellen Missbrauch und anderes Fehlverhalten gebeten. Alle Diözesen haben zugesagt, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten.

Erzbistum New York begrüßt Ermittlungen

Am Donnerstag (Ortszeit) gab die New Yorker Staatsanwaltschaft bekannt, dass alle acht katholischen Diözesen des Staates vorgeladen werden. Wie die „New York Times berichtet, sollen die Bistümer auch ihre Unterlagen zu Vorwürfen sexuellen Missbrauchs offenlegen.

Generalstaatsanwältin Barbara Underwood kündigte eine zivilrechtliche Untersuchung kirchlicher Einrichtungen an und sagte, dass auch strafrechtliche Konsequenzen möglich sind: Die Behörde werde „Personen untersuchen und, falls gerechtfertigt, anzeigen, die Straftaten begangen haben“, so Underwood.

Die Erzdiözese New York teilte in einer ersten Reaktion gegenüber Medien vor Ort mit, man begrüße die Entscheidung der Staatsanwaltschaft und werde mit den Behörden kooperieren. Das Erzbistum habe bereits seit 2002 mit den zuständigen Bezirksanwälten „ausgezeichnete Arbeitsbeziehungen aufgebaut“, heißt es in der Erklärung.

„Wir stellen nicht nur alle Informationen zur Verfügung, die sie anfordern, sondern sie benachrichtigen uns auch, wenn sie von einem Missbrauchs-Vorwurf erfahren, so dass wir, selbst wenn sie keine Strafanzeige erstatten können, jeden Kleriker untersuchen und aus dem seelsorglichen Dienst entfernen können, gegen den glaubwürdige und begründete Vorwürfe vorliegen“.

Eigene „Task Force“ in New Jersey

Ebenfalls am Donnerstag kündigte der Generalstaatsanwalt von New Jersey, Gurbir Grewal, die Einrichtung einer Task Force an, die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs und dessen Vertuschung untersuchen soll.

„Keine Person steht über dem Gesetz und keine Institution ist immun gegen die Pflicht zur Rechenschaft“, sagte Generalstaatsanwalt Grewal.

„Wir werden alle notwendigen Ressourcen einsetzen, um die Wahrheit aufzudecken und dafür zu sorgen, dass den Opfern Gerechtigkeit widerfährt“.

Zwei Diözesen in New Jersey – die Diözese Metuchen und die Erzdiözese Newark – haben in den vergangenen Wochen die Aufmerksamkeit der Medien auf sich gezogen, nachdem bekannt wurde, dass sie Mitte der 2000er Jahre außergerichtliche Vergleiche mit zwei Männern erzielten, die beide behaupteten, vom ehemaligen Kardinal Theodore McCarrick sexuell genötigt worden zu sein, als sie selber noch Seminaristen und junge Priester waren.

Unklar ist bislang, welche kirchlichen Mitarbeiter in diesen Diözesen von diesen Vorgängen gewusst haben könnten und es unterließen, Maßnahmen zu ergreifen, sich gegen McCarricks öffentliches Wirken auszusprechen.

Konsequenzen des Pennsylvania-Berichts

Auslöser der Ermittlungen ist der Mitte August veröffentlichte Untersuchungsbericht in Pennsylvania, der Vorwürfe sexuellen Missbrauchs und systematischer Vertuschung über mehrere Jahrzehnte dokumentierte.

Hunderte Priester sollen, vor allem in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren, tausendfachen Missbrauch an Minderjährigen und Schutzbedürftigen begangen haben; dieser sei systematisch vertuscht, gedeckt und verschwiegen worden. (CNA Deutsch)

Tausende katholische Männer bitten Papst Franziskus, sein Schweigen zu brechen

DENVER – Eine Woche nachdem knapp 30.000 Frauen einen Brief unterzeichnet haben, in dem sie Papst Franziskus auffordern, Fragen zur systematischen Vertuschung sexuellen Missbrauchs zu beantworten, hat eine Gruppe katholischer Männer ihren eigenen Brief an den Papst und amerikanische Oberhirten geschrieben.

Sie fordern eine Untersuchung, mit der die Wahrheit über Vertuschung und Missbrauch ans Licht kommt.

Der Brief ist auf der Website „Catholic Men United for Christ“ zu finden, wird aber nicht von einer Gruppe oder Organisation gesponsert. Die Unterzeichner des Briefes verpflichten sich, jeden Freitag ab dem 7. September eine Form des Fastens durchzuführen und bis 2018 fortzusetzen.

Zu den Unterzeichnern gehören der in den USA populäre katholische Autor Scott Hahn, Radiomoderator Al Kresta und andere prominente Katholiken.

„Heiliger Vater, wir kommen zu dir, um Antworten zu erhalten. Gegen Dich persönlich wurden Vorwürfe erhoben. Diese stammen von einem hochrangigen Kirchenbeamten, Erzbischof Viganò. Darüber hinaus haben viele Bischöfe in den Vereinigten Staaten öffentlich erklärt, dass sie glauben, dass diese Vorwürfe untersucht werden müssen. Wir flehen dich an, dich dazu zu äußern“.

Weiter heißt es in dem Brief: „Unabhängig von der Wahrhaftigkeit der Anschuldigungen von Erzbischof Viganò bleiben unsere Bedenken bezüglich der Verdorbenheit.“

„Eure Heiligkeit, Eure Eminenzen und Eure Exzellenzen. Was tut ihr, und was werdet ihr tun, um das Volk Gottes angesichts weit verbreiteten, weltweiten Missbrauchs, Vertuschungen und hierarchischem Versagens? Wir bitten Euch, diese einfache Frage zu beantworten, denn die Kosten der bischöflichen Verdorbenheit sind katastrophal.“

Das Schreiben fordert, dass eine Untersuchung der Kirchenhierarchie von „treuen Laien“ durchgeführt wird.

Die Unterzeichner „bestätigen und unterstützen“ den Brief katholischer Frauen, so Unterzeichner Mark DeYoung gegenüber CNA. „Darüber hinaus werfen wir auch einen Blick darauf, was in verschiedenen Ländern passiert ist […], und wir weisen einfach darauf hin, dass es eine über jeden Zweifel erhabene Tatsache ist, dass es ein Problem mit Missbrauch gibt“.

Wenn es nicht gelingt, diese Verdorbenheit und diesen Missbrauch zu bekämpfen, dann könnte dies auch zu einem größeren Priestermangel führen, warnte DeYoung dem CNA.

Angesichts der Krise würden sich viele Väter es zweimal überlegen, ob sie einen Sohn auf ein Priesterseminar gehen lassen würden.

Er wisse von Familien, die ihre Kinder nicht mehr ministrieren lassen, aus Sorge um das Risiko sexuellen Missbrauchs.

DeYoung sagte auch, dass es „herzzerreißend“ sei, Zeugnisse von einigen der Opfer des Missbrauchs im Pennsylvania-Bericht zu lesen, die aussagen, dass ihr Missbrauch sie veranlasst habe, ihren religiösen Glauben völlig zu verlieren.

„Wir kämpfen wirklich für diese Menschen, (und) wir sagen auch, dass wir als katholische Männer auch die Verantwortung für unser eigenes Leben übernehmen werden“. Nicht jeder Katholik stehe schließlich treu zur Kirche und halte sich an deren Lehre.

DeYoung sagte gegenüber CNA, dass der Brief zustande kam, weil einfach viele katholische Männer „wütend, erschüttert und wirklich schockiert sind über den Zustand der Kirche im Moment“.

Dabei gehe es nicht nur um den Missbrauch Minderjähriger, sondern auch um das Fehlverhalten von Geistlichen, die ihren Gelübden und ihrer Berufung untreu sind, und gegen den Ruf zu Keuschheit und Reinheit verstoßen haben, so DeYoung.

Bischöfe müssten zudem nicht nur den Missbrauch und das Fehlverhalten untersuchen lassen, sagte DeYoung.

Die Unterzeichner erwarteten auch von den Bischöfen geistliche Führung in dieser chaotischen Zeit.

„Wir sind Menschen, die die Kirche lieben, wir lieben unsere Bischöfe, wir unterstützen unseren Heiligen Vater, und wir wollen die Wahrheit hier herauskommen sehen“, sagte er.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung hatten bereits über 5.000 Personen den Brief unterzeichnet. (CNA Deutsch)