Franziskus und die Berufung eines neuen Kardinalprotodiakons?

Kardinal Martino  Kardinal LevadaAm letzten Donnerstag berief Papst Franziskus einen neuen Kardinalprotodiakon. Eigentlich war diese Personalentscheidung seit Oktober 2013 überfällig. Bereits am 21. Oktober des letzten Jahres hatten sieben Kardinaldiakone eine Amtszeit von zehn Jahren erreicht und somit die „optatio“ in den Stand der Kardinalpriester bzw. Kardinalpriester (pro hac vice) aufzusteigen. Zu diesen Kardinaldiakonen gehörte auch der bisherige Kardinalprotodiakon, Jean-Louis Pierre Kardinal Tauran, somit war zu vermuten, dass für Tauran ein Nachfolger durch den Papst bestimmt werden würde. Unter Papst Benedikt XVI. wurde diese Zehnjahresregel eingehalten und rechtzeitig ein Nachfolger für den Kardinalprotodiakon berufen. Franziskus hat mit dieser Tradition nicht nur gebrochen, sondern beruft einen Nachfolger, der eigentlich kein Nachfolger sein dürfte. Der nun berufene Kardinal Martino hat ebenfalls seine zehnjährige Amtszeit als Kardinaldiakon erfüllt, somit ebenfalls das Recht auf eine „optatio“ beim Papst. Doch Papst Franziskus scheint hier andere Vorstellungen zu haben und verwehrt vorerst Martino den Aufstieg in die Rangordnung der Kardinalpriester und bestimmt ihn stattdessen zum Kardinalprotodiakon. Die Aufgaben eines Kardinalprotodiakons beschränken sich im Wesentlichen nur auf drei Tätigkeiten.

  1. Die Bekanntgabe eines neu gewählten Papstes von der Loggia der Peterskirche.
  2. Bei der Amtseinführung des Papstes, ihm das päpstliche Pallium umzulegen.
  3. In Stellvertretung des Papstes den neuen Metropoliten das Pallium umzulegen bzw. die Übergabe des Palliums an Prokuratoren.

Nachdem Kardinal Martino (81) bereits im Jahr 2012 das 80. Lebensjahr erreicht hatte, darf er an einem künftigen Konklave nicht mehr teilnehmen. Deshalb hat Franziskus mit seiner Bekanntgabe zum Kardinalprotodiakon im Falle eines künftigen Konklaves, statt seiner, William Joseph Kardinal Levada bestimmt. Der US-Kardinal Levada war 2005 bis 2012 Präfekt der Glaubenskongregation im Vatikan. Die katholische Nachrichtenagentur kath.net bezeichnet am 13. Juni in dem Artikel „Martino neuer Kardinal-Protodiakon“ Levada als Stellvertreter des Kardinalprotodiakons. Ein Stellvertreter für dieses Amt ist nirgends vorgesehen, weder im Kirchenrecht (CIC) noch in der Papstwahlordnung „Universi Dominici Gregis“ von 1996 und somit auch keine Erklärung für diese päpstliche Personalmaßnahme.

Stellt sich ernsthaft die Frage, ob man diese Personalie als „Überraschung“ oder „Unsinn“ bezeichnen muss. Franziskus muss wissen, dass der Kardinalprotodiakon nicht nur das „Habemus Papam“ nach erfolgter Papstwahl zu verkünden hat, sondern auch Aufgaben im Konklave wahrzunehmen hat. Warum dann also einen über 80-jährigen Nachfolger bestimmen? Warum nicht gleich den eigentlich heranstehenden „primus inter pares“ der Kardinaldiakone, Kardinal Levada für diese Aufgabe bestimmen?

Eigenartig war auch die Bekanntgabe des neuen Kardinalprotodiakons. Üblicherweise wird eine derartige Entscheidung des Papstes in einem Bulletin des Presseamtes des Vatikans veröffentlicht. Das ist bis zum heutigen Tag jedoch unterblieben, lediglich Radio Vatikan hat am 12. Juni in einem Artikel mit der Überschrift „Konsistorium: Interne Kardinalsbeförderungen“ auf diese Veränderung im Kardinalskollegium hingewiesen.

Franziskus hat sich acht Monate Zeit für die Nachfolgeregelung des Kardinalprotodiakons gelassen. An dieser Stelle darf angemerkt werden, dass die Ämter Kardinaldekan und Kardinalsubdekan weitaus länger überfällig sind. Der Kardinaldekan, Kardinal Sodano ist heute 86 Jahre und sein Stellvertreter Kardinal Etchegaray sogar 91 Jahre alt. Beide durften beim letzten Konklave nicht mehr teilnehmen und mussten durch den italienischen Kardinal Re vertreten werden. Auch der Camerlengo der Apostolischen Kammer, Kardinal Bertone, erreicht noch dieses Jahr die Altersgrenze von 80 Jahren und fällt aus der Teilnehmergruppe der wahlberechtigten Kardinäle heraus.

Papst Franziskus bricht mit so mancher Tradition. Das ist nichts Neues. Kritiker bescheinigen ihm gerne, lieber dagegen zu sein, als sich an jahrhundertealte Traditionen zu binden. Gute Entscheidungen brauchen manchmal ihre Zeit, doch im Fall des Kardinalprotodiakons sind acht Monate einfach zu lange und das Ergebnis ist unlogisch. Bleibt noch abzuwarten, wann Franziskus Entscheidungen zu den Ämtern des Dekans und Subdekans des Kardinalskollegiums zu treffen gedenkt. (vh)