Papstschreiben zu Christsein heute: „Heiligkeit wächst durch kleine Gesten“

„Hab keine Angst vor der Heiligkeit“: Diesen inoffiziellen Titel könnte das neue Papstschreiben tragen. Es erläutert das Christsein für das 21. Jahrhundert. Der Vatikan hat es an diesem Montag vorgestellt.

P. Bernd Hagenkord – Vatikanstadt.

Ein neues Papstschreiben, ein neues Thema. Oder auch nicht. Denn was Papst Franziskus der Kirche heute als Lehrschreiben vorlegt und was das Thema „Heiligkeit” hat, das vereint in Wirklichkeit sehr viel von dem, was der Papst vorher schon in Predigten und Ansprachen gesagt hat. Nur ist es jetzt einmal systematisiert zusammen gefasst.

Bereits im zweiten Absatz steckt die Absicht der Papstes: Es geht ihm nicht „um eine Abhandlung über die Heiligkeit“, ganz in der Art und Weise, wie er auch sonst nicht über etwas spricht, sondern zu jemandem. Er will den Ruf zur Heiligkeit heute „mit seinen Risiken, Herausforderungen und Chancen Gestalt annehmen lassen.“

Christsein im 21. Jahrhundert

Wenn alle Christen zur Heiligkeit berufen sind und es dem Papst um das Hier und Heute geht, dann geht es ihm um nichts weniger als um Christsein im 21. Jahrhundert.

Drei Dimensionen nennt der Papst gleich vorweg, in den ersten Punkten. Zum einen betont er, dass Heiligkeit nichts Individuelles ist. Es gibt keine Heiligkeit ohne Zugehörigkeit, Gott erlöst und heiligt nicht Einzelne, sondern Menschen in ihren sozialen Beziehungen.

Zweitens spricht der Papst von der „Mittelschicht der Heiligkeit“. Es sind nicht immer nur die großen und bekannten Gestalten, die heilig sind. Sondern auch die unerkannten und stillen, die „normalen“, eben die Mittelschicht. Und drittens ist ihm die Ökumene sehr wichtig. Heilige gibt es überall im Christentum, zum Beispiel im gemeinsamen Martyrium, aber nicht nur da. Heiligkeit spricht immer auch von der Einheit aller Christen.

„Mittelschicht der Heiligkeit“

„Auch für dich“: es ist eine Zwischenüberschrift, welche die Sprechrichtung des Textes noch einmal präzisiert. Dem Papst ist wichtig, dass hier nicht Modelle kopiert werden, sondern Inspiration gefunden wird. „Lass zu, dass die Taufgnade in dir Frucht bringt auf einem Weg der Heiligkeit. Lass zu, dass alles für Gott offen ist, und dazu entscheide dich für ihn, erwähle Gott ein ums andere Mal neu. Verlier nicht den Mut, denn du besitzt die Kraft des Heiligen Geistes, um das möglich zu machen.“

Und so ist auch der Weg zur Heiligkeit keine Kraftanstrengung für Über-Christen: „Diese Heiligkeit, zu der der Herr dich ruft, wächst und wächst durch kleine Gesten.“ Und so ist der Papsttext über weite Strecken eine Meditation über den Weg, das eigene Christsein zu leben und das, was Gott in der Taufe in den Menschen hinein gelegt hat, sichtbar und wirksam werden zu lassen. Eine Meditation für alle, nicht nur für Spezialisten des Christlichen.

Heiligkeit bleibt aber nicht beim Einzelnen stehen, sie hat eine innere Dynamik, oder auf Christlich gesagt: eine Sendung. Sie ist nicht für den Christen da, sondern will weiter wirken. Jeder Heilige ist „eine Botschaft“, sagt der Papst, oder mit einem anderen Wort ausgedrückt: eine „Sendung“.

“ Versuche dies, indem du Gott im Gebet zuhörst und die Zeichen recht deutest, die er dir gibt. Frage immer den Heiligen Geist ”

„Versuche dies, indem du Gott im Gebet zuhörst und die Zeichen recht deutest, die er dir gibt. Frage immer den Heiligen Geist, was Jesus von dir in jedem Moment deiner Existenz und bei jeder Entscheidung, die du treffen musst, erwartet, um herauszufinden, welchen Stellenwert es für deine Sendung hat.“

Immer wieder versucht der Papst, Zerrbilder des Heiligen zurecht zu rücken. Etwa eine Heiligkeit, die mit Zurückgezogenheit und Weltfremdheit einher geht. Oder eine Heiligkeit, vor der man eher zurückschreckt, weil sie zu überfordern droht. Heiligkeit nimmt uns nichts weg, im Gegenteil, betont Franziskus, „du wirst dabei zu dem Menschen werden, an den der Vater dachte, als er dich erschaffen hat, und du wirst deinem eigenen Wesen treu bleiben.“

Die Gegner der Heiligkeit

Franziskus wäre aber nicht Franziskus, würde er nicht auch die Gegner der Heiligkeit ausmachen und benennen, die „Feinde der Heiligkeit“, subtile Versuchungen wider den Geist. Es sind seine alten Gegner, der Pelagianismus und der Gnostizismus in ihrer heutigen Ausprägung.

Christlichkeit werde in Nächstenliebe „gemessen“, nicht in gesammelten Mengen von Information und Wissen, sagt er gegen den Gnostizismus. Heiligkeit bestehe eben nicht im Verstehen von Lehren. Ein solcher Individualismus sehe seine eigene Sicht der Wirklichkeit als vollkommen an. Christen können aber nicht „beanspruchen, dass unsere Art, die Wahrheit zu verstehen, uns ermächtigt, eine strenge Überwachung des Lebens der anderen vorzunehmen.“

Gegner Nummer zwei ist der Pelagianusmus; wenn der Gnostiker im Verstand die oberste Instanz sieht, dann sieht der Pelagianer sie im Willen, in der eigenen Anstrengung. Dagegen setzt der Papst und setzt der Glaube das Handeln Gottes, die Gnade. Nur wer die Grenzen des eigenen Willens und des eigenen Tuns anerkenne, lasse dem Geist Gottes Raum. Wer alles durch eigene Anstrengung schaffen wolle, verleugne letztlich diese Gnade, dieses Wirken Gottes. Franziskus greift hier das Wort des Apostels Paulus auf, das für die lutherische Theologie prägend geworden ist: Menschen werden nichts durch Werke gerechtfertigt, sondern allein durch Gnade. Heiligkeit ist in diesem Sinn ein Mitwirken am Tun Gottes, nichts selbst Geschaffenes.

Wer nur auf eigene Anstrengung setzt, leugnet die Gnade

Solch eine „pelagianische“ Haltung kann der Papst aber auch in der Kirche erkennen. In Worten, die in Deutlichkeit und Heftigkeit an das Schreiben Evangelii Gaudium erinnern, schreibt er: „Dennoch gibt es Christen, die einen anderen Weg gehen wollen: jenen der Rechtfertigung durch die eigenen Kräfte, jenen der Anbetung des menschlichen Willens und der eigenen Fähigkeit; das übersetzt sich in eine egozentrische und elitäre Selbstgefälligkeit, ohne wahre Liebe. Dies tritt in vielen scheinbar unterschiedlichen Haltungen zutage: dem Gesetzeswahn, der Faszination daran, gesellschaftliche und politische Errungenschaften vorweisen zu können, dem Zurschaustellen der Sorge für die Liturgie, die Lehre und das Ansehen der Kirche, der mit der Organisation praktischer Angelegenheiten verbundenen Prahlerei, oder der Neigung zu Dynamiken von Selbsthilfe und ich-bezogener Selbstverwirklichung.“ Das Leben der Kirche werde so zum „Museumsstück“ oder zum „Eigentum einiger weniger“.

Und ganz im Sinn seiner immer wiederkehrenden Aufrufe zur Selbstprüfung schließt der Papst diesen Teil über die Versuchungen mit der Bitte, genau hinzusehen, wo diese -ismen im je eigenen Leben auftauchen könnten.

Aufruf zur Selbstprüfung

Aber was genau ist dann echte Heiligkeit? Dazu legt der Papst eine Meditation über den „Personalausweis des Christen“ vor, die Seligpreisungen Jesu. „Das Wort „glücklich“ oder „selig“ wird zum Synonym für „heilig“,“ so der Papst. Armut in einer Welt, in der Besitz Sicherheit bedeutet; Sanftmut in einer Welt voller Streit; Trauer in einer Welt, die nicht trauern will, sondern Unterhaltung, Genuss, Zerstreuung und Vergnügen sucht; Sehnsucht nach Gerechtigkeit wo Siegermentalität herrscht; barmherzig sein und einen „kleinen Widerschein der Vollkommenheit Gottes“ sichtbar machen, wo beurteilt und verurteilt wird; das Herz rein halten durch Liebe für Gott und den Nächsten; Frieden stiften in der Welt des Geredes und der Zerstörung; gegen den Strom schwimmen und Nachteile und sogar Verfolgung in Kauf nehmen.

„Wenn wir nicht in einer dunklen Mittelmäßigkeit versinken wollen, dürfen wir kein bequemes Leben anstreben, denn ‚wer sein Leben retten will, wird es verlieren‘ (Mt 16,25).“ Den „großen Maßstab“ für die Heiligkeit findet der Papst, diesen Teil des Textes abschließend, bei einer anderen, gleichermaßen oft von ihm zitierten Bibelstelle, der so genannten Gerichtsrede im Matthäusevangelium (‚ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben …‘ Mt 25:31-46). „Wenn wir die Heiligkeit suchen, die in Gottes Augen gefällt, dann entdecken wir gerade in diesem Text einen Maßstab, nach dem wir geurteilt werden.“

“ Wenn wir die Heiligkeit suchen, die in Gottes Augen gefällt, dann entdecken wir gerade in diesem Text einen Maßstab, nach dem wir geurteilt werden ”

Heiligkeit könne weder verstanden noch gelebt werden, wenn man von dieser Forderung Jesu, barmherzig zu sein, absehe. Sie müsse ‚sine glossa‘ gelebt werden, ohne Kommentar, Ausflüchte oder Ausreden. Hier, im „pulsierenden Herz des Evangeliums“, der Barmherzigkeit, wird dann doch etwas von der Radikalität der Heiligkeit bei Papst Franziskus deutlich. Das Resultat, auch schon bekannt nicht zuletzt aus Evangelii Gaudium: „eine gesunde, bleibende Unruhe“.

Eine bleibende Unruhe

Aber auch an dieser Stelle bleibt der Papst sich und seinem Stil treu, er spricht von den Ideologien, die das entstellen können. Die Trennung etwa von der Beziehung zum Herrn, mache aus dem Christentum die berühmte NGO: ohne Geist. Genauso gefährlich sei das nur teilweise Beachten der Barmherzigkeit; als Beispiel nennt der Papst ausdrücklich den Lebensschutz, der auch das Leben der Armen, der Vergessenen, der Weggeworfenen und der Alten umfassen muss und sich nicht nur auf den Schutz des ungeborenen Lebens – so wichtig der auch ist – beschränken darf. Die Beschränkung ist hier die Gefahr.

Ähnlich konkret wird der Papst auch beim Thema Flüchtlinge und Migranten: „Oft hört man, dass angesichts des Relativismus und der Grenzen der heutigen Welt beispielsweise die Lage der Migranten eine weniger wichtige Angelegenheit wäre. Manche Katholiken behaupten, es sei ein nebensächliches Thema gegenüber den „ernsthaften“ Themen der Bioethik. Dass ein um seinen Erfolg besorgter Politiker so etwas sagt, kann man verstehen, aber nicht ein Christ, zu dem nur die Haltung passt, sich in die Lage des Bruders und der Schwester zu versetzen, die ihr Leben riskieren, um ihren Kindern eine Zukunft zu bieten.“ Klare Worte bei einem auch unter Christen nicht unumstrittenen Thema.

Christsein: Sich in die Lage des Bruders und der Schwester versetzen

Gerade hier, in der Benennung von Versuchungen und der Kritik an sich christlich gebenden Verhaltensweisen, die aber den Kern der Botschaft Jesu verkennen, wird der Papst dem Ansatz treu, dem er sich gleich zu Beginn verschrieben hat: Christsein für hier und heute, nicht abstrakt, sondern sehr konkret.

Gleiches gilt etwa auch für das Gebet: Die beste Weise, zu beurteilen, ob das eigene Gebetsleben authentisch ist, ist die Betrachtung des eigenen Lebens im Licht der Barmherzigkeit. Mit dem Kirchenlehrer Thomas von Aquin gibt er den Werken der Barmherzigkeit Vorrang vor dem Gottesdienst und dem Gebet. Dieses praktizierte Christsein anhand des Evangeliums helfe aber letztlich auch dem Christen selbst, gegen die „Vergnügungssucht“, die „Verblödung“ durch oberflächliche Nachrichten oder den „Kaufzwang“. Das Evangelium verhelfe zu einem „anderen, gesünderen und glücklicheren“ Leben.

„Verblödung“ durch oberflächliche Nachrichten

Konkret wird Papst Franziskus auch bei den Merkmalen des Heiligen, bei den Sakramenten und dem Lebensstil, „zu dem der Herr uns ruft“. „Diese Merkmale, die ich hervorheben will, umfassen beileibe nicht alle, die einem Modell von Heiligkeit Gestalt geben können, doch es sind fünf große Bekundungen der Liebe zu Gott und zum Nächsten, die ich als von besonderer Wichtigkeit erachte aufgrund einiger Gefahren und Grenzen der heutigen Kultur. In ihr zeigen sich: die nervöse und heftige Unruhe, die uns zerstreut und schwächt; die negative Einstellung und die Traurigkeit; die bequeme, konsumorientierte und egoistische Trägheit; der Individualismus und viele Formen einer falschen Spiritualität ohne Gottesbegegnung, die den aktuellen Religionsmarkt beherrschen.“ Diesen Punkten widmet er sich in einem Kapitel ausführlich.

Harte Worte findet der Papst für katholische Netzwerke, die Räume verbaler Gewalt werden. Dort werde „im wütenden Abladen von Rachegelüsten die eigene Unzufriedenheit“ kompensiert, so der Papst. Und bei all dem Betonen von Geboten werde das achte zuweilen komplett übergangen: „Du sollst kein falsches Zeugnis ablegen“.

“ Erkennen wir unsere Schwachheit, aber lassen wir zu, dass Jesus sie in seine Hände nimmt und uns in die Mission hinaustreibt ”

Ein weiteres Merkmal des Heiligen ist der Humor, die Freude und die hoffnungsvolle Gelassenheit, erweitert der Papst den Katalog, „Missmut ist kein Zeichen von Heiligkeit“. „Wagemut, Enthusiasmus, mit Freimut sprechen, apostolischer Eifer“ gehören ebenfalls dazu, es sind die Eigenschaften des Christen, der aus sich selbst heraus geht und verkündet. „Erkennen wir unsere Schwachheit, aber lassen wir zu, dass Jesus sie in seine Hände nimmt und uns in die Mission hinaustreibt.“

Noch einmal greift der Papst hier einen Gedanken vom Beginn seiner Überlegungen auf: „Die Heiligung ist ein gemeinschaftlicher Weg“. Gleich ob Ordensgemeinschaften, Pfarrei oder Ehe, „mit anderen zusammen zu leben oder zu arbeiten, ist zweifellos ein Weg der geistlichen Entwicklung“.

Offenheit für die Anwesenheit Gottes, die Transzendenz

Zu den Heiligkeits-Merkmalen gehört auch die Offenheit für die den Menschen übersteigende Anwesenheit Gottes, die Transzendenz, die sich im Gebet – vor allem der Anbetung – zeige. „Der Heilige ist ein Mensch mit einem betenden Geist, der es nötig hat, mit Gott zu kommunizieren.“

„Das Leben des Christen ist ein ständiger Kampf. Es bedarf Kraft und Mut, um den Versuchungen des Teufels zu widerstehen und das Evangelium zu verkünden. Dieses Ringen ist schön, weil es uns jedes Mal feiern lässt, dass der Herr in unserem Leben siegt“: So beginnt Papst Franziskus den abschließenden Teil seiner Exhortation, die vor allem dem Thema der Unterscheidung gewidmet ist. Inmitten von den Möglichkeiten, aber auch Ablenkungen des Lebens heute brauche es diese Gabe, um die Christen auch bitten müssten. „Wir sind frei, mit der Freiheit Jesu Christi; doch er ruft uns, das zu prüfen, was in uns ist – Wünsche, Ängste, Furcht, Sehnsüchte – und das, was außerhalb von uns geschieht – die „Zeichen der Zeit“ –, damit wir die Wege der Freiheit in Fülle erkennen: ‚Prüft alles und behaltet das Gute!‘ (1 Thess 5,21).“ Dabei gehe es aber nicht nur um eine Methode zur Lösung geistlicher Probleme, sondern auch um die Nachfolge Christi, „um seine Einladung zum Wachstum nicht vorbeigehen zu lassen“.

“ Wir sind frei, mit der Freiheit Jesu Christi ”

Es ist die „Logik des Hörens“, die den Schlussakkord des Schreibens bildet. Hören auf den Herrn, hören auf das Evangelium, hören auf die Kirche und das Lehramt. „Nur wer bereit ist zu hören, besitzt die Freiheit, seine eigene partielle und unzulängliche Betrachtungsweise, seine Gewohnheiten und seine Denkschemata aufzugeben“, und das ist Grundvoraussetzung für Heiligkeit, für Christsein im Hier und Heute. Dieses Hören ist immer aktuell. Es geht dem Papst keineswegs darum, „Rezepte anzuwenden oder die Vergangenheit zu wiederholen; denn die gleichen Lösungen gelten nicht unter allen Umständen, und was in einem Zusammenhang nützlich war, kann es in einem anderen nicht sein. Die Unterscheidung der Geister befreit uns von einer Starrheit, die keinen Bestand hat vor dem ewigen Heute des Auferstandenen.“ (vatican news)

Zum Originaldokument: Gaudete et exsultae (vh – mm)

Santo subito: Vor dreizehn Jahren starb Papst Johannes Paul II.

Santo subito: Wer könnte die prophetischen Rufe der Menge auf dem Petersplatz vergessen, als die Menschen in Scharen nach Rom reisten, um dem verstorbenen Johannes Paul II. vor genau dreizehn Jahren Tribut zu zollen.

Am 2. April 2005 um 21.37 Uhr starb der Papst, dessen Leiden und Sterben wie bei keinem anderen Kirchenoberhaupt im Blick der Weltöffentlichkeit stand. Schon Stunden vor seinem Tod hatten sich Tausende von Menschen auf dem Petersplatz eingefunden, um den Rosenkranz für den sterbenden Papa Wojtyla zu beten. Schätzungen zufolge waren es sieben Millionen Pilger, die sich nach Rom aufmachten, um ihn in den Stunden seines Todeskampfes und bei seinem Begräbnis spirituell zu begleiten.

Tiefe Dankbarkeit und untröstlicher Schmerz

Die Bilder von damals beeindrucken noch heute: die tiefe Dankbarkeit, der feste Glaube und der untröstliche Schmerz. All dies vermitteln die Menschen, die aus aller Welt nach Rom gereist sind, um sich von dem Papst zu verabschieden, der fast dreißig Jahre auf dem Stuhl Petri gesessen hatte. Es war der damalige Substitut des Staatssekretariats, Erzbischof Leonardo Sandri (heute Kardinal und Präfekt der Ostkirchenkongregation), der die Pilger auf dem Petersplatz vom Tod des Papstes unterrichtete.

Menschenmassen beim Begräbnis und eine Rekord-Heiligsprechung

In den kommenden Tagen wurden die Schlangen auf dem Petersplatz immer länger: abertausende von Menschen reisten aus der ganzen Welt an, um sich von dem im Petersdom aufgebahrten Johannes Paul II. zu verabschieden. Das Begräbnis am 8. April 2005 wurde durch den damaligen Dekan des Kardinalskollegiums, Kardinal Josef Ratzinger, zelebriert. Nur wenige Tage später, am 19. April 2005, wurde er im Konklave als Benedikt XVI. zum Nachfolger für Johannes Paul II. gewählt.

Es folgte eines der schnellsten Heiligsprechungsverfahren der Geschichte: Nicht einmal zehn Jahre nach seinem Tod wurde der Papst aus Polen am 27. April 2014, gemeinsam mit Papst Johannes XXIII., ins Verzeichnis der Heiligen aufgenommen. Die Teilnahme der Pilger an der Zeremonie sprengte alle Rekorde: etwa eine Million Menschen wollten an der Feier teilnehmen, die Stadt Rom war für das Jahrhundertereignis in den Ausnahmezustand versetzt. (vatican news – cs)

Franziskus: „Sie rennen. Und was ist mit mir, zu Ostern 2018

Papst Franziskus hat am Vormittag die große Ostermesse auf dem Petersplatz gefeiert. Verkündigung des Auferstandenen, Eile – und eine Frage an sich selbst: über diese drei Begriffe meditierte der Papst in seiner frei gehaltenen Predigt.

Gudrun Sailer – Vatikanstadt.

Franziskus gruppierte seine Überlegungen zum Evangelium, wie oft, in drei Punkte. Erstens: Verkündigung. Der Herr ist auferstanden! Diese Nachricht war unter den ersten Christen nicht bloß Nachricht, sondern Gruß, erinnerte der Papst. Die Frauen am leeren Grab standen vor einer Überraschung. Aber so sei das mit Gott: „Vom Beginn der Heilsgeschichte an, seit Abraham, überrascht er dich“. Eine Verkündigung, die das Herz anrührt und als Überraschung kommt.

Zweitens: die Eile. Die Frauen, die das Gab leer fanden und zu Petrus und Johannes liefen, und die beiden Jünger, die ans Grab eilten, um ihrerseits zu sehen: sie rannten. „Die Überraschungen Gottes bringen uns zum Laufen, sofort, ohne abzuwarten“, sagte der Papst und fuhr mit einem praktischen Bild fort: „Die Hausfrau lässt ihre Kartoffeln im Topf zurück, später wird sie sie verkohlt finden – aber wichtig ist es, zu gehen, zu rennen, um die Überraschung zu sehen, die Verkündigung“. Gute Nachrichten werden immer in Eile weitergegeben, so der Papst.

Daran anschließen müsse sich die Frage, die jeder sich selbst stellt: „Und was ist mit mir? Habe ich ein Herz, das offen ist für die Überraschungen Gottes, bin ich dazu imstande, zu rennen, oder singe ich das Lied des „Morgen ist auch noch ein Tag“? Die beiden Jünger eilten zum Grab, fanden es leer und glaubten an die Auferstehung Christi. Franziskus lud zur offenen Gewissenserforschung ein: „Was ist mit mir, heute, zu Ostern 2018? Was ist mit mir? Und mir dir? Und mit mir?“

Der Petersplatz war zum höchsten Fest im Kirchenjahr mit 50.000 Blumen aus Holland geschmückt. Bei frühlingshaftem Wetter hatten sich mehrere Zehntausend Pilger und Besucher eingefunden. Im Anschluss an die Ostermesse spendet der Papst den feierlichen Segen Urbi et Orbi und verliest eine dazugehörende Botschaft.

Die Osterfeierlichkeiten im Vatikan fanden unter höheren Sicherheitsvorkehrungen als sonst statt. (vatican news)

Papst beim Urbi et Orbi: Wir bitten um die Früchte des Friedens für die Welt

Quelle: VN (Screenshot am 01. April)

Beim traditionellen Segen Urbi et Orbi hat Papst Franziskus über die Wiederannäherung zwischen Nord- und Südkorea gesprochen und die Verantwortlichen zu Weisheit und Bedacht aufgefordert. Außerdem bat er um Frieden für Syrien, das Heilige Land, Afrika, die Ukraine und Venezuela.

Gudrun Sailer – Vatikanstadt.

„Wir Christen glauben und wissen, dass die Auferstehung Christi die wahre Hoffnung der Welt ist“, sagte Franziskus bei seiner Ansprache von der Segnungsloggia des Petersdoms. Die Kraft der Liebe, die sich „hingibt bis zur Vollendung“, erneuere die Welt. Sie bringe „auch heute Frucht in den Ackerfurchen unserer Geschichte, die von so viel Ungerechtigkeit und Gewalt gezeichnet“ sei. Franziskus nannte als Beispiele Hunger, Mangel an Arbeitsplätzen, Flüchtlinge und Vertriebene, Opfer des Drogenhandels und der Sklaverei.

„Und so bitten wir um die Früchte des Friedens für die Welt“, fuhr Franziskus fort und lenkte den Blick der Reihe nach auf einige Krisenherde der Welt. In Syrien solle „das Licht des auferstandenen Christus die Gewissen aller politischen und militärischen Verantwortungsträger erleuchten, auf dass die fortschreitende Vernichtung sofort beendet, das humanitäre Völkerrecht respektiert und der Zugang zu Hilfe erleichtert“ werde. Auch müsse Syrien angemessene Bedingungen für die Rückkehr der Vertriebenen gewährleisten.
Früchte der Versöhnung brauche auch das Heilige Land, der Jemen und der gesamte Nahe Osten. Franziskus lenkte den Blick auf die dort verfolgten Christen, die bezeugten, „dass das Gute über das Böse siegt“, auf die Opfer von Terrorismus und auf die Menschen im Südsudan und im Kongo.

Korea brauche „Früchte des Dialogs, damit die laufenden Gespräche Harmonie und Frieden in der Region fördern. Diejenigen mit direkter Verantwortung mögen weise und mit Bedacht handeln“, so der Papst, der dann auch der Ukraine und Venezuelas gedachte. Franziskus erinnerte auch an die Kinder auf der ganzen Welt, die „aufgrund von Kriegen und Hungersnot ohne Hoffnung, ohne Bildung und ohne Gesundheitsversorgung“ aufwachsen.

Die lateinische Segnungsformel des „Urbi et Orbi“ las der Papst, angetan mit einer weißgoldenen Stola, aus einem großen weißgolden gebundenen Buch von der Segnungsloggia des Petersdoms. Den Balkon rahmten prachtvoll arrangierte Orchideen und weiße Rosen, so wie der ganze Petersplatz mit rund 50.000 Blumen wie Osterglocken und Hyazinthen geschmückt war, die wie jedes Jahr als Geschenk aus Holland kamen; Franziskus bat um einen eigenen Applaus für die Floristen aus den Niederlanden.

„Verkündet in diesen Tagen mit dem Worten und mit dem Leben die frohe Botschaft: Jesus ist auferstanden“, bat der Papst die rund 80.000 Pilger und Besucher am Petersplatz. „Und bitte vergesst nicht für mich zu beten!“

Zum festlichen Abschluss ertönten alle Glocken des Petersdoms im Vollgeläut. Nur zu Ostern, Weihnachten und zum Fest der römischen Stadtpatrone Peter und Paul am 29. Juni sind die Glocken des Petersdoms im Plenum zu hören. (vatican news)

Papst bittet Gott um Gnade der Scham bei Kreuzweg-Andacht am Kolosseum

ROM – Scham, Reue und Hoffnung: Darum hat der Papst beim Beten des traditionellen Kreuzwegs am heutigen Karfreitag gebetet.

Der Pontifex bat Gott, den Christen die Gnade zu schenken, sich ihrer Sünden zu schämen, Buße zu tun und die Hoffnung zu haben, dass Seine Liebe stärker ist als der Tod.

Die Kirche, so Franziskus, „die aus Sündern besteht“, möge dank Gott „trotz aller Versuche, sie in Verruf zu bringen“, weiterhin ein Licht sein, das erleuchtet und Seine grenzenlose Liebe für die Menschheit bezeuge, „eine Quelle der Gewissheit und der Wahrheit“.

Der Papst leitete den Kreuzweg am Karfreitag im Kolosseum – eine alte Praxis, die auf das Pontifikat von Benedikt XIV., der 1758 starb, zurückgeht.

Jedes Jahr wählt der Papst persönlich jemanden, der die Meditationen für die Stationen schreibt. In diesem Jahr bat er eine Gruppe italienischer Gymnasiasten.

Während früher der Papst das Kreuz von Station zu Station trug, wird es derzeit von Einzelpersonen und Familien getragen. Zu den diesjährigen Gefährten gehörten unter anderem Erzbischof Angelo Donatis, der Vikar von Rom, eine fünfköpfige Familie aus Syrien, dominikanische Ordensschwestern, die aus dem Irak geflohen sind, sowie Brüder aus dem Heiligen Land.

Heilige Scham und Buße

Christen schämten sich auch für alle Menschen, darunter auch einige Geistliche, die sich „von Ehrgeiz und Überheblichkeit betrügen ließen und ihre Würde“ verloren hätten sowie diejenigen, die künftigen Generationen eine von Spaltung und Kriegen zerrissene Welt hinterlassen haben, die „von Selbstsucht erschöpft“ ist.

Vor allem schämen sich die Christen, „weil sie ein Gefühl der Scham verloren haben“, sagte er und bat den Herrn, „gewähre uns immer die Gnade der heiligen Scham!“

In seinem Gebet am Ende der Via Crucis sagte Papst Franziskus, dass Christen, wenn sie über den blutigen Tod Jesu nachdenken, mit dem Blick des Büßers auf Ihn schauen.

Diese Buße, so sagte er, „entspringt der Gewissheit, dass nur Du uns vor dem Bösen bewahren kannst, nur Du kannst uns heilen von unserem Lepra aus Hass, Selbstsucht, Stolz, Gier, Rache und Götzendienst“.(CNA Deutsch)

Ostergrüße: Franziskus zu Besuch bei Benedikt XVI.

Am Dienstagnachmittag war Papst Franziskus bei seinem Vorgänger Benedikt XVI., um einen frühzeitigen Osterbesuch abzustatten.

Mario Galgano – Vatikanstadt.

Mittlerweile ist es üblich geworden, dass Papst Franziskus den emeritierten Papst zu kirchlichen Festtagen besucht. Ob Franziskus seinem Vorgänger auch Ostereier oder andere Geschenke mitbrachte, wurde nicht mitgeteilt. Der amtierende Papst begab sich am Nachmittag in das ehemalige Klausurkloster „Mater Ecclesiae“ in den Vatikanischen Gärten. Dort wohnt seit seinem Amtsverzicht Benedikt XVI. zusammen mit seinem Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein und einigen Mitgliedern der Laienvereinigung „Memores Domini“, die vor allem für den Haushalt zuständig sind.

Wie lange das Treffen stattgefunden hat, ist nicht bekannt, auch über welche Themen sie miteinander gesprochen haben, gab es keine Mitteilung. Dienstags ist jeweils ein „günstiger Tag“ für Papst Franziskus für „spontane Besuche“, weil der Terminkalender an diesem Wochentag jeweils kaum gefüllt ist. Das galt auch bei seinen Vorgängern. (vatican news)

Das „Lettergate“-Fiasko und seine Folgen. Eine Einordnung

VATIKANSTADT – „Lettergate“ ist ein Fiasko, das seinesgleichen sucht. Es wiegt in jeder Hinsicht schwerer als die vielen anderen Skandale und Skandälchen, die seit Monaten den Vatikan so erschüttern. Genau deshalb ist eine Chance – ein potentieller Weckruf.

Aber dazu muss ein nüchterner Blick auf seine Tragweite geworfen werden. Der Schaden ist enorm.

Das zeigt – neben vehementen Reaktionen, bis hin zu Versuchen, Papst emeritus Benedikt zu verunglimpfen – vor allem die Tatsache, dass der verantwortliche Leiter des zuständigen Dikasteriums, Monsignore Dario Viganò, dem Papst seinen Rücktritt angeboten hat – und Franziskus diesen auch annahm.

Bei vielen anderen Fällen in jüngster Zeit hätten die Verantwortlichen nicht derart Konsequenzen gezogen, schreibt der Vatikanist Edward Pentin im „National Catholic Register“. Man denke nur an die Ernennung von Akademikern zur Päpstlichen Akademie für das Leben, die Abtreibung oder Verhütung befürworten. Oder an die Verleihung eines Päpstlichen Ritter-Ordens an eine niederländische Politikerin und militante Abtreibungsbefürworterin, ganz zu schweigen vom Skandal über eine „Drogen-Schwulen-Orgie“ im Vatikan, so Pentin.

Nun mag man über das richtige Maß und die Schwere einzelner Fälle diskutieren.

In der Analyse zeigt sich, dass beim „Lettergate“-Fiasko mehrere Brennpunkte auflodern, darunter die Glaubwürdigkeit der Kirche in der Öffentlichkeit sowie die eigentliche Herausforderung der andauernden Kurienreform: Christliche Werte und (aus ihnen entwickelte) professionelle Standards, modernes, transparentes Arbeiten und den übernatürlichen Auftrag zu verbinden.

Glaubwürdigkeit auf dem Spiel

Zentraler Brennpunkt – und für sich schon eine komplizierte, gewaltige Baustelle – ist die Glaubwürdigkeit der Kirche in der globalen Öffentlichkeit. Diese steht ganz schnell auf dem Spiel wenn herauskommt, dass das Sekretariat für Kommunikation versucht, vom Papst emeritus Benedikt ein Unterstützungsschreiben anzufordern, und als dieser keines abgibt, sein Ablehnungsschreiben als just ein solches Empfehlungsschreiben auszugeben probiert – und dann auch noch mit Retuschierung einer Photographie des Ablehnungsbriefs.

Das ist nicht nur ungeschickt, selbst wenn es irgendwie gut gemeint gewesen sein sollte. Es ist auch skandalös im Sinne des Katechismus, wenn im Vatikan so gearbeitet wird. Es wirft vor allem die Frage auf: Warum?

Die Suche nach einer Antwort – Benedikt sollte ja „nur“ 11 Bändchen über die Theologie seines Nachfolgers positiv unterstützen, und lehnte dies in einem privaten Schreiben ab – diese Suche führt sowohl in die Frage nach der Kurienreform der Kommunikation, wie auch der Kommunikation der Kurienreform.

Bischof Tighe als möglicher Nachfolger

Am 30. April 2015 begann ein neues Kapitel der Reform der Kurienkommunikation. Wie CNA-Vatikanist Andrea Gagliarducci schildert, richtete Papst Franziskus eine Kommission von fünf Mitgliedern ein, um die Vorschläge des „Patten-Reports“ zu analysieren und umzusetzen, welche wiederum bereits das „Vatikanische Komitee für Kommunikation“ erarbeitet hatte.

(Dessen Leiter, der britische Baron, ehemalige EU-Kommissar und Ex-Gouverneur von Hong Kong, Chris Patten, hatte den Reformvorschlag verfasst. Dass – kaum ein Jahr später – eine neue Kommission diesen erst einmal „analysieren“ und dann umsetzen sollte, wurde von einigen Beobachtern als Ablehnung des vorherigen, 2014 gegründeten Komitees bewertet.)

Den Vorsitz der neuen Kommission im April 2015 hatte bereits Monsignore Dario Edoardo Viganò, zu dieser Zeit noch Direktor des Vatikanischen Fernsehens. Die weiteren Mitglieder waren der Jesuitenpater Antonio Spadaro, enger Papstvertrauter und Chefredakteur des Jesuitenmagazins „Civilita Cattolica“, dann Msgr. Lucio Adrian Ruiz, sowie Msgr. Paul Tighe, der Sekretär des Päpstlichen Rates für die Soziale Kommunikation. Hinzu kam Paolo Nusiner aus dem Vorstand der Zeitung der Italienischen Bischofskonferenz, „Avvenire“.

Nur die Monsignores Tighe und Ruiz waren bereits Mitglieder des ursprünglichen Patten-Komitees.

Was dann geschah, ist bekannt: Der Ire Tighe wurde zum außerordentlichen Sekretär des Päpstlichen Rates für Kultur befördert und zum Bischof geweiht, während Viganò zum Präfekten ernannt wurde. Der Argentinier Ruiz wurde stellvertretender Leiter des Sekretariats für Kommunikation. Aktuell leitet er dieses kommissarisch, bis ein neuer Präfekt bestellt ist.

Viele Augenpaare sind nun auf Bischof Tighe als möglichen Nachfolger gerichtet – doch wer auch immer diese Aufgabe übernimmt: Es werde eine heikle und sehr anspruchsvolle Aufgabe. Schon allein deshalb, weil – so Gagliarducci – Quellen gegenüber CNA gesagt haben, dass der Skandal um das retuschierte Foto im Sekretariat für Kommunikation platzte.

Widerstand und Diskussion

Das erinnert nicht nur an den ersten „Vatileaks“-Skandal, sondern zeigt auch, dass der Widerstand gegen die Reform andauert, der seit der Gründung einer Kommission zur Analyse des Patten-Report spürbar sei, so Gagliarducci weiter:

„Die Kommission hatte keine Vertreter von Radio Vatikan, der vatikanischen Medienabteilung, die am meisten von der Reform betroffen war. Und auch das Presseamt ​​des Heiligen Stuhls, L’Osservatore Romano und der Vatikanische Verlag waren nicht vertreten. Es ist bemerkenswert, dass Gian Maria Vian, Redakteur von L’Osservatore Romano, ein Mitglied des Komitees von Lord Patten war, aber nicht der nachfolgenden Kommission.“

In der Praxis umgesetzt wurde dann das neue Sekretariat mit Apostolischem Schreiben vom 27. Juni 2015 (Motu Proprio „Der aktuelle Kommunikationskontext“). Dieses teilte mit, dass alle Einrichtungen, „die sich bisher in irgendeiner Weise mit dem Mediensektor befasst haben“ nun neu geordnet würden. Betroffen seien:

  • Vatikanisches Fernsehzentrum
  • Vatikanische Verlagsbuchhandlung
  • L’Osservatore RomanoPäpstlicher
  • Rat für die sozialen Kommunikationsmittel
  • Radio Vatikan
  • Presseamt des Heiligen Stuhls
  • Fotoservice
  • Vatikanisches Internetbüro
  • Vatikanische Druckerei

Das neue Dikasterium werde „zum einzigen Bezugspunkt für den Apostolischen Stuhl in Fragen der Kommunikation, die sich im derzeitigen Medienkontext immer komplexer und zusehends interdependent gestaltet“, so das Sekretariat in einer Mitteilung.

Die interne Diskussion über die Durchführung der Reform war jedoch offen, berichtet Gagliarducci.

Spätestens seit dem ersten „Vatileaks“-Skandal im Jahr 2012 gab es im Vatikan intensive Diskussionen über Kommunikationsprobleme. Damals beschloss der Vatikan, als Kommunikationsberater im Staatssekretariat den US-Journalisten Greg Burke einzustellen – heute bekanntlich der vatikanische Pressesprecher, dessen Amt freilich mittlerweile dem neuen Sekretariat für Kommunikation unterstellt ist.

Die Frage der Kommunikation habe auch eine wichtige Rolle im Konklave gespielt, die Papst Franziskus wählte, so Gagliarducci mit Verweis auf einen Bericht des „Wall Street Journal“, der mehrere Kardinäle zitiert.

Als dann der neue Papst, Franziskus, mit seiner Reform ansetzte, wurde das globale Beratungsunternehmen McKinsey & Company beauftragt, eine neue vatikanische Medienstrategie vorzuschlagen.

Dabei geht es nicht nur um technische Fragen oder die digitale Herausforderung: Es geht um die inhaltliche Arbeit, die redaktionellen Standards, und mehr. „An dieser Front bleiben viele Fragen unbeantwortet“, so CNA-Vatikanist Gagliarducci.

Wobei die Antwort vielleicht ganz klar und einfach ist: Die Kommunikation einer Kurienreform, wie die des Vatikans überhaupt, wird funktionieren, wenn sie eingegliedert ist in den grundsätzlichen Auftrag katholischer Medienarbeit, wie ihn etwa das Zweite Vatikanische Konzil beschrieben hat:

„Alle Glieder der Kirche sollen einmütig und planmäßig darangehen, ohne Aufschub und mit größtem Eifer die Sozialen Kommunikationsmittel in den vielfältigen Arbeiten des Apostolates, wie es Zeit und Umstände erfordern, zu benutzen und schädlichen Unternehmungen zuvorzukommen, besonders in den Gegenden, wo sittlicher oder religiöser Fortschritt erhöhte Anstrengungen erfordert.“

Wie Inter Mirifica betont: „Die rechte Benutzung der Sozialen Kommunikationsmittel setzt bei allen, die mit ihnen umgehen, die Kenntnis der Grundsätze sittlicher Wertordnung voraus und die Bereitschaft, sie auch hier zu verwirklichen.“

Das ist ein Weckruf für die Macher der Reform und katholischer Medienarbeit – einschließlich der von CNA Deutsch. Wer Ohren hat zu hören, der höre.

Anian Christoph Wimmer ist Chefredakteur von CNA Deutsch. (CNA Deutsch)

Vatikan: Fragwürdig und schlecht inszeniert – der Rücktritt von Msgr. Viganó

Vaticanhistory – Martin Marker.

Der Rücktritt des Präfekten des Kommunikationssekretariats ist sehr ungewöhnlich, um nicht zu sagen merkwürdig.

Da verwendet Msgr. Viganò ein privates Dankschreiben des emeritierten Papstes Benedikt XVI., manipuliert es und veröffentlicht Unwahrheiten des Inhaltes. Erst auf Druck der Weltpresse kommt die ganze Wahrheit ans Tageslicht und der Vatikan kommt nicht umhin, den gesamten Inhalt des Schreibens zu veröffentlichen. Der Schwindel fliegt prompt auf und bringt den verantwortlichen Präfekten zum Fall. Dieser Skandal ist schon schlimm genug. Schließlich geht es hier um das offizielle Medien-Organ des Vatikans, um die Berichterstattung von Vatican News.

Bulletin vom 21. März:

Als ich das Bulletin vom 21. März gelesen hatte, war ich zuerst mal erleichtert. Msgr. Viganò hatte die Konsequenzen aus seinem Fehlverhalten gezogen. Doch dieses Gefühl war nur von kurzer Dauer. Das Bulletin, die Erklärung des Direktors des Pressesaals, Greg Burke, war eher ungewöhnlich. Üblicherweise wird die Annahme des Rücktritts eines Präfekten der Kurie mit zwei drei Sätzen im Bulletin veröffentlicht. Basta. Doch im Fall Viganò wurde sowohl das Rücktrittsgesuch als auch die schriftliche Antwort von Papst Franziskus als PDF-Datei dem Bulletin angehängt. Eigenartigerweise erscheinen beider PDF-Dateien nur in der italienischen Ausführung des Bulletins. In der englischen und spanischen Ausgabe fehlen diese Dateien. Warum?

Schreiben Msgr. Viganò

Das Rücktrittschreiben von Msgr. Viganò:

Viganò hat zwar seinen Rücktritt am 19. März an den Papst eingereicht, doch von Einsicht und persönlichem Fehlverhalten liest man hier kein Wort. Viganò bedauert lediglich, der großen und komplexen Reformarbeit des Papstes durch Kontroversen um seine Arbeit im Weg zu stehen. Er bedankt sich bei den Mitarbeitern für die Zusammenarbeit und die großzügige väterliche Unterstützung des Papstes und bittet um Annahme seines Rücktritts.

Kein einziges Wort über seine Manipulation des Papstschreibens. Viganò schreibt nur von Kontroversen um seine Arbeit. Monsignore, Einsicht zum persönlichen Fehlverhalten sieht anders aus! Kein Wort über die Täuschung und den Schwindel. Ein Rücktritt, den man als „respektvoll“ bezeichnen könnte, ist dieser Rücktritt nicht. Aus dem Schreiben geht hervor, dass Viganò vorab ein Gespräch zwischen ihm und dem Papst stattgefunden hatte.

 

Schreiben Papst Franziskus

Das Antwortschreiben von Franziskus an Viganò:

Die Antwort des Papstes erhielt Msgr. Viganò zwei Tage später, am 21. März. Doch auch diese Antwort kann ich nur als merkwürdig und ungewöhnlich bezeichnen. Der durch Viganó genannte Rücktrittsgrund ist eigentlich keiner. Trotzdem respektiert der Papst Viganòs Gründe zum Rücktritt. Auch er verweist auf ein letztes Gespräch. Über den Inhalt gibt er aber keinen Hinweis. Franziskus schreibt, er akzeptiere:

„Mit großer Anstrengung“ und nach einer „langen und aufmerksamen Reflexion“, Viganòs Rücktritt.

Franziskus entlässt mit diesem Schreiben Msgr. Viganò aus seiner Verantwortung als Präfekt des Kommunikationssekretariats und ernennt ihn im gleichen Atemzug zum Assessor desselben Kommunikationssekretariats. Er bittet ihn, mit seiner professionellen Haltung den künftigen Präfekten in seiner Arbeit zu unterstützen. Schließlich müsse noch die Fusion der Vatikanzeitung Osservatore Romano und der Vatikanischen Druckerei in das Sekretariat abgeschlossen werden.

Die Schreiben kommen mir vor, wie eine große Lüge, eine schlecht inszenierte Show vor der Weltöffentlichkeit. Ferner habe ich den Eindruck, weder Msgr. Viganò noch Papst Franziskus sind von ihrer Entscheidung wirklich überzeugt. Anzumerken ist noch, dass in beiden Schreiben eine Entschuldigung gegenüber dem emeritierten Papst Benedikt XVI. fehlt. Man kann nur hoffen, dass Msgr. Viganò wenigstens soviel Anstand besitzt, sein Fehlverhalten in einem persönlichen Schreiben an Benedikt zu entschuldigen.

„Der Papst hätte gut daran getan, einen klaren Schlussstrich zu ziehen, dass hat er aber nicht getan“.

Stattdessen bekommt das Amt einen anderen Namen und der Papstvertraute bleibt, wo er ist. Das ist der neue Führungsstil eines Papstes, der die Kirche des 21. Jahrhunderts reformieren und in seinem Sinne verändern will. Fehler machen nur die, die dieses Pontifikat kritisieren. Franziskus beherrscht die Klaviatur des Papstprimats aus dem Effeff und zeigt der Weltpresse, was er von ihr hält.

Bildquellen: Bulletin vom 21. März (Screenshots vom 21.03.2018)

(vh-mm)

Bischöfe sollen erst einmal beten, sind nicht für Wirtschaft und Politik bestimmt: Papst

VATIKANSTADT – Drei neue Bischöfe wurden im Petersdom am heutigen Festtag des heiligen Josef geweiht. Papst Franziskus erinnerte sie daran, dass ihr erste Pflicht als Bischof das Gebet ist. Wer als Bischof nicht ein geistliches Leben führt, der erfüllt nicht seine Berufung, so der Pontifex.

Die neuen Bischöfe sind Alfred Xuereb aus Malta, ehemaliger zweiter Sekretär von Papst Benedikt, der Pole Waldemar Sommertag sowie Jose Avelino Bettencourt aus Portugal.

Sie werden erst einmal nicht in einer Diözese dienen, sondern treten in den diplomatischen Dienst der Kirche:

Erzbischof Sommertag wid Apostolischer Nuntius in Nicaragua

Erzbischof Xuereb wird Gesandter des Papstes für Korea und die Mongolei

Erzbischof Bettencourt ist der neue Botschafter des Heiligen Stuhls in Georgien und Armenien

Als Bischöfe seien sie durch Gebet und die Feier des heiligen Messopfers jedoch erst einmal im Dienst der Kirche und dem Menschen, erinnerte Franziskus die Männer.

Es ist Christus, der „in der Vaterschaft des Bischofs“ seinen Leib, der die Kirche ist, erweitere, so der Papst weiter. Dafür seien berufen, „nicht für Wirtschaft, Weltlichkeit oder Politik“. Franziskus ermahnte die Bischöfe zudem, ihren Priestern nahe zu sein, wie auch den Armen und Wehrlosen, und liebevoll über der ganzen Schafherde Wache zu halten“. (CNA Deutsch)

Papst schreibt Argentiniern: „Mir geht es nicht um meine Person“

Ein Dank und eine Bitte um Verzeihung: Anlässlich des fünften Jahrestages seiner Wahl zum Papst schreibt Franziskus seinen Landsleuten einen ungewöhnlichen Brief.

P Bernd Hagenkord – Vatikanstadt.

„Ich möchte euch sagen, dass die Liebe zu meinem Vaterland in mir immer noch stark ist“, so der Papst. Um dann anzufügen: „All diejenigen, die sich durch einige meiner Gesten verletzt fühlen, bitte ich um Verzeihung.“ Er wolle nur Gutes tun und versichert in dem Brief, dass es ihm in seinem Alter wenig um sich selber gehe. Er mache Fehler wie alle anderen Menschen auch.

Auf welche Gesten oder Fehler er sich beziehe, sagt der Papst in dem Brief nicht. Anlässlich seiner letzten Amerikareisen erst nach Kolumbien und dann nach Peru und Chile war aber Kritik geäußert wurde, dass das einzige von ihm nicht besuchte Land auf dem Kontinent sein eignes Heimatland ist.

Verzeihung und Dank

„Ihr seid mein Volk, das Volk das mich geformt hat, das mich vorbereitet hat“, blickt der Papst zurück auf sein Heimatland. „Auch wenn wir jetzt nicht die Freude haben, gemeinsam in unserem Argentinien zu leben, denkt bitte daran, dass der Herr einen von euch berufen hat, die Botschaft des Glaubens, der Barmherzigkeit und der Geschwisterlichkeit an allen Enden der Erde zu verkünden.“

Er danke für den Ausdruck von Nähe, die ihn zum Jahrestag der Wahl erreicht hätten, von den offiziellen Vertretern des Landes und noch mehr von vielen anderen aus ganz verschiedenen religiösen, politischen und ideologischen Hintergründen. Sein Brief ist eine Antwort auf diese Grüße und Glückwünsche.

Damit Frieden und Geschwisterlichkeit wachsen

Der Papst bittet die Argentinier darum, Verteidiger des Lebens und der Gerechtigkeit zu sein, so dass Frieden und Geschwisterlichkeit wachsen können. Er schließt seinen Brief mit der „Zuneigung des Bruders und Vaters“.

Der Brief erschien an diesem Samstag auf den Titelseiten der großen Zeitungen des Landes, er wurde von der Bischofskonferenz des Landes veröffentlicht. (vatican news)