DBK: Offen für Veränderung

Unter das Stichwort Veränderung stellte der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Erbischof Robert Zollitsch, den Beginn der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe in Freiburg.
„Wo Gemeinschaft ist, liebe Schwestern, liebe Brüder, da ist Beziehung. Wo Beziehung ist, da ist Leben. Und Leben ist nicht statisch, sondern dynamisch. Wir sind als Kirche unterwegs auf den staubigen Straßen der Geschichte. Wir sind unterwegs als pilgerndes Gottesvolk, als eine Kirche, die immer wieder der Erneuerung bedarf, eine Kirche, die nicht in der Routine aufgeht und keine Angst hat vor dem Neuen. (…) Ecclesia semper reformanda, eine Kirche, die stets der Erneuerung bedarf und zu Veränderungen bereit sein muss.“
In seiner Eröffnungspredigt schlug Robert Zollitsch einen realistischen Ton an: Ein kluger und ehrlicher Blick auf die Wirklichkeit sei nötig, um nächste Schritte machen zu können, so der Freiburger Erzbischof. Zu den zuletzt bekannt gewordenen Missbrauchsfällen in kirchlichen Einrichtungen in Deutschland sagte Zollitsch:
„Wir haben den dumpfen Nachhall auch von Jahrzehnten zurückliegenden Verfehlungen, die menschliche und dunkle Seite der Kirche und der Gesellschaft in den vergangenen Tagen und Wochen schmerzlich erfahren müssen. Vertrauen wurde auf abscheuliche Weise missbrauch und zerstört. Wir sind erschüttert über das Verhalten von Kirchenvertretern und Erziehern. Wir leiden mit den Opfern, die wir um Verzeihung bitten.“
Mit Gästen und Fachreferenten wird die Konferenz auch über Hilfen für die Erdbebenopfer in Haiti und über den deutschen Einsatz in Afghanistan sprechen. Ein weiteres Thema ist das Thema Alter in der Gesellschaft. Zollitsch:
„Wir werden in diesen Tagen auf unserer Frühjahrsvollversammlung nüchtern auf die Gegenwart schauen, aber auch realistisch in die Zukunft blicken. (…) Wir tun dies unter dem Thema ‚Die alternde Gesellschaft als Herausforderung für die Kirche’. Wer sich sein Leben lang in unsere Gesellschaft eingebracht hat, muss sich auch im Alter willkommen und geachtet wissen. Er verdient es, dass er gefragt ist und sich und seine Erfahrungen einbringen darf und soll – und auch, dass er sozial abgesichert ist.“
Neben inhaltlichen Fragen wollen die deutschen Bischöfe auch die Frage nach der Aufgabe der Kirche neu stellen. Es geht um ein Nachdenken über das eigene Selbstverständnis und die gesellschaftliche Rolle der katholischen Kirche – auch vor Hintergrund aktueller Debatten. Zollitsch:
„Wir Bischöfe werden bei diesem Treffen auch unseren Dienst an der Gesellschaft in den Blick nehmen und überlegen, wie wir in nächster Zeit und längerfristig unsere christlichen Werte und Anliegen verstärkt in unsere Gesellschaft einbringen können. Unser Land und unsere Gesellschaft fragen mit Recht nach dem Beitrag der Kirchen – gerade auch im Blick auf die Zukunft.“ (rv)

Deutsche Bischofskonferenz: Jetzt geht´s los

Der Missbrauchs-Skandal in der katholischen Kirche zieht immer größere Kreise. Mit besonderer Spannung wird vor diesem Hintergrund die diesjährige Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischofskonferenz erwartet – nicht allein die deutsche Öffentlichkeit setzt hohe Erwartungen in die offizielle Stellungnahme der Bischöfe aus Freiburg. Mit einem Gottesdienst im Freiburger Münster wird die Versammlung an diesem Montagabend eröffnet. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, ist als Freiburger Erzbischof Gastgeber der Konferenz und erklärt, dass er sich trotz der heiklen Aufgabe, die auf ihn und sein Kollegium wartet, über das Treffen, das die Gemeinschaft unter den Bischöfen widerspiegele, freue:
„Es ist natürlich schön, dass die deutschen Bischöfe nach Freiburg kommen. Besonders, weil das das erste Mal in der Geschichte der Bischofskonferenz, die es seit 1848 gibt, der Fall ist. Diese Entscheidung ist schon gefallen, bevor ich Vorsitzender der Bischofskonferenz war. Das heißt, die Bischöfe selbst haben das angefragt und kommen wirklich gerne nach Freiburg. Das freut mich. Ich hoffe, dass auch die Freiburger bei den Gottesdiensten gut mitfeiern, dass wir gute Gastgeber sind. Und wenn das rüber kommt, ist das für mich eine wichtige Sache."
Wichtiger ist freilich die Frage nach den in den vergangenen Wochen bekannt gewordenen Fällen von sexuellem Missbrauch an katholischen Schulen. An diesem Wochenende hatte der Hamburger Erzbischof Werner Thissen Versäumnisse der Kirche im Umgang mit dem Thema in der Vergangenheit eingeräumt: „Man hätte sehr viel mehr tun müssen und tun können, um diese Fälle zu verhindern", so Thissen im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur.
Dass sich Erzbischof Zollitsch schon an diesem ersten Versammlungstag zu den Missbrauchsfällen äußern wird, ist unwahrscheinlich. Der vertiefte Austausch mit seinen Kollegen im Hirtenamt während der kommenden Tage wird einer Stellungnahme der geschlossenen Bischofskonferenz wohl vorausgehen müssen. Auch die deutsche Politik drängt auf eine solche Stellungnahme und die lückenlose Aufklärung der Vorwürfe. So hatte beispielsweise Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger diesbezüglich einen Runden Tisch aus Staats-, Kirchen- und Opfervertretern vorgeschlagen. Ob dieser Vorschlag Gehör finden wird? Bis Donnerstag werden die Bischöfe Tagen. Robert Zollitsch hofft, dass sich der Rahmen für die Versammlung der 65 Bischöfe aus allen 27 deutschen Bistümern mit dem Tagungsort Freiburg bewährt:
„Ich hoffe, dass sie spüren, Freiburg ist eine gastfreundliche Stadt, Freiburg ist eine katholisch geprägte Stadt, die etwas ausstrahlt. Und sie dürfen dann auch etwas über die Spezialitäten unserer Gegend erfahren. Und ich denke, dass sie auch unser Münster, das ja innen neu renoviert worden ist, mit Freude werden aufnehmen können." (rv)